Kapitel 17: Sechs Monate und eine Rehabilitation später
Kapitel 17: Sechs Monate und eine Rehabilitation später
Wenn sich sterben so anfühlt, dachte Severus, dann war er froh, dass er es nur einmal im Leben tun musste. Aber natürlich, dachte er dann, war ihm das Sterben nicht vergönnt, nicht mal in diesem Format. Und dann dachte er, dass das ja eigentlich doch nicht so schlimm war.
Er saß aufrecht, die Schiene, die seinen Rücken stützte, ließ ihn noch strenger wirken, als er sowieso schon war und trank einen grünen englischen Tee, während die Musik im Radio ihn zwang, heimlich mit den Zehenspitzen zu wippen.
„Mein Angebot ist, dass du wieder zu Unterrichten anfangen kannst", sagte Minerva, die ihm das Du angeboten hatte und ihm mit jovialen Lächeln gegenübersaß.
„Ich war nie gut im Umgang mit Schülern", antwortete er. Ihm fiel es noch schwer zu reden, denn seine Stimmbänder hatten sehr unter dem Schlangenbiss gelitten.
„Nein, das warst du nicht", bestätigte Minerva, die nun Direktorin war. Sie machte sich gut, viel besser als er.
„Deshalb halte ich mich für unbrauchbar als Lehrer", beschloss er.
„Ich verstehe", sagte sie. „Es wird mir schwerfallen, einen kompetenten Ersatz zu finden, mein Lieber. Insbesondere eine stellvertretende Schulleitung fehlt mir noch." Sie seufzte, sie wollte ihn locken.
„Wer sich als Schulleitung nicht eignet, eignet sich erst recht nicht als Stellvertreter!", argumentierte er streng.
„Nun, es war Krieg", meinte sie.
„Ich war nie nett, das weißt du, ich war immer ein ungeselliger Miesepeter", erklärte er. „Daran wird sich nicht mehr viel ändern."
„Daran hat sich einiges geändert", widersprach seine wohl letzte Freundin außer der Malfoys. „Du bist kein so schlechter Mensch, wie du gerade glaubst."
„Was bringt dich zu dieser Überzeugung?", fragte er und wünschte plötzlich, sich tief in seinen Stuhl sinken lassen zu können.
„Weil du mich nicht anschreist, weil du offen redest, weil du mit deinem Trank viele Leben gerettet hast und weil du deines beinahe verloren hast. Selbst das Gericht sieht ein, dass du Askaban nicht wirklich verdient hast, was ist es, was dich daran hindert, einfach ein neues Leben zu beginnen?"
Severus schluckte seinen Tee und zwirbelte sein noch länger gewordenes Haar in der Hand. Er befand sich seit etwa einem halben Jahr auf dem Malfoy Manor. Nachdem er von Nagini beinahe umgebracht worden war, hatte Draco Malfoy ihn aufgegabelt und sofort ins Manor gebracht, um ihn zu retten. Auf die Frage, wieso er das getan hatte, hatte dieser mit den Schultern gezuckt und dann gesagt „Nächstenliebe, Nächstenliebe."
Später einmal hatte er erzählt, dass das goldene Trio ihm kurz vorher das Leben gerettet hatte. Severus glaubte, dass es daran lag.
Lucius Malfoy hatte seine Pflege übernommen und alle möglichen Ärzte kommen lassen, bis er endlich wieder sprechen konnte. Severus war vorher nie klarer gewesen, wie wichtig funktionsfähige Rückennerven waren, und so hatte deshalb zum ersten Mal seit langem wieder gelacht, als er endlich Füße und Finger bewegen konnte. Dann hatte er gestockt und Lucius hatte ihn mit großen Augen angesehen, als er in Tränen ausgebrochen und in seinem Bett versunken war. Er hatte ihn gefragt, ob er wüsste, wo Hermine war, er hatte ihn damals das erste Mal gefragt. „Keiner weiß es. Sie ist wie untergetaucht. Das Einzige, was sie hinterlassen hat, ist die Nachricht an Harry Potter, dass es ihr gut gehen wird", erklärte Lucius ruhig.
Danach fragte er fast jeden Tag, aber die Antwort blieb dieselbe. Er wünschte sich, dass sie ihn kontaktieren würde, aber sie schien wirklich wie vom Erdboden verschluckt. Er hatte ihr Briefe geschickt, aber sie alle waren zurückgekommen und nach dem dritten hatte er es aufgegeben. Es schmerzte ihn mehr, als er ertragen konnte, dass sie den Kontakt zu ihn zu vermeiden schien, manchmal wachte er auf und wünschte sich, wieder einschlafen zu können. Sie konnte nicht immer noch glauben, dass er Tod war, immerhin hatte sein Überleben mehrfach in der Presse gestanden. Die Spekulationen, was nun aus ihm werden würde, hatten dem Tagespropheten erhöhte Leserzahlen gebracht.
„Minerva", sagte er, um seiner ehemaligen Kollegin endlich zu antworten. „Ich kann kein neues Leben beginnen, wenn mir der Mensch fehlt, der mir ein Leben geschenkt hat."
Minerva hatte es nicht verstanden. Aber sie war dennoch eine Stunde bei ihm geblieben, um Ingwerkekse zu essen und mit ihm zu plaudern.
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