Kapitel fünfzehn
Birkentatze und das riesige Untier waren ineinander verschlungen, keiner hatte Zeit zum Fauchen oder Knurren; sie tänzelten über den Waldboden, wirbelten Blätter und Erde auf, angestrengtes Grummeln und die Geräusche von schweren Pfoten das einzige, was die Luft erfüllte. Kupferglut haperte einen Augenblick mit sich, wusste nicht recht, was er jetzt tun sollte, entschied sich dann jedoch dazu, sich ebenfalls auf das Wesen zu stürzen - sie hätten sicherlich auch zu zweit keine Chance, es zu besiegen, aber vielleicht konnten sie dann fliehen. All seinen Mut zusammensammelnd stürmte er auf das graue Wesen zu, sprang auf seinen Rücken, die Krallen in das dichte Fell und weiche Fleisch gegraben. "Birkentatze, lauf! Wir können es nicht besiegen!", japste er mit zittriger Stimme, die vor Angst geradezu triefte. Die Kätzin schenkte ihm nur einen abschätzenden Blick, bevor sie sich in das linke Vorderbein des Tiers verbiss; es bäumte sich auf, hatte jedoch das zusätzliche Gewicht auf seinem Rücken vergessen und fiel nach hinten, begrub Kupferglut unter sich. Dem Kater wurde die Luft aus den Lungen gepresst, er schaffte es nicht, einen Laut zu machen, wand sich verzweifelt unter der Last, bis das Untier sich endlich aufrappelte und ihn damit befreite. Wütend versuchte er, ihm die Flanken aufzureißen, doch was eine Katze schwer verletzt hätte, war hier erfolglos; es gelang ihm nicht, den dicken Pelz genügend zu durchdringen. Verzweiflung machte sich in ihm breit, als er beobachtete, wie Birkentatze sich erneut auf den Feind stürzte, statt einfach zu fliehen. Er fasste einen eher halbherzigen Entschluss - mit so viel Bestimmtheit, wie er aufbringen konnte, rannte er in einem großen Bogen um das Ungeheuer herum, packte die Kätzin am Nackenfell und schleuderte sie, so gut er konnte, von sich. Sie landete nur eine halbe Schwanzlänge entfernt auf dem Waldboden, doch es hatte funktioniert, das Wesen war einen Herzschlag lang zu verwirrt, um zu reagieren, und diese Zeit wusste der Kater zu nutzen. Er sprang es an, verbiss sich, so gut er konnte, irgendwo im Gesicht des Tieres - es war die einzige Stelle ohne dichten Pelz oder dicke Haut, die einzige Stelle, an der er es wirklich verletzen konnte. Das Tier jaulte erschrocken auf, warf ihn mit einer riesigen Pranke von sich. Doch der Kater hatte nichts anderes erwartet; sobald er frei war, sprintete er los, ohne zu sehen, wohin, so schnell seine Läufe ihn trugen, in der Hoffnung, Birkentatze würde ihm nun endlich folgen. Er warf einen verängstigten Blick zur Seite und stellte erleichtert fest, dass die Kätzin tatsächlich nur knapp hinter ihm war - doch das graue Untier folgte ihm ebenfalls. Panisch versuchte er, sein Tempo noch mehr zu steigern, sich dabei hastig nach etwas umsuchend, was sie nun retten könnte - Katze! Er vernahm einen deutlichen Katzengeruch. Das könnte ihre Rettung sein; er wollte gar nicht daran denken, was wäre, wenn nicht. Er wandte seinen Blick kurz zu Birkentatze und bedeutete ihr, ihm zu folgen. Die größere Kätzin gab ein leichtes Nicken, als Zeichen, dass sie verstanden habe. Kupferglut setzte alles auf diese Witterung. Er versuchte, seine Panik etwas zu mindern; sie war hilfreich bei der Flucht gewesen, da er sich dann nicht hatte auf irgendetwas konzentrieren müssen, seine Instinkte hatten die Kontrolle übernommen und ihn sicher zwischen den Bäumen hindurch getragen, doch nun musste er nachdenken, der Spur folgen. Er schlug einen Haken nach rechts, spürte den Geruch immer stärker werdend, bis er endlich seine Quelle entdeckte: Ein schmaler, dunkler Höhleneingang zwischen den knorrigen Wurzeln einer riesigen Eiche. Perfekt. Das Untier würde dort nicht hindurch passen, die Katzen aber schon. Er hörte das Wesen hinter ihnen immer näherkommen, bildete sich ein, seinen röchelnden Atem schon hören zu können, doch das war nun nicht mehr wichtig. Mit einem letzten Hechtsprung schlüpfte er zwischen den Wurzeln hindurch in die Dunkelheit des Baus, landete auf trockenem Erdboden und wandte sich sofort wieder zum Licht des Eingangs um. Birkentatze war doch weiter von ihm entfernt gewesen als er gedacht hatte, sie war immer noch nicht nah genug am Bau, und das Wesen hinter ihr war gefährlich nah.
Es geschah alles auf einmal. Mit einem Knacken, das Kupferglut das Mark in den Knochen gefrieren ließ, stürzte Birkentatze zu Boden. Sie war über eine große Wurzel gesprungen, doch beim Aufkommen war sie plötzlich in sich zusammengesackt. Der Kater blickte direkt in ihre Augen, konnte den Moment sehen, als sie realisierte, was gerade geschehen war - die Zeit blieb einen Herzschlag lang stehen, dann hatte das Untier sie erreicht, packte die Kätzin und schleuderte sie mehrere Fuchslängen von sich, sie prallte gegen einen Baum und blieb reglos liegen. Schnaufend richtete das Wesen seinen Blick auf Kupferglut, seine kleinen Augen glänzten wie Käfer im schummrigen Licht der untergehenden Sonne. Der Kater wollte jaulen, wegrennen, sich verstecken, doch sein Körper gehorchte ihm nicht mehr. Er stand einfach nur reglos da, während das Ungeheuer langsam auf ihn zukam, als hätte es alle Zeit der Welt, ihn nun ebenfalls zu töten.
Doch die hatte es nicht. Etwas Großes war mit einem tiefen Knurren gegen die Flanke des Ungeheuers gestoßen und hatte es tatsächlich vermocht, es von den Beinen zu werfen. Eine riesige Schildpatt-Katze türmte über dem Tier auf, vermochte kaum, es mit seinen Krallen weiter zu unterdrücken; doch nur einen Moment später stießen zwei weitere Katzen dazu, eine schwarze, die Kupferglut unweigerlich an Eibendorn erinnerte, und eine kleinere, die sich rasch daran machte, die Kehle des Untiers ausfindig zu machen, während der Schwarze nun den Kopf ruhig hielt; Kupferglut konnte dunkles Blut sehen, welches zwischen den Krallen des Katers hervorquoll, und dann noch mehr, als der kleinere dafür sorgte, dass das Wesen endgültig in sich zusammensackte.
"Wurde Zeit, dass wir dieses Biest endlich erledigen. Hat mich schon seit Ewigkeiten Nerven gekostet", knurrte der größte von ihnen missmutig, mit einer Stimme, die sein Aussehen nicht mehr hätte widerspiegeln können. Er war ein wahrer Riese, mit verwuscheltem, langem Fell von schwarz-roter Musterung, mit unheilvollen, gelben Augen, die das Wesen voller Abscheu musterten.
"Bist du dir sicher, dass es überhaupt derselbe Dachs ist? Der ist irgendwie größer als ich in Erinnerung hatte. Was macht der auch hier? So nah an unserem Bau war der doch noch nie", sprach der kleinste der drei. Seine Stimme klang ungefähr so wie zwei Steine, die aneinderrieben; äußerst unangenehm und voller schräger Laute. Er leckte sich das Blut von den Lefzen, während er mürrisch die Gegend betrachtete.
"Ich weiß was der hier macht", antwortete der schwarze Kater kühl. Kupferglut fiel auf, dass ihm ein Ohr fehlte; doch das war auch das bemerkenswerteste an seiner Erscheinung. Ansonsten wirkte er nicht wie seine beiden Begleiter, er besaß einen glänzenden Pelz und sah weniger wie eine tollwütige Ratte und dafür mehr wie ein hinterlistiger Greifvogel aus. Von allen drein war er Kupferglut am unsympathischsten. Dieses Gefühl wurde nur noch stärker, als der Fremde auf Birkentatze zu trat und ihren reglosen Körper mit einer Pfote anstieß, nur um sich dann mit einem rauen Lachen zu seinen Gefährten umzudrehen.
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