Kapitel 23
Schweigend beobachtete Krallenstreif, wie Aschenpfote Spinnenweben auf die Wunde an seiner Flanke drückte. Sie wirkte hochkonzentriert und darauf bedacht, keine Fehler zu machen.
Efeupfote und Krallenstreif waren beim Jagen auf einen Fuchs gestoßen. Er hatte seine Schülerin weggeschickt, um Hilfe zu holen und zum Glück hatte sie auch schnell Regenflug und Flammenschatten gefunden, die ebenfalls jagen gewesen waren.
Also saß er jetzt hier im Heilerbau, wo Aschenpfote seine Wunden behandelte. Die anderen Krieger waren glücklicherweise größtenteils ohne irgendwelche Verletzungen davon gekommen, nur Flammenschatten hatte einen kleinen Kratzer an der Schulter, der aussah, als würde er sehr schnell verheilen.
Als Aschenpfote fertig war, nahm sie die restlichen Kräuter und Spinnenweben, die noch vor ihr lagen, und machte sich daran, sie bei den Vorräten zu verstauen, während sie gleichzeitig begann, etwas zu Krallenstreif zu sagen.
"Die Wunde an deiner Flanke ist nicht allzu tief und sollte gut verheilen. Komm aber bitte morgen nochmal wieder, damit wir überprüfen können, ob auch wirklich alles in Ordnung ist."
Der Krieger nickte und erhob sich. "Natürlich. Vielen Dank, Aschenpfote. Du machst das wirklich gut."
Bei dem letzten Satz konnte er sehen, wie Aschenpfote verlegen den Kopf senkte und auch Kamillenduft, die die beiden stumm beobachtet hatte, zuckte leicht mit den Schnurrhaaren und nickte nun zustimmend.
"Da hast du Recht, Krallenstreif. Sie wird eines Tages eine ausgezeichnete Heilerin sein."
Nun schien die junge Schülerin nur noch verlegener zu werden und murmelte ein schüchternes "Danke".
Krallenstreif neigte zum Abschied den Kopf und trat aus dem Heilerbau. Er ließ seinen Blick über die Lichtung schweifen.
Nebelstern unterhielt sich gerade mit ihrem Gefährten Stachelstreif. Efeupfote sprang vor ihrem Bruder auf und ab und schien lebhaft zu erzählen, was ihr heute passiert war. Der rote Kater hörte ihr mit großen Augen zu.
Dann wanderte Krallenstreifs Blick zur Kinderstube, die seit einigen Tagen leer stand. Echopfote und Finsterpfote waren seit kurzem Schüler und Traumregen war zu ihren Kriegerpflichten zurückgekehrt.
Rußfell war unglaublich stolz, dass sie die Mentorin von Echopfote war und auch Blütensturm schien äußerst glücklich, in Finsterpfote ihren ersten Schüler zu haben.
Krallenstreif blickte zu Haselsee, die sich in der Nähe der Kinderstube sonnte. Es war kein Geheimnis, dass sie es vermisste in der Kinderstube zu sein und sich um Junge zu kümmern. Sie selbst erwartete zwar keine Jungen, aber Krallenstreif hatte gehört, dass sie wohl überlegte, dauerhaft in die Kinderstube umzuziehen, um den Königinnen dort mit ihren Jungen zu helfen.
"Krallenstreif?"
Der Krieger drehte seinen Kopf zur Seite und sah Eisensee. Er lächelte und tappte näher zu ihr, um sie Nase an Nase zu begrüßen. Auch sie lächelte ihn an und lud ihn mit einer Schwanzgeste ein, sich gemeinsam mit ihr an einem sonnigen Fleck hinzulegen.
Für eine Weile lagen sie beide einfach nur schweigend und aneinander geschmiegt da und das einzige, was man von den beiden hören konnte, war ein leises Schnurren. Doch dann hob Eisensee den Kopf leicht an und berührte Krallenstreif mit der Nase, was dazu führte, dass er die Augen öffnete, um sie anzusehen.
"Hast du mal darüber nachgedacht..." Sie hielt kurz inne und legte den Kopf leicht schief. "Hast du darüber nachgedacht, ob du Junge willst?"
Als er daraufhin für einen Moment nichts erwiderte, beeilte sie sich, hinzuzufügen: "Natürlich nicht jetzt sofort! Aber irgendwann. Ich hätte nämlich ganz gerne Junge, aber... Wenn du keine willst, dann wäre das natürlich auch in Ordnung."
Krallenstreif fuhr ihr mit der Zunge über ein Ohr und sah sie warm an.
"Ich würde mich unglaublich freuen, eines Tages Junge mit dir zu haben."
Daraufhin begann Eisensee zu Schnurren und legte den Kopf wieder hin. Auch Krallenstreif entspannte sich wieder und genoss den Moment.
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Es war einige Tage später, als die nächste Große Versammlung anstand. Krallenstreif lief hinab in die Senke, Efeupfote direkt neben ihm. Sie drückte sich eng an ihn und schaute sich mit großen Augen unter all den fremden Katzen um. Sie war zwar bereits einmal auf einer Großen Versammlung gewesen, schien aber immer noch sehr beeindruckt und vor allem eingeschüchtert von den ganzen anderen Katzen.
Krallenstreif erblickte schnell Wolkensturm und sprang mit einigen Sätze zu ihm, bekam aus dem Augenwinkel mit, wie Efeupfote hinter ihm her lief, nun allerdings ein wenig Abstand hielt. Krallenstreif wollte gerade seinen Freund gut gelaunt begrüßen, als er den traurigen Blick in seinen Augen bemerkte.
Zögerlich blieb Krallenstreif neben ihm stehen. Für einen Moment schwiegen sie beide, bevor Wolkensturm leise zu sprechen begann.
"Tigerflamme ist verschwunden."
Augenblicklich erstarrte Krallenstreif und sah den weißen Kater verwirrt an.
"Verschwunden? Was meinst du mit verschwunden."
"Verschwunden eben. Ich bin vor einigen Tagen aufgewacht und sie war nicht mehr da. Auch für den restlichen Tag und die Tage danach hat sie niemand mehr gesehen." Ein leises, trauriges Seufzen entkam dem NachtClan-Krieger. "Ich glaube, sie ist gegangen, um unseren Vater zu suchen."
Krallenstreif bemerkte, dass Wolkensturm seine Krallen in den Boden gebohrt hatte und nun ein wenig wütend wirkte.
"Aber wie konnte sie nur auf so eine Idee kommen? Wir kennen unseren Vater nicht mal! Sie hat keine Ahnung, wie er heißt, wo er sein könnte oder ob er überhaupt noch am Leben ist. Er hat uns verlassen, bevor wir überhaupt geboren wurden, weil er einfach kein Vater sein wollte. Und jetzt ist sie auf die tolle Idee gekommen, nach ihm zu suchen. Ich verstehe sie einfach nicht."
Langsam schüttelte Wolkensturm den Kopf. Mit einem leisen Seufzen hob Krallenstreif den Blick zum Himmel und dachte für einen Moment an seine eigenen Eltern.
"Ich weiß nicht. Natürlich kann ich verstehen, warum du das nicht gut findest, aber... Ich kann auch Tigerflamme irgendwie verstehen. Mein Vater hat mich fast mein ganzes Leben ignoriert oder schlecht behandelt, aber obwohl er die ersten paar Monde meines Lebens zur Hölle gemacht hat, jetzt da er tot ist, würde ich so vieles geben, um mehr Zeit mit ihm zu haben. Vielleicht hofft Tigerflamme, dass euer Vater jetzt bereit ist, für sie da zu sein. Vielleicht will sie einfach nur ihren Vater kennenlernen und wissen, wie er so ist. Bevor es vielleicht zu spät ist."
Wolkensturm hatte ihm schweigend zugehört und als Krallenstreif den Kopf wieder vom Himmel senkte, saß der andere Kater mit leicht angelegten Ohren da und nickte nun leicht.
"Vermutlich hast du Recht... Aber ich kann nicht glauben, dass sie gegangen ist, ohne mir bescheid zu sagen. Sie hat in letzter Zeit ständig von unserem Vater geredet und davon, dass sie ihn kennenlernen will und wir ihn suchen sollten, aber ich dachte nicht, dass sie einfach so geht. Ohne mir bescheid zu sagen."
Es war offensichtlich, wie verletzt Wolkensturm durch die Handlungen seiner Schwester war und in der Hoffnung ihn zu trösten, fuhr Krallenstreif ihm sanft mit dem Schwanz über den Rücken und schwieg, ahnend, dass Wolkensturm für den Moment genug gehört hatte.
Dann richtete er seine Aufmerksamkeit zu den Anführer und stellte fest, dass Wolfstern bereits ihre Rede gehalten hatte, ohne dass Krallenstreif es bemerkt hatte.
Danach trat Nebelstern vor und berichtete von den beiden neuen Schülern Echopfote und Finsterpfote, davon dass Silberherz in den Ältestenbau umgezogen war. Auch erzählte sie von dem Fuchs, den Krallenstreif und Efeupfote gefunden hatten.
Die restlichen Anführer hielten ihre Reden und dann hatten wieder alle Zeit, sich mit Katzen von anderen Clans zu unterhalten.
Erfreut stellte Krallenstreif fest, dass Efeupfote mit einigen anderen Schülern zusammen stand - WolfClan und SturmClan Schüler, wenn er sich nicht irrte - und sich angeregt mit ihnen unterhielt.
Er selbst redete mit Wolkensturm und einem anderen NachtClan Kater, der sich zu ihnen gesellte, Laubschweif, über einige belanglose Dinge, bevor sich die Große Versammlung auflöste und die Clans zu ihren eigenen Territorien zurückkehrten.
Auf dem Weg zurück wanderten Krallenstreifs Gedanken immer wieder zu Tigerflamme und er sandte ein stummes Gebet an den SternenClan, in der Hoffnung, dass er die NachtClan Kätzin auf ihrer Suche schützen würde.
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