15.
Es dauerte nicht besonders lange, bis Entenjunges Verschwinden auffiel. Hasenohr, ohnehin schon in Sorge, raste durchs Lager wie ein aufgescheuchtes Rebhuhn, während sie jeden anbrüllte, ob er ihren Sohn gesehen hatte.
Blumenpfote entlockte das nur ein müdes Lächeln. Der Kleine war alt genug um auf sich selbst aufzupassen, fand sie. Sechs ganze Monde waren ohnehin das halbe Leben, in dem man nur wartete, da konnte er auch mal was erleben und seine Fähigkeiten fördern. Sie selbst hatte viel zu lange warten müssen, bis sie Schülerin werden durfte. Sieben Monde waren eindeutig zu lang und das nur wegen diesem nervigen Husten, den sie gehabt hatte.
Aber wer weiß, vielleicht wäre ich niemals Nesselfrosts Schülerin geworden, wäre ich nicht krank geworden.
Das Lager wurde immer aufgeregter und Mausestern stellte eine Patrouille zusammen, die Entenjunges suchen sollte, inzwischen hatten sie schon seine Spur gefunden, die aus dem Lagereingang führte. Doch die Patrouille, angeführt von dem Kater, der Blumenpfote damals angefallen hatte, kam nicht mehr zum Zug, denn unter lautem Geraschel in den Dornenzweigen kam Entenjunges auf die Lichtung gestolpert, im Maul tatsächlich das Bündel, das Blumenpfote vor zwei Tagen verloren hatte. Es sah etwas nass und zerfleddert aus, die Kräuter schienen aber zumindest teilweise noch benutzbar.
Hasenohr stürmte sofort herbei um ihr Junges abwechselnd abzulecken und auszuschimpfen, wie dumm es nicht gewesen war, dass er einfach verschwunden war. Aber plötzlich sah Blumenpfote eine rote Flüssigkeit auf den Boden tropfen.
"Er ist verletzt! Mein Sohn ist verletzt!", kreischte die braun melierte Königin, als wäre ihr ein Felsen auf den Schweif gefallen. Entenjunges Proteste gingen in ihrem Wirbel unter.
"Wie kommst du nur dazu, das Lager einfach zu verlassen? Du hättest sterben können! Oder schlimmer!" Nicht einmal der Kater, den Blumenpfote für ihren Gefährten hielt, konnte die Königin beruhigen, obwohl er es sehr angestrengt versuchte.
"Beruhige dich Hasenohr, du weckst noch Rußjunges. Entenjunges geht es doch gut, das ist nur ein kleiner Schnitt oder so, kein Grund sich aufzuregen. Der graue Kater mit den weißen Ohren tätschelte Entenjunges'Mutter beruhigend den Rücken, doch sie entzog sich der liebevoll gemeinten Geste.
"Kein Grund?! Manchmal frage ich mich wirklich, ob du irgentetwas für unsere Söhne empfindest, Erdglut!", aufgebracht üeitschte Hasenohr mit dem Schweif.
Törichte Katze. Ihre Jungen werden nie etwas lernen, wenn sie auf ihnen hockt, wie ein Vogel auf seinen Eiern.
Blumenpfote schüttelte den Kopf über so viel Dummheit, wofür sie von Harzfeuer einen fragenden Blick kassierte.
"Natürlich empfinde ich etwas für sie, es sind meine Jungen. Sieh doch mal, wie es Bärenjunges geht, ich kümmere mich hierum", miaute der Kater sanft und Blumenpfote fragte sich, wie er bei der Hysterie seiner Gefährtin immer noch lächeln konnte.
Wie von der Wespe gestochen wetzte Hasenohr davon, zu Kinderstube, was die Aufmerksamkeit wieder auf Entenjunges richtete, der umgeben von einer Menge Katzen unbehaglich sein Fell sträubte. Es war still, bis auf Hasenohr klagende Rufe aus der Kinderstube.
Doch dann trat der Kater mit den ungewöhnlich langen Krallen vor, seine Augen waren zusammengekniffen.
"Moment mal. Was hast du da?", mit einer hakenförmigen Klaue deutete er auf das Kräuterbündel, dass Entenjunges noch immer im Maul trug, es war für ihn so schwer, dass Blumenpfote seine Halswirbel knacken hörte, als er es ablegte.
"Das Zeug kenne ich doch!", rief der Kater aus und wandte quälend langsam seinen Blick zu Blumenpfote.
"Du hast ihm gesagt, er soll es holen, oder nicht?", mit hochgezogenen Lefzen kam der Kater näher und fletschte die Zähne.
Sofort sprang Blattpfote an seine Seite, sein riesiger, braun gestreifter Körper überragte den gefleckten Krieger um ein gutes Stück. Mit beschleunigtem Puls wich die gesprenkelte Kätzin immer weiter zurück, die Fänge der beiden Kater blitzten im Sonnenlicht auf wie Silber. Angst hämmerte in ihrer Brust, aber sie weigerte sich, sie zu zeigen und damit den beiden Katern die Genugtuung zu verschaffen, die sie erreichen wollten. Tapfer bleckte sie die Zähne, doch ihr Fauchen das darauf folgte, wäre sogar für ein Junges wie Entenjunges zu mickrig gewesen. Gerade als sie realisierte, wie Blattpfote mit seiner riesigen Tatze ausholte, schallte eine weibliche Stimme durch das Lager.
"Zimtklaue! Blattpfote! Ihr hört sofort auf!"
Es war Mausestern. Die graubraune Kätzin, dürr wie aus Zweigen gebaut, sprang von ihrem Felsen um ihre Krieger zur Seite zu scheuchen, bedachte Blumenpfote aber mit einem nicht minder feindseligen Blick. Mit wütender Miene wandte sich die Anführerin zu der gesprenkelten Kätzin um.
"Erkläre dich Blumenpfote! Sofort!", verlangte die magere Kätzin, während sich Zimtklaue und Blattpfote bedrohlich neben ihr aufbauten.
Mit einem panischen Fluchtbedürfnis im Bauch realisierte Blumenpfote, dass sie einen gewaltigen Fehler gemacht hatte. Junge waren kostbar, was wenn Entenjunges wirklich umgekommen wäre? Schuldgefühle machten sich in ihr breit.
"Ich...Ich habe Entenjunges geschickt um Kräuter für seinen Bruder zu holen", gab die junge Kätzin zu und vermied es, Mausetsern in die Augen zu sehen.
Noch bevor die graubraune Anführerin etwas sagen konnte, platzte jedoch Hasenohr dazwischen.
"Was?! Du warst das?", schrie die hysterische Königin und knurrte sie an. "Ich will, dass sie bestraft wird! Sie hätte Entenjunges umbringen können! Niemals lasse ich sie wieder in die Nähe meiner Jungen!", die braune Kätzin spuckte Blumenpfote kleine Geifertröpfchen ins Gesicht als sie fauchte und schob noch ein "Verräterisches Balg!" hinterher.
"Beruhige dich Hasenohr. Sie wird nicht ungeschoren davonkommen, das verspreche ich dir."
Unter Mausesterns dornscharfen Blick schrumpfte Blumenpfote zusammen. War das jetzt das Ende?
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro