17. Kapitel
Als die vier Katzen die Lichtung betraten, begann sich ihr Fell zu sträuben. Sie alle spürten, dass etwas nicht stimmte.
Es befanden sich nur wenige Katzen auf der Lichtung, was an sich nichts Ungewöhnliches oder gar Schlimmes war, doch alle Katzen blickten traurig und bekümmert, manche sogar ängstlich.
Sturmpfote eilte hinter Regenpfote zu einer kleinen Gruppe von Katzen. Löwenpfote, Glockenblume, Entenfeder und Sturmpfotes und Regenpfotes Mutter Kirschblüte standen eng zusammengedrängt da.
„Was ist denn los?", wollte Regenpfote sofort wissen. „Ist irgendetwas passiert?" Sturmpfote wollte das auch wissen, denn er hatte seine Mutter selten so schockiert gesehen.
Kirschblüte antwortete mit rauer Stimme: „Es haben sich weitere angesteckt, darunter auch Haseljunges." Entenfeder senkte betrübt den Kopf. Haseljunges war sein Junges und er liebte sie über alles, das konnte jeder sehen. Wenn sie nicht gesund werden würde, dann würde es ihm das Herz brechen.
Glockenblume fügte mit leiser Stimme hinzu: „Morgenstern hat soeben verkündet, dass Weißdorn Grünen Husten festgestellt hat. Das ist aber noch nicht das Schlimmste, denn Weißdorns Kräutervorrat ist so gut wie aufgebraucht!"
„Oh, nein! Das darf nicht sein!", versuchte Regenpfote zu widersprechen. „Wie viele Katzen haben Grünen Husten?", fragte Sturmpfote. „Sechs!", antwortete Löwenpfote. „Zahnlos, Langstreif, Eichenfell, Samtflügel, Abendpfote und Haseljunges!"
Mit jedem Namen stieg Sturmpfotes Entsetzen. Vier Katzen hatte er erwartet, denn sie waren schon länger im Heilerbau, doch er konnte es nicht fassen, dass Abendpfote, der jüngste der Schüler und Haseljunges sich ebenfalls mit der todbringenden Krankheit angesteckt hatten.
„Blütenfell und Tigerschweif müssen ebenfalls im Heilerbau sein, da sie den Weißen Husten haben. Bis jetzt ist es bei ihnen noch nicht so schlimm, wie bei den anderen."
„Das bedeutet, dass insgesamt acht Katzen im Heilerbau sind?!", fasste Regenpfote entsetzt zusammen.
Löwenpfote nickte betroffen.
Ein Maunzen durchbrach das bedrückende Schweigen. „Ich will zu Haseljunges! Ich will zu meiner Schwester!" Sofort drehten alle die Köpfe Richtung Kinderstube, aus der das Maunzen gekommen war. Augenblicklich schoss Blumenjunges aus dem Eingang und sauste auf den Heilerbau zu, doch Flinkschweif jagte ihr nach und hielt sie auf.
„Du darfst nicht zu Haseljunges! Ich will nicht, dass du auch noch krank wirst! Verstehst du das denn nicht?", miaute Flinkschweif verzweifelt.
Entenfeder kam seiner Gefährtin zu Hilfe und nahm Blumenjunges am Nackenfell hoch. Das Junge strampelte zwar und versuchte sich aus dem festen Griff seines Vaters zu winden, doch dieser trug es unbeirrt zurück in die Kinderstube. Flinkschweif schlurfte hinter den beiden mit gesenktem Kopf her.
Dieser Anblick verschlug Sturmpfote endgültig die Sprache. Flinkschweif und Entenfeder mussten sich große Sorgen um ihre Jungen machen, dass sie so verzweifelt waren. Die Chance, dass ein Junges den Grünen Husten überlebte, war sehr gering, besonders wenn es kaum Kräuter gab.
„Regenpfote! Ich habe einen Plan, wie wir helfen können!", flüsterte Sturmpfote leise. Ihm war nämlich eine Idee gekommen, die zwar sehr riskant und auch vielleicht gefährlich war, doch damit würden sie viele Leben retten. Hoffentlich auch das von Haseljunges.
„Was für einen Plan?", flüsterte Regenpfote zurück. „Das kann ich dir jetzt nicht sagen, sonst hört ihn noch jemand. Wir treffen uns bei Sonnenuntergang hinter der Kinderstube!", wisperte er.
Regenpfote nickte sacht und entfernte sich unauffällig von seinem Bruder.
Regenpfote saß in ihrem Versteck hinter der Kinderstube. An der Stelle, an der Felswand, Dornenwall und das Brombeerdickicht, das die Kinderstube bildete, sich trafen, befand sich eine kleine Höhle, die man von vorne nicht sehen konnte. Eigentlich war es keine richtige Höhle, nur eine Mulde in der Felswand über die Dornenranken wuchsen.
Sturmpfote hatte gesagt, er solle ihn bei Sonnenuntergang dort treffen. Jetzt wartete er schon eine halbe Ewigkeit, so kam es ihm zumindest vor und sein Bruder war immer noch nicht aufgetaucht.
Endlich hörte er ein Rascheln und Sturmpfotes Kopf kam zum Vorschein. „Da bist du ja endlich!", schnaufte Regenpfote erleichtert. Er wollte unbedingt wissen, was sich Sturmpfote ausgedacht hatte.
„Ich musste warten, bis niemand zu mir oder hierher schaut, sonst wäre mir ja jemand gefolgt!", erklärte er leise.
Regenpfote wartete, bis sich Sturmpfote neben ihn gesetzt hatte, doch dann hielt er es nicht mehr aus. Er platzte fast vor Spannung und miaute ungeduldig: „Nun sag schon! Wie können wir helfen?"
„Weißdorns Kräutervorrat ist ja so gut wie aufgebraucht, richtig?", begann Sturmpfote langsam. Als Regenpfote nickte, fuhr er fort: „Es sind nur mehr ein paar einzelne Blätter der Katzenminze da. Weißdorn kann aber nicht weg, um weiter entfernt welche zu suchen, also suchen wir nach der Katzenminze!"
„Aber das ist Wahnsinn! Wir wissen nicht einmal, wo wir suchen müssten!", widersprach Regenpfote.
Sturmpfote sah ihn mit seinen funkelnden Augen an und miaute: „Du und Löwenpfote, ihr habt Weißdorn doch schon einmal beim Kräutersammeln geholfen!"
Regenpfote erinnerte sich noch gut an diesen Ausflug. Anfangs war er wirklich langweilig gewesen, doch dann hatte er etwas Spannendes erfahren. Weißdorn hatte sie zum Felsenhügel geführt. Das war der Ort, an dem Regenpfote und Sturmpfote in einer Höhle zur Welt gekommen waren. Zu dieser Zeit wütete ein Feuer durch den Wald und alle Katzen mussten aus dem Lager und zum Fluss fliehen. Kirschblüte hatte es jedoch nicht soweit geschafft und musste Schutz in dieser Höhle suchen.
Während der Patrouille hatte Regenpfote viel über Kräuter gelernt und konnte einige benennen, doch er war noch lange keine Heilerkatze und wusste sicherlich nicht einmal die Hälfte von dem, was Weißdorn wusste.
Regenpfote musste seinen Bruder enttäuschen. „Wir haben keine Katzenminze gesammelt. Sie hat zwar kurz erwähnt, dass man diese fast ausschließlich in Zweibenerorten findet, aber nichts genaueres. Mehr weiß ich nicht, tut mir leid!"
„Dann gehen wir eben in den Zweibeinerort und suchen dort Katzenminze!" Sturmpfote wollte von seiner Idee nicht ablassen. „Wir wissen ja, wie sie riecht und geschneit hat es bis jetzt auch noch nicht, also sollten wir ein wenig finden können!"
Regenpfote war noch nicht überzeugt. Man hatte ihnen nämlich beigebracht, dass Zweibeinerorte sehr gefährlich waren. Dort hausten Hunde, Streunerkatzen und natürlich Zweibeiner mit ihren grässlichen Monstern. Ein Schauder überlief Regenpfote, wenn er an die glänzenden Monster, die auf dem Donnerweg entlang ihrer Grenze vorbeischossen, dachte.
Sturmpfote versuchte es noch einmal. „Denk doch nur daran, wie viele Leben wir retten könnten! Wir könnten Zahnlos und Haseljunges und alle anderen retten! Weißdorn könnte sie vollständig heilen, da wir ihr die Katzenminze gebracht haben!"
Regenpfote wollte keinesfalls, dass der Älteste oder das Junge oder irgendeine andere Katze starben. „Also gut! Wann geht es los?" „Jetzt!", antwortete Sturmpfote und schon war er fort.
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