
Kapitel 5. Im Feld
Die vier Eidechsen baumeln bei jedem Schritt, seltsam versetzt zu der Bewegung meiner Pfoten, die geschickt an der staubigen Kante der Donnerhänge entlangtänzeln. Auf Hälfte des Weges springe ich in das Feld hinein und trabe zwischen den Maispflanzen hindurch. Den Traum dicht an den Fersen.
Während des Jagens konnte ich es eine Weile verdrängen, doch jetzt, wieder allein, kommt die Erinnerung mit solcher Heftigkeit zurück, dass ich kaum an etwas anderes denken kann. Einfach weitergedrängt zu werden, der Drang, den Berg zu erklimmen. Das plötzliche Gefühl zu fallen. Die Schwärze des sternenlosen Himmels. Bei dem bloßen Gedanken daran schaudert es mir.
Vielleicht hat Tupfenherz Recht und ich sollte nicht so viel darüber grübeln – aber es geht einfach nicht aus meinem Kopf. Die Bilder haben sich in mir eingebrannt. Wenn ich die Augen schließe, sehe ich sie wieder vor mir.
Also tue ich das, was mir in dieser Situation am besten erscheint, und laufe zur WolkenClan-Grenze. Der Todespfad dort verströmt eine angenehme Stille, trotz seines grausigen Namens, und ab und zu begegnet man ein paar WolkenClan-Katzen, die etwas Interessantes zu erzählen haben. Vielleicht finde ich die Morgenpatrouille. Egal, was es ist, ich brauche etwas zum Zerstreuen.
Der Birkenhain liegt schweigend vor mir, wo Todespfad und Donnerweg ineinander übergehen. Irgendwo kräht ein Rabe. Abgesehen davon ist es still.
»Der WolkenClan hat sich noch nicht gezeigt.«
Lächelnd fahre ich herum.
Hasensprung zwinkert mir zu. »Schön, dich zu sehen.«
»Luchsfell! Welch Überraschung.« Hinter ihm tritt Bärenpelz aus dem Mais, dicht gefolgt von Fuchsstreif. Was für eine schöne Gruppe. Das gleicht das Fehlen des WolkenClans fast aus. »Ich hoffe, es ist in Ordnung, dass wir hier jagen. Mohnblüte erwähnte etwas...«
»Alles gut.« Vorsichtig lege ich die Eidechsen auf dem Boden ab. »Ich wollte nur etwas nachdenken. Wie läuft die Patrouille bis jetzt?«
Der Krieger zuckt mit den Ohren. »Recht still. Der WolkenClan zeigt sich nicht.«
»Es wird echt langweilig hier«, meint Fuchsstreif. »Nie sind sie da. Nie passiert was.«
»Vielleicht sollten wir den SchattenClan angreifen, damit Fuchsstreif endlich wieder unterhalten ist.«
Die drei Krieger schnurren.
»Gratulation zum Fang übrigens. So viele Eidechsen habe ich lange nicht gesehen.« Bärenpelz neigt den Kopf und inspiziert sie etwas genauer, ehe er mir in die Augen sieht. »Wir können sie für dich tragen. Du bist sicher nicht ohne Grund hier.«
»Beute tragen ist natürlich nicht gut beim Angriff des SchattenClans.«
Bärenpelz wirft ihm einen mahnenden Blick zu und der Krieger wendet den Blick ab.
»Das lässt sich durchaus vereinbaren«, feixt Fuchsstreif. Als er Bärenpelz' Blick sieht, fügt er schnell hinzu: »Richtig, wir sollten ihr ja nichts von unserem geheimen Plan verraten! So ein Pech auch. Naja, jetzt wo du da bist, kommst du mit? Mit einer Sagerin auf unserer Seite haben wir sicher eine echte Chance!«
Ich schnurre leise. »Das nächste mal wieder. So kurz vor dem Nachttreffen, was sollen sie nur von uns denken.«
Er grinst mir zu. Mit einem Lächeln verabschiede ich mich, lasse die Eidechsen bei ihnen und streife die WolkenClan-Grenze entlang. Doch es ist niemand in der Nähe, die Stille auf der anderen Seite ist beinahe beunruhigend. Vielleicht hat Taubenpfote etwas bemerkt? Bei ihr weiß ich nie, wie viel sie weiß und wie viel nicht.
Nach der Kleinen Wiese trabe ich die BergClan-Grenze ab, doch auch dort ist das Glück nicht mit mir. Die Patrouille war bereits da, der BergClan jagt selten an diesen Hängen und im Blumenmeer der Riesenpfote sind Katzen, die mich nicht bemerken. Seufzend mache ich mich also auf den Rückweg, den Fluss entlang. Was am anderen Ufer wohl geschieht?
Vielleicht hat Hasensprung doch recht. Ein Kampf mit dem SchattenClan wäre wirklich eine willkommene Abwechslung. Über den Fluss hinweg. Und durch das WindClan-Territorium. Ich frage mich, worum wir kämpfen würden.
»Luchsfell, was für ein Zufall.« Ich spitze die Ohren und warte, bis Drosselflug zu mir gekommen ist. »Wie schön, dich zu sehen. Wir haben uns ja lange nicht gesprochen. Erzähl schon. Wie geht es dir, Kleines. Ich habe gehört, du träumst schlecht. Brauchst du etwas gegen schlechte Träume? Ich habe Baldrian hier und-«
Meine Ohren schnellen hoch. »Baldrian?«
Drosselflug schenkt mir ein vielsagendes Lächeln. »Ganz geheime Vorräte. Eigentlich für Notfälle, aber das ist ja so etwas wie ein Notfall, nicht? Komm mit, ich zeige es dir. Damit schläfst du wie ein Junges.«
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