Prolog
Ein rotbrauner Kater rannte über den unebenen Boden eines Laubwaldes. Es war fast zu dunkel, um etwas zu sehen.
Die Pfoten des kleinen Katers waren schon wund von seinem eiligen Lauf. Trotzdem stürmte er weiter durch den Wald und ließ sich nicht von den Steinen, Zweigen und Ästen, die ihn hindern wollten und seine Pfoten zerrissen, aufhalten. Es war erstaunlich, dass er erkennen konnte, wo er sich befand.
Schließlich erreichte er wohl sein Ziel, denn er drosselte das Tempo. Der Rotbraune tapste langsam auf eine Lichtung, die von silbernem Mondlicht erhellt wurde.
Sie wurde in der Mitte geteilt, durch einen langen, umgekippten Baum, der durch Moos mit dem Waldboden verwachsen war. Gras streifte die Pfoten des Katers und kitzelte ihn. Er trat einen Schritt vor.
Plötzlich veränderte sich die Umgebung. Alle Laubbäume, die Eichen, die Birken, die Buchen, verwandelten sich in Nadelbäume. Das Mondlicht verblasste. Der Himmel färbte sich noch schwärzer als er vorher schon war. Leichter Nebel zog auf und strich dem Kater um die Beine.
Am Erstaunlichsten war aber, dass zwei Katzen auf dem Baumstamm erschienen. Die eine war eine schwarze Kätzin mit roten Augen, die andere eine große Schildpattkätzin, die aufrecht dasaß. Aber der Rotbraune schien nicht verängstigt und richtete den Kopf auf die größere Kätzin.
„Du bist spät, Kupferpfote."
Ihre laute Stimme hatte einen bedrohlichen Unterton. Die stolze Haltung des Kleineren fiel in sich zusammen.
„Doch lass uns nun beginnen", miaute die Kätzin.
Mit einem Schnicken des Schweifes sprang die schwarze Kätzin von dem Baum und landete elegant im Moos. Sie nährte sich dem Kater langsam und setzte ihre Pfoten so leise auf, dass man sie selbst im stillen Wald nicht hören konnte. Auch er trat noch einige Schritte vor, bevor er sich in eine Kauerposition verfallen ließ und die Schwarze nicht mehr aus den gelben Augen ließ.
In einer Sekunde schoss sie vor und hätte ihm fast mit ausgefahrenen Krallen einen Schlag verpasst, wäre er nicht ausgewichen. Sofort setzte der Rotbraune zu einem Gegenangriff an.
Er legte seine gesamte Kraft auf seine rechte Vorderpfote und schlug nach seinem Gegenüber aus. Sie trat mit einer fließenden Bewegung beiseite. Mit entsetzt geweiteten Augen viel er vornüber ins Moos.
„Streng dich gefälligst mehr an! Du bist nicht zum Spaß hier, Kleiner", fauchte die Schildpattkätzin gereizt. Der Kater rappelte sich schnell wieder auf und schüttelte einige Moosfetzen von sich.
Einer von ihnen landete auf der Schnauze der Kätzin. Missbilligend schnaubte sie ihn weg und sprang in einem unvorhersehbaren Satz hinter ihren Gegner. Ein winziger Schimmer Mondlicht traf auf ihr Fell und ließ es silbern leuchten. Ohne sich beirren zu lassen, drehte sie sich um und hakte sich in dem Schweif des Rotbraunen fest.
Erschrocken wirbelte er herum und die Krallen der Schwarzen zogen sich über seine Flanke. Sein Blut tropfte wie in Zeitlupe auf den Boden. „Sehr gut, immer weiter so, Donnerpfote!", rief die Kätzin von dem umgekippten Baum hinunter, sie war fast schon mit dem Wald verschmolzen in der Zeit, in der die beiden anderen Katzen gekämpft hatten. Die schwarze Kätzin neigte den Kopf und ein Funkeln trat in ihre roten Augen.
„Danke, Laubschatten."
Doch den Moment nutzte der Kater, Kupferpfote, um auf ihren Rücken zu springen. Er war schwerer als Donnerpfote und drückte sie mit seinem ganzen Gewicht zu Boden. Entsetzt quiekte die Kätzin auf.
Dann aber, schlüpfte sie wie ein Schatten unter seinem Körper hervor, zog ihre Krallen über seinen Rücken und verschwand aus seinem Blickfeld. Irritiert richtete er sich auf und drehte sich um.
Blitzschnell rannte die Schwarze gegen ihn.
Seine Gewichtsverlagerung war nicht für so einen Angriff geeignet, er kam ins Wanken. Die Kätzin trat den Kater noch einmal und diesmal fiel er um. Seine Kehle und sein Bauch lagen ungeschützt dar. Donnerpfote legte ihre Zähne an seine Kehle.
Mit einem Mal trat ein irres Funkeln in Laubschattens Augen. „Los, beiß zu!"
Unsicher starrte die kleinere Kätzin sie an. „Mach schon!"
Als Kupferpfote sich gerade aufrappeln wollte, biss seine Gegnerin zu. Beide sahen sich für einen Augenblick entsetzt an, bevor das Blut aus seiner Wunde strömte.
Wie vom Blitz getroffen sprang die Kätzin auf und drückte ihre Pfoten auf sein rot werdendes Fell. „Kupferpfote!", rief sie panisch, schien aus einer Trance zu erwachen, hielt den kleinen Kater fest.
Die Schildpattkätzin trat mit aufrechter, geradezu majestätischer Haltung von dem Baumstumpf und flüsterte der dunklen Kätzin ins Ohr:
„Herzlichen Glückwunsch, du hast deine Aufnahmeprüfung in den DüsterClan bestanden. Du hast diesen nutzlosen Kater getötet."
Die Augen des Rotbraunen drehten sich langsam in die Richtung des tiefschwarzen Himmels.
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