
Kapitel 3
Seejunges öffnete die Augen und fand sich an einem ihr unbekannten Ort wieder. Als sie sich umsah, erkannte sie den Heilerbau.
Was mache ich hier?, fragte sie sich, bis ihr wieder einfiel, warum sie hier war. Sie warf einen schnellen Blick auf ihre Schulter, die sorgfältig mit Spinnweben verbunden war.
Sie wandte sich ab. "Ich würde zu gerne wissen, wer den Stein geworfen hat", murmelte sie leise und hoffte, dass niemand sie hören würde.
Erst jetzt fühlte sie, wie heiß und müde sie war. Was ist mit mir los?, fragte sie sich.
Sie gähnte und spürte wieder das vertraute Kratzen in ihrem Hals.
Sie wollte Birkensee rufen und fragen, was mit ihr los war, aber aus ihrem Hals kam nur ein leises Krächzen, gefolgt von einem Hustenanfall.
Birkensee kam plötzlich in den Heilerbau geeilt. "Du bist wach", miaute sie erleichtert. "Wie geht es dir?"
Seejunges versuchte, etwas zu sagen, was wirklich anstrengend für sie war. "Mein Hals ...", krächzte sie.
Birkensee legte den Kopf schief. "Was ist mit deinem Hals?", fragte sie. Nun kam Schilfpfote in den Bau geeilt. "Sie hat Halsschmerzen, Birkensee", miaute die Schülerin.
Birkensee fuhr herum und Seejunges konnte genau erkennen, wie sie ihre Schülerin anfunkelte. "Ich weiß schon, was ich tue", blaffte sie. "Außerdem hat sie auch Fieber und Husten. Bring mir erst einmal Honig."
Schilfpfote wandte sich ab und verschwand in der Vorratskammer. Bald kehrte sie mit Honig, eingewickelt in Ampfer, zurück. "Hier. Iss ihn", maunzte sie und sah Seejunges sanft an.
Die kleine Kätzin beugte sich vor und leckte die Honigwabe vorsichtig aus. Als sie die Medizin herunterschluckte, fühlte sie direkt, wie ihr Hals sich ein wenig erwärmte.
"Danke", krächzte sie und neigte den Kopf vor den Heilerkatzen. Ihr Kopf dröhnte und fühlte sich an, als würden Dornen in ihn stechen. Sie stöhnte schmerzvoll.
"Hol Malve und Mutterkraut. Bring auch Heideblüten mit, um Seejunges das Schlucken zu erleichtern", befahl Birkensee Schilfpfote, die gleich wieder in der Vorratskammer verschwand und mit den Kräutern zurückkehrte. Schilfpfote legte die Kräuter auf den Boden und drückte ein bisschen Nektar aus einer Heideblüte heraus, den sie auf die Malve und das Mutterkraut schmierte.
Dann schob sie Seejunges die Kräuter hin. "Hier", maunzte sie. "Der Nektar der Heideblüte wird dir das Schlucken erleichtern."
Seejunges nickte dankbar und schlang die Kräuter hinunter. Schilfpfote hatte Recht; der Nektar vereinfachte das Schlucken enorm.
Seejunges schüttelte den Kopf. "Kann ich Mohnsamen haben zum Schlafen?", fragte sie heiser. "Nein", miaute Birkensee. "Zu viele Mohnsamen sind nicht gut. Du musst versuchen, so zu schlafen."
Widerwillig legte Seejunges den Kopf auf die Pfoten und schloss die Augen. Ihr pochender Hals und die Hitze, die durch das Fieber kam, erschwerten ihr den Versuch, in den Schlaf zu gleiten, doch langsam wirkten die Kräuter und Seejunges schaffte es schließlich, einzuschlafen.
—————
Seejunges öffnete am nächsten Morgen die Augen, als sie die Stimme ihres Bruders wahrnahm. "Wann können wir wieder mit ihr spielen?", fragte Sandjunges und schüttelte sich den Pelz, sodass Moos und Gras durch die Gegend flogen.
"Kannst du damit aufhören?", bat Seejunges ihn wütend und funkelte Sandjunges an. Der kleine Kater fuhr erschrocken zu ihr herum, nickte dann aber. "Tut mir leid, ich dachte, du würdest noch schlafen", miaute er.
Seejunges verdrehte die Augen. "Selbst wenn ich geschlafen hätte, hättest du mich geweckt, indem du das Moos rumgeworfen hast", erklärte sie leicht genervt.
"Es reicht", unterbrach Schwarzfluss die beiden streitenden Jungen, bevor die Sache eskalieren konnte. "Streitet euch nicht." Erst jetzt bemerkte Seejunges ihre Mutter.
"Warum bist du hier?", fragte sie an ihre Mutter gewandt.
"Weil ich nach meinem Jungen sehen wollte", antwortete Schwarzfluss sanft und leckte ihrer Tochter übers Ohr.
"Wie geht es Seejunges?", rief da eine laute Stimme und Morgenjunges kam in den Bau geschossen. Sie tappte zu ihrer Mutter und sah Seejunges aus großen Augen an.
Seejunges wurde warm ums Herz, als sie die Liebe ihrer Geschwister spürte: Morgenjunges, Sandjunges und Schwarzfluss. Sie alle interessiert es gerade, wie es mir geht.
Die kleine Kätzin richtete sich auf und sah ihre Besucher an. "Mir geht es gut, Morgenjunges", antwortete sie an Schwarzfluss' Stelle.
"Super! Dann können wir ja bestimmt bald wieder spielen oder das Lager erkunden!", maunzte diese und sprang freudig in die Luft. Nun kam auch Löwenjunges in den Bau.
"Sandjunges! Wo bist du?", rief er. "Ich dachte, wir wollten Sturmjunges und Quellenjunges ein wenig—" Er stoppte als er Schwarzfluss bemerkte. "—ein wenig Gesellschaft leisten", beendete er seinen Satz schnell.
Schwarzfluss sah den kleinen, muskulösen Kater an. "Ihr werdet sie nicht ärgern, verstanden?", miaute sie streng. Sandjunges nickte. "Werden wir nicht", versprach er.
Löwenjunges wandte sich an Seejunges und fragte: "Geht es dir besser?" Das erste Mal, seit Seejunges denken konnte, sorgte er sich um sie. "Mir geht es besser, danke", antwortete sie.
"Gut", murmelte Löwenjunges und winkte Sandjunges mit der Schwanzspitze zu sich. Sandjunges folgte ihm und drehte sich noch einmal zu Seejunges um. "Tschüss", maunzte er hastig und verließ dann eilig den Bau.
Seejunges unterdrückte ein amüsiertes Schnurren: Löwenjunges und Sandjunges waren einfach unzertrennlich. So wie Morgenjunges und ich.
"Ich werde dann mal wieder gehen", miaute Schwarzfluss. "Ich muss schließlich auf Sturmjunges aufpassen."
Seejunges nickte, auch wenn sie gerne mit den Augen gerollt hätte, als Schwarzfluss Sturmjunges erwähnte. Kann sie nicht auf sich selbst aufpassen?
"Pass auf, dass du deine Wunde an der Schulter nicht wieder aufreißt", erwiderte Schwarzfluss und leckte Seejunges rasch übers Ohr, dann verließ sie den Bau ebenfalls.
Nun war nur noch Morgenjunges da. Die kleine Kätzin warf Seejunges einen neugierigen Blick zu. "Sollen wir Moosball spielen?", fragte sie.
Seejunges schaute sich verlegen um. "Ich weiß es nicht", maunzte sie unsicher. "Vielleicht darf ich nicht." Morgenjunges stupste sie mit der Nase an. "Dann frag Birkensee."
Unsicher stieg Seejunges aus ihrem Nest. Ihre Schulter schmerzte nicht mehr und sie spürte nur noch die lästigen Spinnweben. "Birkensee?", rief sie etwas unsicher.
Die braun-weiße Kätzin erschien aus der Vorratskammer. "Was ist?", fragte sie. "Ich sortiere gerade Kräuter."
Sie tappte zu Seejunges und blieb vor ihr stehen. Diese rümpfte die Nase. Die alte Heilerin stank fürchterlich nach Kräutern. Seejunges versuchte, die Gerüche auszumachen. Einer von ihnen war definitiv Schachtelhalm. Mit ihm hatte Sandjunges sie früher immer geärgert.
"Ich will nur wissen, ob Morgenjunges und ich Moosball spielen dürfen", maunzte sie etwas verängstigt. Birkensee sah sie streng an. "Bitte!", flehte Morgenjunges, "Seejunges braucht Bewegung!"
Birkensee nickte schließlich. "Gut", antwortete sie. "Aber lass mich vorher noch einmal deine Wunde prüfen und dir Kräuter gegen den Husten geben."
Seejunges ließ sich nieder, um die alte Heilerin ihre Schulter betrachten zu lassen.
"Scheint alles in Ordnung zu sein", miaute Birkensee. "Ich hole jetzt deine Kräuter."
Sie verschwand in der Vorratskammer und Seejunges hörte Rascheln. Dann kehrte sie mit einigen Kräutern zurück.
"Was ist das für ein Kraut?", fragte Morgenjunges neugierig.
"Das ist Malve", antwortete Birkensee und deutete mit der Kralle auf eine lilafarbene Pflanze. "Sie hilft gegen Bauchschmerzen und Husten."
Morgenjunges nickte. "Und das?" Sie zeigte auf ein gelbes Kraut. "Das ist Mutterkraut. Gut gegen Fieber, grünen Husten, Erkältungen und Kopfschmerzen", erklärte Birkensee.
"Ich habe aber kein Fieber mehr!", quiekte Seejunges erschrocken. "Also muss ich diese ekelige Pampe nicht essen!"
Birkensee stöhnte genervt. "Das ist Mutterkraut und wir wollen, dass du kein Fieber bekommst. Außerdem wirst du tun, was ich sage!", befahl sie. Sie zerdrückte nebenbei eine Heideblüte und tunkte die Malve sowie das Mutterkraut in den Nektar.
Dann schob sie Seejunges die Kräuter hin. "Was ist mit dem Honig?", fragte Seejunges. "Den bekommst du gleich", erwiderte Birkensee und scharrte die Reste der Heideblüte zusammen, um sie wegzutragen.
"Ich bringe den Abfall jetzt weg. Wenn ich wiederkomme, hast du die Kräuter gefressen", befahl sie und verließ den Bau.
Seejunges hatte eine Idee. Sie packte die Kräuter und tunkte sie vorsichtig in den Honig, dann verschlang sie sie.
Als Birkensee wieder kam schob sie Seejunges ein wenig Honig hin. "Jetzt friss", miaute sie und brachte den Rest weg.
Seejunges schleckte den Rest auf und tappte dann aus dem Heilerbau. Morgenjunges folgte ihr. Sie gingen zu einigen Ginsterbüschen, die auf der Insel wucherten.
"Ich hole schnell einen Moosball", maunzte Morgenjunges und verschwand in der Kinderstube. Seejunges sah ihr nach, drehte sich dann aber wieder weg, als sie plötzlich eine blaugraue Kätzin bemerkte.
"Wer bist du?", fragte sie erschrocken. Die Kätzin kam näher und betrachtete sie sanft. "Mein Name ist Mondrose", erklärte sie Seejunges. "Ich komme aus dem WunderClan."
Seejunges sah sie ängstlich an. "Muss ich sterben?", fragte sie leise. "Ich will noch nicht sterben! Ich habe gar nichts getan! Wirklich! Ich war und werde immer brav sein!"
Mondrose nickte. "Das weiß ich doch! Ich wollte dir nur sagen, dass—" Sie brach ab, denn eine weitere Stimme erklang: "Mit wem redest du da, Seejunges?" Seejunges drehte sich um. Es war Morgenjunges, die mit einem Moosball zurückgekehrt war.
Seejunges schaute wieder dorthin, wo die WunderClan-Kätzin gestanden hatte, aber sie war verschwunden. "Mit niemandem", maunzte sie in Gedanken verloren. "Ich habe nur nachgedacht."
Sie starrte wieder auf den Fleck, wo Mondrose gestanden hatte. Habe ich mir das vielleicht alles nur eingebildet?
—————
Ich finde, dass selbst dieses Kapitel im Gegensatz zum Prolog eine Leistungssteigerung ist LMAO
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro