Blutige Pfoten
Sprenkelpfote streckte nacheinander alle ihre Beine einmal durch, die schon steif vor Kälte waren. Der einzige Trost war Fliegenpfote, der mit ihr zusammen auf der Lauer lag. Sein nun wieder schlammverkrusteter Pelz kratzte leicht an ihrer Seite, strahlte aber dennoch eine angenehme Wärme aus.
Sie blinzelte müde und riss gleich darauf ihre Augen weit auf. Ich darf nicht einschlafen! Ich muss wachsam sein! Wir haben nur diese eine Chance! Lilienpfote verlässt sich auf uns! Wenn wir versagen, stirbt sie!
Die Schülerin warf Fliegenpfote einen flüchtigen Blick zu, bevor sie ihn wieder auf die geheime Schlammgrube richtete. Wenn ich recht habe und wirklich der der Mörder ist, von dem ich glaube, dass er es ist, wird er mich dann noch mögen? Sie hatte Angst vor der Reaktion ihres Freundes. Aber er musste es mit eigenen Augen sehen. Sonst würde er ihr nicht glauben. Ihr Pelz kribbelte vor Anspannung.
Plötzlich fiel etwas Schnee von einem der hohen Halme herunter. Dann noch etwas. Eine Katze bewegte sich durch das Gras. Sprenkelpfote spürte, wie Fliegenpfote neben ihr sich zusammenreißen musste, um nicht aus seinem Versteck zu preschen. Beruhigend strich sie ihm mit dem Schweif über den Rücken, obwohl sie selbst sich kaum zurückhalten konnte.
Auf einmal tauchte eine schlammbedeckte Schnauze zwischen den Grashalmen auf. Eine Nase zuckte leicht nervös, witterte. Sprenkelpfote drückte sich noch tiefer in den eisigen Schnee. Sie hatte Kräuselsturm am Morgen erst gefragt, in welche Richtung der Wind heute wehte und war sich ziemlich sicher, dass diese Katze unmöglich ihren Geruch wahrnehmen konnte.
Die Nase verschwand wieder. Doch nur kurz. Dann trat der Mörder aus seiner Deckung heraus. Grüne Augen funkelten im Licht der aufgehenden Sonne und wanderten über die Landschaft um die geheime Schlammgrube herum. Der Kater fuhr seine langen Krallen ein und aus. Krallen, die Sprenkelpfote noch immer an ihrer Schulter und ihrer Kehle spürte.
Fliegenpfote schien noch nicht erkannt zu haben, wer vor ihnen stand. Oder wollte er es nicht erkennen? Er wirkte verwirrt. Schneller als Sprenkelpfote ihn zurückhalten konnte, sprang der Schüler auf, verließ ihr Versteck und ging auf den Mörder zu.
Was tust du! Was tust du da! Komm zurück!, wollte sie ihm zuschreien, aber da war ein riesiger Kloß in ihrer Kehle. Ich hatte recht. Warum habe ich recht gehabt? Oh, SternenClan!
»Vater?«, hörte sie Fliegenpfote fragen.
Der Faucher riss überrascht die Augen auf und zuckte zusammen, entspannte sich dann aber schnell wieder. »Fliegenpfote? Was tust du denn hier? Ich dachte, du bist bei Eichelpfote?«
»Nein, ich...« Der Schüler wirkte verunsichert, trat von einer Pfote auf die andere. »Aber... Was tust du hier?«
»Grenzpatrouille.« Der Faucher schnippte mit den Ohren. »Ich hoffe, der WindClan hat seine Lektion gelernt und wird nie wieder die Grenze der Verbündeten überqueren.« Plötzlich stockte er, hielt die Nase in die Luft und witterte. »Du bist nicht alleine hier.«
Sprenkelpfote schnappte erschrocken nach Luft. Das kann nicht sein! Der Wind weht in die andere Richtung! Er kann mich nicht riechen! Doch dann spürte sie diese leichte Brise, die in die falsche Richtung wehte. Der Wind hatte sich gedreht!
»Ist das diese WindClan-Schülerin mit der du dich immer rumtreibst?«, zischte der Faucher. »Ist sie nicht beim Kampf gestorben?«
Fliegenpfote blinzelte verwirrt. »Woher weißt du das?« Und plötzlich durchzuckte ihn die Erkenntnis. Er wich ein paar Schritte zurück, unfähig, etwas zu sagen. Starrte seinen Vater nur fassungslos an. »Du! Es war nicht Schwarzpfote, sondern du! Aber warum...?«
Der Faucher schlug blitzschnell zu. Seine langen Krallen blitzten nur für einen Augenblick auf, bevor die Blutstropfen durch die Luft spritzten.
»Nein!« Sprenkelpfote stürmte kreischend aus ihrem Versteck. Mit zwei Sätzen war sie bei dem Mörder und rammte ihm ihren Kopf in die Seite, doch das brachte nichts. Der Faucher gab nur ein verärgertes Grunzen von sich, fuhr zu ihr herum und schickte sie mit seinen Pranken zu Boden. Mit seinen spitzen Krallen nagelte er sie auf der eiskalten Erde fest und blickte ihr fest in die Augen.
»Wie kann es sein, dass du noch lebst? Ich habe dich getötet!«, zischte er und schüttelte dann den Kopf. »Unwichtig! Ich werde dich erneut töten! Auch drei Mal, wenn das nötig ist! Du wirst mir keine Probleme mehr machen, du Haufen Fuchsdung!«
Sprenkelpfote spürte Panik in sich aufsteigen, als der Faucher sich über das Maul leckte und seine spitzen Zähne zeigte, die er mit Leichtigkeit in ihrer Kehle vergraben konnte. Wimmernd drehte sie den Kopf zur Seite, um diesem Anblick zu entgehen. Doch stattdessen schaute sie nun in Fliegenpfotes trübe Augen. Zwar atmete er noch, doch das Blut sprudelte unaufhörlich aus der tiefen Wunde an seiner Kehle.
»Wie konntest du ihm das antun?«, flüsterte sie mit zitternder Stimme. »Er ist dein Sohn!«
»Er ist mein Sohn, ja«, fauchte der Mörder ihr ins Ohr. »Aber wenn ich erst Anführer bin, werde ich weitere Söhne haben. Bessere. Fliegenpfote hätte sich nie auf dich einlassen dürfen! Damit hat er die Ehre seines Clans befleckt! Die Ehre unserer Familie!«
Sprenkelpfote schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht...«
»Das musst du auch nicht, weil du jetzt sterben wirst!«
Die Schülerin schloss ergeben die Augen. Bereit, den Todesbiss zu empfangen. Gegen den Faucher hatte sie nicht die geringste Chance. Er war stärker, er war größer, er war ein vollwertiger Krieger und sie nur eine mickrige, naive Schülerin, die immer dachte, alles würde gut werden. Sie dachte an Schattenstern, an Nebelpfote und Dunkeljunges, an Spitzfell, Tatzenwolke und Spritzklang, die sich im LuftClan um sie gekümmert hatten. Und an ihren Vater, dessen Namen sie nicht mal kannte. Zuletzt rief sie sich das Gesicht von Fliegenpfote in Erinnerung. Sein schwarzes Fell und die dunkelblauen Augen...
Dann spürte sie die Zähne an ihrer Kehle, die sich langsam in ihr Fleisch bohrten. Unerträglich langsam. Als würde der Faucher es genießen. Sprenkelpfote schrie, schrie sich das Herz aus dem Leib in der Hoffnung, jemand würde sie hören. Aber der WindClan hatte sein neues Lager zu weit entfernt aufgeschlagen und würde zu lange bis hierher brauchen. Und der WirbelClan... Von ihm konnte sie keine Hilfe erwarten. Etwas Nasses rann ihr über die Brust. Ihr eigenes Blut.
Und plötzlich ertönte ein ohrenbetäubendes Kreischen. Jemand riss den Faucher von ihr herunter. Seine spitzen Zähne bissen ein Stück ihres Fleisches heraus. Sprenkelpfote keuchte. Ihr wurde schwarz vor Augen, als sie sich zur Seite rollte. Ihr Atem wurde immer flacher und flacher. Sie bekam keine Luft.
»Bleib bei mir! Hörst du mich? Du darfst nicht einschlafen!«
Warum kam ihr diese tiefe Stimme so bekannt vor? Sprenkelpfote blinzelte benommen. Alles drehte sich. Sie war müde, so unglaublich müde. Von irgendwo her drang Kampfgeschrei zu ihr herüber. Verschwommen erkannte sie zwei dreckige Katzen, die auf einen schlammbedeckten Kater einschlugen. Dann schaute sie hoch. Zwei hellblaue Augen blickten sie an.
»Erkennst du mich?« Die tiefe Stimme hinterließ ein dumpfes Echo in ihrem Kopf. »Ich bin's, Aqua. Hechtkralle und Terra halten den Faucher unter Kontrolle. Du musst nur wach bleiben, bis der WindClan hier ist. Schau mich an! Schlaf nicht ein!«
Sprenkelpfotes Kopf sackte zur Seite.
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Badumm Tssssss! Hättet ihr das erwartet? O.o Wenn ihr euch jetzt nochmal alles durchlest, würdet ihr sehen, wie viele Hinweise ich eigentlich versteckt habe XD
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