Kapitel 16: Tod
Kapitel 16: Tod
Hermines Bewunderung für McGonagall wuchs auf einen Schlag, als sie erfuhr, mit welcher Selbstsicherheit und Präsenz es ihr gelang, die ganze Schülermasse zu beordern. Sie schickte die jüngeren Schüler*innen in den Gemeinschaftsraum der Slytherins. Ebenso jene, die nicht kämpfen wollten. Dann rief sie mit einem Accio mehrere große Phiolen mit einem blassgelben, Hermine nur all zu bekannten Zaubertrank herbei.
„Jeder hier anwesende sollte einen Schluck von diesem Trank zu sich nehmen", erklärte sie aufrichtig. Molly Weasley betrachtete den Trank kritisch.
„Es ist ein Trank, der vor dem Avada schützt", erklärte McGonagall. „Ein guter Freund hat ihn gebraut und bot mir an, diesen Trank an ihm auszuprobieren und er hat tatsächlich funktioniert."
Ein Flüstern machte die Runde, McGonagall hatte den Avada gewirkt? Hermine aber hätte Severus am liebsten geschüttelt. Hatte er sich McGonagall offenbart? Hatte er den Zaubertrank tatsächlich an sich ausprobieren lassen? Hatte er von ihr erzählt? Was war passiert, während sie fort war?
Nach einiger weiterer Überzeugungsarbeit (und Hermine, die den Trank ohne Misstrauen als erstes probiert hatte), nahmen ihn alle anderen ebenfalls brav zu sich. Als Hermine an McGonagall vorbei kam, griff diese nach ihrer Hand.
„Es ist so gut, euch lebendig zu sehen", sagte ihre schottische Lehrerin liebevoll. Hermine nickte, sie wusste nicht, was McGonagall wusste. „Danke, Professor", sagte sie. „Ohne Sie wäre Hogwarts verloren."
Dann begann es wuselig zu werden, alle liefen durcheinander, übernahmen Aufgaben, die ihnen McGonagall zu teilte, so, als hätte sie genau auf diesen Moment gewartet, als wüsste sie genau, was zu tun war. Als ob irgendjemand wusste, was zu tun war. McGonagall wies Professor Sprout an, die magischen Pflanzen Angreifer attackieren zu lassen, Professor Flitwik kümmerte sich um die Verteidigungszauber, sie selbst rief die Ritterrüstungen des Schlosses zur Verteidigung auf und Trelawney stand mit zitternden fingern und klappernden Zähnen daneben. Hermine betrachtete sie mit großen Augen und erkannte dann, dass sie eigentlich jetzt schon viel zu müde für den Krieg war. Sie lief einfach mit Ron mit, als er ihr erklärte, sie müssten den Basiliskenzahn besorgen. Es ergab Sinn, aber ihr fiel ein, dass sie sich so gerne hingelegt hätte, sie wünschte, in Arns Armen zu liegen und zu schlafen.
Irgendwann drangen die ersten Todesser in das Schloss ein, Hermine duckte sich gerade unter einem fallenden Brocken hinweg, während sie im nächsten Augenblick ihre Brandblasen vom Dämonsfeuer aus dem Raum der Wünsche heilte. Dann warf sie einen Mückenfluch auf einen Todesser und auf die nächsten zwei einen, der sie orientierungslos machte. Ihr Schutzzauber blieb durchgehend aktiv und wieder war sie froh, dass sie so viel von Severus hatte lernen können.
Manchmal dachte Hermine an das Schicksal. Ob es ein solches gab, ob es Dinge zueinander brachte. Denn sie wunderte sich, wie viele Zufälle es geben musste, bis das passierte, was tatsächlich passierte. Wie groß ist schon allein der Zufall, dass gerade man selbst aus Spermium und Eizelle entsteht, wie groß ist dann der Zufall, wenn man stirbt, wodurch man stirbt, wann man stirbt.
Als Fred starb, hatte keiner damit gerechnet, es war keiner vorbereitet. Es war klar gewesen, dass Menschen sterben werden, auch von ihnen, aber keiner wusste, dass es Fred sein würde, keiner wollte, dass es Fred war. Und Hermine wollte auch kein Schicksal dafür verantwortlich machen. Schuld war der Todesser, der die Wand mit einem Bombarda hatte explodieren lassen. Hermine zischte voller Wut, während George Tränen in die sowieso schon rot unterlaufenen Augen stiegen und Ron aufschrie. Mit einem Schwung ihres Zauberstabes fiel der Todesser Tod um.
Sie hatte es nicht mal sagen müssen, der grüne Blitz war einfach aus ihrem Stab geschossen. Für einen Moment sahen alle sie an. Dann sahen sie wieder zu George.
Wie fühlt es sich an zu töten? Hermine würde erst später merken, wie der Avada einen Schnitt in ihre Seele gebracht hatte, dass es lange dauerte zu heilen und dass die jetzige Genugtuung für Narben sorgen würde.
„Das Wichtigste für uns ist der letzte Horkrux, Harry. Ohne, dass alle zerstört sind, werden wir nie gewinnen!", erklärte sie Harry und Ronald, die wild mit Zaubersprüchen um sich feuerten.
„Er ist in der heulenden Hütte", ließ Harry verlauten.
Severus hatte die Schlange nie gemocht, er hatte sich immer ausgemalt, wie sie auf ihn zu schnellen würde und ihn beißen, ihn verschlingen würde. Sie konnte sowas, das hatte Voldemort vorher oft bewiesen. Eigentlich wusste er, dass er unter Schutz stand, er wusste, sie würde ihm nichts tun, er war einer der treusten Diener, ein Ergebener. Er hatte nie als Futter gegolten.
Und doch, als Voldemort ihm offen dargelegt hatte, weshalb es wichtig war, ihn zu töten, dass er nur so gegen Harry Potter gewinnen konnte, dass der Elderstab forderte, seinen Vorbesitzer das Leben zu rauben, um dem jetzigen zu gehören, hatte die Schlange keine Skrupel, ihn anzugreifen. Es war schlimmer als in seiner Vorstellung. Und es war schmerzhafter, es war toter.
Er hätte sie gerne nochmal in den Armen gehalten, dachte er, als er röchelnd auf den Boden sank. Er hätte ihr gerne gesagt, wie wichtig sie war, wie gut sie war, wie sehr er sie liebte. Aber er würde es nie können, nie und niemals wieder.
Es war wie im Fiebertraum, als er sie herannahen sah, ihr Blick war noch sorgenvoller als noch vor ein paar Stunden, da er aus der Schule gejagt worden war. Sie weinte und gedämpft konnte er sie reden hören. Dann sah er Potter. Er erinnerte sich seiner Aufgabe.
Er wusste selbst nicht, wie er das machte, aber als er weinte, entfloss ihm die wichtige Erinnerung, die Potter nun endlich erhalten konnte, die er viel früher hätte erhalten sollen.
„Nimm sie", er hörte sich selbst nicht, alles war verschwommen, er glaubte es war ein letzter Traum. Er wünschte, sie wäre näher bei ihm, er wünschte, sie würde seine Augen schließen. „Nimm sie."
Und das Licht verschwand.
Der Tag war kein guter für Hermine. Sie hatte vergessen, wann heute morgen war, um zu sagen, dass sie mit dem falschen Fuß aufgestanden war. In den letzten Stunden war so dermaßen viel passiert, dass es für ein ganzes Leben reichte. Es war so furchtbar kalt hier, es roch nach Tod und ihre Haare waren fettig, aber sie hatte kein warmes Wasser und wollte nicht duschen. Hermine war so müde. Hermine fühlte sich taub, fertig, ihre Welt stand Kopf.
Hermine saß am Boden, und sie bemerkte, dieser Tag war kein guter. Die anderen erzählten Dinge, denen sie nicht folgen konnte, neben ihr saß der Junge, auf den alles ankam, der Retter der Welt und alle kümmerten sich um ihn. Aber Hermine vermisste Arn.
Arn. Der Arn, den sie Arn nannte, der aber nicht Arn hieß. Er war in ihren Träumen und Gedanken. Sie dachte an ihn und weinte tief in ihrem inneren über ihn, oder um ihn, oder um sich selbst. Arn war ihr Freund. Damals war er ihr Freund. Aber jetzt war so viel vorbei. Arn nannte sie ihn weil sie seinen wahren Namen nicht verraten wollte. Arn. Die Namensbedeutung von Arn war Adler.
Deswegen hatte sie ihn so genannt. Er hatte immer alles im Auge, seine Nase erinnerte sie an einen Adler und seine dunklen Augen, sein Stolz, seine Bewegungen. Er konnte fliegen, ihr Arn. Ihr Arn.
Wie hatte es so weit kommen können?
Egal wo Hermine hinsah, sie sah nur noch Tod. Fred war tot, Remus war tot, Tonks war tot. Sie war froh, dass es nun an Harry war, den nächsten Schritt zu tun. Sie wusste, sie hätte ihn begleiten müssen, ihm eine gute Freundin sein müssen, die ihn bei der Schulter hält, während er sich entscheidet, was als nächstes zu tun war. Voldemord hatte eine einstündige Gnadenfrist verlauten lassen.
Hermine saß in der großen Halle und ließ sich verarzten. Neben ihr redete jemand, aber sie hörte nicht zu. Sie dachte an Arn. Aber sie konnte nicht daran denken, dass auch er tot war, sie konnte nicht mal weinen. War sie traurig? Sie spürte nichts.
Die Stunde der Gnadenfrist war vorüber, nirgendwo konnte man Harry sehen, es war kein Todesser da. Plötzlich wurden die Stimmen um sie herum lauter und aufgeregter, alle, die noch auf zwei beinen stehen konnten, strömten heraus. Sie merkte, wie Ron nach ihrer Hand griff und sie hinterher zog. Da standen sie, schmuddelig, müde, geblendet vom Sonnenlicht und sahen auf ihn. Harry war tot.
Alle waren tot. Hermine hatte sich nie so elend gefühlt. Der folgende Kampf fühlte sich für sie zäh an, während die anderen ihre letzten Kräfte aufbrachten, sich gegen alles wehrten, was man ihnen antat, fragte sich Hermine, was wohl so schlimm sein sollte am Tod.
Aber Hermine war niemand, der aufgab, selbst wenn sie nicht mehr an sich selbst glaubte. Sie kämpfte weiter. Sie verstand nicht, wie es sein konnte, dass Harry erwachte, dass er schlussendlich doch gegen Voldemort gewann. Sie hielt es nicht für wahr und während alle anderen auf Harry zu rannten, um ihn zu umarmen, kam es ihr vor, als würde ein tiefer Schlaf sie übermannen, den sie nie zu entkommen drohte.
Dannkehrte sie ab, drehte sich weg, ließ die anderen allein und apparierte mitungeahnten Kräften in eine Welt, die nur den Muggeln gehörte
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro