6. Kapitel
Regenpfote spürte das nasse Fell seines Bruders auf seiner rechten Seite, während Löwenpfote ihn auf seiner anderen Seite streifte. Abendpfote lag neben Löwenpfote auf der Seite und fragte seine Freunde: „Glaubt ihr, dass der Regen rechtzeitig aufhören wird?"
Regenpfote schaute durch den Eingang, doch er konnte kaum etwas erkennen. Er hörte nur das stetige Prasseln des Regens auf den Blättern und das Plitsch-Platsch in den Pfützen, die sich durch das viele fallende Wasser gebildet hatten.
„Ich weiß es nicht, aber ich hoffe es!", miaute er schließlich.
Für eine Weile kehrte bedrückende Stille ein und die Freunde lauschten dem Regen. Sturmpfote brach das Schweigen als Erster.
„Wen, glaubt ihr, wählt Morgenstern für die Patrouille aus? Sie wird sicherlich bald ein paar Katzen zu den Trittsteinen schicken, oder?", wollte er wissen. „Ich habe keine Ahnung! Aber ich vermute mal, dass Wolkenschauer die Patrouille anführen wird", antwortete Regenpfote und dachte dabei an seinen Vater, der ein so toller zweiter Anführer war.
„He! Hört ihr das?", rief Löwenpfote auf einmal aufgeregt. „Was meinst du? Ich kann nichts hören!", miaute Abendpfote verständnislos. „Genau das meine ich!" Als Abendpfote ihn irritiert ansah, fügte Löwenpfote noch hinzu: „Es ist alles still und das bedeutet, dass es aufgehört hat zu regnen!"
Nun spitzten alle Schüler die Ohren und lauschten. Doch es war tatsächlich kein Prasseln und kein Plitsch-Platsch mehr zu hören. „Du hast Recht! Es hat endlich aufgehört!", riefen Sturmpfote, Abendpfote und Regenpfote wie aus einem Mund.
Die vier Schüler drängten nacheinander aus dem Bau und wären beinahe mit Mondstrahl zusammengestoßen.
Sturmpfotes Mentorin konnte gerade noch ausweichen, bevor sie umgerannt wurde.
„Vorsicht!", rief sie, als die Schüler an ihr vorbeischossen. „Entschuldigung!", erwiderte Sturmpfote rasch und blieb bei ihr stehen. „Hat Morgenstern schon die Katzen für die Patrouille ausgewählt?", erkundigte er sich bei ihr. „Ja, das hat sie. Und nun komm endlich, sonst bleiben wir zurück!", antwortete Mondstrahl mit einem energischen Schwanzschnippen.
Sturmpfote riss erstaunt die Augen auf. „Heißt das, wir sind ausgewählt? Ich darf die Patrouille wirklich begleiten?" Er konnte es kaum fassen, dass er für so eine wichtige Aufgabe ausgewählt worden war, das sah man. Aufgeregt hüpfte er seiner Mentorin hinterher.
Am Dornentunnel wartete eine kleine Gruppe von Kriegern. Darunter waren Wolkenschauer, der seinem Sohn grüßend zunickte, Entenfeder und Maulwurfkralle.
Regenpfote beobachtete das Geschehen mit gemischten Gefühlen. Einerseits freute er sich für seinen Bruder, der die Erkundungspatrouille begleiten durfte, aber andererseits würde er selbst auch gerne mitgehen. In seinem Bauch rumorte ganz leise die Eifersucht, die er nicht vollständig besiegen konnte.
Nachdem sein Bruder mit den anderen Katzen verschwunden war, trottete Regenpfote missmutig zum Frischbeutehaufen. Seine Laune verschlechterte sich dadurch, dass er kaum etwas Genießbares darauf fand. Da die Jagd an diesem Tag ziemlich spärlich ausgefallen war, gab es nur noch ein paar Mäuse und zwei Vögel, die allesamt nicht besonders fett waren.
Nach kurzer Überlegung entschied er sich für einen der beiden Vögel. Mit seiner Beute zwischen den Zähnen suchte er sich einen halbwegs trockenen Platz am Lagerrand. Dicht an der Felswand, neben einem ausladenden Farn, fand er einen Platz, der vom Regen verschont geblieben war.
Der Vogel stellte sich als Amsel heraus, an der kaum Fleisch zu finden war. Die Federn waren außerdem vollkommen aufgeweicht und schlammverklebt, was sie noch weniger appetitlich machte. Doch er verschlang sie trotzdem ohne zu zögern, da er wusste, dass die Beute nun noch spärlicher ausfallen würde.
Regenpfote ging zum Frischbeutehaufen zurück und nahm drei Mäuse ins Maul. Er wollte zwei der Mäuse zu den Ältesten bringen. Die letzte Maus ließ er für Flinkschweif übrig, die die einzige Königin des BlitzClans war. Sie durfte nicht hungern, sonst bekamen ihre Jungen, die sicherlich bald auf die Welt kommen würden, nicht genug Milch.
„Hallo, Regenpfote! Das ist aber nett, dass du uns Frischbeute bringst!", begrüßte ihn Mauseschweif erfreut. „Ich wollte mir gerade eine Maus holen, aber da warst du wohl schneller!", schnurrte Langstreif belustigt.
Regenpfote legte die Mäuse vor die drei Ältesten ab und miaute: „Diese zwei Mäuse müsst ihr euch teilen." Die dritte Maus tippte er leicht mit einer Kralle an. „Diese hier möchte ich nämlich Flinkschweif bringen!", erklärte er.
„Das ist eine sehr gute Idee, junger Schüler! Wir Ältesten brauchen sowieso nicht so viel Frischbeute wie ihr Jungen", bemerkte Zahnlos, doch Regenpfote konnte hören, wie sein Magen knurrte. Kommt es mir nur so vor, oder wirkt Zahnlos magerer als die anderen Ältesten? Er ist zwar die älteste Katze im Clan, aber das ist kein richtiger Grund dafür.
Mit einem letzten besorgten Blick zu dem alten Kater nahm er die Wühlmaus für Flinkschweif wieder auf und verließ den Ältestenbau.
„Hallo, Flinkschweif!", begrüßte er die Königin mit einem Schnurren, nachdem er sich durch den schmalen Eingang der Kinderstube gezwängt hatte und die Maus vor ihr Nest abgelegt hatte.
„Schön dich zu sehen, Regenpfote! Ich habe gehört, dass eine Patrouille gerade zum See aufgebrochen ist und die Trittsteine kontrolliert. Weißt du, wer dafür eingeteilt wurde?", miaute Flinkschweif. „Danke für die Maus!", fügte sie noch hinzu, bevor er auf ihre Frage antworten konnte.
Ich glaube, dass sich ihr Name nicht nur auf ihre Schnelligkeit beim Laufen bezieht, sondern auch auf ihre flinke Zunge. Sie redet nämlich so schnell, dass man kaum mitkommt!
Regenpfote gab ihr bereitwillig Auskunft und setzte sich neben sie auf den Rand des Nests. „Wolkenschauer führt die Patrouille an. Ihn begleiten Entenfeder, Maulwurfkralle, Mondstrahl und mein Bruder. Es ist noch nicht so lange her, seit sie aufgebrochen sind."
„Möchtest du auch einen Bissen?", fragte ihn die Königin höflich. „Nein, danke. Ich habe schon eine Amsel gegessen. Aber du brauchst viel mehr Frischbeute für deine Jungen!", miaute er mit einem bekümmerten Blick auf die mickrige Maus und den dick angeschwollenen Bauch der Kätzin. „Ich brauche nicht so viel Frischbeute, ich mache mir nur Sorgen um meine Jungen. Es ist immer hart, wenn sie so spät im Blattfall geboren werden!" Sanft streichelte sie mit der Pfote ihren dicken Bauch.
„Fühl mal! Sie strampeln schon ganz heftig! Leg deine Pfote hier hin, dann kannst du es fühlen", forderte sie den grauen Schüler auf und wies mit ihrer Schwanzspitze auf die Mitte ihres Bauches. Regenpfote legte seine Pfote ganz vorsichtig neben ihre. Im ersten Augenblick spürte er nur das weiche Fell der Kätzin auf seinen empfindlichen Ballen, doch nach einigen Momenten regte sich tatsächlich etwas! Etwas stieß von innen gegen die Bauchunterseite. Erschrocken hüpfte Regenpfote einen Schritt zurück.
Dafür erntete er ein amüsiertes Schnurren von Flinkschweif. „Der Clan wird für diese Jungen sorgen, damit sie die kalten Monde überstehen und zu großen Kriegern ausgebildet werden!", miaute Regenpfote zuversichtlich.
„Ja,das hoffe ich. Bald wird der Clan sie kennenlernen!"
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