Kapitel 7
Zwei Katzen lagen, einen Nadelwald beobachtend, auf einem hohen Felsvorsprung.
Die eine war eine weißgraue Kätzin, die mit ihren langen Krallen unter ihr am Stein kratzte. Es gab regelmäßig ein lautes Schaben von sich. Sie schien es häufiger zu tun, denn im dunkelgrauen Stein waren bereits viele kleine Striemen.
Neben ihr lag ein schöner, dunkelbraun getigerter Kater mit weißen Streifen im Fell, der seine Augen durch die Umgebung schweifen ließ. Er schien geradezu jedes Detail des Waldes in sich aufzunehmen. Nachdem er mit seinem durchdringenden Blick alles unter ihm abgesucht hatte, fixierte er einen Punkt am Horizont. Dort waberten einige Nebelschwaden. Der Himmel war dunkelrot, doch das schien die beiden Katzen nicht zu wundern.
Die helle Kätzin stoppte damit, sich ihre Krallen am Fels zu wetzen. Sie wendete ihren Kopf zur Seite.
„Du, Krähenschwinge, glaubst du nicht, dass die Clans vor uns gewarnt werden?"
Auch der Kater drehte sich, so dass er sie ansehen konnte. In seinen goldgrünen Augen blitzte kurz etwas wie Belustigung auf, dann wurde seine Miene wieder neutral.
„Sicher werden sie das. Aber der HimmelClan spricht immer in Rätseln, wo sollen die albernen Clans eine Katze finden, die sie lösen kann?", meinte der Tigerkater.
Die Kätzin nahm eine stolze Haltung ein. „Stimmt. Die Einzigen, die das könnten, wurden hier in den DüsterClan gesperrt."
Krähenschwinge nickte und blieb völlig ungerührt, als eine schildpattfarbene Katze hinter ihnen auf den Fels sprang. Die Kätzin neben ihm richtete sich wütend auf. „Was ist los, Laubschatten? Wurdest du wieder von einem Schüler besiegt?", fauchte sie feindselig. Ihre Rückenhaare hatten sich aufgestellt, ihre Ohren angelegt.
Auch der Tigerkater erhob sich, würdevoller als die Helle. Beruhigend schnippte er ihr mit dem Schweif gegen ihr Vorderbein.
„Nein, und soweit ich mich erinnern kann, wurdest du auch letztens von Milchpfote besiegt. Es geht um etwas Wichtigeres", knurrte die Schildpattkätzin. „Wir versammeln uns unten."
Die drei Katzen sprangen in großen Sätzen über andere, kleinere Felsen zum Waldboden. Einige Kiefernnadeln stachen ihnen in die Ballen, denn anders als die Katzen des HimmelClans, konnten DüsterClan-Katzen verletzt und getötet werden.
Viele Krieger hatten sich neben den Felsen versammelt, unter anderem auch ein beigefarbener Kater. Dieser stach durch seine Größe aus der Menge heraus, denn er war sicherlich eine der riesigsten Katzen der Clans. Dazu umgab ihn ein dunkles Flimmern.
Die grauweiße Kätzin, Krähenschwinge und Laubschatten gesellten sich zu den anderen Mitgliedern des DüsterClans. Einige von ihnen tuschelten leise, viele starrten nach vorne, wo sich der große Kater aufgebaut hatte, als ob er seinem Feind drohen würde. Als er mit dem rechten Ohr zuckte, wurde alles still.
„Katzen des DüsterClans! Eine Kätzin des SalbeiClans hat die Prophezeiung erhalten, auf die wir so lange gewartet haben. Da Ginsterpfote sie für uns belauscht hat, als sie es dem Heiler mitgeteilt hat, wissen wir auch, wie sie lautet: Wenn du ihn verlierst, sind die Clans verloren. Jetzt müssen wir nur noch dafür sorgen, dass sie scheitert."
Die helle Kätzin wand sich zu Krähenschwinge. „Bruderherz, das sind herausragende Neuigkeiten!"
Abwesend nickte der Kater. In seinem Kopf schmiedete er seine eigenen Pläne. Er wusste, dass eine Katze in die Träume der Kätzin eintauchen musste, um sie zu manipulieren. Sollte "er" ein Kater sein, wäre das nicht allzu schwer.
Würde er sich melden, könnte er die Katze mit der Prophezeiung zu seinen Gunsten beeinflussen. Er sah das als Chance, Anführer des DüsterClans zu werden. Nicht jede Katze achtete ihn, so hätte er für immer seinen rechten Platz eingenommen.
Der beigefarbene Kater fuhr fort: „Einer von euch muss die Kätzin in ihren Träumen besuchen. Irgendwelche Freiwilligen?"
Er schien nicht zu erwarten, dass sich jemand meldete. Spöttisch schaute er in die Runde, bis Krähenschwinge und eine grau gescheckte Kätzin gleichzeitig vor traten. Sein höhnisches Lächeln verwandelte sich in eine ungläubige Grimasse.
„Schaut euch eure Kameraden an! Nur zwei von euch haben wirklich den Mut eines DüsterClan-Kriegers!", rief er, wenn auch mit leicht überraschter Stimme. Überlegend starrte er von dem Tigerkater zur grauen Kätzin. „Ihr beiden Freiwilligen kommt zu mir. Der Rest von euch ist entlassen!"
Der Dunkelbraune lief aufrecht nach vorne, während die Gescheckte sich Zeit ließ. Die weißgraue Kätzin schaute ihrem Bruder hinterher, trottete aber zurück zu den Felsen. Krähenschwinge wandte sich nicht noch einmal zu ihr um, er würde ihr später sein Vorhaben erklären, wenn man ihn gewählt hatte.
Der beigefarbene Kater hatte sich hingesetzt und musterte die beiden Mutigen von oben. „Euch muss bewusst sein, dass ihr verletzbar seid und wir euch nicht zur Hilfe kommen werden, solltet ihr auffliegen. Wenn ihr bei der Aufgabe scheitert brauchen wir euch nicht im DüsterClan."
Krähenschwinge war alle Risiken durchgegangen und hatte beschlossen, dass er nicht viel zu verlieren hatte.
„Ihr werdet jetzt gegen einander kämpfen. Der Gewinner darf in die Träume der Kätzin eindringen. Viel Glück!", miaute der Kater, schien aber seinen Glückwunsch nicht ernst gemeint zu haben.
Der Tigerkater spannte kurz all seine Muskeln an, um seinem Gegenüber Angst zu machen. Die Gescheckte wirkte aber nicht so, als hätte sie sonderlich viel Panik vor einem Kampf, was für eine Katze des DüsterClans auch nicht ungewöhnlich war.
Aber Krähenschwinge wusste, dass sie nicht direkt mit einem Angriff seinerseits rechnete, das sah er an ihrer Körperhaltung. Sie unterschätzte ihn.
Mit einem schnellen Pfotenschlag traf er sie an der Brust, seine scharfen Krallen schwächten sie ungemein. Scheinbar wütend über sich selbst verlagerte sie ihr Gewicht zum Sprung.
Ihr Gegner erkannte das und hatte in der nächsten Sekunde eine Taktik im Kopf. Gerade, als sie abspringen wollte, trat er ihr die Hinterbeine unter dem Körper weg, sodass die Kätzin umfiel wie ein junger Baum im Sturm. Fluchend wollte sie sich aufrappeln, doch Krähenschwinge ließ ihr keine Chance. Mit seinem kräftigen Körper drückte er sie zu Boden und legte ihr die Zähne so an die Kehle, dass er sie einfach töten könnte.
Doch das würde er nicht tun, denn sie war nicht sein Feind. Das waren die Clans und vor allem die Kätzin, die die Prophezeiung bekommen hatte.
„Das hast du gut gemacht. Äh - wie heißt du nochmal?", fragte der beigefarbene Kater ungerührt. Wut kochte tief in dem Tigerkater, doch er würde sich sicherlich nichts anmerken lassen.
„Mein Clan nannte mich Krähenschwinge."
Der Kater schnippte mit dem Schweif. „Dann darfst du diese Nacht durch den schwarzen Bach die Träume der Kätzin betreten." Der hübsche Dunkle fixierte fragend die Augen seines Anführers.
„Wie ist ihr Name?"
Er überlegte angestrengt.
„Ginsterpfote, wie ist ihr Name?" Ein großer, roter Schüler aus dem SalbeiClan trat aus den Schatten.
„Taubenfeder."
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