Kapitel 8
FRÜHES MORGENLICHT strömte über den Waldboden, als Wüstenpfote sich aufrichtete. Sie hatte zusammen mit einigen Clankatzen die ganze Nacht Totenwache für ihre verstorbene Mentorin gehalten. Ein letztes Mal drückte sie sich an Dunkelblütes Seite: „Möge der SternenClan dich begleiten. Ich werde dich vermissen, Dunkelblüte.“
In der Stille des Morgengrauens brachten sie und Sternenschweif Dunkelblütes Körper vor den Ginsterwall, der das Lager umgab. Schweigend begruben sie sei. Trauer spiegelte sich auf ihren Gesichtern wieder. Sie hatten beide eine Katze verloren, die ihnen viel bedeutet hatte. Doch ihre traurigen Gedanken wurden von einem jähen Ruf unterbrochen. Wüstenpfote schreckte hoch. Silbersterns Stimme ertönte vom Hochstein herab.
„Ich fordere alle Katzen auf, die alt genug sind, Beute zu machen, sich zu einem Clan Treffen zu versammeln.“ Einige Katzen hatten noch geschlafen, trotteten jetzt aber auf die Lichtung.
Wüstenpfote folgte Sternenschweif und setzte sich neben ihn um Silbersterns Worten zu lauschen. „Katzen des DonnerClans, ich weiß es ist eine schwere Zeit herangebrochen, doch unser Herz bleibt ungetrübt.
So sind wir dem SternenClan treu und folgen seinen Weisungen. Da Dunkelblüte Wüstenpfotes Mentorin war und es keine Unterbrechung in der Ausbildung unserer Schüler geben darf, will ich sofort den neunen Mentor für Wüstenpfote ernennen. Jaguarkralle, du bist inzwischen bereit für deinen ersten Schüler, daher wirst du ihre weitere Ausbildung übernehmen. Du hast einen guten Mentor in Rattenkralle gehabt und ich erwarte, dass du einige der hervorragenden Fähigkeiten weitergibst, die man dir beigebracht hat.“
Wüstenpfote beobachtete Jaguarkralles Reaktion. Er schien zwischen Stolz, Wut, Freude und Enttäuschung zu schwanken. Wüstenpfote selbst war derart schockiert, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte.
Was?! Heiliger SternenClan! Dieser Fellball soll mein Mentor werden?! Das ist doch gerade mal sieben Monate älter als ich!
Doch Wüstenpfote wurde jäh in ihren Gedanken unterbrochen, als eine Katze sie von hinten Richtung Jaguarkralle schob. Trotz Jaguarkralles gemischter Gefühle, siegte am Ende der Stolz. Mit einem feierlichen Nicken gab der Krieger seine Zustimmung. Er ging auf Wüstenpfote zu, die, zugegeben, ein wenig säuerlich, in der Mitte der Lichtung wartet.
Jaguarkralle senkte den Kopf und berührte ein wenig unbeholfen die Nase seiner ersten Schülerin. Höflich schnippte Wüstenpfote mit dem Schwanz, konnte ihm aber keine echte Freude entgegenbringen. Dieser Kater hasste sie und sie hasste ihn. Sie konnte sich gerade noch davon abzuhalten Silberstern einen verärgerten Blick zuzuwerfen, vermutlich hatte der DonnerClan Anführer das extra gemacht. Jeder im Clan wusste, dass sich die Beiden verabscheuten.
„Na, WindClan Katze.“, Jaguarkralle damit einem höhnischen Grinsen auf Wüstenpfote herab.
Ihr sandfarbenes Fell sträubte sich, ihre gelb grünen Augen begannen streitlustig zu funkeln. Sie gab nur ein verächtliches Schnauben von sich und kehrte ihrem Mentor den Rücken. Sie hatte ihre Trauer über Dunkelblüte noch nicht überwunden und nun erschütterte sie die Ernennung ihres neuen Mentors komplett. Sie wandte den Kopf um, als sie ein Rascheln hörte. Jaguarkralle hatte sich in einigen Kaninchensprüngen Entfernung niedergelassen.
„Warte! War das ein mitfühlender Ausdruck in seinen Augen gewesen?“, Wüstenpfote schüttelte innerlich den Kopf, „Nein, das konnte nicht gewesen sein. Er verabscheute sie doch. Konnte ihr Jaguarkralle vielleicht ein guter Mentor sein?“
Als sie noch einen Blick riskierte, wusste sie, dass sie sich getäuscht hatte. Der selbstgefällige Ausdruck in seinen Augen war kaum zu übersehen. Zufrieden mit sich selbst begann Jaguarkralle sich im Sonnenlicht zu räkeln. Wüstenpfote drehte sich weg und ging zur Kinderstube. Sie schnappte sich auf dem Weg dorthin ein großes Kaninchen und eine Amsel um sie den Königinnen zu bringen. Noch konnte sie Jaguarkralle nicht zum trainieren schicken oder ihr Jagdpatrouille aufbrummen. Regentau hatte ihr strikte Nestruhe verordnet, sie sollte eigentlich nicht im Lager herumspazieren.
Aber Wüstenpfote fühlte sich gut und die Folgen der massiven Überanstrengung waren fast verschwunden. Zwar fühlten sich ihre Pfoten immer noch ein bisschen wund an, aber das hinderte sie nicht daran das Lager zu erkunden und die Katzen des DonnerClans besser kennenzulernen.
Als die Schülerin den Kopf durch den Eingang zur Kinderstube steckte, purzelte ihr ein dunkelrotes Junges entgegen. Seine Mutter Schneefell schob ihn mit einem warmen Ausdruck in den Augen zurück.
Sie begrüßte Wüstenpfote herzlich. Dankbar nahm die Königin die Beute an und rief sogleich die anderen Königinnen zu sich. Auch Wolkenblüte tauchte nun auf, sie musterte Wüstenpfote misstrauisch. Anscheinend hatte sie der Schülerin immer noch nicht verziehen, dass sie ihren Sohn K.O. geschlagen hatte.
Ein Dutzend scharfer Zähne, die sich in ihren Schwanz bohrten, ließen Wüstenpfote herumfahren. Sie versuchte das Etwas abzuschütteln, doch es krallte sich fest. Sie schnaubte empört, doch dann stellte sie fest, dass es ein schwarzes Junges war, das sie angriff. Vorsichtig zog sie das knurrende Fellbündel von ihrem Schwanz. Die kleine Kätzin fauchte sie mit gesträubtem Pelz an.
„Ich werde dich für meinen großen Bruder fertig machen.“, fauchte sie angriffslustig.
Das rote Junge hinter ihr verdrehte seufzend die Augen: „Lass sie doch in Ruhe.“ Empört wirbelte die Schwarze herum, doch der Andere ließ sich nicht beirren: „Diese Schülerin kämpft besser als unsere Krieger und sie läuft schneller, vermutlich ist sie auch die beste Jägerin. Also was willst du dann gegen sie tun?“
Trotz der Worte ihres Nestgefährten ließ sich das Junge nicht beirren. Gerade als die Schwarze zum Sprung ansetzte um der belustigt schnurrende Wüstenpfote auf den Rücken zu springen, betrat ihr Mentor die Kinderstube.
Wüstenpfote seufzte, Was wollte der den hier?
Jaguarkralles Miene wurde weicher, als er die kleine Kätzin auf sich zustürmen sah. Wüstenpfotes Schnurrhaare zuckten belustigt, als ihr Mentor sich spielerisch mit Blitzjunges balgte. „Jetzt ist aber Schluss ihr zwei!“, unterbrach Wolkenblüte ihren Nachwuchs. Ihr drittes Junges, Eicheljunges, tapste noch etwas verschlafen aus dem gut geschützten Bereich hinter den beiden Königinnen. Als er Jaguarkralle entdeckte, stürmte er freudenstrahlend auf ihn zu. Jaguarkralle wuschelte seinem kleinen Bruder mit der Pfote liebevoll über den Kopf.
Ihr Mentor schien Wüstenpfote gar nicht zu beachten. Gut so. Denn nur ein einziges Wort aus seinen Mund machte Wüstenpfote schon fuchsteufelswild. Sie wollte nicht länger in der Kinderstube verweilen, deshalb nickte sie den Königinnen kurz zum Abschied zu, dann trat sie durch den Ausgang nach draußen.
Warme Luft schlug ihr entgegen, die Sonne heizte die freie, niedergetrampelte Erdfläche auf. Es waren einige feine Hitzeschlieren in der Luft zu erkennen. Nur vereinzelt lagen Katzen außerhalb der Baue, die meisten hatten sich entweder in den Höhlen verkroch oder waren auf Jagd oder Patrouille. Im Wald war es beträchtlich kühler als Wüstenpfote zum Bau der Schüler gehen wollte, wurde sie von Taubohr aufgehalten.
Fragend sah Wüstenpfote die schildpattfarbene Älteste an. „Was gibt es?“, fragte sie. „Was?“, Taubohr hatte sie nicht verstanden. Die Schülerin hatte vollkommen vergessen, dass die Kätzin fast taub war, wie ihr Namen schon sagte. Sie wiederholte ihre Frage noch einmal lauter. „Ach so. Ich wollte dir bloß mitteilen, dass alle Schüler und Krieger, die nicht gerade dabei sind zu trainieren, patrouillieren oder zu jagen, sollen zum Bach gehen und ein großes mit Wasser getränktes Moos mitbringen. Die Clan Katzen brauchen Wasser.“ Wüstenpfote strahlte: „Ja klar, erledigte ich sofort.“ Dadurch, dass sie dieses Mal mit angemessener Lautstärke gesprochen hatte, verstand Taubohr sie auf Anhieb. „Das ist gut. Willst du dein Moos dann gleich zu Silberstern bringen?“ „Ja, mache ich.“, mit diesen Worten sauste Wüstenpfote fast schon übermotiviert davon.
Endlich konnte sie dem geschäftigen Leben des Lagers für kurze Zeit entkommen. Hier erinnerte sie alles an Dunkelblüte. Ständig vermutete sie, dass ihre Mentorin hinter der Kinderstube hervorkam und miaute: „Das war bloß ein Scherz, ich habe mich nur versteckt.“
Warme Sonnenstrahlen fielen durch die Bäume. Das Wasser des Baches war so klar, dass man bis auf den Grund sehen konnte. Wüstenpfote tauchte das Moos unter bis es schwer vollgesogen mit der Flüssigkeit war. Wellen verteilten sich über der Oberfläche. Die Nässe drang durch das Fell von Wüstenpfotes Pfote. Angewidert schüttelte sie diese, sie hasste Wasser. Das triefende Moos im Maul trabte sie zurück zum Lager und erfüllte ihren Auftrag.
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