Rückkehr
Sowohl die Fahrt zurück zum Jet als auch der Flug sind ruhig. Die Fahrt, weil auch der Pater endlich ein wenig entspannen kann und sich Alucard und Nici nicht um ihn sorgen müssen. Der Flug, weil sogar der Urvampir in seinem Sitz pennt und alle drei erst von den Piloten geweckt werden mussten als sie da waren. Es braucht ein bisschen bis Nicole wach genug ist um sie zurück zum Anwesen zu fahren. Alucard ist so müde, dass er sie jetzt nicht wirklich im Schatten transportieren möchte und der Pater kann kaum die Augen offen halten. Als die braunhaarige immer wacher wird merkt sie, wie schön das irgendwie ist. Sie weiß, wie sich ihre Mutter gefühlt haben muss als sie ihren kleinen Bruder und sie nach einem langen Tag im Freibad vollkommen erschöpft in das Auto gepackt hat. Ihr großer Bruder ist ja damals abgehauen und zu seinem biologischen Vater. Offiziell ist er ja nur ihr Halbbruder, aber sie hat ihn nie als halb angesehen. Auf der Fahrt zurück packt sie ein paar Songs von Shakira aus und fühlt sich wie damals, als sie in den Urlaub gefahren sind und einfach nur irgendwelche CD's hatten, weil es ab einem bestimmten Punkt kein deutsches Radio mehr gab und ihr Vater keinen richtigen Empfang mehr hatte. Mitsingen tut sie nicht, da sie Alexander im Rückspiegel schon wieder schlafen sieht und auch Alucard die Augenlider langsam zuklappen, während er seinen Kopf mit einem Arm an der Tür abstützt. Die beiden sind so verdammt süß. Der Verkehr ist relativ wenig, sollte aber um halb drei in der Früh kein Wunder sein. Nur hin und wieder kommt ihnen ein Wagen entgegen, meistens ist es einfach ruhig. Sie lässt den Motor auch nicht aufheulen, als sie auf die einzige Verbindungsstraße zum Anwesen einbiegt. Nur langsam erhöht sie die Geschwindigkeit und lässt das Fernlicht an. Immer wieder blickt Nicole in den Rückspiegel oder auf die Seite. Beide sind eingeschlafen. Während der Kopf des Paters einfach hängt als wäre er an nichts festgemacht, ist der Mund des Urvampirs leicht offen. Sollte sie einen der beiden verlieren, sie wüsste nicht was sie tun sollte. Sie ist jetzt ein Werfuchs, nicht wahr? Irgendwelche anderen Vorteile als die bisher entdeckten muss es doch noch geben, oder? Sie weiß, dass ihre Sprungkraft und ihre Schnelligkeit erhöht ist. Ihr Gehör verbessert sich wenn die Ohren da sind, ihre Augen scheinen sich automatisch an die Lichtverhältnisse anzupassen und wenn sie will, scheint sie auch besser riechen zu können. Was ist mit der Kraft? Hat sie eine verbesserte Kraft, wenn sie in der Gestalt ist? Außerdem hat Alucard etwas von mehreren Stadien gesagt. Es gibt also mehr als diese Fuchs/Menschen-Form? Mehr als dieser Hybrid? Zu was wäre sie noch in der Lage? Kann sie nur einzelne Dinge erscheinen lassen, zum Beispiel die Ohren, die Krallen oder den Schweif? Könnte sie ein normaler kleiner Fuchs werden? Kurz vor dem Anwesen wird Alucard urplötzlich wach und hebt abrupt seinen Kopf. Irritiert blinzelt er ein paar Mal und sieht sich um, ehe er nach hinten sieht. Auch er sieht den schlafenden Pater und sieht dann zu einer schmunzelnden Nicole. „Bist du gar nicht müde?", fragt er leise, doch sie zuckt nur mit den Schultern. „Wenn ich meine Mutter zitieren dürfte? ‚Selbst als kinderlose Ehefrau hättest du ein Kind, deinen Mann.' Naja, ich hab zwei und um die muss ich mich eben kümmern. Und wenn ich eines von meiner Ma gelernt habe, dann ist es der Fakt dass du mit Kindern nie Ruhe hast und Müdigkeit nur eine Illusion ist." Dieses Weib...
Der nächste Morgen ist um einiges entspannter, wobei man hier nicht mehr von morgens reden kann. Die drei stehen erst so wirklich um kurz nach halb eins am Nachmittag auf und informieren die Lady über den Zustand von Nicole. Diese ist einfach nur beruhigt dass der Ausflug nach Schottland was gebracht hat, auch wenn sie nicht ganz weiß was dort passiert ist. Aber solange das Endergebnis passt, ist ihr der Rest eigentlich egal. „Sehr gut. Deine Aufgabe für die nächsten Tage ist herauszufinden wie du das am besten kontrollieren kannst, verstanden? Du kannst nicht einfach spontan zu einem Hybriden werden!" Wäre im Labor durchaus komisch, dass muss Nicole dann schon zugeben. Seufzend lässt sie kurz den Kopf sinken, bevor die Lady zu Anderson sieht. „Was auch immer passiert ist, danke. Ich denke nicht, dass das sonst so schnell, wenn überhaupt geklappt hätte." Der Pater zuckt mit den Schultern. „Kein Problem. Ist ja auch für mich ein Vorteil." Ein kurzer Moment Stille, bevor er leicht amüsiert schnaubt. „Für uns." Oho? Integra sieht interessiert von dem blondhaarigen zu Alucard, dessen Mundwinkel ein wenig nach oben gehen. Scheinbar verstehen sich die beiden ja doch ein wenig besser. Ob sie das allein geschafft haben, oder hat Nicole nachhelfen müssen? Diese hält sich aber mit jeglicher Emotion zurück und blickt auf den Boden. Es sieht nicht aus, als wäre sie jetzt so wirklich begeistert. Sollte sie das nicht freuen? Was Integra aber nicht sieht, Alucard aber umso mehr spürt, ist die Liebe und der Stolz, welche sie in dieser Situation empfindet. Die Erleichterung, dass die beiden jetzt bald nebeneinander gehen könnten ohne sich zu nerven. Das Wissen, dass Alucard sogar schon einen Schritt von sich aus auf Alexander zugegangen ist. All das versucht sie gerade zu verbergen, in dem sie einfach nur auf den Boden starrt und sich innerlich freut. Eine Hand auf ihrem Kopf lässt sie aufschrecken und sie sieht zu Alucard, der eine Augenbraue hochgezogen hat. Willst du mir nichts darüber erzählen, was du mir da so emotionstechnisch vor den Latz knallst? Lange muss sie nicht nachdenken. Nein. Nein, nicht wirklich. Ihr Schmunzeln ist schon ein halbes Grinsen und sie spürt die behandschuhte Hand an ihrer linken Wange. Sicher? Ich könnte einfach so in deine Gedanken. Nici bleibt die Ruhe selbst, zwinkert ihm sogar kurz zu. Das würdest du nicht, Babe. Dafür hast du zu viel Schiss vor den Konsequenzen. Alucard sieht zu, wie sie seine Hand nimmt und ihre Lippen auf seinen Handschuh auf dem Handrücken legt. „Schachmatt, mein bester." Der schwarzhaarige grinst inzwischen breit. „Ich bin der Einzige von uns drei der in die Gedanken kann. Wie kannst du es wagen meine einfach so zu wissen?"
Während Alexander sich eigentlich schon an diese gedankliche Kommunikation gewöhnt hat die er so oder so nicht mitbekommt, legt Integra den Kopf schief. Was zur Hölle haben die beiden bitte gerade besprochen? „Also entweder ihr nehmt euch ein Zimmer, klärt mich auf oder wir kommen wieder zum aktuellen Thema zurück." Nici sieht zu Anderson, dieser blickt leicht amüsiert zurück. Eine Ahnung taucht auf, die ihn lächeln lässt. Die braunen Augen gehen dann zu Alucard, der immer noch breit grinst aber dann zur Lady sieht. „Wisst Ihr, Lady Integra. Es gibt die Bienchen und Blümchen. Und wenn sich-" „Nicole. Wenn du noch ein Wort davon weiter ausführst werde ich dich des Anwesens verweisen. Verarsch mich nicht!" Alucard verkneift sich das Lachen und nickt. „Dann sollten wir wohl zu den aktuellen Themen zurückkehren." Wenigstens etwas. Wenigstens könnten sie jetzt endlich weiterreden! „Also gut. Du hast noch heute und Morgen, dann gehst du wieder arbeiten. Bis dahin solltest du wirklich alles unter Kontrolle haben." Die braunhaarige nickt nun ein wenig ernster, der Spaß ist jetzt vorbei. Mit einem Mal kommt eine fast panische Seras in den Raum gestürmt. „Lady Integra! Lady Integra! Es gibt- Also da ist- Wir müssen-" „Beruhig dich, Seras. Was ist das Problem?" Die Lady weiß, dass Seras keine Besprechung vor allem mit ihrem Meister unterbrechen würde, wenn es nicht wirklich absolut wichtig wäre. „Wir- Wir- Wir- Also da ist- Die Leiche ist-" Nicole geht zu Seras und nimmt sie einfach in den Arm. „Ganz ruhig. Tief ein- und wieder ausatmen, auch wenn du es nicht brauchst. Ein." Sie atmet mit der Draculina tief ein. „Und wieder aus." Beide lassen die Luft wieder raus. Sie wiederholen das weitere drei Mal, bevor die blondhaarige Frau nickt und zu verstehen gibt, dass es wieder geht. Die Augen gehen zu Lady Integra, die geduldig gewartet hat. „Sie haben wieder eine ausgehöhlte Leiche gefunden! Diesmal fehlt aber die Zunge!" Jeder hier im Raum erstarrt für eine Sekunde, ehe man sie von allen Seiten anstarrt. „Bitte?" Seras geht an Nici vorbei zu Integra, die das ganze nicht fassen kann. Hoffentlich ist es nur ein dummer Zufall. Seras holt schnell ihr Handy raus und zeigt ihr den Chatverlauf mit einem Polizisten, mit welchem sie noch immer Kontakt hat. Somit bekommt sie also als erstes mit wenn so etwas vorfällt. Auf dem Bild ist die Leiche deutlichst mit aufgeschnittenem Bauch und entnommenen Organen zu sehen. Aber nicht alle Organe. „Nici, komm her." Die braunhaarige sieht unsicher zu den beiden Männern, ehe sie der Anweisung folgt und sich neben Seras stellt. Integra schiebt ihr das Handy mit einem Foto hin. „Es sieht so aus, als würden nur bestimmte Organe fehlen. Kannst du sagen welche?" Perplex sieht sie von der Lady auf das Foto. Es zeigt den Körper von vorn. „Die Wundränder sehen aus als wäre ein scharfer Gegenstand dazu benutzt worden. Ein Y-Schnitt, aber von medizinischem Personal oder jemand, der sich damit auskennt. Der Schnitt ist fast perfekt ausgeführt. Er ist präzise, kein Schnitt hat eine doppelte Schnittlinie, also hat die Person nicht gezögert. Wer auch immer das gemacht hat hatte eine Ahnung was er oder sie tut. Der Brustkorb ist sauber entfernt worden, die Ränder an den Rippen sehen einigermaßen sauber aus, also kein Bruch. Irgendein Werkzeug. Es sieht so aus als wären die Gedärme auf die Seite geschafft worden, so wie sie halb raushängen. Herz fehlt. Lunge auch. Die Leber kann ich auch nicht sehen. Magen ist noch da. Bei der Milz habe ich keine Ahnung. Nieren sehe ich nicht, können aber auch mit den Gedärmen auf der Seite hängen. Es ist eine Frau, den Uterus kann ich auch nicht sehen."
Mit diesen Worten hebt sie abwehrend die Hände und tritt einen Schritt zurück. „Für mehr reicht erstens das Foto nicht aus und zweitens die zwei Halbjahrespraktika wegen meiner Schule in der Gerichtsmedizin. Für mehr müsste ich die Leiche direkt sehen, aber das überlasse ich lieber den Profis. Ich kenne meine Grenzen, Lady Integra und das ist das meiste was ich sagen kann wo ich keine Fehler machen kann." Es reicht ihr trotzdem. Mit einem Nicken bedankt sie sich und lässt Seras das Handy wieder einstecken. Die Augen der Lady sind direkt auf die Draculina gerichtet. „Falls so etwas wieder in Serien auftaucht, will ich sofort davon bescheid wissen. Alles was dahingehend passiert will ich sofort wenn du es erfährst auch wissen. Nur wenn ich schlafe würde ich gern weiterschlafen, aber ansonsten komm SOFORT zu mir, hast du verstanden? Wir brauchen kein Mortem 2.0!" Seras nickt und tritt ebenfalls einen Schritt zurück. „Verstanden. Ich werde Euch sofort bescheid geben, wenn ich mehr zu diesem Fall weiß und wenn ich noch einmal eine Benachrichtigung von weiteren Fällen bekomme." Besorgt sieht der Pater von Seras zu Alucard. Dieser erwidert den Blick und nickt. Es könnte zu Nachahmern geführt haben, aber auch zu einem weiteren Kult in diesem Metier führen welcher die Arbeit von Mortem dort aufnimmt, wo man sie eigentlich abgeschlossen hatte. Jeder in diesem Raum hofft dass niemand so dumm ist, diesen Kult wiederaufleben zu lassen. Ein Kult der hunderten, wenn nicht sogar tausenden das Leben gekostet hat. Sowohl Vampiren als auch Menschen. Ein Kult der es verdient hat ausgerottet zu werden. Natürlich keimt jetzt in Integra und auch Alucard die Frage auf, ob sie vielleicht nicht alle Kultmitglieder haben erwischen können. Gab es Leute im Untergrund? Gab es Leute, die sie einfach nicht auf dem Schirm hatten? Die unter dem Radar ihrer Ermittlungen durchgehuscht sind? „Pater Anderson? Ich empfehle Iskariot zu verständigen. Gebt ihnen weiter, dass wir wieder eine Leiche haben aber sagt auch, dass wir uns nicht sicher sind ob es Mortem ist! Mehr wissen wir erst, wenn wir die Laborergebnisse haben und ein Arzt unseres Vertrauens die Leiche untersucht hat. Ich werde die Ergebnisse sofort weitergeben, auch wenn es nichts ist." In diesem Fall müssen Iskariot und Hellsing eben wieder zusammenarbeiten, auch wenn sie das irgendwie schon seit der Zeit tun, in der die drei in dieser komischen Dreiecksbeziehung leben. Der Geistliche nickt und holt sein Handy raus. „Wenn Ihr mich bitte entschuldigen würdet." Während Alexander nach draußen geht um Makube von diesem Vorfall zu erzählen und ihn auf den neuesten Stand zu bringen, legt Alucard seinen Arm um Nici. „Ich wusste gar nicht dass du in der Gerichtsmedizin gearbeitet hast." Wissend lächelt sie und nickt. „Du weißt so einiges nicht von mir. Vielleicht habe ich keine 589 Jahre an Erfahrung und habe somit weniger Geschichten zu erzählen als du, aber bisher habe ich jeden Fakt meiner Existenz in 26 Jahre gepresst. 26 Jahre voller idiotischer Entscheidungen, Erfahrungen und Wünsche die nie in Erfüllung gehen werden." Oh? „Welche Wünsche zum Beispiel?" Nici seufzt und sieht auf dem Boden. „Nach Japan fliegen und da einfach nur alles ansehen. Originales Sushi probieren und so. Dinge, die es einfach nur da gibt. Oder mal einen richtigen Araber reiten! Die sollen so einen wunderschönen Galopp haben. Was war noch... oh! Etwas in der Mikrobiologie entdecken, was sonst noch nie jemand entdeckt hat!" Ein schnauben entkommt dem schwarzhaarigen. „Bis auf das letzte sind es Wünsche, die ich dir erfüllen kann Kätzchen. Sprich es aus und ich mache es für dich." Sie setzt schon zum sprechen an, als er die Hand hebt und sie wieder verstummt. „Nein, das ist nicht zu viel verlangt. Weib, wir haben im wahrsten Sinne des Wortes eine Ewigkeit Zeit. Ich denke mir, dass auch der Pater zustimmen wird wenn er weiß, dass es deine Wünsche sind. Und nein, kein aber. Du hast diese Wünsche geäußert und ich werde mich darum kümmern." Mit einem überraschend breiten Grinsen umarmt Nici ihn von der Seite und vergräbt ihr Gesicht so an seinem Mantel den sie sich gestern ausgeliehen hat, dass ihr Gesicht nicht mehr sichtbar ist. Dennoch spürt Alucard die Freude, die über das emotionale Band geschickt wird.
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