🐦 Flucht der Vögel 🐦
*✧ Du öffnest das allererste Türchen und aus ihm hüpft aufgeregt ein kleiner gesprenkelter Kürbis, der dir eine Gruselgeschichte erzählen möchte. ✧*
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Die Sonne ging langsam unter und heidefarbene Wolkenschwaden überzogen den Himmel, hier und da unterbrochen von leuchtendem Gold. Letzteres passte perfekt zu den bunten Blättern an den Bäumen, von denen einzelne elegant und federleicht Richtung Boden segelten. Nur noch ein wenig mehr Wind und ein ganzes Blätterballett würde sich hier ereignen. Die Luft wurde mit jedem Tag kühler und die Beute mit jedem Tag rarer.
Darum erhob der Zweite Anführer des MarderClans die Stimme: ,,Die abendliche Jagdpatrouille bilden Birkenpilz, Efeugift und ihr Schüler Nieselpfote. Geht am besten zu einem der Felder, wo die Vögel nach Nahrung suchen."
Efeugift hörte aufmerksam zu und nickte pflichtbewusst, ehe sie nach ihrem Schüler suchte. Die weiße Kriegerin fand ihn schließlich sich sonnend. Seine frechen Augen blitzten, während er sich aufsetzte und das Lager mit den anderen verließ.
Birkenpilz, der die Patrouille leitete, entschied sich dafür, beim Kürbisfeld nachzusehen. Die in allen Formen und Farben vertretenen Früchte waren immer leichte Beute für die Vögel und diese wiederum für die Clankatzen. Zusätzlich waren MarderClan-Katzen auf die Jagd von Vögeln spezialisiert; sei es auf den zahlreichen Laubbäumen ihres Territoriums oder am Boden.
Nur eine Atemwolke, welche sich nach dem Ausatmen vor Nieselpfotes Schnauze bildete, erinnerte Efeugift an den Teil der Gefiederten, der während der Blattleere davon flog.
Ob die Clankatzen dies auch tun würden, wenn sie fliegen könnten?
,Sicher nicht, am selben Ort zu bleiben ist schließlich auch eine Art Loyalität...', dachte Efeugift. Und sie glaubte daran, dass jene in jeder Clankatze vorhanden war.
Der unverkennbare Geruch der Gewächse strömte in die Nase der Grünäugigen, woraufhin sie ihre Schritte verlangsamte und sich duckte. Doch nirgends erklang freudiges Trällern. Alles war still. Zu still.
Nur ein Quietschen war zu vernehmen. Verärgert fauchte Efeugift, als ihr Clangefährte aufstand und sich neugierig nach oben streckte. Er verscheuchte alle Beute!
,,Seht mal!", rief Birkenpilz und deutete mit dem dünnen Schweif vor sich. Efeugift erhob sich. In der Mitte des Feldes gab es eine Lücke ohne Kürbisse, wo ein hoher Stab in die Erde gesteckt worden war. Daran hingen die leeren Pelze von Zweibeinern.
,Ein Leichnam?' Skeptisch betrachtete die Kriegerin den Kopf dessen. ,Ein Sack?' Die Kreatur ragte höher in die Luft als lebendige Zweibeiner und warf selbst im spärlichen Licht der Dämmerung einen langen Schatten.
,,Woher kommt das? Wer hat es dort aufgestellt?", fragte Nieselpfote mit schief gelegten Kopf. Birkenpilz zuckte mit den getigerten Schultern.
Die Rufe eines Rabenpaares zerissen die Luft, bis die beiden an der Leiche angekommen waren. Da frischte der Wind auf und die leeren Zweibeinerpelze neigten sich schaurig in Richtung des Raben, während erneut ein Quietschen die Ohren der drei Katzen betäubte.
Rasch nahmen die nachtschwarzen Raben Reißaus und dachten nicht mehr auch nur einen Herzschlag darüber nach, Kürbiskerne zu schlemmen.
,,Dafür ist es da!", staunte Nieselpfote. ,,Clever", nickte auch Birkenpilz. Der braun-weiß Getigerte umkreiste den Abschrecker.
,,Das Kürbisfeld ist riesig und hat seit jeher unglaublich viele Vögel angelockt. Wir müssen etwas dagegen tun!", empörte sich Efeugift. Fast konnte sie den leeren Frischbeutehaufen in der Blattleere bereits klar vor sich sehen. Sie war überzeugt, dass die Felder ein Segen für den MarderClan waren, den dieser nicht einfach hergeben würde.
Alle drei musterten die sich im Wind neigende Gestalt und suchten gedanklich nach einer Lösung.
,,Lasst uns doch probieren, sie umzustoßen!", maunzte Nieselpfote. Der graue Kater mit dem beinahe schwarzen Aalstrich legte eine Pfote an den Stab, der die Zweibeinerpelze trug.
,So meint er es also!' Birkenpilz lobte den Schüler kurz und winkte Efeugift mit dem Schweif zu sich. Anschließend drückte sich jeder gegen das Holz. Als nichts geschah, stemmte sich Efeugift mit ihrem gesamten Gewicht dagegen, sodass ihr auf Dauer schon fast schwindelig wurde. Doch das ganze Bemühen führte nicht die kleinste Veränderung herbei.
,,Der Stock ist zu fest im Boden verwurzelt", ärgerte sich der getigerte Leiter der Patrouille. Efeugift trat vor: ,,Aber irgendwie muss sie an Höhe verlieren!"
Der Abschrecker reichte weit über die Kürbisse hinaus und warnte damit jeden, der noch vier Fuchslängen entfernt war.
Plötzlich sprang Nieselpfote enthusiastisch in die Luft und plumpste frustriert wieder auf den Boden. Fragend sah Birkenpilz ihn an. ,,Ich wollte das Ding auf seinem Kopf abreißen", gab der Graue flüsternd zu.
,Wieso schämt er sich? Das ist genial!', dachte Efeugift und versuchte es nach einem Blickwechsel mit Birkenpilz selbst, da sie die größte Katze in der Patrouille war. Sie zielte sorgsam auf den schwarzen Zylinder auf dem Sack, dann sprang sie kräftig ab und flog hoch in die Luft.
,Eine Leichtigkeit für MarderClan-Katzen...'
Im Flug streckte sie die Pfoten aus und krallte sich im schwarzen Stirnfell der Kreatur fest, zog es mit sich nach unten.
,,Genau so", nickte Nieselpfote. ,,Theoretisch können wir das Gleiche mit den anderen Pelzen machen." Birkenpilz hatte Recht. Nur eine kleine Sache ließ Efeugift zweifeln.
,,Dieses Ding", sie zeigte mit der Pfote auf die schwarze Kopfbedeckung, ,,hing nicht am Stab, nur lose auf seinem Kopf. Die anderen verhängen sich vielleicht am Holz."
Mit einem Peitschen seines Schweifes wischte Birkenpilz das Unbehagen seiner Patrouille fort. ,,Wir müssen es versuchen!" Also sprangen sie immer wieder steil nach oben. Birkenpilz' Pfote erwischte den oberen, großen Teil des Pelzes und seine beiden Clangefährten am Boden hielten gespannt die Luft an.
Doch der Stoff wurde nicht nach unten gezerrt. Stattdessen blieb er an Ort und Stelle, lediglich ein paar Löcher und Schlitze, die durch Birkenpilz' Krallen entstanden waren, zeigten sich darauf. Nun schaukelten und wiegten diese beinahe losen Stücke ebenfalls im Wind, wodurch das Gestell nur noch gruseliger wirkte.
,,Super...", grummelte Nieselpfote, weswegen Efeugift ihm mit dem Schweif ans Ohr schnippte. Der Schüler hatte leicht Reden, war zu klein, um diese Aufgabe zu erfüllen.
Nach einiger Zeit des endlosen Probierens seufzte Efeugift, als sie sah, dass Nieselpfote sich grinsend die dunkle Kopfbedeckung des Abschreckers aufgesetzt hatte.
*✧🎃✧*
Mondlicht brach durch die Äste der Bäume neben dem Kürbisfeld. Efeugift sah zum Himmel auf und bemerkte, dass es ein besonderer Mond sein musste; sein Laib war leuchtend blau statt blass und weiß.
,,Wir sollten zurück, ehe sich Dinkelstern Sorgen macht", warnte die weiße Kätzin, ,,Am besten, jemand von uns fängt noch etwas. Im Lager können wir den anderen berichten."
Mit diesem Plan wollten sie aufbrechen, als weitere Schimmer hinzu kamen; die aufgemalten Augen des Vogelabschreckers begannen rot zu glühen und auch von den Kürbissen gingen kreisrunde Lichter aus. Efeugifts Fell stellte sich auf.
Ein paar der Kürbisse torkelten und tanzten auf die Patrouille zu, losgelöst von ihren Wurzeln. Aus ihnen fielen Stücke ihres Fleisches, bis Gesichter zu erkennen waren, aus denen zähflüssig glibbriger, grüner Schleim tropfte.
Der Feind der Vögel brauchte nicht mehr seinen Holzstab zum Stehen und lief wutentbrannt auf die Katzen zu.
,Bilde ich mir das ein?', fragte sich Efeugift. Doch die ängstlichen Blicke ihrer Clangefährten verneinten diese Hoffnung.
Nebelpfote rannte mit der Geschwindigkeit einer Katze vom Moor fort, dicht gefolgt von der lebendig gewordenen Kreatur, während die älteren Katzen vom Schock wie eingefroren da standen. Erst, als ein ovaler gelblicher Kürbis in Efeugifts Bein biss und auf der Bissspur grünen Schleim hinterließ, bewegte sich auch Birkenpilz mit schreckensgeweiteten Augen.
Ein Schrei aus Nebelpfotes Richtung ertönte, voran ging das Quietschen des Vogelabschreckers. Was passierte da hinter den Bäumen?
Die Freunde des gelben Kürbisses schlangen ihre rauen Ranken um Efeugifts Pfoten und andere, kleinere sprangen auf ihren Rücken. Dadurch wurde sie zu Boden gedrückt. Größere weiße Kürbisse wickelten ihre Ranken um den Hals der Kriegerin, sodass ihrer Kehle kein Ton mehr entweichen konnte.
Zu Nebelpfotes Schreien kamen versetzt die des Leiters der Patrouille hinzu. ,Erwischt der Abschrecker jetzt beide? Oder laufen hier noch mehr räudige Kürbisse herum?'
Efeugifts Gedanken rasten vor Sorge um ihre Gefährten. Irgendwann wurde ihr schwarz vor Augen.
*✧ Fortsetzung folgt... ✧*
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