Warten.

Warten. Warten immer nur warten, bis der nächste Bus kommt, das Ende der Schicht abwartend, den quälend langsamen Sekundenzeiger beobachtend, immer nur warten. Ich bin es leid zu warten. Das Leben rennt an dir vorbei und du wartest darauf das es anfängt, dabei hat es schon längst begonnen und du hast es nicht gemerkt.

Wenn du es bemerkst, ist es bereits zu spät. Dann hast du dein Leben verpasst, der Zug ist abgefahren, während du am Bahnsteig standst und deine Schuhe zu gebunden hast, bereit den ersten Schritt zu wagen, zu selbst beschäftigt und in dich gekehrt, dass du nicht links, nicht rechts blickst. Du siehst nicht, dass der Schaffer dich zu sich winkt, dich auffordert aufzustehen. Du siehst nichts. Du wartest also bis der Zug eintrifft, dabei hat er den Bahnhof grade verlassen. Und du hast ihn nicht gesehen, weil du das Ankündigungsschild einer Band studiert hast.

Du bemerkst deinen Seelenverwandten nicht, der sich neben dich auf die Holzbank gesetzt hat. Du siehst ihm nur kurz in die Augen, interpretierst das stoppen deines Herzens nicht. Wartest nur.

Du siehst nur auf deine Füße, nicht auf seine Hände.

Du siehst nicht wie verloren er aussieht und doch so entschlossen dich aufzufangen. Du bemerkst seinen angenehmen Geruch nach Kaffee und Herbst nur flüchtig und erlaubst dir nicht, das Flattern in deiner Magengrube zu zulassen. Du schaust nur kurz auf seine silbernen Ringe und wie sie in der Sonne funkeln.

Aber du verpasst das Wesentliche. Und das ist sein Blick, der deine Augen sucht, und sein Lächeln, dass die sagen will, dass du angekommen bist. Du hast mich gefunden, versucht er dir zu sagen.

Sprich ihn doch an!, schreit dein Inneres, aber du erwiderst kühl: Nein, ich warte lieber noch.

Und so wartest du und unterdrückst all deine stummen Impulse und dein Sitznachbar muss gehen. Denn sein Anschlusszug hat soeben den Bahnhof erreicht. Er muss weiter und leider hast du deine Chance verpasst mit ihm zu gehen.