s i e b e n u n d z w a n z i g
| Regina |
Es ist einer dieser Tage, an denen meine blonde Lockenmähne starrköpfiger ist, als ich es je hätte sein können. Am Liebsten hätte ich den ganzen Tag über selbst in der Wohnung eine Mütze getragen. Es ist ein seltsamer, nerviger Tag, der aber noch eine unverhoffte Wendung nehmen sollte.
Die Arbeit durfte ich glücklicherweise früh verlassen, nachdem ich aus schlechtem Gewissen, weil ich nach meinem Urlaub blaugemacht hatte, den Wochenenddienst eines Kollegen übernommen hatte.
Damit bleibt mir nun wieder genug Zeit, um ein wenig vor mich hinzugrübeln.
Seitdem Harry bei Diego aufgetaucht war, habe ich ihn nicht mehr gesehen, dafür schreibt er mir aber ungewöhnlich oft. Er hält mich auf dem Laufenden, was seine Arbeit betrifft und auch ich erzähle ihm offen, was ich in meinem Leben den lieben langen Tag so treibe.
Natürlich hätte ich bockig und beleidigt sein können. Mal verschwindet er in der Versenkung, plötzlich sucht er wieder den Kontakt zu mir und natürlich geht er dabei davon aus, ich würde nach seiner Pfeife tanzen.
Und genau das tue ich auch. So erbärmlich es auch klingen mag, bin ich einfach nur überglücklich, dass er scheinbar hin und wieder an mich denkt.
Im Grunde würde ich fast behaupten, dass es im Moment ganz gut läuft.
Grimmy weiß, dass Harry hier ist und ist ihm wohl sogar schon begegnet, aber es folgten keine erneuten Vorwürfe oder Ähnliches. Auch Harry und Diego scheinen bestens miteinander auszukommen und Letzterer ist immernoch völlig aufgekratzt, dass Harry ihm die Chance geben will, sich als Fotograf zu beweisen.
Jeder steht in gutem Kontakt mit jedem, in unserem kleinen, seltsamen und doch liebenswerten Freundeskreis.
Nur ich hätte mir wieder die Nähe zu Harry gewünscht, will aber nicht undankbar sein für das, was uns verbindet. Er hat sich gefreut mich wiederzusehen, er ist bei Diego aufgetaucht, weil er wusste, ich würde da sein - all das sind Aktionen, über die ich mich freuen sollte.
Erschrocken lässt mich plötzlich die Klingel an der Wohnungstüre zusammenzucken.
Es ist spätnachmittags, die Jungs arbeiten und ich habe keinerlei Besuch erwartet. Im entsprechenden Outfit liege ich hier auch auf dem Sofa - ungestylt und im Jogginganzug, in dem ich noch nie joggen war.
Ein Blick durch den Türspion und sofort rutscht mir das Herz in die Hosentasche, ähnlich wie Letztens bei Diego, als ich Harrys Schuhe dort stehen sah.
Nun hingegen steht Harry leibhaftig unangekündigt vor meiner Türe, hat die Hände in seinem Mantel vergraben und fährt sich durch die Haare, während er geduldig wartet, dass ich ihm öffne.
Man könnte meinen, er wüsste, dass ich ihn gerade ein paar Sekunden zu lange durch den Türspion beobachte, so unheimlich gut sieht er aus, wie er dort einfach steht und Nichts tut - aber es ist nun mal einfach nur Harry.
Und ich hätte spätestens, als ich heute Morgen an meinen Haaren verzweifelt bin, wissen müssen, dass er ausgerechnet heute hier auftauchen wird. Denn genau so läuft mein Leben hier in London anscheinend.
Natürlich war es trotzdem keine Option, Harry vor der Türe stehen zu lassen. Er hat mich schon bei Weitem schlimmer gesehen - verkatert in Malibu zum Beispiel. Allerdings hätte ich ihm gerne bewiesen, was er an mir hat und hätte mich auch gerne etwas selbstbewusster gefühlt, als ich ihm schließlich die Türe öffne.
Ich weiß, wie seine letzten beiden Besuche hier vonstattengegangen sind, ich bin also auf alles gefasst.
„Harry, mit dir hab ich hier nicht gerechnet", gestehe ich ehrlich, während er mich schon grinsend in den Arm nimmt.
„Ich weiß, aber du meintest ja, du hast heute frei. Also hab ich ein paar Termine verschoben und tada - hier bin ich."
Unerwartet, aber absolut erwünscht, lasse ich ihn in die Wohnung und trete zur Seite.
Ich weiß nicht, wie sehr es der Wahrheit entspricht, dass er tatsächlich nur für mich wichtige Termine verschoben hat, aber ich will es ihm unbedingt glauben.
Erwartungsvoll sieht mich Harry an, während ich noch die Wohnungstüre hinter ihm schließe.
Ich bin müde und unmotiviert, aber wenn Harry hier auftaucht, hat er bestimmt Pläne. Es geht steil auf den Abend zu und sicherlich will er diesen nutzen, um sich wieder mal in der Nachtszene blicken zu lassen. Auch wenn ich mir kaum etwas vorstellen kann, auf das ich heute noch weniger Lust hätte, wäre ich bereit ihn zu begleiten, solange ich nur bei ihm sein darf.
„Ich dachte, wir machen uns heute einfach mal 'nen gemütlichen Abend", schlägt Harry wider meines Erwarten vor, ehe ich überhaupt irgendetwas sagen kann. „Wie wir's immer mit Grimmy und Diego gemacht haben. Nur - naja, eben ohne Grimmy und Diego."
Breit lächelt er mich an, obwohl ich glaube zum ersten Mal etwas wie Unsicherheit in seinen Augen zu sehen.
Er ist wohl der einzige Mensch, den ich kenne, der selbstbewusst und ohne mit der Wimper zu zucken noch im Treppenhaus über mich herfällt, jedoch leicht ins Schleudern zu geraten droht, wenn er einen entspannten Abend vorschlägt.
Bei mir jedenfalls stößt er auf mehr Begeisterung als er scheinbar erwartet hatte.
„Gern!", platzt es direkt aus mir heraus.
Ich habe es noch nicht einmal gewagt, zu hoffen, Harry würde einen entspannten Abend Zuhause mit mir allein verbringen wollen. Umso riesiger ist nun auch meine Freude darüber.
Ich vermisse die gelassene, ungezwungene Zeit, die wir vor Malibu miteinander verbracht hatten und als gerade diese normalen, unspektakulären Tage die Schönsten waren.
„Na dann", nickt Harry zufrieden und entledigt sich seiner Jacke. Wieder trägt er einfach bloß Jeans und den schwarzen Hoodie seines eigenen Merchs, sieht darin aber wie immer ohne Aufwand wahnsinnig stilsicher aus.
Binnen kürzester Zeit finden wir uns auf dem Sofa wieder, vor uns eine Flasche Wein, genauso wie Wasser.
Ich werde mich heute hüten, der Alkoholkonsum in LA steckt mir immer noch in den Knochen. Harry scheint sich heute ebenfalls auf das Wasser, oder zumindest auf Weinschorlen zu beschränken.
Gelassen hängt er in den Kissen, berichtet von den Fortschritten seines neuen Albums und dem Konzept dahinter, das langsam Gestalt annimmt. Es freut mich für ihn, wie begeistert er davon erzählt und wie tief er anscheinend in die Arbeit eingetaucht ist. Er liebt, was er tut, das ist deutlich zu hören.
Entsprechend hänge ich ehrlich lächelnd an seinen Lippen.
Und auch ich erzähle ihm vom Büro, was ich dort inzwischen leisten kann und davon, dass ich langsam das Gefühl habe, nicht mehr der unfähige Idiot der Redaktion zu sein. In der Arbeit werde ich langsam selbstbewusster, aber Harrys Augen zwingen mich nach wie vor in die Knie.
Trotzdem sitzen wir hier, unterhalten uns ungezwungen und lachen immer wieder herzlich. Niemand hätte je geahnt, was in den letzten Monaten zwischen und passiert ist, wenn man uns einfach so hier sitzen gesehen hätte.
„Was ist eigentlich aus deinem Besuch in der Heimat geworden?", fragt mich Harry plötzlich. „Fliegst du bald nach Deutschland?"
Seufzend schüttle ich den Kopf.
„Ich hab' erstmal keinen Urlaub mehr, wenn dann erst im späten Frühjahr", antworte ich. „Meine Freunde stehen eh schon kurz davor, mich hier zu besuchen, aber bisher hab' ich sie noch aufhalten können."
„Willst du nicht, dass sie herkommen?", fragt Harry weiter.
Wieder schüttle ich den Kopf.
„Sie würden, sobald sie hier sind, mein gesamtes Umfeld unter die Lupe nehmen. Sie denken ja immer noch, ich hätte überstürzt die Flucht ergriffen, weil ich nicht mit der Trennung von Lukas umgehen konnte. Sie würden also alles wissen und jeden kennenlernen wollen."
Ich werfe Harry einen unsicheren Blick zu, ehe ich den nächsten Satz wage. „Und ich hab' keinem von ihnen irgendetwas von dir erzählt."
Harry scheint nicht überrascht, er nickt bloß verstehend.
„Wieso nicht? Kennen sie mich?"
„Vermutlich", mutmaße ich unsicher. „Ich kannte deinen Namen und dein Gesicht ja auch. Und ich bezweifle, dass meine Freunde das ruhig und gelassen aufnehmen würden."
„Wieso? Würde etwa der erste direkt als angeblicher Insider bei einer Klatsch-Zeitschrift sitzen und Interviews geben?", lacht Harry laut und legt den Kopf in den Nacken.
Schmunzelnd zucke ich mit den Schultern und versuche meine Freunde in dieser Hinsicht einzuschätzen. Ich hätte nicht geahnt, dass solche Szenarien je relevant werden würden.
„Das nicht – glaube ich. Aber sie würden vermutlich nur einen Tag später vor der Türe stehen und dich kennenlernen wollen, sobald sie wissen, dass wir... dass wir miteinander zu tun haben. Sie fragen sowieso schon ständig, wer im Sender so ein und aus geht."
Amüsiert grinst Harry vor sich hin und sieht immer wieder abwechselnd auf mich, an die Decke und auf den Fernseher, der stummgeschalten irgendwelche schrecklich oberflächliche Promi-News zeigt.
„Was würden sie wohl sagen, wenn du plötzlich mit mir auf solchen Paparazzi-Fotos zu sehen wärst, wie wir einfach nur über die Straße schlendern", grinst er und nickt leicht auf den Fernseher, der eben in Bilder irgendwelcher einkaufenden Kardashians zoomt.
Harry scheint mich bewusst noch weiter in diesem Gedanken versinken lassen zu wollen.
„Dann...", versuche ich mir lachend ihre Reaktion vorzustellen, aber scheitere. „Ich weiß echt nicht, was dann los wäre."
Beim Gedanken daran muss ich lautstark lachen, obwohl die Idee, mit Harry abgelichtet und vermutlich für seine neue Flamme gehalten zu werden, auch einen ganz anderen Beigeschmack hinterlässt.
„Sowas ist doch unglaublich nervig, oder?", frage ich Harry danach, ständig von Fotografen verfolgt zu werden, aber er scheint dem Ganzen gelassener entgegenzusehen.
„Es geht." Neutral zuckt er mit den Schultern. „Es kommt auf den Tag an und auch darauf, welchen Paparazzo du erwischst – oder besser gesagt welcher Paparazzo dich erwischt. Klar ist es scheiße ungewollt fotografiert zu werden, wenn man gerade schlecht drauf ist und noch nicht einmal den Nerv hat, Freunde zu treffen", räumt Harry ein. „Aber ansonsten ist es eben ein Deal, den man eingegangen ist. Wir leben von der Öffentlichkeit, sie leben von Bildern von uns. Zu 1D-Zeiten waren wir großteils sogar sehr gutgestellt mit den Paparazzi, irgendwann kennt man sich. Dann haben wir getan, was sie wollten, sie haben ihre Bilder gemacht und das war's dann. Geben und Nehmen."
Interessiert nicke ich.
Es ist jedes Mal spannend, wenn Harry von den Eigenheiten seines Lebens erzählt, sobald ich wieder einmal vergessen, wie sehr er in der Öffentlichkeit steht. Ich habe erlebt, wie außergewöhnlich er sein Leben gestaltet und welch exzentrische Züge er an sich hat, aber das tatsächliche Bekanntsein auf der Straße und den Umgang mit Fans habe ich bislang noch nicht erlebt.
„Aber privat nervt es doch dann, oder? Ich meine.."
Kurz hadere ich mit mir, ob ich das nun tatsächlich ansprechen sollte, aber gerade sitzen wir hier so ungezwungen und normal, als gäbe es keine Differenzen und Tabuthemen für uns. Wann, wenn also nicht jetzt.
„Wenn du mit einer Frau unterwegs bist, steht sie automatisch auch in der Öffentlichkeit und es wird direkt darüber getitelt, das ist doch.."
Weder peinlich berührt, dass ausgerechnet ich diese Frage stelle, noch gehemmt, antwortet Harry, sobald er weiß, worauf ich hinaus will.
„Also ganz ehrlich, in meinem Fall war das nie ein großes Problem. Ab einem gewissen Punkt weiß man mit dem Thema umzugehen. Hier zum Beispiel", sagt er und deutet auf den Bildschirm, wo eben noch ein Promi zu sehen war. „Kylie und Kendall zum Beispiel werden nur fotografiert, wenn sie es wollen, egal wie ungewollt die Bilder aussehen. Wenn man verhindern will, erwischt zu werden, wird man auch nicht erwischt. Genau so macht man es auch, wenn man sich gerade kennenlernt. Kendall und ich wurden nur dann abgelichtet, wenn wir darauf vorbereitet waren."
Mit so viel Ehrlichkeit hatte ich tatsächlich nicht gerechnet. Natürlich hatte ich eine ehrliche Antwort erwartet, aber nicht, dass Harry direkt auf seine Verflossenen zu sprechen kommt. Bislang habe ich den Gedanken, dass Harry auch namenhafte Frauen wie Kendall Jenner haben konnte und auch hatte, so weit wie nur möglich von mir weggeschoben.
Zum einen, weil Harry und andere Frauen nach wie vor ein sensibles Thema waren, zum anderen weil mein Selbstbewusstsein damit noch einen Stock tiefer in den Keller sinkt.
„Du und Kendall wart –"
Schon wieder, wie so oft in Harrys Nähe, fehlen mir die Worte. Ich will ihm nicht zu nahetreten, was absurd ist, wenn man bedenkt, was bereits zwischen uns passiert ist. Gleichermaßen steckt aber auch Selbstschutz dahinter. Ich will nichts hören, was mich noch mehr verletzen könnte und doch interessiert es mich ungemein.
Anscheinend will mir Harry nicht den Gefallen tun, den Satz für mich zu beenden. Grinsend sieht er mich an und wartet schweigend ab.
„Wir waren?", hakt er sogar noch amüsiert nach.
„Ihr wart zusammen, oder?"
Ich scheine uns beide überrascht zu haben, wie schnell ich mich überwunden habe, meine Frage auszusprechen.
Harry anfängliches, amüsiertes Grinsen schwindet langsam wieder. Anscheinend hat er erst jetzt begriffen, in welche Richtung dieses Gespräch steuert und dass er es heute völlig nüchtern und ohne dröhnenden Bass in den Ohren führen muss.
„Ja, sowas in der Art", nickt er zögerlich. „Wobei ich rückblickend nicht weiß, ob wir je ineinander verliebt waren oder ob wir einfach nur gute Freunde geworden sind, weil wir in einer ähnlichen Lage waren und einander gutgetan haben."
Mein Herz trommelt wie wild, als Harry über dieses Thema spricht und so überraschend nachdenklich wirkt. So wie er jetzt ist, will ich Harry kennenlernen und endlich versuchen ihn zu verstehen. Ich hoffe nur inständig, dass er nicht plötzlich wieder dicht macht.
„Weshalb habt ihr euch getrennt?", wage ich zögerlich die Nachfrage.
„Ich weiß nicht, ob man es wirklich als Trennung bezeichnen kann. Wir waren und sind immer noch gute Freunde, wir haben eben irgendwann einfach nur aufgehört, uns so oft zu sehen und miteinander zu schlafen. Im Grunde waren wir also vielleicht doch nicht zusammen. Es hat sich einfach so ergeben, dass wir eine Menge Zeit miteinander verbracht haben und uns wohl anziehend fanden."
Da ist er, der Stich ins Herz, den ich die ganze Zeit schon erwartet habe.
„Ich weiß gar nicht, ob Kendall neben mir noch andere hatte, es war alles ziemlich locker und auch gut so. Ich glaube, dass sie sich letztendlich eben ernsthaft verliebt hat. Aber nicht in mich, sie ist dann halt weitergezogen."
Harry spricht neutral und völlig emotionslos.
Gleichgültig zuckt er sogar mit den Schultern und gibt sich so unberührt, dass es schon wieder auffällig ist.
„Das war doch bestimmt hart", murmle ich vorsichtig, in der Hoffnung Harry würde darauf reagieren.
Das tut er auch tatsächlich.
„Nicht wirklich", schüttelt er den Kopf. „Das ist das Schöne daran, wenn man sich nie fest aneinander bindet. Jeder ist frei. Jeder kann tun, was er will und kommen und gehen, wann er will. Da sind die Übergänge fließend und nichts muss irgendwie hart brechen oder beendet werden."
Zweifelnd beobachte ich Harry, wie er versucht mich zu überzeugen und seine Ansichten zu erklären. Er schätzt seine Freiheit und will sich nicht binden, das hat er mir unmissverständlich klargemacht.
Was er sich davon erwartet, kann ich in der Theorie verstehen, aber etwas in Harrys Augen lässt mich daran zweifeln, dass er diese Einstellung tatsächlich aus tiefstem Herzen spüren kann.
Unwillkürlich denke ich – und das zum ersten Mal in Harrys Gegenwart – an Lukas.
„Naja, aber nur weil man sich auf etwas einlässt, muss es ja nicht immer in einer Katastrophe enden. Ich hab' mich auch an Lukas gebunden und alles mit ihm geteilt. Und wir haben uns im Guten getrennt."
Dieses Mal ist es Harry, der mich zweifelnd mustert.
„Die Trennung hat dir nicht wehgetan?", fragt er offensiv nach.
„Naja, klar, es ist eine Trennung und man vermisst etwas, woran man sich gewöhnt hat, aber.. Das ist doch normal."
„Siehst du", hakt Harry überzeugt ein. „Man kann das aber auch völlig vermeiden. Aber naja, jeder wie er will."
Jeder wie er will – und ich wie Harry will.
Nach seiner letzten Einschätzung zuckt Harry neutral mit den Schultern und deutet damit an, dass er dieses Thema für beendet ansieht. Er war heute ohnehin offen und ernsthaft, wie er es selten war, was dieses Thema angeht.
Ich hatte mir schon oft eingebildet, Harry gut zu kennen und sein wahres Gesicht gesehen zu haben, aber heute bin ich mir sicher, dass zumindest für den Bruchteil einer Sekunde der echte, unverfälschte Harry auf meinem Sofa gesessen hatte.
Zum ersten Mal habe ich in seinen Augen nicht meinen Untergang, sondern seine eigene Einsicht, seine Angst, sehen können.
Er behauptet, seine Freiheit zu schätzen und unabhängig sein zu wollen, aber er scheint tief in sich selbst zu wissen, dass das nur der Deckmantel einer viel tiefsitzenderen Wunde ist. Wenn er nicht zulässt, dass ihn etwas berührt, kann er nicht verletzt werden. Allerdings bezweifle ich, dass er mit dieser Einstellung glücklich werden wird.
Vermutlich ist Harry doch nicht der taffe Herzensbrecher – zumindest nicht aus Überzeugung. Und mich treibt diese Erkenntnis nur noch näher zu ihm, ich will ihn plötzlich noch dringender bei mir haben.
An diesem Abend kommen Harry und ich uns nicht näher, als dass er meine Beine auf seinen Schoß zieht und seine Hände darauf ablegt, doch ich fühle mich ihm nah wie nie.
Er ist ein völlig anderer Mensch als der, der mir in Malibu jeden Tag begegnet ist und irgendwelchen Zehnen auf seiner Skala nachjagt. Diese Seite an ihm ist der Grund, aus dem ich ihn niemals loslassen werde und immer daran glauben werde, dass er es wert ist, all den Schmerz, den er verursacht, hinzunehmen.
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