Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

8) Veränderung


„Nichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist."

Victor Hugo (französischer Schriftsteller, 1802- 1885)

~ ~ ~

Gedankenverloren saß das Mädchen am Eingang der Höhle und blickte auf die Kronen der Bäume, die sich meilenweit unter ihr erstreckten. Ihr war nie bewusst gewesen, wie groß der Wald eigentlich war, der ihr kleines, abgeschiedenes Heimatstädtchen umgab. Und selbst von diesem hochgelegenen Aussichtspunkt sah sie nur einen kleinen Teil davon. Sie fühlte sich klein und verloren. Unbedeutend und unwichtig angesichts dieses großen, weiten und wilden Waldes.

Waldhafen lag irgendwo in südlicher Richtung an der Küste. Aber weder das Meer noch die Stadt waren von dort oben aus zu erkennen.

Ihre Gedanken allerdings kreisten unentewegtum die Frage, wie es ihrem Vater ging und was man ihm angetan hatte.

Sie hatte vor zwei Tagen an einem der verglasten Fenster im obersten Flur gestanden und hinunter auf den Hof geblickt. Sie hatte den Tumult gehört und alles gesehen. Wie die Wachen ihren Vater gepackt und davongeschleift hatten. Nicht einer seiner Wachleute hatte eingegriffen. Die Bilder hatten sich tief in ihre Erinnerung gebrannt. Ihr Vater war so hilflos gewesen und sie so wütend. Wenigstens sie hatte ihm helfen wollen, aber bevor sie losrennen konnte, hatte sie jemand am Arm gepackt und festgehalten.

"Du kannst nichts tun. Es ist Zeit, dich in Sicherheit zu bringen."

"Lass mich los!", hatte sie unter Tränen und Wut hervorgestoßen. "Ich muss zu ihm", aber ihr Lehrmeister hatte sie unerbittlich in seinem Griff gehalten.

"Schau mich an, Annabelle und sei vernünftig. Ich werde mich um deinen Vater kümmern, aber erst bringe ich dich fort. Mach ihm keinen zusätzlichen Ärger, oder mir."

Ihr Zorn war verraucht, so schnell wie er gekommen war. Sie wusste, dass Silvan recht hatte. Er hatte sie gewarnt und darauf vorbereitet, dass es jeden Tag zum Äußersten kommen könnte. Aber mit eigenen Augen zu sehen, wie man ihrem Vater in den Rücken fiel und er in Richtung der Verliese gezerrt und gestoßen wurde, schmerzte und brachte das Blut in ihren Adern zum Kochen. Ihr Vater und auch Silvan kannten ihr Temperament, hatten ihr eingeschärft, vernünftig zu sein. Langsam presste sie ihren Atem zwischen den geschlossenen Lippen hervor.

"Ich bin bereit. Meine Sachen sind gepackt, wie du es gesagt hast."

"Gut." Auch Silvan atmete aus. "Dann lass uns keine Zeit mehr verlieren und dich in Sicherheit bringen." Vorsichtig ließ er sie los, abwartend, ob sie nicht doch losrennen würde, aber sie gab sich geschlagen, fügte sich in ihr Schicksal, wie man es von einer braven Tochter erwartete.

Sie hatte Silvan nicht geglaubt. Ihr Vater war immer ein beliebter Regent gewesen, aber was wusste sie schon. Die Politik von Waldhafen hatte sie nie interessiert. Silvan hatte auch dieses Mal Recht behalten.

Sie zwirbelte gedankenverloren eine Strähne ihres langen, rötlichbraunen Haares durch die Finger. Zahllose Kletten und Blätter hatten sich auf dem letzten Stück des Weges darin verfangen. Sie zupfte vorsichtig an einem welken Blatt und entfernte es aus ihren Haaren, bevor sich ihre Finger an einer Klette zu schaffen machten.

Eigentlich sollte sie aufstehen und Kendrik beim Holzsammeln helfen, aber ihr gelang es nicht, sich aufzuraffen. Sie war müde und erschöpft.

„Nur kurz", hatte sie gesagt und sich hingesetzt. Und jetzt saß sie hier untätig herum und starrte Löcher in die Luft, während Kendrik umherstreifte und Holz sammelte. Aber er sollte ruhig auch einmal etwas Nützliches tun. Immer wieder sah sie seinen dunkelgrünen Umhang und den dunklen Haarschopf zwischen den Bäumen hindurchscheinen. Er war nicht weit entfernt.

Die Höhle war überraschend einladend. Der Eingang lag halb versteckt hinter ein paar Waldkiefern. Sie war nicht groß, aber groß genug für eine Feuerstelle und sie bot Schutz vor der Dunkelheit. Zumindest würde Annabelle ihre zweite Nacht nicht unter freiem Himmel verbringen. Zu den Bildern ihres Vaters gesellte sich das ihrer Mutter.

Was Zitta von Waldhafen wohl sagen würde, wenn sie ihre Tochter in diesem Augenblick sehen könnte? Sie würde die Nase rümpfen und schimpfen. Annabelle hatte seit drei Tagen nicht mehr gebadet, sondern sich nur flüchtig im Bach gewaschen. Ihre langen Haare waren ungekämmt und zerzaust und hingen voller Kletten und Blätter. Ihr schlichtes Stoffkleid war fleckig und an einigen Stellen eingerissen. Zitta würde ihr derzeitiges Erscheinungsbild alles andere als gutheißen. Selbst wenn Annabelle die Kleider anzog, die man ihr bereitlegte und sich die Haare frisieren und das Gesicht pudern ließ, war ihre Mutter selten mit ihr zufrieden. Sie fand immer etwas an ihr auszusetzen. Bei ihrem jetzigen Anblick würde sie einen Zusammenbruch erleiden. Aber vielleicht setzte ihr auch die Abwesenheit der Tochter zu. Nicht zu wissen, wo ihr einziges Kind war und wie es ihm ging. Oder fehlte sie ihr gar nicht?

Hatte sie jemand, der sich um sie kümmerte? Sie ablenkte? Eine Zofe, die ihr die Haare frisierte, sie puderte, ihr hübsche Kleider heraussuchte und diese schnürte?

Mit aller Gewalt riss Annabelle an einer Klette in ihrem Haar. Sie war frustriert. Ihre Eltern brauchten sie. Die Klette bewegte sich keinen Millimeter. Im Gegenteil, es wurde nur noch schlimmer und weitere Haare verfingen sich darin. Annabelle fluchte.

Sie musste zurück. Mit einem Ruck stand sie auf, gerade als Kendrik am anderen Ende zwischen zwei Waldkiefern hervortrat, voll beladen mit Ästen und Reisig.

„Danke, aber jetzt brauchst du auch nicht mehr helfen", bemerkte er bissig und ließ die Ladung Holz zu ihren Füßen auf den Boden kullern.

„Ich habe nachgedacht. Ich will zurück nach Waldhafen. Meine Eltern brauchen mich."

Kendrik machte einen Schritt auf sie zu. Blieb direkt vor ihr stehen und schaute auf sie herab.

„Annabelle, ich kann verstehen, dass du dir Sorgen machst. Aber es bringt nichts, wenn du dich auch in Gefahr begibst. Was willst du schon machen? Du kannst nichts ausrichten. Noch nicht. Hab Geduld." Vorsichtig legte er seine Hand auf ihren Arm, fast schien es, als wolle er sie festhalten und am Gehen hindern, so wie sein Onkel einige Tage zuvor.

„Mir wird schon was einfallen. Und was ist, wenn sich die Situation bereits geklärt hat und ich ganz umsonst hier herumsitze?"

„Ach, ich dachte du magst dein Leben als Tochter aus gutem Hause nicht." Er hob herausfordernd eine Augenbraue. „Nein im Ernst, Annabelle, du kannst nichts tun. Sonst wären wir beide nicht hier."

„Aber ich fühle mich so hilflos. Was ist, wenn sie mich brauchen?" Ihre Stimme klang schwach. Kendriks Hand lag immer noch tröstend auf ihrem Arm. Langsam zog er sie zurück und trat einen Schritt zur Seite.

„Ich kann deine Gefühle verstehen. Aber es bringt nichts, wenn du dir den Kopf zerbrichst. Komm, hilf mir lieber beim Feuermachen." Er kniete sich an die Feuerstelle, die von seinen früheren Besuchen in der kleinen Höhle zeugten.

Sie sank neben ihm auf die Knie und folgte seinen Worten. Ablenkung tat gut.

„Ich bringe dich nach Nordstadt und wenn alles wieder in Ordnung ist, dann schickt Silvan eine Nachricht und du kannst nach Hause gehen. Und wenn nicht, dann brauchen wir dich viel dringender in Sicherheit. Verstehst du?" Er schaute sie eindringlich an.

Sie nickte und schluckte. „Ja. Tut mir leid."

„Ist schon gut. Du machst einiges durch gerade. Dafür bist zu ziemlich tapfer. Aber versprich mir, jetzt keine Dummheiten zu machen. Ich habe ein paar Fallen aufgestellt und würde gerne nachsehen, ob schon etwas darin ist. Würdest du dich in der Zwischenzeit um das Feuer kümmern, bis ich mit dem Abendessen zurück bin?"

Er verschwand erst zwischen den Kiefern, nach dem sie es ihm versprochen hatte. Wahrscheinlich war es zu früh und unwahrscheinlich, dass er bereits etwas gefangen hatte, aber ihre Niedergeschlagenheit deprimierte ihn, auch wenn er sie verstehen konnte. Aber wenn er jetzt zusätzlich zu seinem Auftrag als Aufpasser auch noch ihren Seelentröster spielen musste, war das eindeutig zu viel für ihn. Er hoffte, sie bei seiner Rückkehr in besserer Stimmung vorzufinden. Jagend durch das Unterholz zu streifen, lenkte ihn jedenfalls schnell von seiner schlechten Laune ab.

Annabelle tat es auch gut, eine Aufgabe zu haben. Schnell hatte sie das Feuer entfacht. Die Flammen tanzten fröhlich vor sich hin. Um nicht wieder still und nichts tuend herumsitzen zu müssen, begann sie erneut die Blätter und Kletten aus ihren Haaren zu entfernen. So hatte sie keine Chance, ihre Haare zu kämmen. Aber so sehr sie sich auch bemühte, sie machte es durch ihr Ziehen und Reißen nur noch schlimmer.

Das Mädchen seufzte genervt. Welchen Sinn machte es eigentlich noch? Sie erhob sich und kramte in ihrer Tasche, bis sie gefunden hatte, wonach sie suchte. Ein kleines, aber scharfes Messer mit einer kurzen Klinge blitzte in ihrer rechten Hand auf. Silvan hatte ihr gezeigt, wie man es benutze.

Mit der linken Hand fasst sie nach ihrem langen Zopf und legte die Haare über ihre Schulter, ehe sie entschlossen zu schneiden begann. Strähne für Strähne befreite sie aus dem langen Zopf, bis sich die restlichen Haare in einem verfilzten, mit Kletten geschmückten Teppich daraus lösten und über ihren Rücken fielen.

Genervt schob sie die langen Haare über die andere Schulter und schnitt weiter darauf los. Es tat gut, ihren Händen etwas zu tun zu geben, alten Ballast abzuwerfen. Weitere Strähnen ihres rötlich braunen Haares fielen langsam zu Boden und mit jedem fallenden Haar überkam sie ein Gefühl der Entschlossenheit. Sie tat das Richtige.

Was nützte es, lange Haare zu haben, wenn man sie nicht kämmen oder frisieren konnte, geschweige denn sie ordentlich waschen? Was nützen lange Haare überhaupt? Sie hatte es noch nie verstanden.

So war es jedenfalls besser. Ihre endlos langen Haare waren ihr schon lange ein Dorn im Auge gewesen und sie hätte diesen Schritt vermutlich schon lange getan, wenn man sie gelassen hätte. Aber bei Hofe hatten Mädchen auf ihr Äußeres zu achten.

„Mädchen müssen auf ihr Aussehen achten. Mehr nicht! Und nicht einmal das bekommst du hin!" Die tadelnden Worte ihrer Mutter hallten in ihrem Gedächtnis. Nein, Zitta würde die Enttäuschung, die sie zur Tochter hatte, mit Sicherheit nicht vermissen.

Mit einem entschlossenen Schnitt kürzte Annabelle auch die letzte Strähne und fuhr sich vergnügt mit den Fingern durch das nunmehr schulterlange Haar. Wahrscheinlich war es an manchen Stellen länger und an anderen kürzer, aber es war ihr einerlei. Ab heute würde sie keine Kletten mehr aus ihrem langen Zopf pfriemeln müssen, sich nicht mehr sagen lassen müssen, dass ihre Haare nicht saßen.

„Was tust du da?" Kendriks überraschte Worte unterbrachen sie in ihrem Tun. Sie hielt inne und suchte seinen Blick. Ein Rebhuhn baumelte an den Füßen von seiner Hand.

„Ich passe mich den Umständen an." Sie stand auf und drehte sich freudestrahlend wie ein kleines Kind vor ihm im Kreis. „Wie gefällt es dir?"

„Gut?" Seine Antwort klang nicht überzeugt. „Vielleicht ein wenig schief?", merkte er vorsichtig an und neigte seinen Kopf.

„Schon möglich. Kannst du es vielleicht gerade schneiden?" Sie hob ihr Messer vom Boden auf, wo es zwischen einem Teppich aus roten Strähnen lag und hielt es ihm hin.

„Ich kann es zumindest versuchen. Schlimmer kann es jedenfalls kaum werden." Er grinste, musste sie aber insgeheim für ihre Entschlossenheit und ihren Mut bewundern, als er nach dem scharfen Messer in ihrer Hand griff.

Sie war wirklich anders als die Mädchen, die er kannte.




Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro