56. Geheim
»Palle hatte heute Nacht Besuch.«
Mit einem triumphierenden Grinsen ließ Basti sich zu seinen Klassenkameraden an den Tisch fallen – die ihn bloß ungläubig anstarrten.
Manu bemühte sich, sich seinen Schreck nicht anmerken zu lassen.
»Als ob ... Warum glaubst du?«
Sebastian grinste breit, während Manu den Atem anhielt und bloß mit Dado einen winzig schnellen Blick austauschte.
»Er hat einen Knutschfleck.«
»Palle hat keine Knutschflecke.«
Stegis Worte waren durch das Müsli in seinem Mund nur schwer verständlich – und dennoch wusste eh jeder, was er sagen wollte.
»Heute schon.«
»Aber ...«, den Armen Felix schien dieses Mysterium wirklich aufzuregen, was Manu fast schon ein bisschen zum Grinsen brachte, »Patrick ist ja jetzt nicht gerade bekannt dafür, irgendetwas anbrennen zu lassen ... aber noch kein Onenightstand durfte sich bei ihm verewigen.«
Stegi zuckte bloß emotionslos mit den Schultern.
»Vielleicht isses was Ernstes ...«
Manu konnte nun nicht mehr verhindern, dass sich ein heimliches Grinsen auf seine Lippen schlich, während die Anderen weiter diskutierten. Erst ein Fußtritt von Dado ermahnte ihn, sich nicht so offensichtlich zu freuen.
Dado wusste natürlich, dass Manu gestern bei Palle gewesen war.
Sie hatten einfach irgendeinen Film angemacht und sich zusammen in Patricks Bett gekuschelt - was Manu nach eineinhalb Wochen Internat schon wieder viel zu sehr vermisst hatte. Sie hatten sich immer wieder geküsst und dann wieder nur geredet, der Film war im Hintergrund unbeachtet weiter gelaufen, während sie ihre Zeit genossen hatten.
Irgendwann hatte Palle begonnen, mit der Hand unter Manus Shirt zu fahren und ihn dort zu streicheln, während dieser bloß halb auf ihm gelegen war und die Berührungen genossen hatte.
Ziemlich bald hatte er auch entdeckt, dass Patrick eine herrlich erregte Gänsehaut bekam, wenn er ihn über den Hals küsste und immer wieder über empfindliche Stellen leckte – und hatte schließlich sogar gewagt, einen Knutschfleck zu versuchen. Dass man das am nächsten Morgen sehen würde, war ihm in dem Moment egal gewesen. Vielleicht hatte er das ja sogar unbewusst gewollt – wenn ja, war sein Plan auf jeden Fall aufgegangen. Dass Patrick ihn dabei sogar noch bestätigt hatte, als er sich vergewissert hatte, ob es ihm nichts ausmachte, so gekennzeichnet zu werden, hatte Manu natürlich mitbekommen – die Bedeutung dessen wurde ihm aber erst jetzt bewusst. Er erinnerte sich noch ganz genau daran, wie Stegi schon vor Wochen irgendwann ein Mal erklärt hatte, Palle würde man seine Bettgeschichten nie ansehen. Manu musste sich wirklich beherrschen, nichts durch sein glückliches Grinsen zu verraten.
»... aus der Stufe unter uns?«
»Quatsch! Als ob ... der ist nie im Leben gay!«
Manu versuchte, dem Gespräch wieder zu folgen.
»Natürlich ist der schwul! Und selbst wenn, hätte Palle sicher nichts mit dem!«
»Als ob der schwul wäre ... Tim, Stegi. Meinung von den Experten: Schwul oder nicht?«
Beide Jungs schüttelten einvernehmlich, ohne lange zu zögern, die Köpfe.
»Siehst du! Der steht auf Mädels.«
»Glaubt ihr, es ist überhaupt jemand vom Internat?«
»Naja, wer von außerhalb, mitten unter der Woche?«
»Viellecht war er am Nachmittag in der Stadt?«
Irgendwie war es schon amüsant, die Anderen beim Rätseln zu beobachten – auch wenn er immer noch ein wenig Angst hatte, dass sie auf ihn kommen würden, so irreal diese Möglichkeit auf sie wahrscheinlich auch wirkte.
Fast augenblicklich verstummten die Gespräche, als Patrick den Speisesaal betrat und sich zu seinen Freunden auf einen freien Stuhl fallen ließ.
»Spaß gehabt?«
Felix hatte sich ein Kommentar nicht verkneifen können und Manu war echt froh, dass Palle sich beherrschen konnte, nicht automatisch zu ihm zu sehen und stattdessen bloß anzüglich zu grinsen.
»Kein eigenes Sexleben, um das du sich kümmern kannst?«
Die Anderen lachten über Patricks Konter – während Manu bloß daran denken konnte, dass das gut gesagt war, wo sie gestern selbst doch nicht ein Mal Sex gehabt hatten. Klar, sie hatten rumgemacht – und auch Manu hatte es geschafft, dabei endlich mutiger und aktiver zu werden – aber keiner von ihnen hatte gestern die Hose verloren. Was die Anderen natürlich nicht wussten.
Jetzt, da Palle da war, war es aber natürlich nicht mehr halb so interessant, über sein potentielles Sexleben zu rätseln – und stattdessen fanden sie ziemlich schnell andere Themen.
*
»Was ist das?«
Interessiert hob Patrick ein schwarzes, leicht zerfleddertes Notizbuch in die Höhe – und sofort machte Manus Herz einen kleinen, nervösen Hopser. Sofort war er bei Palle und nahm ihm das Buch weg – woraufhin dieser ihn bloß irritiert ansah. Manu seufzte und ließ sich auf sein Bett fallen.
Eigentlich waren sie gerade dabei gewesen, Hausaufgaben zu machen, Palle hatte Manu versprochen gehabt, ihm mit Chemie zu helfen, und hatte bloß einen Spitzer gesucht gehabt. Jetzt setzte er sich neben seinen Freund auf dessen Matratze und schien auf eine Erklärung zu warten.
»Ich hab Anfang letzten Jahres irgendwann ein Mal Tagebuch geschrieben. Sag nichts, ich weiß, dass das peinlich ist. Aber ich dachte, dass es mir vielleicht ein Bisschen hilft, meine Gedanken zu ordnen. Dass ich keine Mädchen mag und so weiter.«
Patrick grinste, jedoch hatte Manu nicht das Gefühl, als würde er sich dabei über ihn lustig machen.
»Süß. Was steht dann da so drin? ›Ich mag ihn und es ist so falsch, aber es fühlt sich so richtig an‹?«
Die zweite Hälfte verstellte er seine Stimme und begann, zu säuseln, was Manu wiederum zum Lachen brachte.
Selbst neugierig geworden, schlug er das Buch auf und begann, darin zu blättern. Palle neben ihm rückte näher an ihn heran und strich mit einer Hand über seinen Rücken, während er über Manus Schulter sah, darauf bedacht, ihm trotzdem Privatsphäre zu lassen und trotz seiner Neugier nicht mitzulesen. Auf ein Mal begann der Jüngere, zu grinsen und hielt ihm das Buch hin, so dass Palle es nehmen konnte.
»Hier. Das war an dem Tag, an dem ich Dado geküsst hatte. Ich muss ihm das nachher unbedingt zeigen!«
Neugierig begann Patrick, ein paar Zeilen zu lesen, während Manu ihn dabei einfach nur beobachtete. Sein jüngeres Ich erzählte von dieser Geburtagsfeier und dass er Dado endlich davon (anscheinend seinen Vermutungen über seine Sexualität) erzählt hatte und dass dieser ihm daraufhin vorgeschlagen hatte, es einfach zu probieren und sich schließlich sogar selbst als Versuchsobjekt angeboten hatte. Klein-Manu berichtete davon, wie sie sich geküsst hatten und wie verwirrt er war und der jetzige Manu wäre am liebsten im Boden versunken. Warum war er so gewesen? Palle jedoch grinste bloß.
»Süß. Hast du auf ihn gestanden?«
Manu schüttelte wahrheitsgemäß den Kopf. Die Phase, in der er einen Crush auf Dado gehabt hatte war ja wirklich erst viel später gekommen. Aber das hatte sich zum Glück mit Palle auch erledigt und er wollte am liebsten nicht mehr darüber nachdenken.
»Nee. Aber ich hab halt gemerkt, dass einen Jungen zu küssen mir allgemein besser gefällt. Oder, besser gesagt: Überhaupt gefällt.«
»Wäre ich da nur schon da gewesen?«
Palle grinste provokant, strich aber gleichzeitig mit seinen Fingerkuppen sanft über Manus Haut. Der verdrehte bloß die Augen.
»Dann wäre alles höchstwahrscheinlich nur noch komplizierter geworden.«
Patricks Lippen, die sich ohne Worte sanft auf seine Schläfe legten und ihn dort küssten, bereiteten Manu eine kribbelige Gänsehaut.
»Es gab sogar ein Foto davon.«
Seine Ablenkung klappte, denn Palles Lippen verschwanden. Stattdessen sah der Ältere ihn bloß neugierig an.
»Echt? Hast du das noch?«
Manu zuckte mit den Schultern, obwohl er genau wusste, wo es war. Also stand er auf und öffnete die unterste seiner Schribtischschubladen – wo unter seinen alten Schulheften ein Umschlag mit mehreren Bildern lag. Den nahm er mit zurück zu Palle und öffnete ihn. Er fand das Bild sofort – und betrachtete es kurz lächelnd.
Er und Dado sahen unverkennbar jünger aus – und der Kuss wirkte irgendwie unbeholfen. Man merkte, dass sie beide nicht sonderlich erfahren gewesen waren, was das anging. Die Lichtverhältnisse waren nicht sonderlich gut und man sah dem Bild an, dass die beiden Abgebildeten nichts von seiner Entstehung gewusst hatten und der Kamera kein Bisschen Beachtung schenkten. Dado war extrem dünn gewesen – so dünn, dass es Manu natürlich schon längst aufgefallen war. Er selbst hatte noch etwas kürzere, dafür umso unordentlichere Haare gehabt.
Patrick nahm das Bild entgegen und musste selbst ebenfalls lächeln, als err es sich ansah.
»Süß. Das ist wirklich süß.«
Manu spürte, wie er leicht errötete. Dieses Bild bedeutete ihm aus irgendeinem Grund wirklich viel.
Palles Blick wandte sich wieder dem echten, momentanen Manu zu – und zog ihn mit einem Arm spielerisch an sich, bevor er ihre Lippen kurz aufeinanderdrückte.
»Trotzdem: Das hier gefällt mir besser.«
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Hey Leute!
Es würde mich wirklich freuen, würdet ihr diesen Part bewerten. Jedes Sternchen bringt mich in der Rangliste (Momentan: Fanfiktion: Platz #27) ein Stückchen höher. Momentan bin ich total motiviert und ehrgeizig, es da noch weiter zu schaffen - und würde mich freuen, wenn ihr mich dabei unterstützt!
Wenn ihr es dieser Story gönnt, einfach ein Sternchen auf alle Kapitel geben und gerne euren Freunden davon erzählen, wenn ihr denkt, dass ihnen die Fanfiktion gefallen könnte! Jeder neue Leser bringt mir im Zweifelsfall 56 neue Sternchen! Jeder, der das hier weiterempfiehlt, bekommt einen imaginären Keks (mit Schoko-Stückchen!)!
Vielen Dank schonmal!
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