2. KAPITEL
KAMPFSCHREIE HALLTEN durch das Tal des FelsenClans ließen eine kleine, hellgraue Kätzin verwirrt aus ihrem Nest springen. Ihre kleinen Ohren zuckten hektisch zum Ausgang ihres Baus, sie hätte es doch wohl bemerkt, hätte ein anderer Clan angegriffen, oder?
Mir flatterndem herzen stürmte sie aus ihrem Bau hervor und bemerkte schnell, dass keine fremden Gerüche vorhanden waren, ein erleichterter Seufzer entfloh ihr. Einzig der Geruch von Beute, Schnee, Kälte und ihren Clangefährten erfüllten ihre Nase. Doch was hatte es mit den Schreien auf sich? „Tropfenstern!", schrie eine langbeinige, braune Kätzin der Anführerin zu. „Spatzensprenkel und Sperlingschweif – sie kämpfen!" Die meerblauen Augen, die Tropfenstern entsetzt ansahen, waren vor Schrecken weit geöffnet. „Sie – sie zerfleischen sich beinahe!", stieß die Kätzin aus.
„Beim SternenClan, warum?", entgeistert riss Tropfenstern die grünen Augen auf, ihr Schweif peitschte unruhig hin und her. Blankes Entsetzen spiegelte sich in ihren Augen und ihrer Stimme wider, sie wusste zwar, was für ein schwieriges Verhältnis die beiden Geschwister hatten, doch so etwas hatte sie noch nie erlebt oder jemals erwartet. „Ich – ich denke, es hängt mit Narb- Nebelläufer zusammen", murmelte die Schülerin, Narbenpranke tat ihr leid, er war ältester Bruder, dennoch verstanden die beiden sich gut, nur hatte sie ihn seit dem Unfall nicht besucht. „Sie kämpfen beim Frischbeutehaufen, schnell!", forderte sie ihre Anführerin auf und rannte, ohne eine Antwort abzuwarten, los.
Sofort folgte Tropfenstern der jungen Schülerin und sah sogleich ein hellbraunes Knäul aus zwei fauchenden, knurrenden und sich zerfleischenden Katzen. „Aufhören!", brüllte Tropfenstern panisch und stürzte auf die beiden Geschwister zu.
Sofort löste Sperlingschweif sich von ihrem Bruder und schlug nicht weiter, Spatzensprenkel war jedoch so im Kampmodus, dass er erbarmungslos auf die Kätzin einschlug und nicht aufhörte. Sperlingschweif wehrte sich, schlug zurück und fauchte ihn an, dass er aufhören sollte. Doch das tat er nicht. Selbst dann nicht, als Sperlingschweifs Schläge und Tritte schwächer wurden und plötzlich ganz aufhörten.
Plötzlich stürmte ein weißer Blitz Seite an Seite mit einem braunen Pelz nach vorne und warfen sich schützend vor die verletzte Kriegerin. Kringelpfote und Rankenpfote. Die beiden jüngsten Schüler des Clans hatten sich vor einem unberechenbaren Krieger aufgebaut, der seine Schwester, einer der besten Kriegerinnen, bewusstlos geschlagen hatte. Knurrend und fauchend hatten sie ihre Pelze gesträubt, den Schwanz erhoben und die Zähne gezeigt. Sie waren bereit zum Angriff, bereit die Kriegerin zu verteidigen und wohlmöglich ihr Leben dafür zu riskieren, um sie zu beschützen.
In diesem Moment begriff Tropfenstern, dass sie schon früher hätte handeln sollen, sie sprang ebenfalls nach vorne, schlug Spatzensprenkel kräftig auf die Schnauze, was ihn taumeln ließ, und knurrte bedrohlich. Sie baute sich vor ihm zu ihrer vollen, dennoch kleinen, Größe auf und drängte ihn zurück. Eingeschüchtert stolperte er nach hinten und gab dadurch Hagelbart die Chance ungehindert zu der am Boden liegenden Kriegerin zu eilen, sie vorsichtig am blutendem Nackenfell zu packen und schnellstmöglich in den Heilerbau zu bringen.
Geschockt von dem Geschehnis sah Narbenpranke mit großen Augen hinter Hagelbart her, richtete dann aber seinen gelben, wütenden Blick auf seinem ehemals besten Freund. „Du hast sie vielleicht getötet!", schrie er wutentbrannt und schleppte sich knurrend zu dem Kater hin. Neben Tropfenstern zu stehen, gab Narbenpranke ein Gefühl von Sicherheit und Schutz, er begann Spatzensprenkel zu beschimpfen, er hätte ihn liebend gern geschlagen, aber er war noch nicht so weit, sich nur noch auf einem Bein abzustützen.
„Wärst du nicht so verkrüppelt, würde sie gar nicht in dieser Situation sein!", keifte Spatzensprenkel gehässig, welcher aus diesem Kampf anscheinend nichts gelernt hatte. „Es soll also alles meine Schuld sein?!", bellte Narbenpranke wütend und fuhr die Krallen aus. „Wer hat Sperlingschweif denn einfach weiter geschlagen, als sie sich nicht mehr wehren konnte?! Wer hat sie bewusstlos geschlagen?! Wer hat..." Tropfenstern schnitt ihm das Wort ab.
„Beruhigt euch! Alle beide!", fauchte sie und sah wütend von dem einem zu den anderen Kater. „Narbenpranke ist nicht hieran schuld, Spatzensprenkel, dass weiß er, dass weißt du und dass weiß ich! Jeder hier sollte es wissen!"
Prüfend sah sie von der einen Katze zu anderen und bohrte ihren scharfen, grünen Blick in die Augen jeder Katze. „Es ist deine Schuld, Spatzensprenkel, jedenfalls was Sperlingschweifs Zustand betrifft. Nun geh, geh in den Heilerbau und lass dich versorgen!", fuhr sie kühl fort. Insgeheim war sie beschämt, da sie den Kater nicht aufgehalten hatte, sie war feige gewesen, selbst die beiden jungen Schülerinnen waren mutiger als sie gewesen.
„Moment!", quiekte die kleine schwarze Kätzin. „Rankenpfote? Bist das du gewesen, Rankenfeuer?" Neugierig legte sie den Kopf schief und musterte die alte, vernarbte und mürrische Kätzin. „Das geht doch gar nicht!", knurrte Flocke mir gekräuselter Stirn. „Das hat sich doch vor hunderten von Blattwechseln zugetragen, Rankenfeuer kann gar nicht diese Rankenpfote gewesen sein. Denk doch mal mach, Stern!" Flocke und Stern schienen in einem stummen Kampf ihrer Blicke gefangen zu sein, starkes hellblau und funkensprühendes orangerot.
Rankenfeuer schüttelte sich. „Aufhören!", blaffte sie und schlug wütend mit dem Schweif. „Natürlich war ich das nicht! So alt bin ich nun auch wieder nicht..." Etwas in ihrem Ton verriet aber, dass sie nicht die Wahrheit sagte. Entweder hatten Flocke und Stern das nicht mitbekommen, oder sie ignorierten es.
„Erzähl weiter, bitte", ertönte die holprige Stimme des braun weißen Katers, der sonst immer still dagelegen hatte. Er war neugierig, wie es weiterging, wollte wissen, was mit Sperlingschweif geschah, aber am meisten, was mit ihm geschah. Seinem Vater.
Rankenfeuer wand ihren Kopf zu dem Kater und ein Funken Empathie blitzte in ihren kühlen Augen auf. »Sofort, Tyto«, versprach sie und begann gleich weiter zu erzählen.
Die beiden Schülerinnen standen etwas hilflos hinter ihrer aufgebrachten Anführerin und hatten ihre Augen noch vor Schock geweitet. Spatzensprenkel hätte beinahe Sperlingschweif getötet, seine eigene Schwester! Wie konnte er nur? Kringelpfote und Rankenpfote waren außer sich vor Wut und Schock. Sie würden niemals wieder zu diesem Kater aufschauen, niemals. Tropfenstern drehte sich um und sah die Schüler sanft an. „Kringelpfote, Rankenpfote...", ihre Stimme klang brüchig. „Ihr habt euch einen freien Tag verdient, nehmt euch etwas vom Frischbeutehaufen oder legt euch schlafen, sofern das bei dieser Kälte geht." Immer noch unschlüssig sahen die beiden Katzen sich an, wandten sich dann aber ab und liefen eilig in Richtung Schülerbau.
Der Schülerbau war einer der kleinsten, aber dadurch wärmsten Baue. Er lag auf einer kleinen Anhöhe und war eine kleine Kugel, der ganze Boden war mit Moos, Graß oder Farn ausgelegt, vier Schüler hatten hier ihre Nester, was durch den wenigen Platz alle schön aufwärmte. Das Beste war, dass Sandpfote, der größte der Schüler, am Eingang schlief und somit die kalte Luft daran hinderte in den Bau zu gelangen, was diesen noch etwas wärmer machte.
„Hast du das gesehen?", fragte Kringelpfote leise, mit zitternder Stimme, nachdem sie sich dicht an Rankenpfote in ihre Nester gekuschelt hatten. Zögerlich nickte die angesprochene. „Wenn..., wenn du den Wahnsinn in Spatzensprenkels Augen meinst... dann ja..." Kringelpfote nickte nur und sah starr in die Ferne. Es war beängstigend gewesen, wie Spatzensprenkel sie angesehen hatte, mit diesem Wahnsinn in den Augen, diese Lust zu töten.
Rankenpfote drückte sich noch enger an ihre Freundin und murmelte ängstlich „Lass uns... einfach schlafen, ja? Wir... schlafen einfach und träumen was Großartiges von SternenClan... morgen wird alles wieder besser sein, okay?" Sie versuchte ihrer Stimme einen optimistischen Klang zu geben, doch es gelang ihr nicht, beide wussten, dass etwas heute falsch gewesen war, etwas war anders.
„Bleib wach, Sperlingschweif, wach bleiben!", energisch rüttelte Hagelbart am Fell der Kätzin. Kaum ein Fleck ihres Körpers war ohne Blut und ohne eine Wunde. Wut fuhr in ihm hoch, dass alles hier, war Spatzensprenkels schuld! Er knurrte leicht, hätte am liebsten Spatzensprenkel klein geschlagen, aber er musste sich um Sperlingschweif kümmern. Er war gerade dabei, ihr die ersten Spinnenweben Packungen mit seiner Kräutermischung aufzutragen, da humpelte plötzlich ein Kater herein.
„Spatzensprenkel", sagte Hagelbart stumpf, zu wütend war er, um irgendetwas anderes zu sagen, hätte er es, würde er nicht mehr bei Sperlingschweif hocken, sondern über Spatzensprenkels Kehle, er hätte es verdient zu... Beim SternenClan was denke ich da?!, entrüstet über seinen Gedankengang schlug er mit dem Schweif, niemals sollte er auch nur im Entferntesten einer Katze dem Tod wünschen, niemals. „Leg dich da hin", murrte er unfreundlich und deutete mit dem Schweif in die hinterste Ecke des Baus, ganz weit weg von seiner Sperlingschweif.
Nachdem Spatzensprenkel in das angewiesene Nest getorkelt war und sich hinein plumpsen ließ, fuhr Hagelbart damit fort, Sperlingschweifs Wunden zu versorgen.
Seufzend entfernte sich der graue Kater von seinem zweiten Patienten und lies sich erschöpft in sein Nest fallen. Er wollte schon seine Augen schließen und in einen erholsamen Schlaf gleiten, da kam ihm aber der Geruch von Flieder und Farn in den Sinn, so hatte Farnglanz immer gerochen, wo war sie bloß? Er setzte sich wieder auf und prüfte die Luft, er folgte ihrer Spur bis hin zum Lagerausgang. Er kniff die Augen zusammen, wo hatte sie heute morgen hingehen wollen? Hatte sie es gesagt? Er zuckte kurz mit den Schultern und lief Richtung Heilerbau. Farnglanz würde morgen wieder da sein, da war er sich sicher. Ihr würde nichts passieren.
Unruhig wälzte sich der hellbraune Kater in seinem Nest im Heilerbau. Folge mir, säuselte eine Stimme in seinem Kopf. Spatzensprenkel, komm her, wir brauchen dich..., Echo folgten der unbekannten Stimme. „Warum? Warum ich? Und, wohin?", miaute er in die Dunkelheit. Du bist der Auserwählte, du allein kannst uns helfen! Willst du uns nicht befreien?, die Stimmen klangen beinahe traurig. „Der...der Auserwählte? Euch... befreien? Wer seid ihr!", knurrte er. Kennst du uns nicht mehr? Wir sind die Toten, die toten Toten, flüsterten sie, die Stimmen schienen in unterschiedlichen Tonlagen zu sprechen und es kam Spatzensprenkel so vor, als würden sie schwanken.
„Die toten Toten? Noch toter als tot geht doch nicht!«", beschwerte sich Spatzensprenkel und zuckte irritiert mit den Ohren, er verstand das alles nicht. Wir sind tot, man hat uns vergessen, aber wir wollen dir helfen! War es nicht schön, als du Sperlingschweifs wehrlosen Körper geschlagen hast? Wäre es nicht schön gewesen, deine Krallen in ihren Hals bohren zu können? Wäre es nicht schon, Tropfsterns letztes Leben unter deinen Pfoten zu zerstören? Wäre es nicht schön, die nervige Dämmerjunges zu töten?, lockten in die Stimmen immer weiter in die Dunkelheit. „Ja", maunzte Spatzensprenkel wie hypnotisiert. „Das wäre... wundervoll. Mutter kümmert sich nur noch um ihre neuen Junge"
Es kaltes Lachen erfüllte die Dunkelheit.
Ihr Lachen.
Nein.
Sein Lachen.
Sein irres Lachen.
Willst du das nicht? Sie töten, die Herrschaft an dich reißen?, lockten sie in wieder. Dann folge uns, gehorche uns, sei wir.
Und er folgte, gehorchte und war, mit seiner ganzen Seele wollte er nichts mehr als den tot aller Katzen.
Stern hatte sich eng an ihre Freundin gepresst. Ihr schwarzes Fell stand in alle Richtungen ab. „Das ist ja...", krächzte sie. "Ich... das ist..." Ihr fehlten die Worte, so etwas schreckliches hatte sie noch nie gehört. Vor Angst zitterten die beiden Jungen, doch auch an Tyto schien dieser Teil der Geschichte nicht vollkommen unbeschadet vorbeigegangen zu sein.
Unruhig blickte er auf den Boden und wackelte mit den Ohren.
„Das ist grauenvoll und noch viel mehr Wörter, die das nicht beschreiben können", stimmte Rankenfeuer mürrisch zu, die alte Kätzin hatte sich aufgesetzt und blickte unruhig hin und her.
Eisige Kälte überkam sie, obwohl es mitten in der Blattgrüne war. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als sich die Kälte wie Klauen in ihrem Pelz verfingen und langsam auf und ab scharrten.
Wir haben dich gefunden, gleich sind wir da!, riefen die Stimmen. Gleich wirst du in unseren Klauen hängen! Irres Lachen schallte in ihren Ohren wieder und vor ihrem inneren Auge sah sie leuchtende Katzenaugen, die hin und her wippten. Angeekelt zuckte sie mit der Nase, als der Geruch von Tot und Verwesung ihr kleines Lager erreichte, doch die anderen Katzen schienen nichts zu bemerken. Nur Tyto blickte auf, er bemerkte Rankenfeuers Unwohlsein. „Wir müssen weiter, Tyto!", drängte sie. „Sie sind fast hier..."
Den letzten Satz murmelte sie ganz leise, nur Tyto konnte sie, trotz seines Alters, hören. Sofort sprang er auf, sah sich mit großen Augen um. „Dann los!", maunzte er und näherte sich Rankenfeuer.
„W....wartet! Wohin wollt ihr denn?", irritiert sahen Flocke und Stern die älteren Katzen an. Sie waren in hellen Aufruhr versetzt, so hatten die beiden Jungkatzen sie noch nie erlebt.
„Ab einer gewissen Zeit, da... müssen wir uns einen anderen Platz suchen... es... das liegt in unserer Natur...", murrte Rankenfeuer. „Kommt mit wen ihr wollt, oder bleibt, mir ist das gleich"
Euch werden sie nämlich nichts tun und wenn doch, dann wird es nur eine treffen..., dachte die Kätzin bei sich und machte ein paar Schritte in Richtung Gebüsch. Tyto trat sofort an ihre Seite, immer bereit sie zu fangen und zu stützen.
„Wir sind schon zu lange hier gewesen, ein Wunder, dass sie uns erst jetzt gefunden haben... ich hatte mich schon gefragt, wo sie so lange geblieben sind", flüsterte sie in sein Ohr.
„Ich gebe dir nur ungern recht, aber das ist tatsächlich seltsam", stimmte Tyto zu. „Doch in einer Sache können wir uns sicher sein, Froststern ist noch nicht erwacht."
Während sie immer tiefer in den Wald liefen, tapsten hinter ihnen Flocke und Stern her, auch wenn die beiden verwirrt waren, wollten sie sich die Geschichte nicht entgehen lassen, außerdem fand Rankenfeuer immer die besten Stellen mit Beute.
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Wörter 2.212
Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen, trotz der langen Wartezeit.
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