Die Luft war schwül, aber der dichte Nadelwald, der das Gebiet des Nachtclans säumte, kühlte die Temperatur magisch ab. Im Spätsommer war es zwar heiß, aber es wimmelte nur so von Beutetieren.Blitzpfote hörte das Herz des Opfers schlagen, seine winzigen Füße über den mit Nadeln bedeckten Boden trippeln. Die Wühlmaus war jetzt ganz nah. Die junge Kätzin achtete darauf, dass sie ihr Gewicht auf die Oberschenkel verlagerte, damit die Maus ihre Pfotenschritte nicht hörte. Sie prüfte die Windrichtung, schob sich noch ein wenig näher heran und sprang. Blitzpfote spürte den weichen Körper des Opfers unter sich zappeln und tötete die Wühlmaus mit einem Biss ins Genick. Die Kätzin hob ihren Fang auf und kehrte ins Lager zurück. Sie freute sich darauf was Sturmflamme, ihre Mentorin sagen würde. Es war ihr erster Jagdausflug gewesen. Blitzpfote und ihre Freundin Krähenpfote waren zusammen aufgebrochen, hatten sich aber nach kurzer Zeit getrennt, so, wie es Krähenpfotes Mentorin Lilienfeuer befohlen hatte. Das Lager des Nachtclans kam in Sicht. Es war eine mit Büschen gesäumte Lichtung. In jedem der Büsche war ein Bau. Auf den ersten Blick kein beeindruckendes Lager, aber die Krieger hatten sich ins Zeug gelegt und das Lager erweitert. Die Schüler waren ganz hinten, neben dem Frischbeutehaufen. Allerdings war es ihnen verboten etwas zu stibitzen. Blitzpfote wurde von ihrer Mentorin, Krähenpfote und ein paar Kriegern empfangen. Die Kätzin kannte immer noch nicht alle Mitglieder ihres Clans. Es waren aber auch so viele! >Gut gemacht Blitzpfote, du hast etwas gefangen<, lobte Sturmflamme die Kätzin.>Ich habe auch was gefangen<, protestierte nun Krähenpfote. Diesmal sprach Lilienfeuer:>Ja, hast du und ich bin sehr stolz auf dich. Auf euch beide.< Sturmflamme nickte. Blitzpfote und Krähenpfote wechselten einen Blick und drückten die Brust heraus. Ihre Clanmitglieder kamen und beglückwünschten die Schüler. Sogar Falkenstern, der Anführer des Nachtclans, kam aus seinem Bau stolziert. Die Schüler gingen zum Frischbeutehaufen, legten ihren Fang ab und nahmen sich etwas zum Essen mit in ihren Bau. >Was du gefangen hast, muss blind, taub und schwer von Begriff gewesen sein<, neckte Blitzpfote ihre Freundin. >Von wegen. Es war riesig und auch bei Verstand.< >Aha, aber kannst du auch mich besiegen? < Die Kätzin stürzte sich auf Krähenpfote und sie ging zu Boden.>Tja, muss doch nicht so groß gewesen sein.< >Oh doch, das war es!<, rief sie und bäumte sich auf, sodass Blitzpfote herunterfiel. Sie ächzte und rappelte sich auf, aber Krähenpfote griff erneut an und die Kätzin ging wieder zu Boden. >Na schön, ich ergebe mich. Aber eines Tages wirst du um Gnade winseln.< >Was macht ihr beiden da?<, ertönte eine strenge Stimme. Falkensterns Freundin Sturmherz war von hinten an sie herangetreten.>Ähm wir...wir spielen ein wenig bevor wir in unseren Bau zurückkehren.< >Ich würde euch raten, jetzt aufzuessen, um noch ein Schläfchen halten zu können, bevor die große Versammlung anfängt.< >Ja, machen wir Sturmherz<, erwiderte Krähenpfote eifrig. Blitzpfote nickte bekräftigend.>Dann ist ja gut.< Sturmherz schleckte die beiden zwischen den Ohren und wandte sich zum Gehen. Die Kriegerin rief ihnen über die Schulter hinweg zu:>Meine Glückwünsche zu eurem Fang.< Die große Versammlung! Wie hatte sie die nur vergessen können? Es war das erste Mal, dass die Kätzin und ihre Freundin dabei sein durften. Ihre Mentorinnen hatten es ihnen nach dem letzten Zusammentreffen der vier Clans gesagt. Blitzpfote und Krähenpfote freuten sich seit Wochen auf dieses Ereignis. Die Kätzin war besonders gespannt auf die Katzen des Lilienclans. Man hatte den Schülern erzählt, sie seien sehr geschickt. Außerdem war Lilienstern eine gute Freundin von Falkenstern und somit waren der Nachtclan und der Lilienclan Freunde. Krähenpfote dagegen freute sich auf die Krieger und Schüler des Nebelclans. Sie hatte ihr erzählt, dass sie den Feind kennenlernen wollte sowie ihre Freundin es formulierte. Das Verhältnis des Nebelclans zum Nachtclan war schwierig. Nebelstern und ihre Clangefährten waren im Nachtclan verhasst. Andersrum war es genauso. Der vierte Clan im Walde oder besser in der Heide war der Lichtclan. Er lebte etwas zurückgezogen, aber ein Feind war er nicht. Die beiden Schüler schlüpften in ihren Bau und stiegen über ihre beiden Baugefährten, Taubenpfote und Eulenpfote. Die beiden waren älter als Blitzpfote und zusammen zum Schüler ernannt worden. Und die letzte Schülerin war Finkenpfote. Sie war die jüngste und konnte sich nicht allzu gut einleben. Die Unterkunft an sich war sehr beeindruckend. Die Decke war verstärkt und die Zweige ineinander geflochten. Die dünnen biegsamen Äste reichte bis zum Boden und bildeten so die Wände. Der Bau der Schüler war sehr imposant und reich mit Fichtenzapfen behängt, die als Schmuck dienten. Die Kätzin spürte die Müdigkeit, die sie zu übernehmen drohte, und gab nach. Blitzpfote scharrte sich ein wenig Moos zusammen, drehte sich so lange im Kreis, bis sie es gemütlich fand und legte den Schwanz über ihre Augen. Sie hörte auf das rhythmische Atmen neben ihr und schlief langsam ein.

>Alle Katzen, die mir und dem Nachtclan treu sind, versammeln sich jetzt beim toten Baum!< Dieser alte, bei den Katzen des Nachtclans traditionelle Ausruf weckte Blitzpfote aus dem Schlaf. Der tote Baum war der Versammlungsplatz des Clans. Er lag am Rande der Lichtung. Es ging los! Die Kätzin stand auf, streckte sich und machte sich auf den Weg zum toten Baum. Falkenstern thronte auf einem der hohen Äste. Der ganze Clan hatte sich versammelt, auch die Katzen, die nicht zur großen Versammlung mitkamen. Die Schüler stellten sich neben ihre Mentoren und blickten zu ihrem Anführer auf. >Katzen des Nachtclans!<, rief Falkenstern.>Ich habe euch hier versammelt, damit wir uns auf den Weg zum großen Treffen aller Clans machen können! Der Vollmond steht hoch über uns und erhellt den Weg zur großen Versammlung. Lasst uns aufbrechen mein Clan, der Nachtclan.< Er sprang von seinem Ast und machte sich auf den Weg zum Farntunnel, dem Lagerausgang. Die ausgewählten Katzen folgten dem Anführer des Nachtclans. Blitzpfote schloss sich der Menge an und bahnte sich einen Weg zu Krähenpfote. Sie war unheimlich aufgeregt und konnte ihrer Freundin ansehen, dass es ihr genauso ging. Seit die beiden erfahren hatten, dass sie zur großen Versammlung mitdurften, hatten sie stundenlang darüber geredet, wie wohl die anderen Clans waren. Die Freunde waren zu den Ältesten gegangen, um mehr über die Versammlung zu erfahren. Die in den Ruhezustand gegangen Krieger hatten ihnen viele Dinge erzählt, wie z.B., dass die Anführer auf einer der sechs Kiefern vom Baumkreis sitzen oder, dass man bevor die Anführer der vier Clans zu reden begannen, sich mit Katzen anderer Clans die Zungen geben durfte, was bedeutete, dass man sich gegenseitig das Fell pflegte. Ebenfalls hatten die Ältesten den Schülern etwas über die drei anderen Clans erzählt. Der Lilienclan war ein freundlicher Clan, der ruhig zuhörte und sich um die Probleme anderer Clans sorgte. Er lebte in einer riesige Graslandschaft mit viel langem Gras zum Verstecken. Der Lichtclan dagegen war sehr auf sich konzentriert und leichter reizbar. Dieser Clan lebte in der Heide. Der Nebelclan war nicht alt so beliebt beim Lilienclan und dem Nachtclan. Der Lichtclan verstand sich besser mit dem Nebelclan, aber es interessierte ihn nicht sonderlich, was in diesem Clan vor sich ging. Der Nebelclan war genauso wie der Nachtclan ein Freund des Nadelwaldes. Feinde waren im Wald eigentlich nur der Nacht- und Nebelclan. Falkenstern durchquerte das Territorium in südwestlicher Richtung. Sie kamen an den Fluss, der durch die Territorien der vier Clans führte. Der Nachtclan ging ein Stück stromabwärts bis zu einer schmaleren Stelle, an der sie den Fluss überqueren konnten. Jetzt mussten Blitzpfote und ihr Clan nur noch das Territorium in Richtung Baumkreis durchqueren. Als die Kätzin mit ihrem Clan ihm Schein des Mondes dahinlief, fühlte sie sich schon wie eine echte Nachtclan-Kriegerin. Blitzpfote spürte, wie ihre Pfotenschritte mit den Pfotenschritten ihrer Clangefährten verschmolzen. Sie betrachtete Krähenpfote, die neben ihr lief. Sie war ihre beste Freundin sie machten fast alles zusammen. Sie konzentrierte sich wieder auf den Weg und konnte ihn der Ferne sechs im Mondlicht schwach zu sehende Kiefern erkennen. Es war der Baumkreis! Der Versammlungsort der vier Clans lag in einer kleinen Senke. Falkenstern trat näher an den mit Büschen gesäumten Hang heran. Die Katzen des Nachtclans verschmolzen mit dem Schatten der Bäume. Falkenstern kauerte sich nieder und seine Clangefährten taten es ihm nach. Alle warteten nun auf das Zeichen ihres Anführers. Es wehte eine sanfte Brise, die Blitzpfote durch das Fell fuhr und ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Falkenstern schnippte mit dem Schwanz und die Nachtclan-Krieger jagten den flachen Hang hinunter. Blitzpfote hätte jauchzen können vor Freude endlich hier mit ihren Clangefährten rennen zu dürfen. Sie entdeckte den Ast, auf dem eine graue Kätzin saß. Das musste Nebelstern sein. Außerdem konnte sie einen rötlichen Kater erkennen, der auf einem Ast nahe dem Boden thronte. Dieser Kater war höchstwahrscheinlich Flammenstern, der Anführer des Lichtclans. Die Kätzin suchte den ganzen Baum ab, konnte aber nirgendwo Lilienstern sehen. Der Lilienclan war wohl spät dran. Sobald der Nachtclan unten angekommen war, sprangen Falkenstern und Eulenkralle auf den Baum mit den Anführern zu. Eulenkralle gesellte sich zu den zweiten Anführern am Fuß des Baumes, während Falkenstern munter auf den Baum sprang, allerdings darauf achtete, dass er gebührenden Abstand zu Nebelstern hielt. Blitzpfote und Krähenpfote liefen zu einer Schülerschar am Rande der Lichtung. >Hey, wie heißt ihr? Dass ihr aus dem Nachtclan kommt, sehe ich<, fragte einer der Schüler. >Ich heiße Blitzpfote und das ist meine Freundin Krähenpfote. Aber wie heißt du?< >Mein Name ist Rauchpfote und ich komme aus dem Nebelclan.< Die beiden Freunde sogen scharf die Luft ein. >Aus dem Nebelclan?< >Ja, ist das ein Problem?< >Nein<, erwiderte Blitzpfote freundlich und warf Krähenpfote einen scharfen Blick zu, worauf sie die Krallen wieder einfuhr.>Und wie heißt ihr anderen?<, fragte Krähenpfote die drei anderen Schüler.>Ich bin Sonnenpfote aus dem Lichtclan.< >Ich heiße Silberpfote und komme ebenfalls aus dem Nebelclan.< >Und ich bin Weidenpfote, Sonnenpfotes Schwester.< Die Schüler liefen über die Lichtung und erzählten von großen Versammlungen. >Ich weiß von unseren Ältesten, dass wir nichts über unsere Clans erzählen sollen<, sagte Rauchpfote.>Stimmt, wir sollen nichts verraten, was den anderen Clans hilft uns anzugreifen<, fügte Sternenpfote hinzu.>Unsere Ältesten haben erzählt, dass...in diesem Moment stürmten die Krieger des Lilienclans auf die Lichtung. >Na endlich<, beschwerte sich Nebelstern. >Wir wurden aufgehalten<, erwiderte Lilienstern würdevoll. >Können wir einfach loslegen?<, fragte Flammenstern etwas ungehalten. >Natürlich, Flammenstern<, besänftigte Falkenstern ihn. >Lasst uns die große Versammlung beginnen!<, jaulte Lilienstern. Ein paar Schüler des Lilienclans gesellten sich zu ihnen und Blitzpfote lächelte ihnen zu, was sie zu ermutigen schien. Nebelstern balancierte auf ihrem Ast nach vorne und sprach: >Dem Nebelclan geht es gut. Wir sind stärker als je zuvor. Ein paar Kranke hatten wir trotzdem und eine unsere Königinnen hat ein Junges verloren. Außerdem haben wir unverkennbar Nachtclan im Inneren unseres Territoriums gerochen.< Aus den Reihen des Nachtclans stieg immer lauter werdender Protest auf. >Ruhe!<, Falkenstern hatte das Wort erhoben. >Erzähl keinen Unsinn Nebelstern. Von meinem Clan ist niemand in euer Territorium eingedrungen.< Auch wenn seine Stimme ruhig war, konnte man trotzdem die leise Drohung hinter seinen Worten erkennen. >Denkst du ich lüge Falkenstern? Du und dein Clan ihr seid wirklich ehrenlos.< Die Krieger des Nachtclans heulten vor Wut. Nun bleckte auch Falkenstern die Zähne. >Beginne keinen Kampf den du nicht gewinnen kannst Nebelstern.< Das letzte Wort sprach er voll Hass aus. Knurrent fuhr die Anführerin des Nebelclans ihre Krallen aus.>Halt!<, riefen Lilienstern und Flammenstern gleichzeitig.>Habt ihr vergessen das es einen Waffenstillstand gibt?!< >Es ist die große Versammlung!< Doch die beiden Streitenden hörten nicht auf. Doch dann...eine tiefschwarze Wolke schob sich vor den hell leuchtenden Mond. Der Himmel verdunkelte sich. Die vier Clans schauten verängstigt nach oben. Es war totenstill geworden. Eine Katze des Lilienclans brach das Schweigen. >Der Sternenclan ist zornig! Seid ihr jetzt zufrieden?< Die beiden Clanführer senkten beschämt die Köpfe. Die Mitglieder der verfeindeten Clans scharrten peinlich berührt mit den Krallen über den laubbedeckten Boden der Lichtung.>Weißblüte hat Recht! Ihr hättet niemals anfangen dürfen zu streiten!<, rief Lilienstern über die Lichtung. Flammenstern blieb zwar stumm, aber in seinen Augen lag ein zorniges Funkeln. Blitzpfote war geschockt. Wie konnten sich zwei Clans nur so zerstreiten? Sie und die anderen Schüler hatten nichts unternommen und waren einfach nur stumm dagesessen. Rauchpfote flüsterte:>Ich hätte dich niemals angegriffen!< >Ich dich auch nicht<, erwiderte Blitzpfote leise. Falkenstern erzählte noch von den Ereignissen in seinem Clan. >Die Beute war sehr rar diesen Mond, aber trotzdem hat der Nachtclan dank Bernsteinmond und Adlerherz neuen Zuwachs bekommen. Nachtjunges und Aschenjunges sind nun Teil des Nachtclans.< Auch Lilienstern und Flammenstern berichteten noch von den Geschehnissen in ihren Clans. Der Himmel klarte auf und die Wolken, die den strahlenden Vollmond verdeckt hatten, verzogen sich. Heute war niemand mehr in Stimmung nach der großen Versammlung mit einem Mitglied eines anderen Clans zu tratschen. Die vier Clans verschwanden nacheinander in ihr Territorium. Am Ende waren nur der Nacht- und Lilienclan noch da. >Bis in einen Mond Falkenstern ich hoffe du und Nebelstern reißt euch nächstes Mal zusammen.< >Entschuldige noch einmal Lilienstern. Ich hätte mich nicht so aufregen dürfen.< Falkenstern wirkte ernsthaft betrübt.>Du hast dich schon entschuldigt und jetzt musst du es nicht wieder tun. Auf Wiedersehen, mein Freund.< >Auf Wiedersehen, Lilienstern.< Mit diesen Worten stürmte der Anführer des Nachtclans den flachen Hang hinauf. Seine Clangefährten folgten ihm und zusammen verschwand der Nachtclan im Schatten der Bäume. Zurück im Lager wurden die beiden müden Freunde schon sehnsüchtig von ihren Baugefährten erwartet. Die beiden Neuankömmlinge wurden von Fragen bestürmt waren aber nicht in der Lage sie zu beantworten. Krähenpfote murmelte etwas das wie >Morgen, sind müde< klang und die Schüler taumelten in ihren Bau. Sie legten sich nieder und schliefen bald ein.