13. Ungerecht
Von all den Dingen, die Lärchenfell in seinem Leben gesehen hatte, von allen toten Tieren und toten Katzen, und von allen zerquetschten Würmern und allen anderen Dingen dieser Welt; von all diesen Dingen war Kieselnases Leichnam das mit Abstand abstoßendste, das er jemals gesehen hatte.
Der Fuchs hatte ihn nicht nur getötet, sondern auch durch die Erde geschleift - und angefangen, ihn zu fressen. Wolfsstern beschloss, ihn sofort begraben zu lassen und die Totenwache stattdessen symbolisch bei einem Stein abzuhalten; zu Ehren seines Namens. Lärchenfell erinnerte sich nicht daran, jemals eine so stille Totenwache erlebt zu haben. Nicht, dass Kieselnase sonderlich beliebt gewesen wäre - in Wahrheit hatte er kaum Freunde gehabt, er war ja erst vor wenigen Monden zu ihnen gekommen und im Herzen noch immer ein Hauskätzchen gewesen. Vielmehr war es die drückende Stille des Wissens, selbst dieses Schicksal erleiden zu können. Der Fuchs war zwar verschwunden; aber kein Tier des Waldes kennt die Bedeutung von ›für immer‹; weder, um sich daran zu halten, noch, um daran zu glauben.
»Der Tod dieses Katers erschüttert den ganzen Clan. Er war noch nicht lange bei uns, doch er versprach ein guter Clan-Gefährte zu werden. Er hatte Talent im Jagen und er lernte schnell«, sagte Wolfsstern, als der Morgen graute; sein schwarzes Fell glänzte im roten Licht der frühen Sonne. »Wir werden ihn niemals vergessen.«
Kurz senkten alle Anwesenden noch einmal den Kopf, dann erhob sich Farnblatt aus der Menge.
»In diesen dunklen Zeiten schickt uns der SternenClan seinen Zuspruch«, sagte sie. »Ich habe etwas geträumt.«
Sofort war Lärchenfell hellwach. Eine Prophezeiung? Sein Herz setzte einen Schlag aus, dann durchfuhr ihn ein eisiger Schauer. Das letzte mal, als sie eine Prophezeiung gegeben hatte ... es war noch gar nicht so lange her gewesen, und es hatte ihn all seine Kraft gekostet, es zu verdrängen. Er hatte es geschafft - seit Monden hatte er nicht mehr daran gedacht.
Wollte sie das alles wieder hervorholen?
»Ich träumte von einer dunklen Katze, die sich in einen Löwen verwandelte und den Schatten bezwang.« Kurz ruhte ihr Blick auf Sturmpfote, dann sah sie in den Himmel. »Und die Sterne sangen: Weise wie ein Ältester und mutig wie ein Krieger, frei wie ein Wind und schnell wie ein Blitz. Rot wird kommen und er wird stark sein wie ein Löwe.«
Für einen Moment war es still auf der Lichtung - Farnblatts Stimme ebbte ab, bis sich das Schweigen über die Katzen legte. Ein eisiges, schweres Schweigen.
Alle Blicke wanderten zu einer Katze.
Einem Kater.
Wolfsstern trat vor. Als er sprach, klang seine Stimme wie das ferne Grollen eines Donners.
»Löwenfell.«
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro