Kapitel 1
,,STURMJUNGES, WACH auf du verschlafener Fellball!''
Schneejunges sprang hellwach um ihren Bruder herum und stupste ihn dabei immer wieder mit der Vorderpfote an. Sie konnte nicht glauben, dass der kleine Tigerkater immer noch verträumt die Augen geschlossen hatte und sich verschlafen in seinem Nest wälzte. Sie wollte ihn unbedingt wecken, schließlich war heute ein besonderer Tag! Die beiden hatten nun ihre sechs Monde erreicht und Klauenstern hatte ihnen versprochen, sie nach seiner Jagdpatrouille endlich zu Schülern zu ernennen.
Die kleine Kätzin machte einen Sprung nach vorne und purzelte beabsichtigt mit ihrem Rücken auf ihren Bruder, der wie von einer Biene gestochen hochfuhr und sofort ein grimmiges Gesicht zog.
,,Musste das sein?'', murrte er mit einem verschlafenen Gähnen. ,,Ich wäre schon rechtzeitig aufgewacht!''
,,Und Igel können fliegen", höhnte Schneejunges grinsend. Sie folgte Sturmjunges' Blick, der sich zuerst müde mit ihrem eigenen Blick kreuzte und schließlich zum Ausgang der Kinderstube wanderte. Helle Sonnenstrahlen strichen über das Gesicht der Kätzin, als sie wie ein Kaninchen zu den saftig grünen Farnwedeln hoppelte und ihren Kopf aus dem Bau reckte. Die frischen Blätter, die als Eingangstunnel dienten, wippten in einer warmen Windbrise um sie herum, während unzählige Gerüche ihr dabei in die Nase stiegen und ihren Schweif aufgeregt zucken ließen. Das Lager war immer schon spannend gewesen, aber als Schülerin konnte sie endlich frei das gesamte Territorium erkunden. So viele Dinge, die es zu finden gab! Das musste einfach aufregend sein!
Freude stieg in der jungen Kätzin auf und lockte sie hinaus auf die warme Lichtung. Doch kaum konnte sie einen Schritt nach vorne tapsen, da ertönte hinter ihr ein lautes Knistern. Schneejunges' Schweif wurde plötzlich so fest auf den Boden gedrückt, dass es ihr schon fast weh tat. Aber sie ließ sich nichts anmerken und wirbelte stattdessen mit vor Empörung verzogenem Gesicht herum.
,,Sturmjunges, was soll ..." Schneejunges verstummte. Vor ihr stand nicht, wie erwartet, ihr Bruder, sondern Regenblüte, die Königin, die sich zusammen mit der anderen Königin Leuchtfell um die beiden Jungen kümmerte. Sie stand am Ende der dunklen Hauptkuhle im Bau, der unter einem morschen, alten und sehr großen Baumstumpf lag, und sah die kleine Kätzin grinsend an.
,,Wo wollen wir denn hin?", schnurrte die Königin schelmisch. ,,Und das ohne das tägliche Bad."
,,Nach draußen, ich will das Territorium endlich erkunden!", protestierte Schneejunges.
,,Nicht, bevor Klauenstern zurück ist und euch zu Schülern ernennt. Und nicht, bevor ihr blitzblank seid." Regenblüte schnellte nach vorne und schnappte sich Schneejunges am Nackenfell. Widerwillig zappelte das Junge wild zwischen den Zähnen hin und her und schlug verärgert mit dem Schweif. Aus dem Augenwinkel erkannte die kleine Kätzin nur, wie sich ihr Bruder lachend auf dem Boden wälzte und dabei leicht den Staub aufwirbelte. Das ließ Empörung durch sie hindurchfahren und ihr in den Pfoten kribbeln.
,,Mäusehirn, dich kriege ich noch!", miaute sie, als sie wieder heruntergelassen wurde, und setzte zum Sprung an. Sie duckte sich tief und wackelte kurz mit ihrem kleinen Hinterteil, bevor sie sich vom Boden abdrücken wollte. Aber genau als sie das tat, fing Regenblüte sie ab und schob sie mit ihren breiten, weißen Pfoten an sich heran. Rauschend schlitterten Schneejunges winzige Krallen über die weiche Erde, bis sie warmes Fell hinter sich spüren konnte und wieder am Nackenfell hochgehoben wurde. Wie sie das hasste! Mehrere Male fuhr Regenblütes raue Zunge über Schneejunges langes, weißes Fell. Es fühlte sich warm an und strömte eine gewisse Geborgenheit in der jungen Kätzin aus, allerdings wollte sie endlich hinaus in das Lager und zur Schülerzeremonie. Vermutlich wartete Klauenstern bereits auf sie und Sturmjunges. Oder schlimmer noch, vielleicht hatte sie die Zeremonie bereits verpasst!
Nach einigen, für Schneejunges zu langen Momenten war Regenblüte endlich fertig und stand auf. Schneejunges schüttelte sich daraufhin einmal kräftig und wirbelte mit ihrem Kopf zur Seite, um sich ihrem Bruder zu widmen. Dieser hatte zwar mittlerweile mit dem Lachen aufgehört, aber grinste seiner Schwester schelmisch ins Gesicht. Sofort duckte sich Schneejunges wieder, um sich spielerisch auf diesen verrückten Kater zu stürzen, doch abermals wurde sie daran gehindert. Regenblüte schnappte Sturmjunges am Nackenfell und hob ihn in die Luft. Der kleine Kater gab bloß einen verdutzen Laut von sich und zog eine überraschte Grimasse, als die Königin ihn in ihr Moosnest trug, um ihn dort zu putzen. Nun war es Schneejunges, die sich lachend auf dem Erdboden herumrollte.
Als Regenblüte Sturmjunges fertig gepflegt hatte, durften die beiden Jungen endlich aus der Kinderstube hinaus und im Lager spielen gehen. Schnurstracks preschten sie durch den Farntunnel und fanden sich ein paar Pfotenschritte später auf der schönen, großen Wiese wieder, die vom Sonnenlicht überflutet war. Warme Winde wehten über das hellgrüne Gras, das, so weit man nur sehen konnte, mit den schillerndsten Blüten verziert war. Süße Düfte von Beute drangen wieder in Schneejunges' Nase und ließen ihren Magen vor Hunger grummeln. Aber die junge Kätzin ignorierte das Gefühl. Das Territorium zu erkunden war das einzige, an das sie denken konnte, nur leider musste sie dafür noch etwas warten. Stattdessen hopste sie also zu ihrem Bruder hinüber, der sich bereits im Lager austobte. Der getigerte, kleine Kater hechtete mit langen Sprüngen einem dicken, dunkelgrünen Moosball hinterher. Lachend rollte er sich einmal um sich selbst, als er den Ball gefangen hatte und darauf zu kauen begann.
,,Da hat wohl jemand eine Vorliebe für Eichhornnahrung gefunden", scherzte Schneejunges und trabte auf Sturmjunges zu.
,,Sehr witzig", grinste dieser, während er den Moosball mit seinen Vorderpfoten von sich stieß und zu seiner Schwester rollte. ,,Na schön", schnurrte er, ,,lass uns schonmal unsere Nester im Schülerbau einrichten. Dann müssen wir das nicht nachher noch tun."
Schneejunges nickte einverstanden und sprang auf, um ihrem Bruder zu folgen. Dabei sah sie sich im Lager um, ob sie bereits Klauenstern ausfindig machen konnte, aber der Clananführer schien immer noch nicht von seiner Patrouille zurückgekehrt zu sein. Ein wenig enttäuscht beobachtete sie die anderen Katzen, die im Lager umherliefen und dem Alltag nachgingen. Schattenlicht, ein schwarz-weißer Krieger, trottete gerade zum Frischbeutehaufen, während ein schildpattfarbener Kater mit einigen Pflanzen im Maul zurück zu seinem Bau lief. Das war Wasserfell, einer der beiden Heiler des SonnenClans. Er war ein alter, dennoch ziemlich riesig wirkender Kater und hatte vor kurzem seine Schülerin Sonnenrinde zur vollwertigen Heilerin ernannt, wenn Schneejunges dem glauben durfte, was Regenblüte und Leuchtfell sich in der Kinderstube erzählten.
Etwas weiter beim Lagerausgang sah die kleine Kätzin, wie ein kleiner, schildpattfarbener Kater verspielt mit einem Ast rang. Er sah kaum älter aus als sie selbst und Schneejunges fand es überaus faszinierend, wie unterschiedlich seine beiden Augen aussahen. Das eine Auge strahlte wie der blaue Himmel, während das andere orange wie die Abendsonne glühte. Das war das erste Mal, dass die junge Kätzin diesen Schüler irgendwo gesehen hatte. War er neu im Clan? Sie wollte gerade zu ihm hingehen und fragen, ob sie mit ihm spielen durfte, aber Sturmjunges brach dazwischen und deutete mit einem Ohrzucken auf eine Lücke zwischen einigen Wildrosensträuchern. Dort lag der Eingang zu dem Bau, in dem sie fortan für die nächsten Monde wohnen würden. Schon jetzt sträubte sich Schneejunges Fell bei dem Gedanken, sich mit Nachtpfote, einem der übellaunischsten Kater des Clans, einen Bau teilen zu müssen. Aber zum Glück würde er bald nicht mehr da sein. Und dann gab es ja auch noch seine Schwester Dämmerpfote, die ihn als einzige Katze beruhigen konnte.
Mit einigen sprunghaften Sätzen näherten sich die beiden Jungen dem kleinen Bau. Von außen schien er durch die Dornen an den dünnen Ranken ziemlich ungemütlich, aber wenn man ihn betrat, wurde der Boden durch das frische Moos und die vielen unterschiedlichen Blätter schön weich und warm. Schneejunges erkannte einige zusammengehäufte Moosnester wie es sie auch in der Kinderstube gab. Die Ranken an den Wänden waren innerhalb des Baus mit Blättern und dünneren, dornenlosen Zweigen gepolstert, sodass man nicht jedes Mal beim Aufstehen einen Dorn aus seinem Fell ziehen musste. Zu Schneejunges Erleichterung, denn vor zwei Monden hatte sie es doch tatsächlich geschafft, sich einen Dorn beim springen in die Schulter zu bohren. Das war schmerzhaft gewesen!
Im Schülerbau roch es immer ganz anders als irgendwo sonst im Clanlager, wie Schneejunges bemerkte. Die Kinderstube hatte einen süßen Geruch, bei dem man sich immer gleich geborgen fühlte. Dort war es warm und weich. Der Schülerbau hingegen roch eher streng, obwohl es zugleich kein schlechter Geruch war. Aber er füllte den Bau nicht mit der gleichen Wärme wie es sie in der Kinderstube gab.
Plötzlich knurrte eine tiefe Stimme hinter Schneejunges und Sturmjunges.
,,Was macht ihr schwächlichen Filzbälle denn hier?''
Schneejunges wirbelte erschrocken herum und erkannte Nachtpfote, den großen, nachtschwarzen Kater mit seinen strahlend weißen Pfoten. Er kniff die feurigen Bernsteinaugen zusammen und hatte sein Fell etwas gesträubt. ,,Junge gehören nicht hierher! Vor allem, wenn sie von Hauskätzchen abstammen!''
Bevor Schneejunges oder Sturmjunges etwas antworten konnten, betrat hinter dem Schüler eine goldbraune Kätzin den Bau. Sie schnippte mit ihrem Schweif dem verärgerten Kater über die Ohren und sah die beiden Jungen mit entschuldigenden, grünen Augen an.
,,Macht euch nichts aus Nachtpfote", miaute sie sanft. ,,Er hatte keinen besonders guten Tag heute.''
Die Schülerin machte ein paar Schritte nach vorne und legte sich erschöpft in eines der Nester, um sich danach die Pfoten zu lecken.
,,Setzt euch ruhig'', fügte sie dann hinzu und hob den Kopf. Sie warf Nachtpfote einen mahnenden Blick zu, mit dem sie dem schwarzen Kater bedeutete, sein Fell wieder anzulegen. Schneejunges wagte es kurz, nach hinten zu schauen und sah, wie er der Kätzin widerwillig gehorchte. Aber im Vorübergehen warf er den Jungen einen vernichtenden Blick zu, der sie vor Schreck ein paar Schritte rückwärts stolpern ließ. Wäre Nachtpfote nicht immer so übellaunisch, würde er vermutlich bald zu den besten Kriegern der Clans gehören. Allein seine riesige Gestalt war schon furchterregend. Er besaß lange, dornenscharfe Krallen, spitze, gelbe Zähne, einen feurigen Blick und einen kräftigen Bau. Damit konnte er wohl jede feindliche Katze in die Flucht schlagen. Meistens gab er sich jedoch nur damit ab, kleinere und schwächere Katzen aus seiner Nähe zu vertreiben. Demnach war Schneepfote erleichtert, dass er bald nicht mehr den Schülerbau bewohnen würde, denn der Schüler war nahe seiner Kriegerprüfung.
Die kleine Kätzin schüttelte sich kurz und ließ ihre gelben Augen hinüber zu Dämmerpfote schweifen. Die goldene Schülerin lag bequem zusammengerollt in ihrem Nest, ihren Kopf auf die dunkelbraunen Pfoten gelegt und sorgfältig mit dem Schweif bedeckt. Eine leichte Windbrise huschte durch den Eingang des Baus und zog sanft am Fell der Kätzin. Auch Schneejunges spürte, wie der Hauch durch jedes einzelne ihrer langen, weißen Pelzhaare strich und dann weiter an die Wand des Schülerbaus flog. Die dunkelgrünen Blätter flatterten zwischen den dornenlosen Ästen, während die Baumkronen hoch über ihnen im Wind knarrten und rauschten wie ein Fluss. Die Wärme der Sonne, die mittlerweile ihren höchsten Punkt am Himmel erreicht hatte, strömte über den Boden und erfüllte Schneejunges mit einem wohligen Gefühl. Es beruhigte sie und ließ langsam den Schrecken über Nachtpfote verfliegen.
Schneejunges wurde neugierig und wollte wissen, wie es sich anfühlte, ein Schüler zu sein. Bevor sie jedoch zu Wort kam, hörte sie, wie Klauenstern draußen auf der Lichtung jaulte und alle Katzen zu einem Clantreffen zusammenrief. Sofort sprang die weiße Kätzin mit ihrem Bruder auf und eilte schnell wie der Wind mit den ihr folgenden Schülern aus dem Bau. Aufgeregt sahen die Jungen den SonnenClan-Anführer, der mit gestrafften Schultern auf einem abgebrochenen Ast etwas über den Köpfen der anderen Katzen saß. Diese waren unter der großen Linde versammelt, ein Baum, der in der Mitte der Lichtung stand und einen angenehm kühlen Schatten in der warmen Sonne bot. Er trug überall frische, hellgrüne Blätter, durch die der Wind mit einem leisen Flüstern wehte. Die Wolken darüber flogen hoch am Himmel und waren so klein, dass man denken konnte, sie würden jeden Augenblick einfach verschwinden.
Schneejunges hielt an und setzte sich. Rechts neben ihr befand sich ihr Bruder, der mit vor Freude zuckendem Schweif zu Klauenstern sah. Links von ihr saß der kleine, schildpattfarbene Schüler, den sie vorhin noch beim Spielen gesehen hatte. Seine Augen leuchteten immer noch so faszinierend, während sein Blick den SonnenClan-Anführer fixierte. Dieser sah durch die Katzenmenge und schien geduldig zu warten, bis sich alle versammelt hatten. Schneejunges kribbelten die Pfoten vor Nervosität, als er sich auf seine vier Pfoten erhob und mit seiner kräftigen, dennoch älter klingenden Stimme zu sprechen begann:
,,Ich habe euch für einen der wichtigsten Momente im Leben eines Clans zusammengerufen'', miaute er; Stolz lag in seinem freundlichen Ton. ,,Zwei Junge unter uns haben die sechs Monde erreicht und sind nun bereit, ihre Ausbildung zum Krieger aufzunehmen." Klauensterns blaue Augen wanderten nach unten. ,,Sturmjunges, Schneejunges, tretet vor."
Die beiden Geschwister erhoben sich. Schneejunges unterdrückte das Zittern in ihren Beinen, das sich durch die anschwellende Nervosität ausbreitete. Dutzende Blicke brannten auf ihrem Pelz, das spürte sie. Die Zeit schien für sie still zu stehen, als sie mit ihrem Bruder ein paar Schritte aus der Katzenmenge hinauslief und bis knapp unter den Hochast tappte. Voller Ehrfurcht hob sie ihren kleinen Kopf und blickte Klauensterns sanften, blauen Augen entgegen. Der hellbraune Kater reckte seinen dunklen Kopf in den Himmel, als horchte er auf Stimmen, die ihm etwas zuflüsterten, bis sein Blick wieder nach unten sank und auf Sturmjunges haften blieb.
,,Von diesem Tage an, bis er sich seinen Kriegernamen verdient hat, wird dieser Schüler Sturmpfote heißen. Und diese Schülerin" - seine Augen wanderten zu Schneejunges - ,,wird Schneepfote heißen! Ich bitte den SternenClan über diese Schüler zu wachen, bis sie in ihren Pfoten die Kraft und den Mut eines Kriegers finden.'' Schließlich ließ Klauenstern seine blauen Augen durch die Katzenmenge hinter den beiden Schülern schweifen, während er zwei Katzen kaum merklich zunickte. ,,Schattenlicht, du wirst Sturmpfotes Mentor sein. Du hast Grellschrei hervorragend zur Kriegerin ausgebildet und ich bin mir sicher, dass du dies bei deinem neuen Schüler ebenfalls tun wirst.''
Der schwarz-weiße Krieger nickte einverstanden und wechselte einen zufriedenen Blick mit seinem neuen Schüler und einer braun-weiß gefleckten Kätzin neben ihm.
,,Grellschrei", hob Klauenstern an, dessen Blick nun ebenfalls auf dieser Kätzin haften blieb, ,,du bist bereit, deine erste Schülerin auszubilden. Du hattest in Schattenlicht einen hervorragenden Mentoren und ich bin mir sicher, dass du deine erlernten Fertigkeiten bestens an Schneepfote weitergeben wirst.''
Nun ließ der SonnenClan-Anführer seine Pfoten etwas entspannen und setzte sich, während Schneepfote glücklich zu Grellschrei hinübersprang. Die Kriegerin strahlte förmlich über ihre erste Schülerin. Sie beugte sich herunter, als die kleine Kätzin auf sie zugelaufen kam, um sie Nase an Nase willkommen zu heißen. Voller Stolz sah Schneepfote ihr in die blauen Augen, Aufregung kribbelte wieder in ihren Pfoten. Jetzt konnte sie endlich mit der Erkundung des Territoriums beginnen!
Schneepfote drehte ihren Kopf zur Seite, um nach ihrem Bruder zu schauen. Dieser hüpfte begeistert um Schattenlicht herum und lachte lauthals dabei. Vergnügt zuckte die weiße Kätzin mit ihren Schnurrhaaren und ließ eine warme Windbrise durch ihr Fell gleiten, während sie sich mit ihrer Mentorin zu den beiden Katern begab. Mit einem Mal fingen alle Katzen im Clan an, die Namen der neuen Schüler in den Himmel zu jubeln:
,,Sturmpfote! Schneepfote!''
,,Sturmpfote, Schneepfote!", stiegen Schattenlicht und Grellschrei mit ein. Auch der schildpattfarbene Schüler, den Schneepfote zwischen Regenblüte und Donnerwind entdeckt hatte, grinste und jaulte fröhlich die beiden Namen in die Katzenmenge. Mit vor Stolz geschwollener Brust sah sich Schneepfote um und spürte die unzähligen Blicke ihrer Clankameraden auf sich prasseln. Endlich waren sie und ihr Bruder Schüler und konnten sich auf ihr Leben als Krieger vorbereiten!
Schüler eines Clans, hauchte plötzlich eine fremde Stimme in das Ohr der jungen Kätzin und ließ sie vor Schreck zusammenzucken. Wir sind so stolz auf euch!
Verwirrt wackelte Schneepfote mit ihren kurzen Schnurrhaaren. Sie unterdrückte ein Fellsträuben und schüttelte sich, um die aufsteigende Angst zu vertreiben. Wer war das gewesen? Hatte noch jemand diese Stimme vernommen? Die Schülerin drehte und wendete ihren Kopf, um eine Antwort auf diese Frage zu bekommen, jedoch schien niemand so verwirrt wie sie. Nur Grellschrei sah sie mit einem besorgten Blick an.
,,Ist alles in Ordnung?", fragte die weiß-braune Kätzin, die ihren breiten Kopf schieflegte.
,,J-ja", stammelte Schneepfote und schüttelte sich ein weiteres Mal. ,,Ist nur die Aufregung", fügte sie mit einem schiefen Grinsen hinzu. Auch wenn Grellschrei von der Antwort nicht sonderlich überzeugt wirkte, nickte sie nur langsam und hob ihren Kopf an. Klauenstern ließ ein lautes Mauzen durch die Lagerlichtung hallen und beendete damit die Clanversammlung. Sofort strömten alle Katzen wieder von der Wiese und tappten in die verschiedenen Bauten. Nur einige blieben draußen, um sich den dünnen Pelz in der Mittagssonne zu wärmen oder sich gemeinsam die Zungen zu geben. Unter den Katzen auf der Lichtung war auch Nachtpfote; Schneepfote hatte ihn hinter der Linde erkannt. Sein dunkler Pelz glänzte mit einem weißen Schimmer unter dem Sonnenlicht, als er sich mit einer angeleckten Pfote die Schnurrhaare sauber strich. Seine feurigen Bernsteinaugen wanderten zu der Schülerin hinüber und blieben für einen Moment auf ihr haften. Ein kalter Schauer zog über Schneepfotes Fell. Irgendetwas an diesem Kater war ihr nicht geheuer.
,,Kommst du endlich?" Sturmpfote platzte zwischen die beiden Schüler und riss Schneepfote aus den Gedanken. ,,Ich will endlich mein Nest im Schülerbau errichten!"
Schneepfote antwortete nicht, sondern neigte ihren breiten Kopf und folgte schließlich ihrem Bruder. Noch immer verwirrt über die fremde Stimme, die in ihrem Kopf ertönt war, trabte sie Sturmpfote zum Schülerbau hinterher, den sie vorher besichtigt hatten. Unterwegs dorthin kamen sämtliche Katzen vorbei und gratulierten ihnen aufgeregt. Beinahe der ganze Clan schien sich über die beiden neuen Schüler zu freuen, auch wenn jeder einzelne von ihnen wusste, das sie nicht als Clankatzen geboren worden waren. Und doch gab es einige wenige Katzen, die sie mit Misstrauen betrachtet hatten. Denen würde es Schneepfote aber schon zeigen!
Kaum war die weiße Kätzin durch die verknoteten Dornenranken getappt, kam ihr auch schon Dämmerpfote entgegen, die sie begeistert mit der Nase berührte.
,,Ich freue mich schon darauf, einmal mit euch beiden trainieren zu können'', sagte die goldbraune Schülerin mit einem aufgeregten Leuchten in ihren waldgrünen Augen. ,,Ihr könnt dort schlafen'', fügte sie schnurrend hinzu, während sie mit der Schweifspitze auf einen kleinen bemoosten Platz am hinteren Ende des Schülerbaus deutete. Schneepfote vergaß ihre ganze Verwirrung über die fremde Stimme und den Schrecken über Nachtpfote und bedankte sich höflich. Sie lief schnurstracks wieder auf die große Lichtung, um etwas Moos von den dicken Wurzeln der Linde zu kratzen und dieses für ihr Nest zu benutzen. Nicht viel später kam ihr Bruder hinzu, der seine kleinen, dennoch dornenscharfen Krallen in die Rinde des Baumes grub und dort die frische, grüne Polsterung abkratzte. Seite an Seite machten sie danach kehrt und hopsten in den kleinen Bau zurück. Dort richteten sie sich ihre frischen Moosnester an der Stelle ein, die Dämmerpfote ihnen gezeigt hatte.
Endlich, ein eigenes Nest in einem neuen Bau! Schneepfote merkte, wie ihr Freude und Unbehagen zugleich über den Pelz krochen. Sie war überglücklich, endlich eine Schülerin sein zu können und das Territorium erkunden zu dürfen. Sie würde die Kampfzüge der Krieger und das selbstständige Jagen von Beute erlernen. Allerdings konnte sie nun nicht mehr in der sicheren und warmen Kinderstube sein, in der die Königinnen ihre Jungen wohl behüteten und pflegten. Aber so war es nun mal als Clankatze, das wusste sie. Und sie würde auch nie mehr etwas anderes sein wollen, als eine Kriegerschülerin!
Es raschelte am Eingang des Baus. Ein paar Wildrosenzweige zuckten hin und her und ein braun-weiß geflecktes Fell war zu sehen.
,,Grellschrei." Schneepfote neigte den Kopf vor der Kriegerin. ,,Was gibt es?"
,,Ich wollte dir nur sagen, dass du für heute noch frei hast", schnurrte diese. ,,Ab morgen früh bei Sonnenaufgang fängt dann das Training an. Dämmerpfote wird dir und Sturmpfote zeigen, wo die Trainingslichtung liegt.''
Mit glänzenden Augen verließ die gefleckte Kriegerin auch schon wieder den Bau und verschwand im gelbweißen Licht außerhalb des Gestrüpps. Sie musste mindestens genauso aufgeregt und glücklich sein, wie Schneepfote es selbst war.
,,Ich kann es kaum erwarten, die ersten Amseln, Eichhörnchen und Mäuse zu erlegen", quietschte Sturmpfote, der seine Krallen in das Moosnest unter sich grub, während er sich in ein Jagdkauern sinken ließ und Dämmerpfote neben ihm zum lachen brachte.
,,So wild, wie dein Schweif dabei umherpeitscht, wirst du sie wohl eher verjagen."
Sturmpfote sprang wieder auf und zog eine verlegene Grimasse.
,,Das lerne ich bestimmt noch", grinste er. Dämmerpfote sah ihn mit sanften, grünen Augen an, nur um sich einen Moment später ausgiebig zu strecken und zu schnurren.
,,Bestimmt wirst du das."
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