
Kapitel 2
Als Seejunges die Augen am nächsten Morgen öffnete, fühlte sie direkt, dass ihr Hals trocken und rau war. "Guten Morgen, Seejunges", maunzte da eine Stimme hinter ihr.
Sie drehte den Kopf herum und bemerkte ihre Schwester Morgenjunges. "Ist alles gut?", fragte diese. Seejunges nickte. "Klar, ich habe nur—", sie brach ab, da ihre Stimme versagte.
Sturmjunges hob nun auch den Kopf und sah ihre Schwester an. "Du hast Halsschmerzen", stellte sie fest. "Musst du ja wissen", blaffte Sandjunges.
Nun erhob auch Löwenjunges sich auf die Pfoten. "Was ist das für ein Lärm? Könnt ihr das denn nicht außerhalb des Baus ausmachen?", fauchte er.
Seejunges entschied sich dazu, nichts zu sagen, und kroch aus ihrem Nest. Sie räusperte sich einmal und ihre Stimme kehrte zurück. "Komm Morgenjunges", maunzte sie, "sollen wir schauen, was Buchenjunges und Rabenjunges machen?"
Morgenjunges streckte sich einmal ausgiebig, dann nickte sie. "Oh ja", quiekte sie begeistert.
Seejunges drehte sich zu Sandjunges um und fragte: "Was ist mit dir? Kommst du mit?" Sandjunges schüttelte den Kopf. "Ich will mit Löwenjunges trainieren", erklärte er.
Sie wandte sich ab und folgte Morgenjunges aus der Kinderstube. Die Sonne schien auf die kleine Insel, einige Wasserlöcher glänzten in ihren Strahlen.
Seejunges kniff die Augen zusammen und sah sich um.
Schwarzfluss saß bei Windnebel und die beiden gaben sich die Zungen. Sie rannte los zu ihrem Vater.
Der blaugraue Kater hob den Kopf, als er sie bemerkte. "Hallo, meine Kleine", schnurrte er und wandte sich dann an seine Gefährtin. "Sie sieht aus wie du."
Nun kam auch Morgenjunges dazu und fragte: "Was ist mit mir?"
Schwarzfluss antwortete dieses Mal. "Du kommst eher nach deinem Vater", erklärte sie sanft und leckte ihr übers Ohr. Morgenjunges reckte stolz die Brust hervor.
"Kommst du uns bald wieder in der Kinderstube besuchen?", miaute Seejunges an Windnebel gewandt. "Euer Vater hat viel zu tun. Er ist einer von Aschensterns besten Kriegern", erwiderte Schwarzfluss.
Seejunges ließ enttäuscht den Kopf hängen. "Schade ...", piepste sie.
"Ihr seid aber meine Familie", unterbrach Windnebel sie. "Was bedeutet, ihr werdet immer an erster Stelle stehen."
Morgenjunges hob den Kopf und sah ihn an. "Wirklich?" Windnebel nickte. "Wirklich." Seejunges sprang glücklich in die Luft. "Dann können wir ja jetzt spielen gehen", maunzte sie begeistert und winkte ihre Schwester mit der Schwanzspitze zu sich. "Komm, lass uns nun Buchenjunges und Rabenjunges suchen gehen!"
Morgenjunges sprang blitzschnell zu ihr. "Au ja!"
Seejunges führte ihre Schwester weg. Sie öffnete das Maul und prüfte die Luft. Schnell nahm sie Buchenjunges' und Rabenjunges' Duftspur wahr. "Komm!", maunzte sie und führte ihre Schwester immer dem Geruch nach.
Als die beiden Jungen in Sicht kamen, konnte Seejunges erkennen, dass Rabenjunges Blätter aufwirbeln ließ, die Buchenjunges versuchte zu fangen.
"Ich habe schon zwei Blätter gefangen!", maunzte sie begeistert. "Pah! Das kann ich viel besser! Jetzt musst du sie aufwirbeln lassen und ich fange sie!", quiekte Rabenjunges begeistert.
Buchenjunges nickte. "Du bist eh schlechter als ich!", höhnte sie und wirbelte einen Laubhaufen mit den Pfoten auf. Rabenjunges sprang in die Luft und erwischte zwei Blätter mit den Hinterpfoten. Eins flog ihm vor die Nase und er griff nach ihm; ließ aber die anderen beiden Blätter wieder fallen, sodass sie zu Boden segelten.
"Nein!", fauchte Rabenjunges verärgert.
"Pech gehabt", neckte ihn seine Schwester. "Ich habe gewonnen. Ich bin halt besser als du."
Rabenjunges sah sie wütend an und knurrte: "Das stimmt doch gar nicht! Ich habe gewonnen, weil ich drei Blätter gefangen habe!"
Buchenjunges stürzte sich fauchend auf ihren Bruder. "Nein!", blaffte sie. "Du hast zwei Blätter fallen gelassen!"
Seejunges verdrehte die Augen. "Wie lächerlich", maunzte sie und spürte wieder das schmerzhafte Kratzen in ihrem Hals.
"Was tut ihr da?", rief Morgenjunges. Buchenjunges und ihr Bruder wirbelten herum. "Wir versuchen zu jagen", verkündete sie stolz. "Wenn wir Blätter fangen, können wir das in unserer Schülerzeit schon besser."
Rabenjunges nickte. "Genau!" Seejunges wusste nicht recht, was sie davon halten sollte. "Funktioniert es?", fragte sie. Rabenjunges legte den Kopf schief. "Was?"
Seejunges seufzte. "Seid ihr schon besser geworden?"
Buchenjunges peitschte freudig mit dem Schwanz. "Oh ja!", quiekte sie.
Morgenjunges legte den Kopf schief und sah sie ungläubig an. "Wirklich?", forderte sie die beiden anderen Jungen heraus. Rabenjunges' Nackenfell sträubte sich. "Glaubt ihr uns etwa nicht?!", fauchte er.
Buchenjunges stellte sich neben ihn. "Wir können es euch auch gerne beweisen!", maunzte sie verärgert. Morgenjunges schnaubte. "Wie ihr wollt. Was müssen wir machen?", antwortete sie.
"Eine von euch lässt die Blätter aufwirbeln und die andere fängt sie. Wir machen das gleiche; das Team, das am Ende mehr Blätter gefangen hat, gewinnt!" Seejunges nickte. "Verstanden. Wer fängt an?"
Rabenjunges sah Buchenjunges an. "Wir", erwiderte sie. Sie trat vor und er stellte sich neben den Blätterhaufen. Mit der Pfote warf er sie in die Luft und Buchenjunges sprang hoch, um sie zu fangen.
Ein Blätterregen ergoss sich in der Luft und ehe alle von ihnen zu Boden gesegelt waren, hatte Buchenjunges drei Blätter aufgefangen.
"Super!", quiekte Rabenjunges. "Jetzt seid ihr dran."
Morgenjunges nickte. "Du fängst die Blätter", miaute sie an Seejunges gewandt. Seejunges war damit einverstanden und trat vor. "Ich bin bereit! Lass es uns ihnen zeigen!", miaute sie.
Morgenjunges neigte den Kopf. "Oh ja!", rief sie und ließ mit der Pfote den Laubhaufen gen Hinmel sausen. Seejunges stieß sich von Boden ab und erwischte eines der Blätter mit der Pfote. Sie griff nach einem anderen,
als sie plötzlich einen großen Stein auf sich zusegeln sah. "Hilfe!", piepste sie heiser und wollte ihn mit der Pfote abwehren, aber er traf sie mit voller Wucht gegen die Schulter.
Seejunges schrie schmerzhaft auf und wurde zu Boden geworfen. "Hilfe! Das tut so weh!", maunzte sie. Rabenjunges lachte und schien nicht zu bemerken, dass sie es ernst meinte.
Ihre Schulter pochte vor Schmerz und breitete das Gefühl weiter in ihr aus. "Seejunges! Ist alles gut?!", fragte Morgenjunges besorgt. Buchenjunges gab ihrem Bruder einen Klaps auf die Schulter.
"Hör auf zu lachen", fauchte sie leise. "Seejunges hat sich verletzt."
Rabenjunges antwortete nicht. "Jemand muss Birkensee holen!", miaute Morgenjunges, als Seejunges weiter jammerte.
Buchenjunges nickte. "Ihr bleibt bei Seejunges", befahl sie. "Ich hole Birkensee!"
Sie rannte davon und verschwand.
Seejunges kniff die Augen zusammen, als der Schmerz nicht nachlassen wollte. "Tut es sehr weh?", fragte Rabenjunges besorgt und legte ihr die Schwanzspitze auf die Schulter.
Seejunges knurrte nur und konnte nicht antworten. "Lass sie am besten in Ruhe!", mischte sich Morgenjunges ein und schob Rabenjunges sanft beiseite.
"Warum hört der Schmerz nicht auf?", wimmerte Seejunges und spürte, wie ihre Pfoten langsam nachgaben, doch da wurde die kleine Kätzin plötzlich am Nackenfell gepackt und hochgezogen.
Sie strampelte wie wild mit den Beinen und versuchte, sich zu wehren.
"Halt still", knurrte eine Katze. Verängstigt hielt Seejunges still und ließ sich in den Heilerbau tragen. Sie drehte den Kopf nach hinten und sah Birkensees weiß-braunes Fell.
Die Heilerin trug sie in ihren Bau und legte in einem Moosnest ab, dann verschwand sie in der Vorratskammer und kam mit einigen Samen wieder. "Das sind Mohnsamen", miaute sie und legte die Samen vor Seejunges nieder. "Friss sie", befahl Birkensee. "Du wirst dann einschlafen und dein Körper kann sich ausruhen", erklärte sie der Schülerin.
Seejunges nickte gehorsam und leckte die Mohnsamen auf. Sie schluckte die bittere Medizin und fühlte bald, wie sie müder und schläfriger wurde. Dann war sie auch schon eingeschlafen.
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