Prolog
Die kahlen Äste der Bäume und Sträucher knarzten und verliehen der schaurigen, mondlosen Nacht, die an diesem Ort seit Katzengedenken herrschte, eine noch gruseligere Atmosphäre. Und dies hatte einen guten Grund, denn dort, in den Untiefen des düstersten Teils des dunklen Waldes schlichen dunkle Gestalten aufgeregt murmelnd über den leblosen Boden zusammen zu einer kahlen Lichtung.
Die schattenhaften Gestalten versammelten sich um drei der dunkelsten Katzen, die jemals auf den Pfaden der Finsternis gewandelt waren. Die seelenlos scheinenden Augen dieser Katzen wanderten mit eisiger Selbstgefälligkeit über die wachsende Zahl ihrer Anhänger. Unter den Blicken dieser Katzen wagten die Schemen es nicht, weiter zu miauen und verstummten fast vollständig.
Irgendwann versiegte der Zustrom an Katzen und die drei Anführer beschlossen mit einem einheitlichen Nicken, dass es an der Zeit war, zu ihren Anhängern zu sprechen.
Der größte unter ihnen, ein breitschultriger, vernarbter Kater unter dessen Pelz sich unverkennbare Muskeln abzeichneten, sprang auf einen scharfkantigen, zackigen Felsen, der sich in der Mitte der Lichtung befand. Er musste nichts sagen, um sofort die vollkommene Aufmerksamkeit aller Katzen zu haben. Niemand wagte es, irgendetwas zu sagen. Niemals. Nicht, wenn er es nicht erlaubte.
„Es ist so weit, der Zeitpunkt für unsere Rache ist bald gekommen", erhob er seine Stimme, die einen selbstgefälligen Ton hatte. Seine Bernsteinaugen funkelten verschlagen, selbstbewusst wartete er ab, bis die umstehenden Katzen es kaum mehr erwarten konnten, zu erfahren, was er ihnen zu sagen hatte.
„Während wir bei den Clans am See aber erst noch einiges an Vorarbeit leisten müssen, haben uns die Mäusehirne vom SternenClan jedoch den FeuerClan fast direkt in die Pfoten gespielt." Er stieß ein gehässiges Schnurren aus, während seine Krieger noch etwas verwirrt wirkten.
„Sie, mit ihrem Fuchsdung von neuen Chancen. Aber, ich frage euch, wieso sollten wir nicht auch neue Chancen bekommen?" Die langen Krallen des Katers blitzten auf. Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, die wohl seine Freude ausdrücken sollte.
Seine Anhänger fauchten und knurrten boshaft, als sie sich den Niedergang des zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal gegründeten Clans vorstellten. Das Echo dieses schaurigen Geräuschs hallte im ganzen Wald wider und verfing sich in dem knochenbleichen Nebel, der über ihm lag und sich niemals ganz lichtete.
Sechs Blattwechsel später...
Immerwährende Blattgrüne umgab den dunkelgrauen Kater und seine Clangefährten, die sich auf einer kleinen, mit moosbewachsenen Lichtung versammelt hatten, um unbeschwert Neuigkeiten auszutauschen. Ein schmaler Bach floss am Rande der Senke entlang und das fröhliche Plätschern erinnerte Regenpelz an einen Tag, der schon in weiter Ferne lag. Damals war er mit Flammenstern am Fluss, der sich durch das FeuerClan-Territorium schlängelte, jagen gewesen. Es war eine ihrer ersten Jagten im neuen Territorium gewesen und möglicherweise auch die schönste. Wie viel Spaß sie gehabt hatten! Der Krieger seufzte sehnsüchtig bei der Erinnerung.
Seine Tochter Tüpfeljunges, die gleich neben ihm saß, legte ihren Kopf schief, sagte aber nichts. Sie hatte sich in den vergangenen sechs Monden daran gewöhnt, dass ihr Vater manchmal melancholisch an sein Leben zurückdachte. Sie selbst kannte das nicht, immerhin hatte sie nicht gelebt. Aber hätte sie gelebt, würde es ihr mit Sicherheit genauso ergehen.
Regenpelz seufzte noch einmal und erhob sich dann, um sich Rehfarn, Bienenfell und Felsbart anzuschließen, die gerade über das zurzeit wohl am häufigsten diskutierte Thema im SternenClan plauderten: Die noch immer unbekannte dritte Katze, die die Macht der Sterne in ihren Pfoten halten sollte.
„Und ich sage euch, es ist Feuerstern!", erklärte Bienenfell voller Überzeugung, was die anderen beiden nur die Köpfe schütteln ließ. Auch der dunkelgraue Sternenkater musste ein amüsiertes Schnurren unterdrücken, so absurd war die Idee.
„Das ergibt nicht das geringste bisschen Sinn! Bestimmt ist es Weißflug, oder eine ihrer Töchter", erwiderte Felsbart und musste sich dabei offensichtlich ziemliche Mühe geben, die Schwester seiner Mutter nicht zu beleidigen.
Regenpelz wusste nicht, wieso die drei sich überhaupt dafür interessierten, immerhin konnte es dem FeuerClan relativ egal sein. Ihre Freunde und Familien lebten schließlich in einem ganz anderen Wald, als die Katzen des DonnerClans es taten. Eigentlich wollte er sie genau das auch gerade fragen, als es auf der anderen Seite der Lichtung im Gebüsch raschelte und sich alle Katzen, einschließlich ihm selbst, in diese Richtung drehten. Tulpenjunges und Traumjunges beendeten ihr Spiel und huschten zu Lavendelpfote und Lahmpelz, die gleich neben dem Gebüsch saßen.
Das Gebüsch raschelte noch einmal und dann trat eine ziemlich erschöpft wirkende Federschweif, dicht gefolgt von Blaustern, Eichenherz und Gelbzahn, auf die Lichtung.
„Regenpelz! Hier bist du, wir haben dich schon gesucht", miaute die silberne Kätzin mit vor Erleichterung glänzenden Augen und ließ dann ihren Blick über die anwesenden Katzen schweifen. „Nur FeuerClan... das ist gut, das was ich zu erzählen habe, betrifft euren Clan."
Mit gerunzelter Stirn bedeutete Regenpelz den vier Sternenkatzen sich zu setzten und ließ sich selbst auf die mit Moos gepolsterte Erde fallen. Seine Clangefährten rutschten alle etwas näher heran, um den Worten von Federschweif lauschen zu können. Diese schwieg erst einmal eine ganze Weile, da sie zu Atem kommen musste. Anscheinend hatte sie sehr lange nach ihm gesucht.
Umso länger die getigerte Kätzin jedoch nach Luft schnappte, umso nervöser wurde der dunkelgraue Krieger. Ihm war bewusst, wann immer Katzen mit solcher Eile im SternenClan unterwegs waren, war entweder etwas vorgefallen, oder es gab eine neue Prophezeiung. Keines von beidem war sonderlich angenehm, zumindest in den meisten Fällen.
Folglich war seine Anspannung groß, als Blaustern Federschweif mit einem leicht ungeduldigen Kopfnicken bedeutete, endlich zu beginnen. Regenpelz fragte sich, ob die ehemalige DonnerClan-Anführerin selbst überhaupt schon wusste, was Federschweif zu sagen hatte.
„Ich habe gerade die FeuerClan-Jungen bei ihrem Spiel beobachtet, als es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen gefallen ist. Es geht um die Wiedergeburten. Schon wieder. Das ist die einzige logische Erklärung", begann die silbern-graue Kriegerin und sofort lehnten sich die ehemaligen FeuerClan-Katzen alle etwas weiter vor. Auf den meisten ihrer Gesichter spiegelte sich Verwirrung. Regenpelz bemühte sich, ihre Worte zu verstehen, dies misslang ihm jedoch kläglich.
„Federschweif, könntest du das vielleicht etwas erklären?", bat Eichenherz und zog dabei die Stirn kraus. Erleichtert, dass er nicht der einzige eigentlich vollkommen in alles Eingeweihte war, der nicht verstand, worauf die silberne Kätzin hinauswollte, musste er sich zusammenreißen, nicht aufzuatmen.
„In Ordnung... ihr erinnert euch ja bestimmt noch an die vorerst letzte für den FeuerClan zu erfüllende Prophezeiung, oder?", miaute Federschweif und plötzlich war Regenpelz klar, worauf sie hinauswollte.
„Du meinst also, dass die Probleme von den Wiedergeburten ausgehen werden?", miaute er und dachte gleichzeitig daran, dass seine Junge mit Sicherheit betroffen sein würden, immerhin war von ‚Feuer's Blut' die Rede.
„Ja und nein. Es sind acht von ihnen und sie haben die Wahl, ob es Probleme geben wird, oder nicht", entgegnete Federschweif, ließ ihren Blick über die anwesenden Katzen, die sich zumeist etwas unwohl zu fühlen schienen, gleiten. „Donnerjunges ist eine von diesen Katzen", fügte sie hinzu.
Regenpelz schnappte bestürzt nach Luft. Seine gerade einmal sechs Monde alte Tochter sollte vor die Wahl über Zerstörung und Friede gestellt werden? Sie war doch noch ein Junges! Das musste doch ein Irrtum sein!
„Bist du dir ganz sicher?", fragte Blaustern, die von der Vorstellung genauso wenig begeistert wirkte, wie der dunkelgraue Kater.
„Absolut."
„Dann muss Donnerjunges die Prophezeiung kennen", warf Gelbzahn ein, ihre Miene war undurchschaubar.
Während Regenpelz noch überlegte, wie er den Katzen erklären konnte, dass sie unmöglich einer so jungen Katze einmal öfter eine solche Bürde auferlegen konnten, empörte sich Tüpfeljunges: „Sie ist noch ein Junges!"
Die getüpfelte Kätzin erhielt dafür jedoch kaum mehr als mitleidige Blicke. Es war bereits beschlossene Sache.
„Wir alle müssen unsere Last tragen, manche früher, manche später. Entscheidend ist, dass wir stark genug sind, sie zu stemmen", miaute Blaustern sanft und warf Regenpelz dabei einen entschuldigenden Blick zu. Zeitgleich warf sich für den Kater die Frage auf, wie Federschweif überhaupt erfahren hatte, dass Donnerjunges zu den betroffenen Katzen gehörte, doch bevor er fragen konnte, löste sich die Versammlung bereits auf und die Katzen zogen wieder ihrer Wege.
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