14. Kapitel
Gepardenpfote erstarrte. Was hatte Minze eben gesagt?
»Ich muss nun gehen, sonst erweckt das Misstrauen. Hier, nehmt die Maus«. Mit diesen Worten verschwand die weiße Kätzin im Tunnel.
Keiner der drei Geschwister rührte die Maus an. Gepardenpfote hatte überhaupt keinen Hunger. Sie sollten gegen einen von diesen Katzen kämpfen? Und wenn sie verloren, würden sie für immer hier unten bleiben...
»Nein«. Gepardenpfote wusste nicht, woher seine Entschlossenheit kam, die er auch vorhin schon gespürt hatte, aber er wusste, dass er auf keinen Fall hier unten bleiben wollte, weg von seinen Clangefährten, gefangen von fremden, bösartigen Katzen...
»Was ›nein‹«, erwiderte Eispfote. »Wir sind gefangen und müssen kämpfen. Wenn wir verlieren, bleiben wir hier unten«. Ihre Stimme hatte einen dumpfen Ton, so als ob sie die Hoffnung schon aufgegeben hätte.
»Ja«, erwiderte Gepardenpfote, »aber wenn wir gewinnen? Dann sind wir frei. Wir müssen nur gewinnen«. Nebelpfote ließ ein gurgelndes Geräusch hören. »Nur gewinnen?«, wiederholte sie ungläubig. »Du hast sie doch gesehen, wir haben an der Grenze schon gegen sie gekämpft!« »Da waren wir unvorbereitet«, entgegnete Gepardenpfote. Warum müssen sie nur so fest an unsere Niederlage glauben?
***
Gepardenpfote schreckte hoch. Ein Geräusch hatte ihn aus seinem Dämmerschlaf geholt.
Er sah die orangenen und dunkelblauen Augen seiner Schwestern in der Dunkelheit glimmen.
Langsam drehte er den Kopf. Seine Schwanzspitze zuckte beunruhigt.
Plötzlich raschelte es deutlicher und eine Katze trat in die Höhle. Gepardenpfote war so schnell auf den Beinen, dass der Kater zurückzuckte. Einen Moment später jedoch hatte er sich wieder gefasst. Er blickte sich mit seinen schwer erkennbaren, dunkelbraunen Augen um. Hinter ihm traten zwei weitere Katzen in die Höhle, ein weiterer Kater und eine hellbraune Kätzin. Auch Nebelpfote und Eispfote standen jetzt auf den Pfoten. Ihr Gesicht zeigte Angst, ihre Augen jedoch Entschlossenheit.
»Du«, miaute der schwarze Kater, der an der Spitze der drei Katzen stand, und blickte Gepardenpfote in die Augen. Automatisch fuhr er seine Krallen aus und bleckte die Zähne. Plötzlich fühlte er sich klein und hilflos gegenüber diesen muskulösen Katzen.
»Was ist mit mir?«, fragte er, in einem tapferen Versuch, seiner Stimme einen bedrohlichen Klang zu geben.
»Du kämpfst gegen mich. Jetzt. Komm mit«. Eispfote's Kopf schnellte herum. Gepardenpfote wollte ihr nicht in die Augen schauen. Wenn er schon kämpfen musste, dann als erster.
Er nickte. Die beiden anderen Katzen schoben ihn hinaus, folgten ihnen jedoch nicht weiter. Gepardenpfote hielt sich an dem schwarzen Kater. Sie bogen in den Hauptgang und folgten diesem, bis sie auf einmal in eine große Höhle kamen. Hier waren mehrere kleine Löcher in der Decke, sodass die Höhle Sonnenlicht bekam.
Gepardenpfote blickte sich um. Sie waren allein in der großen Höhle. Der schwarze Kater mit der weißen Schwanzspitze stellte sich in die Mitte und bedeutete Gepardenpfote, sich ihm gegenüber zu stellen. Langsam bewegte er sich zu seinem Platz.
»Ich werde dir ganz kurz die Regeln erklären«, meinte der Kater mit einer knurrenden Stimme. »Sie sind wirklich einfach. Gekämpft wird mit Zähnen und Krallen. Wer als erstes aufgibt oder erledigt wird, hat gewonnen. Wenn du mich erledigst, muss du meinen Leichnam in den Tunnel bringen, als Beweis. Und außerdem bist du dann frei. Aber das wird wohl eher nicht passieren«. Er lachte.
»Falls du dich ergeben möchtest, ruf ganz laut ›Hilfe‹. Du wirst ja sehen, was dann passiert. Und ansonsten... Beginnt der Kampf jetzt!«
Ohne Vorbereitung, ohne Vorwarnung, sprang der Kater Gepardenpfote an und rammte ihm seine Krallen ins Gesicht. Gepardenpfote schrie auf. Blut strömte aus seinen Wangen und lief in seinen Mund. Von dem Geschmack wurde ihm schlecht.
Noch bevor er sich richtig gefasst hatte, sprang der Kater auf seinen Rücken und drückte ihn zu Boden. Gepardenpfote's Lungen pressten sich zusammen und er bekam kaum noch Luft. »Geh... runter....«, keuchte er. »Wenn du dich ergibst«, sagte der Kater schon fast fröhlich. »Hi-«, doch bevor Gepardenpfote das Wort aussprechen konnte, kam ein anderer Gedanke in seinen Kopf: So schnell kann ich doch nicht aufgeben!
Gepardenpfote's Luft wurde knapp. Er musste jetzt etwas tun. Frühzeitig ließ er alle Muskeln locker und schloss die Augen. Sein letzter Atemzug ging röchelnd, die Luft blieb ihm weg. Das war's.
Doch sein Plan funktionierte. Bevor Gepardenpfote keine Luft mehr hatte, stieg der Kater von ihm herunter. Anscheinend dachte er, er hätte schon gewonnen. Gepardenpfote blieb einige Herzschläge am Boden liegen, während denen sein Gegner anscheinend seinen Sieg feierte, um wieder zu Atem zu kommen. Ein letzter, beruhigender Atemzug, dann sprang er auf und zog seine Krallen über die Augen des Katers. Der jaulte erschrocken auf. Gepardenpfote nutzte den Moment und zog ihm die Vorderpfoten unter dem Körper weg. Doch Gepardenpfote war zu langsam, noch geschwächt von seiner Atemnot. Sein Gegner stand schon wieder, doch er verfehlte Gepardenpfote. Blut tropfte aus seinen Augen und hinderte ihn am Sehen.
Gepardenpfote stieß ihn zu Boden. Der Kater schlug wild um sich und jaulte vor Schmerzen. Gepardenpfote wollte auf ihn springen, als ein Schweif sich um ihn legte und ihn sanft zurückzog. Er wirbelte herum, bereit, auch diesem Kater eins auf die Ohren zu geben, doch vor ihm stand kein Kater. Eine weiße Kätzin sah ihn aus grünen Augen an. Minze.
»Wa - was machst du hier?«, fragte Gepardenpfote. »Schsch!«, antwortet Minze. Flüsternd fuhr sie fort: »Draußen stehen Wachen«. Die Krallen des schwarzen Katers trafen sie am Schweif. Sofort fuhr sie herum, sprang ihn an und versetzte ihm einen gezielten Schlag an die Schläfen, wie Gepardenpfote ihn auch schon hatte erleben müssen. Augenblicklich schlossen sich seine Augen und er fiel in Ohnmacht. Gleichgültig wandt Minze sich ab.
»Folge mir, schnell«. Gepardenpfote nickte. Langsam fingen seine Kratzer an zu brennen und er spuckte Blut aus, das erneut in seinen Mund gelaufen war.
Minze lief an eine der Wände und sprang geschickt auf einen Vorsprung. Gepardenpfote blinzelte kurz, und auf einmal war sie weg. Als ob sie sich in Luft aufgelöst hätte.
Irritiert blickte er sich um, als ihr weißer Kopf aus der Wand auftauchte. »Komm!« Gepardenpfote sprang nun ebenfalls auf den Vorsprung und verstand. Dort war ein kleiner Tunnel, in der Dunkelheit nicht zu erkennen. Gepardenpfote folgte Minze diesen Tunnel entlang, und auf einmal standen sie im Freien an der frischen Luft. Die Sonne schien, das kühle Gras strich um Gepardenpfote's Pfoten. Und als er seinen Blick hob, sah er - »Eispfote, Nebelpfote!«
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