Vier Stunden Schlaf
Keine drei Tage später ereilt ihn der Ruf des Herrn und Pater Alexander Anderson muss sich von dem Waisenhaus zeitweise verabschieden. Die Kinder werden ihn vermissen und die Schwestern wünschen ihm alles Gute und der Segen Gottes wird bei einer kleinen Messe ausgesprochen, damit er sicher Reisen kann. Er will nicht. Er will wirklich nicht zu Hellsing und ihnen helfen! Doch was er von Iskariot gehört hatte, hat auch ihn ziemlich beunruhigt. Leichen werden gefunden, denen die Organe, Zähne und Daumen fehlen. Eindeutig das Werk eines Kults, das steht fest. Was aber dieser Kult will und wie er vorgeht, das ist noch niemandem klar. Bevor er allerdings in Richtung seines nervlichen Unterganges fliegt, gibt es noch ein kurzes Treffen im Vatikan. Renaldo und Makube beraten sich mit ihm noch über notwendige Schritte die man theoretisch einleiten muss und wie man eine mögliche Katastrophe verhindern könnte. Erst dann sitzt er mit einem gepackten Koffer im Jet und die Reise beginnt. Hat er schon einmal erwähnt, dass er keine Lust hat? Aber was bleibt ihm anderes übrig, wenn es wohl auch um die internationale Sicherheit geht? Die Zeit wird er wohl hoffentlich schnell mit dem verdammten Blutsauger rumkriegen. Während des Fluges liest er teils in einem normalen Buch, oder sieht etwas auf seinem Handy nach. Dank des eingebauten Wlan kann er auch ein paar Whatsappnachrichten beantworten, bevor er sich entweder wieder dem Buch oder der Aussicht widmet, die hier wirklich immer wieder atemberaubend ist. Der Herr hatte tatsächlich seine Arbeit mit dieser Welt und er hat sie mehr als nur wunderbar geschaffen. Manche Kreaturen hätte er ruhig bei der Produktion vom Fließband schmeißen können, aber was solls. Was Gott erschafft, dem soll man mit Respekt entgegen treten. Und wenn man nur ‚Respekt' auf der Schuhsohle stehen hat und diese im Gesicht des Gegenübers versenkt. Bis der Pater auftaucht wird versucht, noch so viel wie nur irgendwie möglich herauszufinden. Alucard wird direkt darauf angesetzt, dass man irgendwelche Informationen herausfindet. Seien es nur einfache Dinge oder kleine Hinweise darauf! Auch Iskariot setzt sich für die Informationsbeschaffung ein und sucht nach möglichen Hinweisen darauf, dass dieser Kult sich auch international niedergelassen hat. Bis jetzt findet man aber nur den Namen heraus. Mortem, der lateinische Tod. Wieso aber Mortem? Der Name klingt mehr als nur unheilvoll. Was wollen sie mit den Leichen und den Dämonenbeschwörungen? Was haben sie genau vor? Sind es Menschen, Vampire oder was genau ist in diesem Kult vorhanden? Auf was haben sie es abgesehen? Was ist das Ziel? Wie lange existieren sie wirklich schon und wie lange konnten sie bis jetzt unter dem Radar aller den Aufbau voranbringen?
„Wurde aber auch Zeit, Pater. Wir machen uns am besten gleich an die Arbeit und werden es hoffentlich so schnell wie möglich hinter uns bringen." So begrüßt Lady Integra Alexander, als dieser von Seras hereingebracht wird. Eine normale Begrüßung wäre ja auch zu viel gewesen, nicht wahr? Es ist Abend und nicht einmal dann scheint sie umgänglicher zu werden. Alucard ignoriert er einfach. „Der Herr wird es danken.", brummt der Pater und nickt zustimmend. Zu lang will er tatsächlich hier nicht sein. Was auch immer Mortem machen will, er wird seine gesamte Kraft auf diesen Fall konzentrieren und dann schnell wieder in den heiligen Hallen sein. Weg von diesem Protestantenpack. Integra winkt ihn zu sich und somit beginnt die erste richtige Besprechung zu viert, da auch Seras anwesend ist. Welche Vorgehensmaßnahme wäre am besten und wie kann man sie verwirklichen. Welche Informationen würden zu welchem Schluss führen und wie könnte man auf die verschiedensten Ergebnisse reagieren. Die Informationen werden zusammengetragen, um ein großes Bild kreieren und vielleicht noch irgendwo einen Anhaltspunkt finden zu können. Aber sie trampeln auf der Stelle. Ein direktes Mitglied dieses Kults zu finden hat sich als fast unmöglich dargestellt und sonst haben sie keine Hinweise mehr. Alucard und Seras spüren nichts was dämonische Energie betrifft und einfach stichprobenartig in Gebäude eindringen, das können sie sich von der Zeit nicht leisten. Zwar wäre es wenigstens etwas, aber vielleicht finden sie durch intensivere Recherche noch mehr. Durch die Leichenansammlung direkt in Großbritannien sind sie sich fast sicher, dass hier das Epizentrum und somit irgendwo der Hauptsitz des Kults sein muss. Eine Lösung muss her. Aber wie soll sie aussehen? Integra zuckt erschrocken zusammen und sieht zu dem klingelnden Telefon. Auf dem kleinen Display erscheint eine ihr unbekannte Nummer. Sie runzelt die Stirn und zögert kurz, ehe sie abhebt. „Hellsing." Am anderen Ende ist ein erleichtertes Seufzen zu hören. „Ja, hier Nici! Labor. Fucky-wucky und so. Ehm... Joa. Ich denke mal, dass Alucard was vergessen hat und bis ich die Nummer hier gekriegt habe musste ich den Dok auf meinen verdammten Knien anbetteln. Wenn er seine Brille also abholen will, sollte er wieder den gleichen Kaffee wie letztes Mal als Dank mitnehmen! Ich hab mir Überstunden für die Nummer aufbrummen lassen dürfen!" Die Lady sieht zu Alucard und legt den Kopf schief. „Alucard. Hast du was im Labor vergessen?" Der schwarzhaarige muss nachdenken. Eigentlich hat er alles. Der Hut ist auf, sein Handy ist dabei, die Pistolen sind in der pocket Dimension. Mit leicht skeptischen Blick schüttelt er den Kopf und sie seufzt. „Deine Brille. Bei dir hat man echt ‚Tritt-die-Laterne-aus' gespielt, was?" Integra verdreht die Augen und nickt. „Er wird sie gleich abholen und den Kaffee mitbringen." Nicole lässt erleichtert den Kopf hängen und lächelt. „Hab heute eh Überstunden. Bin also noch-" Kurze Pause, in der sie selbst auf die Uhr sehen muss. „Aw, shit. Ich bin noch fast fünf Stunden hier. Kann er auch einen doppelten Espresso mitnehmen? Oder einen trippel?" Ein kurzer Blick zum Telefon, ehe Integra den Kopf schüttelt. „Wir werden sehen. Auf jeden Fall ist er gleich da. Gibt es noch irgendwelche Neuigkeiten? Langzeitbebrütung oder so?"
Da ist Nici mal kurz überfragt. „Geben Sie mir einen Moment. Ich muss mal kurz zu dem Brutschrank und kann direkt nachsehen." Langzeitbebrütung bedeutet dass man nachsieht, ob innerhalb von 14 Tagen etwas wächst und somit kann man sehen, ob sehr langsam wachsende Bakterien auch noch mit von der Partie sind. Leise summend klemmt die braunhaarige das Handy zwischen Ohr und Schulter, ehe sie den Schrank öffnet und ihr die Wärme schon entgegen kommt. Ein Klirren ist bei Integra zu hören die sich vorstellen kann, dass sie nun die kleinen Glasfläschchen rausgeholt hat, in denen der flüssige Nährboden ist. „Hm... negativ. Negativ. Negativ. Nega-" Wieder kurze Stille und die Hoffnungen gehen hoch! „Nope, negativ und die letzte..." Ein vielversprechendes und fragendes Brummen. „Moment." Nicole legt das Handy auf die Seite, stellt die restlichen Fläschchen wieder in den Schrank und hält die eine Bouillon gegen das Licht. Trüb. „Nicole?" Integra will wissen, was jetzt ist und ob es vielleicht einen Hinweis geben könnte. „Ich sagte einen Moment! Ein Moment ist auf 90 Sekunden festgelegt und die sind noch nicht erreicht!", zischt die braunhaarige genervt und widmet sich wieder der Brühe. Sie schraubt den Deckel runter und ohne sich das irgendwie zufächern zu müssen, breitet sich ein ziemlicher Gestank aus. „Oha... Das Zeug mieft." Alucard, der das mithören kann, ist ein wenig angeekelt. Wenn SIE schon sagt dass es mieft, dann wird es für seine Nase unerträglich sein. „Positiv, Lady Integra! Aber ich weiß noch nicht welches Bakterium. Ergebnisse müssen also noch warten." Wenigstens könnten sie vielleicht an einen neuen Hinweis kommen. „Bis Alucard da ist, werde ich versuchen ein paar Eingrenzungen vorzunehmen. Vielleicht kann ich dann wenigstens herausfinden ob es-" Integra schaltet bei dem medizinischem Geplapper einfach ab. Genau wie Alucard, während Seras es irgendwie versucht zu verstehen! Doch auch sie gibt bald auf und der Pater steht da und hat von nichts eine Ahnung. „Nimm ihn mit, Alucard. Seras? Bereite den Wagen vor und gib dem Fahrer bescheid. Jede Info könnte uns jetzt weiterhelfen, verstanden? Ich will alles und wenn du es aus ihrem Kopf holst!" Nicole hört dahingehend gar nicht hin, da sie immer noch leise und in Gedanken vor sich hin murmelt, mit welchen Maßnahmen sie welche Zweige in der Abspaltung der verschiedenen Arten beseitigen oder bestätigen könnte. „Gut, er ist auf dem Weg und bringt noch einen... Kollegen mit.", unterbricht Integra das Ganze und legt nach einem kurzen Brummen auf. Währenddessen sind die beiden im Wagen und werden schon gefahren.
Draußen ist es schon dunkel und sie ist eben ein Teil der Nachtschicht. 13 Stunden hat sie schon fertig, drei sind noch vor ihr. Der Dok und an sich jeder aus der Tagschicht ist schon vor ein paar Stunden nach Hause gegangen, weswegen sie das mit den Regeln ein wenig lockerer nimmt. Während ein paar Test laufen und die Ergebnisse eben noch ein wenig auf sich warten lassen, da Testfelder und ihre Seren einwirken müssen, hat sie sich eine der Energydosen gekrallt und trinkt sie, während sie am PC der Annahme die Testergebnisse der Maschinen ansehen kann. Entgeistert starrt sie auf den Bildschirm. Es macht keinen Sinn. Es macht keinen Sinn! Die Ergebnisse widersprechen sich auf so vielen Ebenen, dass das keine validen Testergebnisse sein können. „Da kann doch was nicht stimmen, aber was?" Sie legt sich die erst frisch desinfizierte Hand auf den Mund und schüttelt nachdenklich den Kopf. „Alter... was zum fick? Scheiße." Sie wiederholt die Tests immer und immer wieder, bekommt aber keine anderen Ergebnisse. Offiziell muss man das melden, das weiß die Lady dann bald hoffentlich! Mit der Dose in der Hand lehnt sie sich nach hinten an die Lehne des Stuhls und starrt immer noch auf den Screen, der ihr immer und immer wieder das gleiche Ergebnis anzeigt. Nicole trinkt gerade von dem Energy, als Alucard mit dem Pater in das Labor kommt und der schwarzhaarige amüsiert schnaubt. „Wie war das mit Getränken im Labor?", meint er nur und sie sieht nicht einmal zu ihm. „Das ist mir gerade sowas von scheiß egal. Wir haben andere Dinge auf die wir uns konzentrieren sollten." Die roten Augen gehen kurz skeptisch zu Anderson, der bisher kein einziges Wort mit ihm gewechselt hat, ehe die beiden zu der jungen Frau gehen. Diese holt etwas aus ihrer Kitteltasche und hält es hoch. Die Brille in der Hand wird gegen den Kaffeebecher ausgetauscht. „Trippel, wie gewünscht. Sogar mit zwei Stück Zucker." Das lässt sie kurz Lächeln ehe sie ihm zunickt und einen Schluck des Kaffees trinkt. Sofort schluckt sie ihn runter und streckt die Zunge raus. „Oh, Achtung heiß." Ein leicht genervter Blick geht von Nici zu ihm, ehe sie die Augen verdreht und seufzend zu dem blondhaarigen Mann sieht. Sie stockt. Ein skeptischer Blick zu Alucard, dann wieder zu dem anderen mit der großen Narbe auf der linken Seite seines Gesichts. Einen Moment bleibt sie noch skeptisch, ehe sie lächelt und nickt. „Hey, ich bin Nicole. Nici reicht völlig aus!" Der Pater erwidert den leicht skeptischen Blick und nickt ebenfalls kurz. „Pater Anderson der Name. Erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen. Sie bringen uns auf den neusten Stand?" Die braunhaarige zieht laut die Luft ein und sieht wieder auf den Bildschirm. „Das ist jetzt noch die Frage. Yersinia Pestis, das Bakterium welches die Pest auslöst. Einen Pestfall können wir überhaupt nicht gebrauchen und das ist verdammte Scheiße nochmal Meldepflichtig!" Seufzend stellt sie den Kaffeebecher weg und kehrt zum kühleren Energy zurück. „Hey, lass deine Pumpe in Ruhe.", murrt Alucard der fürchtet, dass ihre kleine Informantin dahingehend irgendwann verrecken könnte. „Ich habe noch drei Stunden meiner 16 Stunden Schicht zu arbeiten wegen der Überstunden, die ich nur dadurch bekommen habe weil ich die Nummer von Hellsing wollte. Also entweder du hältst jetzt die Klappe, oder ich übergieß dich mit Bouillons. Das Zeug stinkt, wenn die richtigen Bakterien angezüchtet sind." Alexander muss doch glatt schmunzeln und nickt zufrieden, da der Vampir in seine Schranken gewiesen wurde. „Würde ihm gut tun.", stimmt er zu und bekommt dafür ein kurzes Lachen von Nicole, die dabei nur leicht den Kopf schüttelt. „Könnt ihr beide nicht dableiben? Ich hab endlich wieder gute Laune." Doch diesen Wunsch können sie ihr nicht erfüllen. „Ist es sicher, dass es die Pest ist?", fragt Alucard und sie wird sofort wieder ernst, ehe sie sich mit dem Drehstuhl umdreht und die Dose an ihren Mund hebt. „Sicher ist nur der Tod und selbst der verpisst sich manchmal." Nici trinkt einen Schluck und leckt sich über die Lippen, ehe sie mit den Schultern zuckt. „Nein, natürlich nicht. Die Platten zur Identifizierung habe ich schon ausgestrichen, wir müssen jetzt aber warten. Das Ding ist, dass ich morgen eigentlich frei habe." Anderson sieht, wie sie die Augen schließt und wieder zum Trinken ansetzt. „Offensichtlich nicht. Das heißt ich werde heute effektiv vier Stunden schlafen, bevor ich wieder aufstehen muss, damit die Herrschaften die Ergebnisse bekommen. Außer ihr lasst den Dok ran, ich bin ja nur die Notlösung." Alucard verzieht nur kurz das Gesicht und verschränkt die Arme. „Immerhin eine effektive Notlösung." Sie schnaubt und stellt die Dose weg. „Das ist das Ding, das bis jetzt am nächsten an ein Kompliment rankommt. Respekt, Großer." Der schwarzhaarige zieht eine Augenbraue hoch. „Leicht gereizt heute, was?" Nici gähnt und streckt sich. „Ich bin müde, habe Hunger und lebe seit acht Stunden nur auf Koffein. Das ist normal."
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