Dienstag - 28.2 - getrennte Wege
Don't forget - it's fiction!
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Dr. Serrano und Jimin sind derweil in ein Taxi gestiegen und zum Flughafen gefahren. Jimin ist recht still.
„Alles in Ordnung mit dir?"
Vorsichtshalber fragt Nicola nach.
„Ja klar. Schon. - Es ist doch echt seltsam mit uns Menschen. Gegenüber denen, die wir nicht kennen, können wir echt ignorant, grausam oder entwürdigend sein. Aber wenn uns ein Mensch ganz nahe steht, wollen wir immer, dass es ihm gut geht, haben ständig Sorge, dass wir was falsch machen könnten und halten es kaum aus, mal eine Woche lang getrennt zu sein. Tae und ich stellen uns echt blöd an wegen der paar Tage! Als hätten wir nicht genug andere Sorgen und Aufgaben. Und. Du hättest Namjoon gestern sehen sollen – der ist fast kollabiert, während ihm nach und nach bewusst wurde, dass sein Traum entweder näher rückt oder demnächst mit lautem Geschepper in tausend Teile springt. Der ist vor lauter Liebe so durchgedreht, als hätte er seinen Verstand an der Kasse abgegeben."
Nicola muss lächeln.
„Ich habs gemerkt, als ihr von eurem Tag erzählt habt. Er hat sich alle Mühe gegeben, das zu verstecken, aber an der Bemerkung von Bang – die ich übrigens großartig und in dem Moment genau richtig fand – konnte man sehen, dass ihm das kein Stück gelungen ist. Wir haben ALLE gewusst, was grade in ihm vorgeht. Wie lange geht das eigentlich schon so?"
Jimin lacht.
„Das hat ihm Tina eingebrockt. Im Sommer vor zwei Jahren hat es von einem Fernsehsender einen Contest gegeben. Da durften sich Leute drauf bewerben, gemeinsam mit irgend einem Idol ein Duett zu singen. Die Zuschauer im Saal haben dann per Klick entschieden, wer ihnen am besten gefallen hat. Namjoon war angefragt worden. Und er hat sich aus dem Ordner mit Bewerbern diese junge Japanerin rausgepickt. Dann hat er einen Song für den Contest gecovert und ein Duett draus gemacht, hat sie ein paar Tage vor dem Auftritt vom Flughafen abgeholt und die Zeit bis dahin mit ihr verbracht. Sie haben viel geprobt, aber auch viel von Seoul gesehen – und glaube ich viele Stunden einfach quatschend in irgendwelchen Cafés gesessen. Er war damals total glücklich und entspannt. Nach dem Contest ist sie wieder nach Tokyo geflogen. Und Joonie hat nie wieder ein Wort über sie verloren."
Seine Gedanken wandern zwei Jahre zurück.
"Bis Tina erzählt hat, dass und warum sie den Song so sehr liebt, hat glaube ich keiner von uns gewusst, was ihm diese Tage bedeutet haben. Erst seine seltsamen Reaktionen, immer wenn das Lied lief, haben uns was ahnen lassen. Ich glaube, er hat selbst nicht mehr gewusst, was sie ihm bedeutet hat, er hätte ja sowieso nicht gedurft. Also hat er alles ganz weit weggesperrt. Und dann seine Reaktion, als wir geplant haben, welche Lieder wir für Tina in London singen wollen und Jin voller Überzeugung gesagt hat:'Ach, und natürlich musst du 'Umbrella' singen, da führt kein Weg dran vorbei. Entweder mit Jimin ... Aber - der Knaller wäre es, wenn wir das Mädel einfliegen würden.' Namjoon ist fast gestorben bei dem Vorschlag. Das hat ihn völlig unvorbereitet aus der Hüfte erwischt."
Nicola schüttelt den Kopf.
„Wie grausam! Und jetzt hat er sich doch getraut, sie zu fragen, und sie hat zugesagt?"
Jimin lacht auf.
„Das war ein Krimi gestern. Da gingen SMS hin und her. Und bei Yuiko war es ja mitten in der Nacht. Aber am Ende hat sie zugesagt. Und daraufhin ist er erst recht durchgedreht. Bisher hat er einen unerfüllten Traum angeschmachtet. Und jetzt hat er auf einmal die Chance, es so richtig konkret zu vermasseln. Der arme Teufel!"
Und leise schiebt er noch ein paar Worte hinterher.
"Ich wünsch es ihm sooo sehr, dass das klappt. Er ... er strahlt etwas völlig Neues aus. Was sich total richtig anfühlt."
Nicola schaut nachdenklich aus dem Fenster auf die vorbeihuschenden Fassaden Roms.
„Ich glaube, es ist höchste Zeit, nicht nur für dich sondern auch für alle anderen, dass du für ein paar Tage verschwindest. Grade wegen Tae. Seit Wochen dreht sich alles darum, ob du und wie du und wann du ... Wenn ich das richtig verstanden habe, hattet ihr alle in den Tagen in Deutschland eure persönlichen Aha-Momente. Habt sozusagen Hausaufgaben vom Leben bekommen. Aber seitdem dreht sich alles um dich. Du konntest überhaupt nichts dafür, das hat ja Bang angefeuert. Aber nun haben die anderen endlich die Chance, sich um sich selbst zu kümmern."
Jimin nimmt es gelassen.
„Das ist einer der Gründe, warum ich dem hier zugestimmt habe. Die anderen sind nur noch um mich gekreist. Das konnte so nicht weitergehen. Sonst hätten wir bald 'Dominosteinchen umschmeißen' gespielt. DIE Verantwortung brauche ich nicht auch noch obendrauf. Und ich wäre tatsächlich durchgedreht allein in einem Hotel in Moskau. Und hätte wegen der politischen Verhältnisse nicht mal die Möglichkeit gehabt, mich einfach so in der Stadt zu bewegen."
Am Flughafen ist alles Routine, für Jimin noch mehr als für den Arzt. Erkannt werden sie nicht. Ein Jimin alleine an einem unerwarteten Tag fällt eben doch nicht so auf. Und das ist gut so. Sie checken ein und gehen zum Wartebereich. Jimins Handy meldet sich.
Stein:"8:07 Mission 'Händchen halten' erfüllt. Er ist ganz in seinem Element!"
Dazu ein Bild von Tae, umringt von den anderen, die alle auf sein Tablet starren.
Die beiden Reisenden atmen auf und steigen schließlich in ihren Flieger nach Frankfurt.
„Jimin, hast du eigentlich eine Idee, wie du die Tage dort füllen wirst? Du bist diesmal nicht eingesperrt, hast aber die klare Hausaufgabe, dich zu erholen und dich mit unseren Gesprächen der letzten Tage auseinander zu setzen. Du hast mir sehr viel anvertraut, was es jetzt zu sortieren gilt, damit du nach dieser Woche tatsächlich vernünftig in die Tour einsteigen kannst."
Jimin überlegt.
„Du hast ja gesagt, ich soll Tagebuch schreiben, damit ich all die losen Fäden der letzten Wochen und Monate zusammenführen kann. Ich hab angefangen, das in meinem Timer im Handy festzuhalten. Habe einfach zu den einzelnen Tagen und Wochen rückwirkend wie Termine einige Ereignisse und Gedanken und Gefühle notiert. Aber es fühlt sich komisch an, das wie Termine abzuhandeln. Ich werde Tina um ein Notizbuch bitten, damit ich das nochmal von Hand schreiben kann. Ich vermute, dass mir dann beim Ausformulieren noch viel mehr Gedanken kommen werden."
Nicola schaut ihn zufrieden an.
„Das klingt gut! Aufschreiben hat schon vielen geholfen. Und man kann es immer wieder lesen und hinspüren, wie es sich anfühlt."
Mit einem schrägen, verschmitzten Seitenblick fügt Jimin noch ein Vorhaben hinzu.
"Und ich will singen und tanzen."
„PARK JI MIN!"
Promt schaut ihn der Arzt mahnend an. Doch damit hat Jimin gerechnet. Er kichert.
„Jaja, ich weiß. Keine Sorge. Ich will mich nicht verausgaben, nicht mal trainieren oder so. Nein, ich will was anderes trainieren. Ich hab dir doch von meinem Rumprobieren beim Samstagskonzert erzählt. Und du hast es ja selbst wahrgenommen. Was dein Satz in mir ausgelöst hat. Und wie Yoongi darauf reagiert hat. Ich will ein bisschen singen und tanzen und dabei rausfinden, was ich eigentlich dabei fühle, was mir daran so wichtig ist, was mir ganz besonders viel Spaß macht, was mir besonders leicht oder schwer fällt. Ich möchte üben, konzentriert UND entspannt zu sein, begeistert, aber nicht verbissen zu sein. Keine Ahnung, ob man das so trocken überhaupt üben kann. Ich will mich jedenfalls damit beschäftigen."
Nicola atmet durch.
„O.K. - das geht in Ordnung. Geh bitte kein Risiko ein. Und erwarte um Himmels Willen keine täglichen bahnbrechenden Erkenntnisse! Therapie dauert. Das Tempo macht deine Seele, nicht dein Wille. Das ist eine ärztliche Anordnung!"
Jimin grinst wieder, "steht" stramm in seinem Sitz und salutiert übertrieben.
"Jawoll, Herr Doktor!"
Dann lässt er sich an Nicolas Schulter fallen, entspannt sich und seufzt.
"Du warst meine Rettung. Weißt du das eigentlich? Das werde ich nie vergessen! Vielleicht verdanke ich dir und Tina sogar mein Leben ..."
Nicola nimmt ihn in die Arme, soweit es die Flugzeugsitze zulassen, und spricht nicht aus, was er denkt.
CnyDavon ist auszugehen ...
Als ihnen das Essen serviert wird, packt Jimin sein Lunchpaket aus. Auf den Flugzeug-Labberkram hat er sich lieber nicht verlassen. Er ist ja froh, dass er wieder essen kann. Aber dafür muss Essen Spaß machen und schmecken! Danach schläft er ein bisschen, während Dr. Serrano im strahlenden Sonnenschein über den Wolken nach den Spitzen der Alpen Ausschau hält und versucht, für sich zu sortieren, was ER da eigentlich in den letzten acht Tagen erlebt und getan hat – das Tappen im Dunklen nach dem nächtlichen Anruf aus der Botschaft, der Schockmoment beim Betreten des Zimmers, seine Showeinlage gegenüber PD, das heftige Auf und Ab dieser Woche, die Unsicherheit, was medizinisch und/oder menschlich nötig ist, die vielen Gespräche, die beiden beeindruckenden Konzerte und schließlich mittendrin die Notbremse.
Rechtzeitig vor der Landung wacht Jimin wieder auf und wird nun ganz hibbelig, weil er sich so vorfreut. Wie anders hat er sich gefühlt, als er vor ein paar Wochen hier weggeflogen ist. Die Unsicherheit – und dann der Schock, die Wut, die Hilflosigkeit, der überstürzte Abschied – weil PD auf einmal da stand. Große Dankbarkeit erfüllt ihn, dass mit PD alles wieder so im Lot ist.
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Ich habe an dem Morgen alles vorbereitet für Jimins „Einzug" und ihm oben das Gästezimmer nett hergerichtet, eine Flasche Wasser bereit gestellt, ein Schokolädchen aufs Kopfkissen gelegt. Ich liebe es, Gäste zu haben und sie zu verwöhnen. Wieviel mehr freue ich mich nun auf diesen ganz besonderen Gast. Nun kann das Abenteuer losgehen. Ich bin gespannt, wie wir mit ihm seine Tage hier füllen werden. Er soll sich einfach rundum wohl fühlen. Die Kinder und Markus müssen ja normal arbeiten und zur Schule, die Tage werden also von der Alltagsroutine geprägt sein. Nachher wird Mareike dazu stoßen, um mit Dr. Serrano gemeinsam die medizinische Seite abzuklären. Und heute Abend wird Kwon ein erstes Mal kommen, damit Jimin die Gelegenheit bekommt, sich ganz viel von der Seele zu reden. Aber nun fahre ich erstmal zum Flughafen, wo ich mit Sabina zusammentreffen und die beiden Reisenden einsammeln werde.
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19.1.2019 - 31.10.2019 - 6.4.2020
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