Kapitel 4. Zwischen Wind und Schatten
»Wer weiß, was dieses Kleejunges gedacht hat. Junge machen Scherze, und die meisten haben keinen Humor.« Schlitzohr zuckte mit der Nase. »Nichts, das uns beängstigen sollte.«
Was nur die halbe Wahrheit war. Der WindClan hatte offensichtlich keine Kontrolle über die Schülerin – eine Jungkatze, die ihre Grenzen austestete. Nicht wirklich bemerkenswert, eigentlich.
Wenn man Grauschweif nicht kannte, was nicht der Fall war. Schlitzohr kannte ihn gut, besser, als es ihm lieb war, fast, besser als die meisten anderen Katzen im WindClan und erschreckenderweise besser als die meisten Katzen seines eigenen Clans. So mit einem Krieger umzugehen, war das Eine. So mit Grauschweif umzugehen, etwas ganz anderes - wenn sich Grauschweif mit etwas auskannte, dann mit aufsässigen Halbstarken. Er hatte fünf Junge großgezogen, darunter eine von Schlitzohrs Schwestern.
Eine seltsame Schülerin also. Höchst seltsam.
»Ich mache mir keine Sorgen.«
Natürlich nicht. Er schloss die Augen und überlegte, ob er etwas sagen sollte.
»Dieser Kinderstubenkram interessiert mich nicht. Der WindClan hätte die Grenze überschritten, wären wir nicht rechtzeitig gekommen.«
Sicher? Schlitzohr verzog den Mund, dachte kurz nach und schob dann die Gedanken an die Schülerin von sich. Es gab Wichtigeres als eine randalierende WindClan-Kätzin. »Vielleicht ist an der Geschichte doch mehr dran als gedacht. Wer weiß, woher dieses Kleejunges diese Geschichte hat. Es könnte von Schafsjunges kommen.«
»Wolljunges hat die Träume«, warf Harzpfote ein. »Schafsjunges ist der Gedankenleser.«
Schlitzohr verdrehte die Augen. »Spatzen haben zu schweigen, wenn die Amseln singen.«
Der Schüler rümpfte die Nase und ließ sich zu Fleckenfell zurückfallen, während sie die Hecke entlangstreiften.
»Ich singe nicht«, zischte Amselfeder.
Wo bin ich hier? In einem Entenhaufen? »Ich wollte nur Harzpfote loswerden«, gab er zurück, bemüht ruhig.
»Das habe ich gehört!«, kam es von hinten.
»Und ich ziehe dir das Fell über die Ohren, wenn du nicht endlich aufhörst zu lauschen!« Verärgert schüttelte Schlitzohr den Kopf. Dieser Kater machte ihn noch verrückt. Früher hatten die Schüler noch auf die Ältesten gehört. Und einen Funken Verstand gehabt, aber heute...
Gut, den Funken Verstand hatte Harzpfote. Jedenfalls einen kleinen. Man musste lange danach suchen, aber...
Wie auch immer.
»Du solltest die Ohren spitzen, was der WindClan heute Abend berichtet. Schon, wen sie schicken. Wenn es nicht Rosendorn ist, stimmt etwas nicht.« Er zuckte mit den Ohren. »Und wenn sie Rosendorn schicken, stimmt etwas ganz gewaltig nicht. Dieser Katze kann man nicht trauen. Sie dreht dir das Wort in der Zunge herum.«
»Im Mund. Und du brauchst mir nicht zu erklären, wem ich trauen kann und wem nicht«, gab Amselfeder zurück. »Einer WindClan-Katze kann man nie trauen.« Mit diesen Worten rannte sie davon.
Na wenn du meinst. Seufzend blieb er stehen und wartete, bis Harzpfote und Fleckenfell ihn eingeholt hatten. »Geht einfach weiter mit Amselfeder. Ich komme später nach.« Nickend huschte Fleckenfell an ihm vorbei. Harzpfote zögerte kurz, lief dann aber ebenfalls weiter. Eine treue Seele. Treu und etwas dumm. Aber aus tiefstem Herzen treu.
Zwei Seiten des gleichen Blattes. Als er sich sicher war, dass niemand mehr umdrehen würde, drehte er um und lief zurück. Da gab es ein Gespräch, bei dem definitiv noch der richtige Lauscher fehlte.
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