17. Ängstlich
»Lärchenfell! Was machst du denn hier?« Weichfell lächelte ihm zu und trabte zu ihm herüber. Weidenpfote war bei ihm, seine Tochter, und ihr bester Freund, Sturmpfote. Die beiden spielten das Spiel Fang-meinen-Schwanz, das er sich einst mit Blattwind ausgedacht hatte, und sie stellten sich unfassbar ungeschickt dabei an. »Wir haben dich gar nicht kommen hören. Schön, dich zu sehen! Wir wollen gerade auf Bäume klettern. Wenn du möchtest, kannst du das den Zweien zeigen«, er sah sich auf die Pfoten, »ich bleibe auf dem Boden und alle haben gewonnen.« Er lachte. Es war ein offenes Geheimnis, dass Weichfell große Höhen verabscheute; wie eigentlich fast jede Katze im Clan.
Lärchenfell fand sie fantastisch. Wenn man kletterte, war es egal, wie groß man auf dem Boden war.
»Klar. Gern! Hattest du irgendetwas Bestimmtes mit ihnen vor?«
Der Zweite Anführer überlegte kurz. »Es wäre gut, wenn sie schnell klettern könnten. Falls ein Fuchs in der Nähe ist, könnten sie sich auf einen Baum flüchten und wären sicher.«
Alle reden sie nur von diesem Fuchs. Dabei war es schon mehr als einen Mond her, dass sie ihn das letzte mal gesehen hatten. Vielleicht war er längst an seiner Krankheit gestorben.
... andererseits: Vielleicht hatte er auch andere Füchse damit angesteckt.
Er wartete noch, bis Weichfell gegangen war, und wandte sich dann an seine zwei Schüler. Seltsam, eigentlich - vor nicht allzu langer Zeit waren sie noch seine Baugefährten gewesen, und jetzt war er fast so etwas wie ihr Mentor.
»Okay, ihr zwei!«
Die beiden sahen auf. Sturmpfote war mittlerweile fast so groß wie er, ein kleiner Riese für sein Alter. Wenn er so weiterwuchs, würde er doppelt so groß werden wie Lärchenfell.
»Wie wäre es, wenn ihr mir erst einmal zeigt, wie ihr schon klettern könnt?«, schlug er vor, um zu verdecken, dass er eigentlich gar nicht so genau wusste, wie er den beiden das Klettern beibringen sollte - ihm hatte man es auch nicht richtig beigebracht, irgendwie hatte er es schon immer gekonnt, und wenn nicht, dann hatte er die Zeit vergessen, in der es nicht so gewesen war.
»Wir könnten auch kämpfen üben«, schlug Sturmpfote vor. »Das haben wir seit Ewigkeiten mehr gemacht.«
»Wolfsstern hat ja auch verboten, dass wir in den Lärchenwald gehen.« Nicht wegen der Füchse, sondern, weil er nicht auch noch mit Schatten Probleme haben wollte. Sie durften nicht einmal zur Flachen Stelle, es sei denn, sie hatten die ausdrückliche Erlaubnis von Wolfsstern dafür, und eine sichere Begleitung. Und im Allgemeinen bekam man das nur, wenn man Schüler war und schwimmen lernen musste.
»Und ich möchte gerne noch Kämpfen lernen.« Sturmpfote schlug mit dem Schwanz auf den Boden. »Wer weiß, wie viel Zeit wir dafür noch haben.«
Lärchenfell blinzelte irritiert. »Du bist nicht einmal einen Blattwechsel alt?«
Stille.
Weidenpfote sagte nichts. Sie hatte die Gewohnheit, nichts zu sagen, wenn sich alle fragten, ›warum‹, und Lärchenfell konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sie sich das nicht auch fragte - im Vergleich zu Hellpfote wirkte sie ziemlich aufgeweckt. Sie wäre zumindest nicht in einen Kaninchenbau geflüchtet, wäre ihr ein Fuchs hinterhergerannt, und hätte sich dabei sicherlich auch nicht die Pfote gebrochen. Nein, solche Dinge machten nur Katzen wie Hellpfote.
»Also, warum so eilig? Du hast doch noch Zeit.«
Sturmpfote sah zu Boden. »Erinnert ihr euch an die Prophezeiung?«
Lärchenfell zuckte zurück.
»Es ist seltsam ... die Worte...«
»Gemeint ist Löwenfell, schon klar.« Lärchenfell sträubte den Pelz. Er hatte all seine Mühe damit gehabt, diese Worte zu vergessen. Seitdem der Clan seinen Bruder für den Auserwählten hielt, hatte er so gut wie keine Chancen mehr, jemals Zweiter Anführer werden zu können. Egal, wie sehr er trainierte. An diese Ungerechtigkeit wollte er auf keinen Fall länger denken als nötig.
Sturmpfote sah auf den Boden und scharrte darauf herum. »Was denkt ihr, wer oder was der Schatten sein soll? Ich meine, bestimmt ist es einfach ... naja, Schatten ... aber...«
Lärchenfell lachte nervös. Das Thema behagte ihm nicht, und außerdem wäre es ein Leichtes gewesen, sie zu belauschen. Eine Katze wie Tupfenherz ... er schüttelte den Kopf. »Wann bist du denn unter die Verschwörungstheoretiker gegangen? Es ist Schatten. Alles andere wäre irrsinnig.«
»Prophezeiungen sind oft nicht so eindeutig, wie sie scheinen.« Sturmpfote plusterte sich auf. »Schau mal, Schatten nennen wir doch auch nur so, wegen dieser Prophezeiung von damals...«
»Ja, aber er ist es, das ist die Hauptsache. Lass uns klettern. Weichfell-«
»Du glaubst nicht daran, oder?«
Er hielt inne. »Was meinst du damit?«
Sturmpfote trat vor. Mit einem mal wirkte er größer, viel größer, fast schon furchterregend mit diesem ernsten, durchdringenden Blick. »Du glaubst nicht an die Prophezeiung. Du glaubst nicht daran, dass Farnblatt eine Prophezeiung-« Plötzlich hielt er inne. Einen kurzen Moment war alles still; dann lachte er plötzlich auf. Es war ein sonderbares Lachen. Seltsam gequält. »Weißt du was? Du hast recht. Farnblatt hatte gar keine Prophezeiung.«
Lärchenfell blinzelte irritiert, warf Weidenpfote einen zögernden Blick zu und wich dann, etwas abgeschreckt von diesem Sinneswandel, zurück.
»Es gab gar keine. Es gab nur einen Traum. Keine Worte.« Sturmpfote lachte noch einmal bitter auf, dann seufzte er tief und schwieg eine Weile, bevor er weitersprach. »Ich habe das geträumt. Ich habe von einem Schatten geträumt, der von einem roten Löwen besiegt wird.« Er seufzte noch einmal, und es schien ihm ein Stein vom Herzen zu fallen, mit diesem Seufzer. »Es war auch nicht der Schatten. Es war einfach ein Schatten. Das könnte für alles Mögliche stehen...«
»Du hattest den Traum?« Weidenpfote trat näher. Sie hatte die ganze Zeit über nichts gesagt, und jetzt klang ihre Stimme zittrig. »Das heißt ja, der SternenClan spricht zu dir...«
»Genau.« Sturmpfote sah auf. »Und ich möchte Heiler werden.«
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro