Du darfst nicht lieben!
Javier
Jedes Mal, wenn Joan mich kurz beim vorbei Gehen sieht, sagt er, dass er meine zwei Finger abhacken wird. Ich muss ja meine Strafe noch bekommen. Er ist nur leider so überfordert letzter Zeit, dass er keine Zeit findet, mich zu foltern...
Draußen begegne ich Mateo. Ich verstehe diesen Mann nicht. Wer würde freiwillig mit Joan abhängen wollen? Ich muss aber sagen, dass Joan Gäste besser behandelt als seine Familie.
Wenn Mateo hier ist, dann muss Inaya alleine zuhause sein. Ob sie mir sagt, was sie alles auf den Kassetten gesehen hat?
Ohne nachzudenken oder zu zögern fahre ich zu ihrem Haus und parke mein Auto weiter weg.
Ich klopfe ein paar mal auf die Tür, doch sie macht nicht auf. Die Klingel ist hier gar nicht zu finden. Dieses Haus sollte mal renoviert werden, es ist richtig alt. Aber ich kann auch verstehen, wieso es bei denen nicht geht. Sie sind ja arm und können sich das nicht leisten. Durch laute Geräusche von drinnen, werde ich aus meinen Gedanken gerissen.
„Inaya, ich weiß, dass du da bist. Öffne die Tür, ich bin es Javier!", sage ich laut.
Die Geräusche werden lauter. Es werden Sachen kaputt gemacht. Schockiert versuche ich die Tür aufzubrechen. Ich hole mein kleinen Messer aus der Hosentasche, stecke es zwischen dem Schloss und knacke die Tür auf.
Doch was ich jetzt sehe ist noch schockierender. Inaya hat einen Sessel in der Hand und schlägt wütend alles kaputt. Ganz viel zerstörtes Geschirr liegt auf dem Boden und sie steigt problemlos auf den Splitter. Die große Vitrine liegt kaputt auf dem Boden.
„Auf hören, auf hören!", schreit sie weinend in Panik herum.
„Inaya?", rufe ich und gehe ihr näher. Ich schnappe ihr den Sessel von der Hand. Sie schaut mir in die Augen. Ihre Augen... sie sind ganz rot vom vielen Weinen. Ich umarme sie in dem Moment, ohne zu überlegen oder zu fragen was mit ihr ist.
„Nein, wieso verbrennst du mich? Geh weg, du verbrennst mich!", schreit sie und schubst mich weg.
„Inaya, beruhige dich!"
„Beruhigen? Ist diese Situation zu beruhigen?", fragt sie zitternd.
„Inaya was ist los mit dir?", frage ich schockiert. Ich blicke runter und sehe ihre voll blutenden Füße.
„Diese Sachen... sie lassen mich nicht in Ruhe. Die hören uns... sie hassen mich", sagt sie flüsternd. Ich umarme sie fest und sage:
„Alles wird gut! Ich bin da." Ich hebe sie hoch und bringe sie da raus. Sie setzt sich bei den Treppen draußen hin, und lässt mich die Splitter von ihren Füßen entfernen. Was mich wundert ist, dass sie keinen Schmerz verspürt.
„Ich fahre dich ins Spital, es sieht schlimm aus", sage ich.
„Willst du mich nicht zum Psychiater bringen?", fragt sie grinsend. Ich bücke mich zu ihr runter, halte ihr Gesicht in meine Hände und sage:
„Hör auf Mist zu reden!"
„Aber ich bin verrückt. Mateo sagt das auch. Ich bilde mir Sachen ein, die nicht da sind. Ich bin psychisch krank."
Ich schaue ihr in die Augen.
„Mateo ist verrückt, nicht du."
Sie fängt an zu lachen. Ich nehme sie wieder in den Armen und setze sie in mein Auto.
—-
Es dauert eine Weile im Spital, bis Inaya behandelt wird. Nach der Behandlung sehe ich sie auf dem Bett sitzen.
„Geht es dir wieder gut?", frage ich.
„Ja, schmerzen habe ich davor auch nicht gespürt. Ich darf auch schon gehen."
„Inaya, sollte dir sowas nochmals passieren, dann bitte ruf mich an. Ich werde alles liegen lassen und schnell zu dir laufen, das verspreche ich dir."
„Danke, aber ich komme schon alleine zurecht, ich bin auf deine Hilfe nicht angewiesen..." Somit zieht sie ihre Patschen aus dem Spital an und geht vor.
„Hey?! Ich kann dich tragen!", sage ich und nähere mich zu ihr.
„Nein! Ich hasse es getragen zu werden", meint sie ernst mit scharfe Miene.
„Gut, dass du diesmal nicht sagst, dass du meine Hilfe nicht willst, weil ich ein Verbrecher bin..."
„Mir geht es gut, du kannst jetzt gehen, Verbrecher!"
Ich hasse es, wenn sie so kalt zu mir ist.
—
Ich fahre sie wieder nach Hause. Danach helfe ich ihr die ganzen Glassplitter vom Boden weg zu räumen. Solange ich meinen Mund halte, lässt sie mich ihr helfen.
„Seit wann passiert dir sowas?", frage ich vorsichtig.
„Seit meinem fünften Lebensjahr", antwortet sie problemlos.
„Was passiert den so alles?" Sie schaut zu mir.
„Die Ecken verdunkeln sich, jemand versucht mich dann anzufassen, aber gewaltig. Wenn ich was dagegen machen will, dann kommt es nur schlimmer. Das heute, war das Schlimmste. So schlimm habe ich es nie erlebt. Aber es passiert nicht die ganze Zeit. Ich darf nicht in der Nacht alleine gelassen werden, vor allem nicht an so einer verlassenen Gegend, wie dieser hier. Doch Mateo, ist gerne um diese Zeit da draußen."
„Du solltest in einer Wohnung leben, dort wo viele Familien wohnen. Dann wirst du dich nicht alleine fühlen. Oder du kannst zu mir in meinem Haus ziehen. Wenn dort jemand mit mir einzieht, werde ich mein Haus nie verlassen", sage ich und gehe Inaya ein paar Schritte näher.
„Wieso solltest du das für mich tun wollen? Du kennst mich nicht..."
Ich schweige und schaue ihr in die Augen.
Wieso würde ich ihr diesen Gefallen tun? Frage ich mich selbst. Weil ich sie mag, weil sie anders ist....
„Ja, stimmt. Wieso sollte ich sowas tun? Du bist kalt zu mir, du versuchst mich jedes Mal mit deinen Worten zu verletzen, du denkst ich wäre der schlimmste Mensch auf Erden. Du hast recht...war nur ein scheiß Angebot von mir", sage ich enttäuscht.
„Bemüh dich nicht, jemanden Guten zu spielen. Das passt nicht zu Leuten, die ein schwarzes Herz haben", sagt sie zuletzt und geht in die Küche.
Ich verstehe selber nicht, wieso ich hier bin. Unerwünschte werden einfach schlecht behandelt. Langsam verlasse ich das Haus und setze mich ins Auto. Tausende Gedanken gehen mir durch den Kopf. Nach ein paar Minuten fahre ich los.
—
Zuhause sehe ich Mateo bei uns, der sich voll betrinkt mit Joan. Ich gehe zu Ihnen und setze mich zum Tisch. Joan füllt mir ein Glas.
„Ich brauche nicht", sage ich misslaunisch.
„Doch gerade jetzt brauchst du das", sagt Joan betrunken lachend. Ich lehne mich an meinem Sessel zurück und schaue Mateo an.
„Deiner Schwester geht es gerade schlecht, und du amüsierst dich hier sorgenlos!", sage ich ihn angewidert und wütend zugleich. Er schaut mich erstaunt an.
„Was?", fragt er verwirrt.
„Sie ist alleine zuhause, ihre Füße sind verletzt. Geh zu ihr!"
„Mateo du kannst hier bleiben. Ich kann kurz vorbei schauen gehen, wenn es für dich kein Problem ist?", meint Joan dazwischen.
„Haha du bist der beste Kumpel...", lacht Mateo und versteht hier gar nichts. Joan erhebt sich grinsend.
„Du gehst nirgends wohin Joan!", schreie ich ihn an.
„Was hast du gerade gesagt?", fragt er und kommt wütend zu mir. Ich erhebe mich von meinem Platz und wir stehen uns wütend näher.
„Nein nein, bitte keinen Prügel. Ich gehe schon", sagt Mateo und verschwindet.
Joan haut mir eine ins Gesicht und ich falle zu Boden.
„Du Bastard, erlaubst dir hier mir Befehle zu geben?", schreit er Wut platzend.
Tja hier kommt ja meine Folterung.
Er steigt auf mich und boxt mir weiteres rein, doch ich stoße ihn von mir runter und schlage ihn zurück. Nach dem einen Schlag ins Gesicht spuckt er Blut aus dem Mund.
„Du bist schwach geworden, Bruder", sage ich grinsend.
„Nein, nur du hast dich gebessert", lacht er mit. Wir kämpfen dort bis wir unseren Wut raus gelassen haben, und legen uns danach voller Schmerzen auf dem Boden, und betrachten den stockdunklen Himmel mit Sternen gefüllt.
„Ich wünschte, mein Leben wäre anders", sage ich außer Atem.
„Nein, ich nicht... ich bin reich und das genügt mir", meint Joan. Ich schaue ihn an.
„Was ist mit Liebe? Ist dir Geld wichtiger als Liebe?", rutscht mir diese Frage raus.
„Nein, ich liebe nur meine Kinder, sonst keinen. Meine Frau... sie hat mich gehasst. Es kommt die Zeit, wo Menschen anfangen dich zu hassen", erklärt er.
„Was wenn man sich ändert?"
„Wieso stellst du mir diese bescheuerte Fragen? Sag mir nicht, dass du dich verliebt hast?" In dem Moment denke ich an Inaya. Ihr schönes Lächeln, ihr süßer Duft, ihre schönen Augen. „Du darfst dich nicht verlieben. Du darfst nicht lieben!", höre ich Joan wütend sagen. Ich schaue ihn in die Augen. „Die Liebe macht dich schwach. Du brauchst keine Liebe. Hab dein Spaß, aber verliebe dich auf keinen Fall. Wir zwei haben viele große Pläne vor und das darf uns niemand kaputt machen", redet er weiter. Ich blicke schweigend wieder zum Himmel.
Als ob so ein braves Mädchen wie Inaya sich in mich verlieben würde. Sie hasst mich zutiefst.
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