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Der Abend war kühl, aber nicht unangenehm - die Art von Kälte, die nur daran erinnerte, dass man noch lebte, mit jedem Atemzug kleine Wolken in die Nacht pustete.
Wir waren alle draußen unterwegs, wie wir es selten waren, aber irgendwie passte es heute. Es war einer dieser Abende, an denen das Leben leicht schien, an denen wir einfach in der Welt existierten, ohne uns Sorgen zu machen.
Nach dem Essen bei McDonald's - was, ehrlich gesagt, mehr Streit über die besten Dips als eine richtige Mahlzeit war - spazierten wir durch die stiller werdenden Straßen. Die Stadt wirkte in der Dunkelheit anders, fast magisch.
Straßenlaternen warfen ihr gelbes Licht auf den Asphalt, der leicht glänzte, als hätte es kurz geregnet. Die Kälte schlich sich in meine Hände, doch das störte mich nicht. Ich spürte, dass Jisung die ganze Zeit darauf wartete, dass ich seine Hand ergriff, aber stattdessen hielt ich den Abstand aufrecht, nur um zu sehen, wie lange er es aushielt.
Er war so transparent.
Seine Blicke, die wie kleine Stupser zu mir hinüberglitten, seine Art, sich unauffällig an meine Seite zu stellen, jedes Mal etwas näher, wenn wir die Richtung wechselten. Es brachte mich innerlich zum Lachen, weil er sich immer so viel Mühe gab, dabei unauffällig zu wirken.
„Minho," flüsterte er irgendwann, und ich musste an mich halten, um nicht zu grinsen. „Meine Hand ist kalt."
Ich schielte zu ihm hinüber. Sein Gesicht war im Licht der Laternen halb im Schatten, aber ich konnte genau sehen, wie seine Lippen in einem leisen Schmollen verzogen waren. Natürlich war ihm kalt - seine Jackentaschen hatte er stattdessen mit Snacks aus der Tüte gefüllt.
„Das hätte ich jetzt wirklich nicht erwartet," sagte ich trocken und steckte meine Hände demonstrativ in meine eigene Tasche.
Er stieß mich an, leicht, spielerisch, aber trotzdem mit genug Nachdruck, dass ich fast das Gleichgewicht verlor. Lachen brach aus der Gruppe hinter uns aus, wo Chan und Changbin versuchten, Jeongin davon abzuhalten, auf einen Pfosten zu klettern. Hyunjin und Seungmin standen am Straßenrand, ihre Gesichter rot vor Lachen, während Felix sich bemühte, alles mit dem Handy zu filmen.
„Halt still!" rief Felix, als Jeongin sich schließlich auf die Spitze des Pfostens schwang und die Arme triumphierend in die Höhe riss.
„Das kommt ins nächste Geburtstagsvideo!"
„Das wirst du nicht posten!" rief Jeongin zurück, aber seine Stimme wurde von einem überraschten Aufschrei übertönt, als er das Gleichgewicht verlor und direkt in Chans Arme fiel. Der Anblick brachte uns alle zum Lachen und ich fühlte, wie sich ein leichtes Kribbeln der Zufriedenheit in mir ausbreitete.
Während die anderen weiterzogen, nutzte Jisung die Ablenkung, um sich näher an mich heranzuschieben. Diesmal war er es, der meine Hand ergriff, seine Finger kalt, aber überraschend fest, als er sie mit meinen verschränkte. Ich sah zu ihm hinüber, und er grinste mich einfach nur an, als hätte er endlich gewonnen.
Wir liefen ein Stück, unsere Hände fest ineinander und ich konnte fühlen, wie sich seine Finger immer wieder bewegten, leicht drückten, fast als wollte er sicherstellen, dass ich ihn nicht losließ. Die Kälte der Nacht war plötzlich kaum noch spürbar.
Zwischendurch ließ ich meine freie Hand über seinen Rücken gleiten, hinunter zu seinem Hintern, nur um ihn ein bisschen zu necken. Jedes Mal, wenn ich es tat, zuckte er leicht zusammen und warf mir einen halb gespielten empörten Blick zu, der sofort wieder in ein Lächeln überging.
„Du bist unmöglich," murmelte er irgendwann, aber seine Stimme war weich, fast zärtlich, und er drückte meine Hand ein wenig fester.
Die Nacht zog sich weiter, die Straßen wurden stiller, und die Lichter der Stadt schienen plötzlich heller. Irgendwann blieben wir alle auf einem kleinen Platz stehen, umringt von alten Häusern und einer Uhr, die mitten in der Nacht geschlagen hatte. Der Himmel war klar, die Sterne weit entfernt, und für einen Moment schien es, als gehörte uns die ganze Welt.
Jisung stand dicht bei mir, seine Schulter an meiner, und ich wusste, dass ich diesen Moment nie vergessen würde. Es war einfach - und doch vollkommen.
Der Platz war wie ein kleines Universum für uns allein - die Straßenlaternen warfen weiches Licht auf die Pflastersteine, die unter unseren Schritten knirschten und in der Ferne konnte man das leise Rauschen des Verkehrs hören. Wir waren in unserer eigenen Welt, in der Zeit keine Rolle spielte. Es fühlte sich an, als könnte nichts diesen Moment stören.
Und dann sahen wir ihn.
Der Einkaufswagen stand einfach da, ein bisschen schief und verlassen, mitten auf dem Platz. Niemand sprach ein Wort, aber als unsere Blicke sich trafen, war es, als hätten wir alle denselben Gedanken. Ein leises Kichern begann irgendwo - wahrscheinlich bei Jeongin - und breitete sich wie ein Lauffeuer aus.
„Also, ich bin bereit," sagte Jeongin und deutete mit einem Daumen auf sich selbst, bevor er ohne weitere Vorwarnung auf den Einkaufswagen zulief.
„Das ist eine schlechte Idee," murmelte Seungmin, aber er folgte Jeongin trotzdem mit einem leichten Grinsen.
„Aber okay. Rein mit dir."
Es dauerte nicht lange, bis Jeongin sich in den Wagen gehievt hatte, die Beine über den Rand baumelnd und die Hände fest an den Rändern. Sein Gesicht leuchtete vor Aufregung.
„Okay, Seungmin, gib Gas!", rief er, und bevor ich realisieren konnte, was geschah, rannte Seungmin mit dem Wagen los, als wäre er ein olympischer Sprinter.
Jeongin schrie, erst vor Schreck, dann vor Lachen, als der Einkaufswagen über die Pflastersteine holperte. Die anderen standen herum,
Hyunjin und Felix hielten sich aneinander fest vor Lachen, während Chan kopfschüttelnd das Handy zückte, um alles zu filmen.
„Das wird so enden, dass jemand im Krankenhaus landet," murmelte Chan, aber selbst er konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.
Der Einkaufswagen machte eine abrupte Kurve, wobei Jeongin fast aus dem Wagen fiel und alle brachen in lautes Gelächter aus, als er sich verzweifelt wieder hochzog.
„Noch mal! Noch mal!" rief Jeongin, aber bevor Seungmin den Wagen wieder in Bewegung setzen konnte, verschränkte Jisung die Arme und trat einen Schritt vor.
„Moment mal! Warum darf Jeongin alles Spaßige machen? Ich will auch mal!" sagte er, seine Stimme halb gespielt beleidigt, halb voller echter Forderung.
„Du?" fragte Seungmin mit einem skeptischen Blick.
„Du bist viel anstrengender als Jeongin."
„Das klären wir später," murmelte Jisung und begann schon, in den Einkaufswagen zu klettern. Es war ein Chaos - er war viel weniger geschickt als Jeongin und brauchte gefühlt eine Ewigkeit, bis er endlich mit einer Mischung aus Stolz und Erschöpfung im Wagen saß.
„Dein Chauffeur wartet," sagte ich und verschränkte die Arme, während Jisung mich mit einem herausfordernden Blick ansah.
„Minho, wenn ich das mache, dann schiebst du mich," forderte er, und sein Ton ließ keinen Platz für Diskussionen.
Seufzend trat ich nach vorne, packte die Griffe des Einkaufswagens und spürte, wie Jisung sich im Wagen zurechtrückte. Er grinste mich an, so breit, dass seine Augen fast verschwanden.
„Bereit?" fragte ich, meine Stimme tiefer, als ich es beabsichtigt hatte.
„Los!"
Ich rannte los, der Wagen holperte über die Steine und Jisungs Lachen füllte die Nacht. Es war ein lautes, ungehemmtes Lachen, das ich liebte, ein Klang, der jedes Mal etwas in mir zum Leuchten brachte.
„Schneller, Minho!" rief er und ich gab mein Bestes, auch wenn ich schon spürte, wie meine Beine brannten. Der Wagen machte einen scharfen Schlenker und Jisung streckte die Arme in die Luft, als würde er auf einer Achterbahn sitzen.
Die anderen lachten und jubelten, und ich konnte nicht anders, als auch zu grinsen. Es war ein Moment purer Leichtigkeit, ein Moment, in dem die Welt um uns herum nicht existierte.
Als ich schließlich langsamer wurde und der Wagen zum Stehen kam, sprang Jisung heraus, fast direkt in meine Arme. Er lachte immer noch, seine Wangen waren rot von der Kälte und der Aufregung, und ich spürte, wie sein Atem in kurzen Stößen gegen meine Schulter prallte.
„Du bist der Beste," murmelte er, seine Stimme plötzlich leiser, aber voller Wärme.
„Das weiß ich," sagte ich grinsend und er stieß mich leicht gegen die Brust, bevor er wieder zu den anderen lief, die lautstark forderten, dass jemand anderes jetzt an der Reihe war.
Die Nacht war voller Lichter, voller Lachen und während ich dort stand und ihnen zusah, wusste ich, dass dieser Moment für immer in mir bleiben würde.
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