12. Kapitel - Finkenflug
Sie hatte ein ziemlich mieses Gefühl bei der Sache.
Sie hatten nichteinmal die Dunkelheit der Nacht als Schutzmöglichkeit - nicht bei einem Kater als Gegner, der die magische Fähigkeit über die Schatten selbst besaß.
Also reisten sie nur von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Niemals länger. Sobald das Licht der Sonne verschwand verharrten sie in kleinen Verstecken, und verließen diese nicht, bevor das Sonnenlicht zurückkehrte - und es blieb immer einer von ihrer kleinen Gruppe wach.
Finkenflug hatte nicht gewusst, wie weit ihre Flucht in den Zweibeinerort hineingeführt hatte, doch nun waren sie bereits seit fünf Sonnenaufgängen unterwegs, bis sie die Ränder des Ortes erreichten und die ersten Ausläufe des Nadelwaldes erkennen konnten, der einst zum FinsterClan-Territorium gehörte.
Sie hatte die letzten Stunden starr hinaus in die Dunkelheit gestarrt, in ständiger Angst, die Schatten würden zum Leben erwachen und sie anfallen. So nahe am feindlichem Territorium mochten selbst ihre Reisegefährten kaum schlafen - und dass, obwohl sie diese Nacht als Wache eingeteilt war - immer wieder merkte Finkenflug, wie die anderen aus ihrem leichten und unruhigen Schlaf erwachten. Falkenfeder war schließlich, kurz nachdem der Mond unterging, gleich wach geblieben und hatte sich an Finkenflugs Seite gesellt.
Der goldbraune BlattClan-Krieger war ebenso nervös wie sie, wusste es nur besser zu verstecken. Seine blauen Augen wichen keinen einzigen Moment von der Waldgrenze ab - bis die Sonne die letzten Schatten vertrieben hatte und auch alle anderen ihrer kleinen Patrouille aufbruchbereit waren.
Feuerpfotes Schulterfell war gestäubt, als sie an Finkenflugs Seite trat.
>> Ab jetzt müssen wir besonders vorsichtig sein. << murmelte sie, wie um es sich selber nocheinmal in Erinnerung zu rufen. Finkenflug konnte ihre Unsicherheit aus ihren Worten heraushören und fühlte sich ebenso - Was sie hier vorhatten, grenzte an einer Selbstmordmission.
Feuerpfote war die letzte Heilerin aller vier Clans - so entsetzlich dies auch klang - die Schülerin musste mit dem SternenClan in Kontakt treten und dank Finsternis' Magie war es wohl nur mit dem Sternenfels möglich, die Ahnen zu erreichen. So mussten sie sich vom Rest der beiden Clans - des BlitzClans und des BlattClans - trennen und sie so sicher wie möglich dorthin und wieder zurückzubringen. Kupferstern und Buchenstern hatten sie nur ungern gehen lassen und konnten nur drei Krieger entbehren - sie hatten neun Junge im Lager die verteidigt werden mussten.
>> Wir sollten außen herum gehen. Das dauert länger, ist aber wesentlich sicherer.<< miaute Sturmflut. Der grau getigerte Kater war der älteste Krieger und hatte von den beiden Clan-Anführern die Führung der Patrouille zugeteilt bekommen - was in Finkenflugs Augen wirklich Sinn machte - ohne die ruhige Art der beiden BlattClan-Kater wäre sie schon längst umgekehrt. Die junge Kriegerin bewunderte die beiden Kater - Sturmflut war überaus gut darin, selbst die unsichtbarsten Verstecke aufzuspüren, die sie einfach übersehen hätte, während Falkenfeder ein wahnsinnig geschickter Jäger war, den es überhaupt nicht zu stören schien, sich im Zweibeinerort zu befinden, in dem es Finkenflug immer zu sehr stank, als dass sie Beute riechen konnte.
Feuerpfote nickte zustimmend auf Sturmfluts Vorschlag hin und setzte sich in Bewegung - gefolgt von Sturmflut und Finkenflug. Falkenfeder bildete die Nachhut - Finkenflug konnte seinen warmen Atem an ihrer Flanke spüren, so nah liefen sie. Sie entfernten sich nicht weit voneinander, achteten stets darauf, wo sie ihre Pfoten hinsetzten, um keine allzu deutlichen Spuren zu hinterlassen.
Nach einer Weile übernahm Sturmflut die Führung, führte sie seitlich am Waldrand entlang, immer in Deckung vereinzelter Büsche und Baumgruppen, weit genug weg, um vom Wald aus nicht gesehen zu werden. Sie sprachen kein Wort miteinander. Selbst wenn die Clangrenzen eigentlich einige Fuchslängen hinter der Waldgrenze lagen, wollten sie kein Risiko eingehen.
Finkenflug wagte es kaum, aufrecht zu gehen - sie hatte das Gefühl, unsichtbare Augen starrten sie aus dem Wald heraus an, sie meinte sogar Stimmen flüstern zu hören, Krallen in ihrem Fell, die nach ihrem Fleisch und Blut lechzten - erschrocken zuckte sie zusammen, als Falkenfeder sie von hinten anstupste - die Krallen waren keine Krallen sondern Zweige eines Busches - das Flüstern nichts weiter als der Wind der durch die Nadelbäume strich.
>> Alles okay? << fragte Falkenfeder und der tiefe ruhige Klang seiner Stimme beruhigte sie augenblicklich.
>> Ja. << murmelte sie leise und wandte sich von seinen blauen Augen ab, die sie immer an das klare Wasser ihres Lieblingsbaches erinnerten, wenn dieser den Himmel spiegelte.
>> Dann sollten wir weitergehen. << sagte er nur und deutete mit seinem hellgoldenen Schweif nach vorne - Feuerpfote und Sturmflut warteten zwei Büsche schon ungeduldig auf sie.
Ihr wurde ganz warm und und eilig lief sie los - sein kitzelndes Fell an ihrer Flanke war ihr plötzlich ziemlich unangenehm angenehm geworden. Vielleicht hatte sie den älteren Krieger in den letzten Tagen wohl etwas zu gerne um sich gehabt - und sie fand dies irgendwie unangemessen, ihrer Situation gegenüber.
>> Finkenflug, verdammt, er gehört zum BlattClan! << tadelte sie sich selbst leise, ohne dass es jemand hörte. Sie war noch jung, ihre Situation versprach alles andere als gut zu enden, sie lebte in ständiger Angst und hatte ihre Heimat verloren - da war es doch bloß eine Blitzreaktion von ihr, dass sie sich zu jemanden hingezogen fühlte.
Mehr nicht. Das geht wieder weg.
>> Wir sollten zusammenbleiben! << zischte Sturmflut ihr zu und riss sie aus ihren Gedanken.
>> Klar. << miaute sie nur und gesellte sich an Feuerpfotes Seite, die allerdings mit den Gedanken wohl ganz woanders war - nachdenklich blickten die bernsteinfarbenen Augen der Heilerschülerin in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
Finkenflug wurde wieder klar, dass ihre Gefühlsprobleme wohl extrem unwichtig waren im Vergleich zu Feuerpfotes - sie wollte gar nicht wissen, wie es war so viel Verantwortung zu tragen.
>> Wir schaffen das! << miaute sie also und stupste Feuerpfote an. Sie klang zuversichtlicher, als sie sich fühlte, aber es funktionierte - Feuerpfote schnurrte leise und sah sie dankbar an - dann drängte Sturmflut die beiden Kätzinnen weiter.
Diesmal blieb Finkenflug neben Feuerpfote - einerseit um ihr zu zeigen, dass sie sie unterstützte und andererseits, um nicht wieder Falkenfeders Atem hinter ihr spüren zu müssen.
Ihr Pfad führte sie immer weiter durch das Gestrüpp, dass immer häufiger durch große Findlinge ersetzt wurde. Die Ebene wich langsam Hügeln und Gräben, kleine Birken kämpften sich durch die Steine und die Grenzen des Nadelwaldes verschwanden hinter ihnen. Der spärlich bewachsene Birkenwald nahmen ihnen die Sicht auf den Horizont und bot wenig Schatten - Finkenflug hatte sich lange nicht mehr so sicher gefühlt. Auch schienen ihre Fellfarben sie hier ausreichend schützen zu können - ihr und Sturmfluts graues Fell vor den Felsen und Falkenfeder war auf dem goldbraunem Laub des letzten Blätterfalls auf dem Boden kaum zu erkennen - nur Feuerpfote stach ein wenig hervor, gerade wenn das Sonnenlicht ihr rotes Fell leuchten ließ und sie so ihrem Namen alle Ehre machte.
Durch die spärlich belaubten Baumkronen konnte Finkenflug allmählich den Gipfel des Feuerberges ausmachen - sein Hang mit dichtbelaubten Wald bewachsen, der langsam in den Birkenwald auslief - sie hörte bereits das Wasser plätschern - einer der Bäche, die in den Fluss münden würden, der quer durch ihr altes Territorium floss - Sehnsucht überkam sie, als sie ihre Vorderpfote kurz in das kühle Nass tauchte - wie gerne würde sie seinem Lauf folgen, zurück nach Hause.
>> Es tut weh, so nah dran zu sein. << murmelte diese tiefe, sanfte Stimme neben ihr und sie erschreckte sich - sie hatte nicht bemerkt, wie nahe Falkenfeder ihr gekommen war.
>> Wie schwer ist der Aufstieg auf den Feuerberg? << fragte Sturmflut jetzt und deutete auf den hohen Gipfel vor ihnen.
>> Es ist nicht so steil, wie es aussieht, aber man weiß nie, wie windig es dort oben ist. Als Schüler dürfen wir nur in Begleitung unseres Mentors oder eines anderen Kriegers nach oben - << miaute Finkenflug - sie hatte den Gipfel erst einmal erklommen - mit ihren Geschwistern.
Ob sie noch - dachte sie, doch Falkenfeder unterbrach ihre Gedanken.
>> Also gehen wir außenherum? << fragte er, doch Feuerpfote schüttelte den Kopf.
>> Dann verlieren wir einen ganzen Tag. Oder noch mehr. Wir dürfen die anderen nicht zu lange alleine lassen - wir haben jetzt schon zu lange gebraucht! <<
>> Ihr meinten selber, dass es gefährlich ist, auf den Gipfel zu klettern. << meinte Sturmflut.
>> Wir können doch innenherum gehen. Selbst der KrallenClan wird nicht so häufig dort oben auf Patrouille gehen und wenn wir an der Baumgrenze bleiben und keine Pause machen schaffen wir die Strecke auch im Tageslicht. << sagte Finkenflug. Ihr gefiel diese Idee überhaupt nicht, aber es war die schnellste Lösung.
>> Ich weiß nicht - << murmelte Sturmflut skeptisch.
>> Ich bin dafür. << sagte Falkenfeder. Feuerpfote nickte ebenfalls.
>> Na schön. Wir gehen noch bis zu den Anfängen des Mischwaldes, dann rasten wir. Bei Sonnenaufgang müssen wir sofort los - << miaute Sturmflut und beäugte nocheinmal den Gipfel.
>> Mit etwas Glück sind wir nach Sonnenhoch auf der anderen Seite des Feuerbergs. << sagte Feuerpfote. Ihre Schnurrhaare zitterten, ihr Fell war aufgeplustert.
>> Dann sollten wir jagen, bevor wir ein Versteck suchen. Bevor die Sonne untergeht. << meinte Falkenfeder und deutete nach oben - tatsächlich war es bereits nach Sonnenhoch, wie Finkenflug bemerkte. Es wehte nur ein seichter Wind und keine einzige Wolke bedeckte den Himmel - viellleicht würden sie heute Nacht endlich die Sterne sehen können - auch wenn Finkenflug sich diese Hoffnung gleich wieder verbot - seid Finsternis gekommen war, waren die Sternenlichter meist hinter Wolken verborgen.
>> Gut. Feuerpfote und ich halten Wache, du und Finkenflug könnt jagen gehen. << bestimmte der graue Krieger und schlich sich nach oben auf einen der großen Felsen, auf dessen Spitze er sich in eine Mulde schmiegte und mit den verschiedenen grauen Flecken des Steins zu verschmelzen schien.
Lernen alle BlattClan-Katzen dieses Tarnen? fragte sich Finkenflug, und dachte daran, dass beide Kater immer den perfekten Untergrund fanden, um unsichtbar zu werden - ob Stein, Laub oder Gebüsch - Man sah sie nicht, wenn sie es nicht wollten. Vielleicht musste man das können, wenn man in den Baumkronen jagte - sie blieb lieber am Boden. Sie war nicht halb so geschickt im Klettern wie Falkenfeder mit seinen langen, kräftigen Beinen und den schmalen Schultern und seinem langem Schweif und dieser absolut perfekten Balance - nein stopp!
Schnell riss sich Finkenflug von dem Krieger los, den sie sicherlich gerade ziemlich peinlich angestarrt hatte.
Konzentriere dich!
Tief atmete sie ein, beobachtete noch kurz, wie sich Feuerpfote am Fuße des Felsens zwischen Sträuchern zusammenkauerte, dann drehte sie sich um und pirschte los - in die entgegengesetzte Richtung, weg von ihrer Heimat. Sie konnte den Geruch von Falkenfeder noch wahrnehmen, nur sehen konnte sie ihn nicht mehr - jetzt wo sie genau hinhörte, konnte sie Vögel in den Baumkronen zwitschern hören. Falkenfeders Spur führte von ihr weg, aber das störte sie nicht - so konnte sie endlich den Geruch finden, der sie nicht so nervös machte, wie der des Katers.
Schnell konnte sie die Geruchsspur einer Wühlmaus ausmachen - vorsichtig schlich sich Finkenflug vorwärts, trat dabei vorwiegend auf die Steine am Boden, damit das Laub nicht raschelte.
Ein Fiepen ertönte aus dem Gebüsch vor ihr. Leises Trippeln nach rechts. Eine kleine braungraue Nase, die hinter einem größeren Blatt hervorlugte und niedlich zitterte - Finkenflug stieß sich blitzschnell ab und erwischte die Maus mit ihren Vorderkrallen, bevor diese auch nur ein weiteres Geräusch von sich geben konnte.
Zufrieden wollte sie ihren Fang vergraben, um es sich später zu holen - doch dann stellten sich bei ihr alle Fellhaare auf. Lauschend drehte sie die Ohren nach hinten, den Schweif nahe am Boden - hatte sie sich verhört? Nervös klopfte ihr Herz gegen ihre Brust - Vielleicht war es nur ein Vogel -
Erschrocken drehte sie sich um. Nein, kein Vogel.
Erneut drang das Jaulen durch die Bäume zu ihr durch.
Es war das Jaulen einer Katze -
Feuerpfote!
***
Hello, ich melde mich zurück aus meinem Winterschlaf ... und schön, dass ihr noch dabei seid! :)
Heute mal aus einer neuen Perspektive :)
Soo... nun kommt endlich etwas Fahrt in die Story - die "erste Phase" des Buches ist vorüber, die Charaktere alle richtig platziert, jetzt kann es losgehen, mit der Hauptstoryline - bzw. den Haupthandlungsstängen. Es wird verraussichtlich drei Handlungsstränge geben - die eine habe ich mit diesem Kapitel nun eingeführt. :))
Ich hoffe ihr verzeit mir wieder einmal die lange Wartezeit und dass euch das Kapitel gefallen hat :) Lasst doch gerne ein Kommentar da - Lob, Kritik ob positiv oder negativ - ganz egal. (Vielleicht auch nur ein Smiley? xD) - müsst ihr natürlich nicht, wenn ihr nicht wollt, aber ich würde mich drüber freuen :)
Bis zum nächsten Mal / Kapitel / Kommentar - was auch immer xD
Eure Dannii ;))
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