Special Kapitel
Der Mond stieg langsam hinter einem dunklen Kiefernwald auf. Der Wind ließ die Tannen schaukeln und pfiff über den trockenen Boden. Eine geschmeidige Kätzin mit rotem Fell trat aus einem Farnbusch hervor. Ihre Augen funkelten in dem einbrechenden Mondschein. Sie hob ihre Schnauze und witterte. Dann ließ sie sich mit einem kaum merklichen Schwanzzucken zu Boden sinken. Plötzlich tauchten weitere Katzen aus dem Gebüsch auf. Ihre Pelze waren verschieden, doch jeder Blick war konzentriert auf die Kätzin gerichtet.
Diese kroch nach vorne, wobei ihr Bauchfell sanft den Boden streifte. Ein goldener Kater sprang an ihre Seite. "Willst du das wirklich durchziehen, Tiefstern?", fragte er und warf ihr einen erwartungsvollen Blick zu. Tiefstern zuckte genervt mit den Ohren.
"Ja, wie oft soll ich das noch sagen? An meiner Entscheidung hast du nicht zu zweifeln, Luchsstreif." Sie schleuderte dem Kater einen kalten Blick zu. "Aber noch ist ein Kampf zu verhindern. Wir können noch Leben retten.", wandte Luchsstreif bedächtig ein und spähte zu den anderen Katzen. Tiefstern entwich ein Fauchen. "Der Dämmerclan muss büßen. Wir werden uns und den Himmelsclan rächen."
Der goldene Kater blinzelte überrascht. "Den Himmelsclan? Was soll der Dämmerclan denn getan haben?"
Tiefstern schlich unbeirrt weiter und presste sich noch flacher, als sie unter einem schrägen Ast durchkroch. "Das geht dich nichts an.", schnaubte sie. Aber Luchsstreif gab nicht auf. "Natürlich geht mich das etwas an.", erklärte er wütend und starrte die Kätzin an. "Ich bin schließlich der zweite Anführer des Morgenclans." "Ich weiß.", knurrte Tiefstern. "Deswegen solltest du hinter mir stehen oder etwa nicht?" Sie fuhr ihre Krallen aus.
Luchsstreif nickte gehorsam und ließ sich zu den anderen Katzen zurückfallen.
Empört legte Tiefstern die Ohren an. An der Meinung seiner Anführerin sollte man nicht zweifeln. Erst recht nicht an meiner. Auf einmal stach ihr ein scheußlicher Gestank in die Nase. "Verteilt euch wie besprochen.", zischte sie. Die Katzen strömten nach links und rechts an ihr vorbei, nur ein paar blieben bei ihr.
Mit zusammengekniffenen Augen wandte die rote Kätzin sich an diese. "Sind alle bereit?" Ihre Stimme war scharf.
Alle Katzen um sie herum murmelten zustimmend, bis auf eine hellbraune Kätzin, die zögernd den Kopf zur Seite legte. "Gänseschweif?", fragte Tiefstern und musterte sie. "Ich...ich kann nicht mitkämpfen.", hauchte Gänseschweif leise. Ihre Stimme bebte vor Angst. "Warum denn nicht? Das ist doch nicht dein erster Kampf.", warf Tiefstern sauer ein.
"Das weiß ich, aber", die Kätzin zog den Kopf ein und trat unsicher von einer Pfote auf die andere. "ich erwarte Junge von Mandelherz." Tiefstern starrte sie verwirrt an. Wieso hatte sie das nicht kommen sehen? Das Verhältnis von Gänseschweif und dem weißen Kater hatte in den letzten Sonnenaufgängen deutlich zugenommen. "Herzlichen Glückwunsch.", sagte sie kühl. Mit dem Thema Jungen kannte sie sich aus und wollte deshalb nicht zu hart sein.
"Demnach musst du nicht mitkämpfen. Tannenfell wird dich zurück ins Lager geleiten." Tiefstern nickte dem schwarzen Kater zu. "Komm danach aber wieder."
Die beiden Katzen rannten davon und verschmolzen mit den Schatten des Waldes. Ein grauer Kater bleckte seine Zähne. Eine Kätzin neben ihm plusterte ihr Fell auf die doppelte Größe auf. Zufrieden kauerte Tiefstern sich hin. Ihn ihren Pfoten pochte pure Wut und Mordlust. Sie starrte das Lager des Dämmerclans hasserfüllt an.
Mit einem lauten Jaulen sprang sie nach vorne und jagte durch den Dornenwall, der als Eingang diente. Mit ein paar Sätzen waren sie und ihre Clangefährten auf der Lichtung, in dessen Mitte ein mächtiger Stein prangte. Doch sie hatte nicht lange, um sich umzusehen. Schon nach wenigen Herzschlägen brachen die feindlichen Krieger aus ihren Bauen und griffen die Kampfpatrouille des Morgenclans an. Ein Schlachtfeld entstand.
Plötzlich stach Tiefstern ein brennender Schmerz in die Schulter und sie wirbelte herum. Vor ihr stand ein brauner Kater mit schwarzen Streifen, seine langen Krallen ausgefahren. Sie spürte, wie warmes Blut an ihrem Fell herunterlief. Knurrend holte sie aus und traf den Kater heftig an der Flanke. Dieser taumelte keuchend zur Seite. Schnell sprang Tiefstern auf seinen Rücken und bohrte ihre Krallen in sein Fleisch. Der Kater stieß einen Schmerzensschrei aus. Nur mit Mühe konnte Tiefstern seinen Abwehrversuchen stand halten.
Doch dann bäumte er sich auf und ließ sich auf den Rücken fallen. Die Luft wurde aus den Lungen der roten Kätzin gepresst, als das Gewicht auf ihr landete. Mit aller Kraft stieß sie ihn weg und kam ächzend auf die Pfoten. "Verschwinde Fuchsherz." Mit seinen Krallen holte der Kater nach ihrer Schnauze aus. Geschickt wich sie ihm aus. Mit einer raschen Bewegung glitt sie unter den Bauch des Angreifers und bohrte ihm ihre Krallen in die Seiten. Er schrie auf, strampelte sich frei und hetzte davon.
Doch ehe Tiefstern triumphieren konnte, zerschnitt ein panischer Schrei die Luft. Ein mächtiger Kater mit silbernen Fell und breiten Schultern stand oben auf dem Stein. Unter seinen Pfoten eine kleine, weiße Kätzin, die um Hilfe rief. Sternensee, nein!
Ohne zu zögern stürmte Tiefstern auf die beiden zu, kraxelte die Steinwand hinauf und stieß den Kater von Sternensee herunter. Überrascht ließ riss der Silberne die Augen auf. Sie fauchte und stellte sich schützend vor die wimmernde Kätzin. Der Kater knurrte verächtlich. "Haut ab, oder sollen wir nachhelfen?" "Nachelfen? Ihr solltet eher um Gnade flehen, Eichelstern.", blaffte Tiefstern zurück. "Sternensee lauf." Doch diese hob nur stöhnend den Kopf.
Eichelstern nutzte den Moment und rammte Tiefstern beiseite. Mit einem verwirrten Jaulen stolperte sie, fing sich nach wenigen Herzschlägen aber sofort wieder. Sie wirbelte herum und beobachtete entsetz, wie Eichelstern sich über Sternensee beugte. Dann schleuderte er sie vom Felsen. Tiefstern stürzte vor, doch die weiße Kätzin fiel bereits. Unten wartete schon ein getüpfelter Kater und reckte eine Kralle in die Höhe. Wie erstarrt musste Tiefstern sehen, wie Sternensee mit dem Nacken an der Kralle hängen blieb und sich ein langer Riss durch ihren Hinterkopf zog.
Die Kätzin fiel tot zu Boden.
Der getüpfelte Kater zog verächtlich die Lippen kraus und warf sich wieder in den Kampf. Voller Zorn funkelte Tiefstern Eichelstern an. "Das wirst du bereuen. Ich werde dir alles nehmen, was dir lieb ist und am Ende wirst du eines quälenden Todes sterben." Schon sehr bald!
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