Kapitel 3 band 4
Kapitel drei, Bd. 4
Nachdem die Gildenmeister die Verleihung des Rangs und Namens mit Respekt und einem erneuten Nicken anerkannt hatten, ließ Tyren die Runde zur Ruhe kommen. Die Atmosphäre war nun weniger angespannt, auch wenn ein unterschwelliges Prickeln blieb - die Bedeutung des soeben Erreichten war jedem bewusst.
Emilia saß am Ovalen Tisch neben ihren Partnern, ihre Haltung fest und ihr Blick klar. Sie wusste, dass dieser Moment mehr war als ein einfacher Titel oder eine Anerkennung. Es war ein Schritt, der die Bindung zwischen ihnen und die Mission, die sie trugen, nur noch enger knüpfte. Während sie ihren neuen Rang und Namen annahmen, spielte in ihrem Inneren eine Mischung aus Stolz und Besorgnis. Sie musste stark bleiben - für sich, für ihre Gefährten, für alles, was noch bevorstand.
Jake ließ seinen Blick über die Gildenmeister wandern und hielt inne, als er Kaelith ansah. Er wusste, dass ihre Beweggründe nicht ohne Eigennutz waren, doch er konnte den Respekt, den sie Emilia und der Gruppe entgegenbrachte, nicht leugnen. Er nickte kaum merklich und verschränkte die Arme vor der Brust, während er sich ein letztes Mal umsah.
Tyren räusperte sich und trat wieder vor, um das Gespräch weiterzuleiten. „Nun, da die Anerkennungen und Titel vergeben sind, kehren wir zu den weiteren Themen zurück. Jake, du hast uns bereits Einblicke in eure Erfahrungen mit den Silberlilien gewährt. Doch es gibt weitere Fragen - insbesondere, was die gesetzlose Zone betrifft."
Das Raunen im Raum verstummte, als sich alle Augen auf Jake richteten. Seine Partner rückten unmerklich näher, bereit, ihn zu unterstützen, wenn nötig. Jake trat mit einer Entschlossenheit nach vorne, die keine Unsicherheit zeigte. „Unsere Erfahrungen in der gesetzlosen Zone sind umfangreich - und gefährlich. Doch ich werde nichts ohne einen triftigen Grund preisgeben."
Einige Gildenmeister verzogen unmerklich das Gesicht, während andere respektvoll nickten. Es war klar, dass Jake die Führung über das Gespräch nicht abgeben würde. „Was genau möchtet ihr wissen? Und seid euch bewusst - nicht jede Information wird umsonst gegeben."
Eine kurze Stille trat ein, bevor einer der Gildenmeister, Malakar mit scharfen Augen und einer geheimnisvollen Aura, sich nach vorne lehnte. „Berichte uns von den Bewegungen der Miasma-Ströme und ihrer Quelle."
Jake hielt inne, sein Blick wanderte zu seinen Partnern, bevor er antwortete. „Die gesetzlose Zone hat sich verändert. Das Miasma ist lebendiger, als es je war. Eine verzerrte Energie... und es scheint, als hätte sich etwas oder jemand in ihren Mittelpunkt begeben. Wir fanden keine endgültigen Antworten, doch es war klar, dass das Miasma gelenkt wird."
Ein nervöses Raunen zog durch den Raum, und Kaelith sprach mit ernster Stimme. „Ihr habt euer Leben riskiert, um solche Erkenntnisse zu gewinnen. Doch welche Gefahren haben euch konkret bedroht?"
Jake seufzte und ließ seine Augen für einen Moment schließen. Bilder von Kämpfen, Flucht und Tod blitzten in seinem Geist auf. „Kreaturen, wie ihr sie nur in den schlimmsten Albträumen findet. Sie sind verzerrt - mehr Scheusal als Gefährten, und sie trugen den Wahnsinn in ihren Augen. Das Miasma verzehrte sie, und jeder Schritt, den wir gingen, war begleitet von der Gefahr, selbst unter den Einfluss zu geraten."
Chaid spürte die Schwere seiner Worte und trat nach vorne. „Das ist nicht alles. Die gesetzlose Zone... ist ein Ort ohne Regeln. Nur die Starken überleben, und selbst dann mit Glück."
Gray nickte langsam, sein Gesicht ernst. „Das Miasma verdirbt nicht nur die Kreaturen. Es zersetzt Mana, destabilisiert Magie. Wer dort länger verweilt, kann kaum entkommen, ohne sich selbst zu verlieren. Wir trafen auf Dämonen die ihren Verstand eingebüßt hatten- dieser Ort hat jedes Leben verschluckt und ein überleben unmöglich gemacht, es wurde eine Todeszone wo das überleben ein ständiger Kampf wurde, selbst der Boden war massiv verdorrt, es war kein Nährboden vorhanden."
Tyren nickte und sprach erneut, diesmal mit einer Spur von Bedauern. „Ihr habt mehr erlebt, als manch einer ertragen könnte. Eure Berichte werden uns helfen, die Gefahren neu zu bewerten."
Jake nickte knapp, aber seine Augen blieben hart. „Das hoffe ich. Doch seid euch bewusst - es gibt keinen einfachen Weg durch diese Zone. Und niemand kann garantieren, heil zurückzukehren."
Kaelith trat vor, ihre Stimme sanft, aber ernst. „Wir danken euch für euer Opfer. Ihr habt mehr getan, als viele je könnten."
Die Versammlung nickte in stillem Respekt. Jake ließ den Moment wirken, bevor er sich zurücklehnte. „Doch lasst uns eines klarstellen - wir werden nicht erneut auf diese Reise gehen, es sei denn, es gibt einen triftigen Grund. Mein Leben und das meiner Partner werde ich nicht leichtfertig riskieren."
Die Gildenmeister nickten langsam, und es war klar, dass Jakes Worte Gewicht hatten. Sie hatten ihre Grenzen deutlich gemacht.
Die Gildenmeister tauschten Blicke und einer von ihnen trat mit ernster Miene nach vorne. Harridan- „Uns liegen sehr konkrete, detaillierte Berichte von euren Begleitern vor. Wir möchten von euch wissen: Könnt ihr diese Berichte bestätigen? Insbesondere, dass eine Fortbewegung durch die gesetzlose Zone ohne verstärkten Schutz kaum möglich war? Und, dass Emilia als Schamanin Großes geleistet hat?"
Emilia spürte, wie die Blicke auf ihr ruhten. Ein leichtes Rot stieg ihr ins Gesicht, und sie senkte verlegen den Kopf. Die Jungs traten sofort ein und bestätigten die Aussagen.
„Ja", begann Alex mit fester Stimme. „Ohne ausreichenden Schutz wäre eine Betretung dieser Zone schlichtweg Selbstmord gewesen. Die Gefahren waren allgegenwärtig. Jeder von uns hat erlebt, was geschieht, wenn man unvorbereitet dorthin geht."
Chaid ergänzte, mit einem ernsten Ton: „Denkt nur an Lythara und ihre Bande. Sie sind das beste Beispiel dafür, was passiert, wenn man leichtsinnig ist."
Die Gildenmeister nickten und tauschten wissende Blicke. Einer von ihnen trat vor. „Dieser Ort... es wurde berichtet, dass er sich verändert hat. Dass er lebendig zu sein scheint. Könnt ihr dies bestätigen?"
Gray trat vor und sprach ruhig: „Ja. Das Miasma verhält sich nicht wie eine normale, stagnierende Energie. Es bewegt sich, es pulsiert und scheint fast zu... leben. Es formt sich neu, greift nach allem, was sich ihm nähert."
Die Jungs erzählten mit ernster Miene von ihren detaillierten Erfahrungen mit dem Nebel. Sie beschrieben, wie er sich bewegte, wie er Form annahm und selbst den erfahrensten von ihnen gefährlich wurde. Jake ließ sie ohne Unterbrechung sprechen, seine Augen beobachteten jede Reaktion der Anwesenden.
Als das Gespräch den Punkt erreichte, an dem sie den Knotenpunkt erwähnten, hob Jake die Hand. „Der Exodus", sagte er, und seine Stimme ließ den Raum für einen Moment erstarren.
Die Gildenmeister horchten auf. „Was meinen Sie mit dem Exodus?" fragte einer von ihnen mit aufrichtiger Neugier.
Jake ließ sich Zeit, bevor er antwortete. „Eins nach dem anderen", sagte er und ließ den Blick durch die Runde schweifen. „Ihr wollt doch sicher wissen, was im Dorf geschehen ist."
Alex trat vor und begann, von seiner Sicht auf das Ritual zu berichten, das er beobachtet hatte. Seine Stimme war schwer, als er die Details beschrieb - wie krankhaft und verdorben die Handlungen waren, wie das Miasma und die Energie miteinander interagierten. Seine Worte hinterließen einen spürbaren Eindruck im Raum.
Jake wartete, bis Alex geendet hatte, und trat dann wieder in den Vordergrund. „Die Informationen, die ich nun teile, sind streng geheim", begann er mit einer Stimme, die alle Aufmerksamkeit auf sich zog. „Normalerweise würde ich solche Dinge nicht leichtfertig preisgeben. Aber ich denke, es ist an der Zeit, ein wenig offener zu sein. Ich hoffe, ihr versteht, dass wir es mit einer Bedrohung zu tun haben, die wir so ernst nehmen müssen, wie es nur möglich ist."
Ein scharfer, fokussierter Blick ging durch den Raum, als Jake die Worte formte, die das volle Ausmaß der Bedrohung darlegten: „Die Organisation Nox Vigilia könnte die größte Bedrohung unserer Zeit sein..."
Jake ließ die Anwesenden kurz schweigen, um die Schwere seiner Worte wirken zu lassen. „Nox Vigilia hat ein besonderes Interesse an den acht Ursprungsdämonen. Sie scheinen ihre gesamte Aufmerksamkeit darauf zu richten."
Ein schockiertes Raunen ging durch den Saal, und Emilia, die sich unbehaglich auf ihrem Stuhl wand, fühlte sich erneut von einer Wissenslücke überwältigt. Sie dachte angestrengt nach und murmelte leise: „Sind das nicht diese Dämonen, die angeblich die Struktur der Unterwelt bewahren?"
Jake richtete seinen Blick fest auf sie und korrigierte sie in einem ruhigen, aber bestimmenden Ton. „Emilia, nicht angeblich. Es ist genau so. Doch dies ist weder der Ort noch die Zeit, um tiefer darauf einzugehen. Jeder Anwesende hier hat zumindest schon von ihnen gehört, und die Gildenmeister wissen sehr wohl, wovon ich spreche."
Er ließ keine weiteren Fragen zu und lenkte das Gespräch zurück. „Doch Nox Vigilia hat nicht nur Interesse an den acht Ursprungsdämonen. Sie sind auch hinter den zwölf Essenzen her - das heißt, uns. Und, nicht zu vergessen, Emilia - unsere Hüterin."
Die Anspannung im Raum stieg merklich, und auf einmal tobte eine unruhige Unruhe durch die Menge. Ein Gildenmeister stand auf und sprach mit bebender Stimme: „Ihr... seid es also tatsächlich. Die zwölf Todsünden oder zumindest die Hälfte davon?"
Jakes Gesicht wurde ernst, und seine Stimme senkte sich zu einem kalten Ton. „Wir sind, wer wir sind. Doch viel wichtiger ist das, worüber wir sprechen müssen - Nox Vigilia."
Emilia fühlte sich erneut ausgeschlossen. Sie erkannte, dass alle Anwesenden, selbst die Gildenmeister, offensichtlich mehr über die Todsünden und deren Geschichte wussten, als sie es je getan hatte. Es war, als hätte man ihr gezielt Informationen vorenthalten. Sie erinnerte sich vage an Geschichten, die sie als Kind im Haus des Lebensbaums gehört hatte, doch die Details entglitten ihr. Sie schnaufte frustriert, doch sie zwang sich, ruhig zu bleiben.
Jake holte tief Luft und begann mit ernster Stimme. „Nox Vigilia ist die gefährlichste Bedrohung, der wir je gegenüberstanden. Ihre Organisation besteht aus einer strengen Hierarchie und ebenso strengen Regeln. Ihre Mitglieder leben und sterben nach den sogenannten zehn Geboten."
Er ließ den Blick durch den Raum schweifen, als wollte er sicherstellen, dass ihm alle aufmerksam lauschten, bevor er weitersprach. „Hört gut zu. Die zehn Gebote von Nox Vigilia lauten wie folgt:
1. Du sollst die Macht des verzerrten Mana ehren und über alle anderen Energien stellen.
2. Geheimnisse des Zirkels sind heilig - du sollst sie nicht preisgeben.
3. Kein Verrat bleibt ungesühnt - wer den Zirkel verlässt, ist ein Feind.
4. Du sollst die Schwachen manipulieren, um Stärke für den Zirkel zu gewinnen.
5. Das Ziel rechtfertigt jedes Mittel - keine Tat ist zu grausam, wenn es dem Zirkel dient.
6. Du sollst keine Bindungen außerhalb des Zirkels eingehen, die Loyalität gefährden könnten.
7. Die Erforschung und Kontrolle über verzerrtes Mana und Miasma ist oberstes Gebot.
8. Wer sich gegen den Zirkel stellt, muss mit Schmerz und Peinigung bestraft werden.
9. Rituelle Magie ist der Schlüssel zur Macht - du sollst sie mit Ehrfurcht ausüben.
10. Der Wille des Oberhaupts ist Gesetz - du sollst ihm oder ihr ohne Zögern folgen."
Ein unruhiges Schweigen senkte sich über den Raum. Jake ließ die Worte wirken, bevor er weitersprach. „Diese Gebote machen aus Nox Vigilia eine Gruppe von fanatischen Anhängern, die vor nichts zurückschrecken. Sie manipulieren, sie brechen, sie zerstören - und sie tun dies mit einer beunruhigenden Präzision."
Jake fuhr sich kurz durch die Haare, bevor er weitersprach. „Ihre Anführerin, Xyra, trägt den Titel 'Primus Arcanum'. Sie ist eine Gestaltwandlerin von großer Macht und bekannt für ihre Fähigkeit, selbst die stärksten von uns zu brechen. Sedrick, den einige von euch vielleicht kennen, gehört ebenfalls zu ihnen - ein Meister der Manipulation und des Gestaltwandels."
Ein leises Raunen ging durch den Raum, als Jake fortfuhr. „Sie haben eine Vorliebe für grausame Rituale. Es ist nichts weiter als ein Mittel, ihre Mitglieder zu binden und zu kontrollieren. Sie manipulieren das Miasma, um neue, verzerrte Kreaturen zu schaffen und unterwerfen ihre eigenen Mitglieder durch rituelle Erniedrigungen, die sie als 'Unterricht' bezeichnen."
Alex kniff die Augen zusammen, als die Erinnerungen zurückkamen. Jake bemerkte es und sprach weiter, seine Stimme kalt und scharf. „Sie nähren sich von Schmerz und Kontrolle. Ihre Rituale umfassen Opferungen, Energieabsaugungen und das Brechen des Willens ihrer Mitglieder. Sie glauben, durch diese Mittel 'Erwachen' zu können, doch ich sage euch - es ist nichts als Verderbnis."
Jake ließ seine Worte sinken, bevor er eine Pause einlegte. „Ihr wollt wissen, warum ich all das weiß? Ich bin dem Exodus, ihrem Knotenpunkt, zu nahe gekommen. Das Miasma hat mich berührt, und für einen Moment... drohte es, mich zu verschlingen. Ich habe den Wahnsinn gespürt, der tief in diesem Ort haust."
Er trat einen Schritt zurück und sah die Gildenmeister eindringlich an. „Dies ist keine Bedrohung, die wir leichtfertig behandeln können. Nähert euch dem Exodus nicht unvorbereitet. Die gesetzlose Zone ist nicht länger ein gewöhnlicher Ort - sie ist eine Falle, die euch verschlingen wird."
Die Anwesenden nickten langsam, ergriffen von der Dringlichkeit in Jakes Worten. Die Atmosphäre war drückend, doch die Botschaft war klar - Nox Vigilia war eine Bedrohung, die niemand unterschätzen durfte.
Einer der Gildenmeister, ein älterer Dämon mit tiefen Linien im Gesicht, stand auf und verneigte sich respektvoll. Seine Stimme war schwer vor Ehrfurcht. „Wir danken euch, dass ihr diese Informationen mit uns geteilt habt. Es erfordert Mut, das auszusprechen, was ihr erlebt habt."
Jake nickte, doch es war klar, dass er noch nicht fertig war. Er sprach weiter, sein Blick ernst und durchdringend. „Es gibt noch ein wichtiges Erkennungsmerkmal, das Nox Vigilia auszeichnet: ihre Tätowierungen. Jedes Mitglied trägt eine Tätowierung, in Form eines verschlingenden Auges, die mit verzerrtem Mana durchtränkt ist. Es dient als Erkennungszeichen und als Zeichen ihrer absoluten Loyalität. Diese Markierungen sind nicht nur symbolisch - sie verstärken ihre Bindung an die Organisation und durchdringen ihre Körper mit der verdorbenen Energie, die sie verehren."
Ein anerkennendes Murmeln ging durch die Reihen der Gildenmeister, während sie die Schwere dieser Information aufnahmen. Alle standen auf, um ihrer Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen. Jake beobachtete die Szene aufmerksam. Er verfolgte einen Plan, das war offensichtlich. Und auch die Gildenmeister wussten es. Nur Emilia schien es nicht zu bemerken. Sie sah ihn an, ihre Augen voll Bewunderung - hatte sie ihn falsch eingeschätzt? So gesprächig hatte sie ihn selten erlebt.
Die Wahrheit würde sie später einholen, doch für den Moment blieb sie beeindruckt.
Die Gildenmeister begannen untereinander zu murmeln, und die Atmosphäre war angespannt. Einer der Meister trat vor, seine Stimme dringlich. „Wir sollten Eversum kontaktieren. Der Rat des Elysiums Forums muss von diesen Informationen erfahren."
Jake lächelte kaum merklich. Das war genau die Reaktion, auf die er abgezielt hatte. „Der Rat des Elysiums Forums ist schwer zu erreichen", sagte er ruhig, wobei sein Blick die Anwesenden musterte. „Das wisst ihr alle. Und genau darauf habe ich spekuliert."
Einige der Gildenmeister tauschten besorgte Blicke. Es war klar, dass Jake sich in ihr Wissen einschleusen wollte, doch niemand widersprach ihm direkt. Ein Händler-Gildenmeister, ein nervöser Mann mit fahlen Augen, schnaubte empört. „Was soll das heißen? Ihr habt kein Recht, den Rat zu manipulieren, um... Drittklassige Informationen..." Er brach ab, seine Stimme zitternd vor Empörung.
Jake hielt inne, bevor er mit fester Stimme weitersprach. „Das ist nicht, was ich meine. Der Rat sollte informiert werden, aber nicht durch Halbwahrheiten oder unbegründete Panik. Es bedarf einer präzisen und nachvollziehbaren Übergabe."
Die Gildenmeister schwiegen, während sie Jakes Worte abwogen. Er wusste, dass er sie fast dort hatte, wo er sie haben wollte. „Daher schlage ich vor, dass wir - meine Partner und ich - diesen Auftrag übernehmen. Unsere erste offizielle Quest als Ehrengarde der Hüterin könnte genau das sein: die sichere und detaillierte Übermittlung dieser Informationen an den Rat."
Ein Gildenmeister, der vorher still geblieben war, trat vor. Es war Kaelith, die Gildenmeisterin der Wanderflamme. „Das klingt nach einem riskanten, aber wichtigen Auftrag. Ihr sollt die Aufgabe übernehmen - auf eine Weise, die unserem Vertrauen in euch gerecht wird."
Jake verbeugte sich leicht. „Natürlich. Doch versteht bitte - wir benötigen Zeit. Es gibt Vorbereitungen, die wir treffen müssen, bevor wir nach Eversum aufbrechen können."
Kaelith nickte zustimmend. „Ihr werdet die Zeit bekommen, die ihr benötigt. Dieser Auftrag hat höchste Priorität, doch euer Wohl und eure Vorbereitung stehen an erster Stelle. Ihr sollt in eurer Geschwindigkeit agieren."
Ein Pergament wurde vorbereitet, in das die Details der Aufgabe eingetragen wurden. Kaelith überreichte es Jake mit ernster Miene. „Ihr habt unsere volle Unterstützung. Die Gilde verlässt sich auf euch."
Jake nahm das Pergament entgegen und warf einen kurzen Blick auf seine Partner. Die Jungs nickten leicht, denn sie hatten längst verstanden, was er vorhatte. Sie kannten ihn gut genug, um zu wissen, dass er den gesamten Raum manipuliert hatte, um diesen Auftrag auf seine Weise durchzusetzen.
„Wir brechen auf, sobald wir unsere Wintervorbereitungen abgeschlossen haben", sagte Jake und ließ keinen Raum für Widerspruch. „Ihr werdet von uns hören."
Die Gildenmeister nickten, und die Versammlung endete in respektvollem Schweigen.
~ ~ ~ ~
Nachdem Emilia mit ihren Gefährten, die während der gesamten Versammlung wach und aufmerksam gewesen waren, den Raum verlassen hatte, legte sich eine schwere Stille über die verbliebenen Gildenmeister. Es war, als ob die Luft selbst die Anspannung ihrer gerade beendeten Besprechung widerzuspiegeln schien. Schließlich stöhnte einer der Gildenmeister leise auf, die angestaute Spannung entweichend.
„Dieser Junge..." murmelte Kaelith, die Gildenmeisterin der Wanderflamme, während sie sich mit einer Hand die Stirn rieb. „Er ist gefährlich."
Die anderen nickten, jeder in Gedanken versunken. „So sind alle Teufel", warf der Gildenmeister der Schattengilde ein, seine Stimme klang rau, aber nachdenklich. „Doch er ist... ein anderes Kaliber. Ich habe mich selten so gestresst gefühlt."
Die Meisterin der Naturdämonen lächelte leise und verschränkte die Arme vor der Brust. „Er hat uns ganz schön ausgetrickst. Doch bei all seiner List und Härte... besitzt er einen außergewöhnlichen Charme. Ich kann ihm nicht wirklich böse sein."
Ein weiteres Murmeln ging durch die Runde, während die Gildenmeister die letzten Worte abwogen. „Ich hoffe wirklich, dass sie es schaffen, den Rat zu überzeugen und deren Aufmerksamkeit auf die Bedrohung von Nox Vigilia zu lenken", sagte Kaelith, ihre Stimme besorgt, aber entschlossen. „Er hat uns einen Punkt vor Augen geführt. Die Dringlichkeit, die wir gespürt haben... es ist der richtige Weg. Und ich gebe zu, dass er uns manipuliert hat - aber er hatte recht."
Der Gildenmeister der Handelsvereinigung, ein ernst wirkender Dämon mit scharfen Augen, seufzte tief. „Ein Teufel, der auf seine Weise den richtigen Ton trifft. Doch wir müssen vorsichtig sein. Solche wie er... sie halten sich an keinen festen Pfad. Sie tanzen auf Messers Schneide."
Kaelith nickte langsam. „Mag sein. Aber wenn dieser Tanz uns den Weg öffnet, um gegen Nox Vigilia vorzugehen, dann werde ich bereit sein, das Risiko einzugehen. Wir dürfen das nicht unterschätzen."
Die Meisterin der Naturdämonen legte ihre Hand auf die Schulter eines jüngeren Gildenmeisters und sprach mit einem sanften Lächeln. „Wir haben eine Wahl getroffen, und nun liegt es an ihnen. Ich wünsche mir nur, dass ihre Reise sicher bleibt."
„Wir alle tun das", erwiderte ein anderer. „Doch wir dürfen nicht untätig bleiben. Wir müssen unsere eigenen Vorbereitungen treffen."
Während die Worte im Raum verklangen, erhoben sich auch die drei Begleiter - Livia, Merlo und Korren. Livia, die Schattenläuferin, warf den Gildenmeistern einen abschätzigen Blick zu. „Ihr macht euch zu viele Gedanken. Die Jungs wissen, was sie tun."
Merlo lachte und klopfte Korren auf die Schulter. „Vielleicht. Aber der Druck, den sie uns hinterlassen haben, ist nicht zu unterschätzen."
Korren brummte zustimmend. „Man könnte meinen, sie hätten uns von Anfang an an der Nase herumgeführt."
Die drei Begleiter tauschten Blicke und verließen schließlich den Raum, gefolgt von einem letzten Flüstern der Gildenmeister, die sich darauf vorbereiteten, die bevorstehenden Herausforderungen in Angriff zu nehmen.
~ ~ ~ ~ ~
Emilia spürte ein merkwürdiges Gefühl der Verwirrung. Es war, als hätte sie die gerade beendete Versammlung nur halb verfolgt. Körperlich war sie anwesend gewesen, doch ihre Gedanken hatten sich wie im Nebel verloren. Sie konnte nicht genau sagen, warum, aber irgendetwas war ihr entglitten, und das nagte an ihr. Bevor sie dem jedoch weiter nachgehen konnte, bemerkte sie, dass Livia, Merlo und Korren auf sie zutreten.
Die drei Begleiter standen vor ihr, und Emilia wusste sofort, dass es ein Abschied war. „Ihr werdet bald weiterziehen, oder?" fragte sie mit einem schwachen Lächeln.
Livia nickte und legte sanft eine Hand auf Emilias Schulter. „Ja, Emilia. Unsere Reise führt uns weiter. Origin war ein Zwischenstopp, und wir haben hier unsere Aufgaben erfüllt. Aber... es war eine Ehre, an deiner Seite zu kämpfen."
Emilia senkte den Blick und schüttelte leicht den Kopf. „Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit gehabt, mit euch zu sprechen. Alles ging so schnell... und ich habe das Gefühl, dass ich mich nicht richtig verabschiedet habe."
Livia schüttelte sanft den Kopf und lächelte. „Mach dir keine Sorgen, kleine Hüterin. Wir verstehen. Die Zeit, die wir hatten, war wertvoll genug. Außerdem... wir werden uns wiedersehen, da bin ich mir sicher."
Merlo trat vor und verschränkte die Arme vor der Brust, sein Lächeln verschmitzt. „Ich muss sagen, Emilia, du hast großes Glück mit deiner Truppe - besonders mit Gray als Koch. Es ist selten, jemanden zu finden, der selbst in den gefährlichsten Zonen so gut kochen kann. Sogar in der gesetzlosen Zone hat er uns köstliche Mahlzeiten serviert. Als wir zurück in der Stadt waren... na ja, nichts hat sich mit seinen Kreationen messen können."
Korren brummte zustimmend und ließ ein seltenes, warmes Lächeln über sein Gesicht huschen. „Kein Vergleich. Gray hat den Gaumen eines jeden verwöhnt, selbst wenn der Tod um uns schlich. Es war ein wahres Privileg, sein Essen zu genießen."
Emilia lachte leise und warf einen Blick über die Schulter, wo Gray mit verschränkten Armen lehnte, die Lippen zu einem schiefen Lächeln gezogen. „Ich werde ihm das ausrichten. Aber ich bin sicher, er hat das meiste schon gehört."
Gray nickte und trat näher. „Das ist der Vorteil von großen Ohren - man hört, was hinter dem Rücken gesagt wird", sagte er trocken, doch seine Augen leuchteten vor Stolz. „Danke. Es war mir eine Freude, euch mit meiner Küche am Leben zu halten."
Livia trat zu Gray und legte ihm freundschaftlich die Hand auf die Schulter. „Das war es wirklich. Pass auf Emilia auf, ja? Und lass sie nicht verhungern."
Gray nickte ernst, doch ein kleines Schmunzeln stahl sich auf sein Gesicht. „Darauf könnt ihr euch verlassen."
Die drei Begleiter tauschten noch einmal Blicke mit Emilia und ihren Gefährten. Merlos Augen glänzten, als er sprach. „Wir gehen nun. Aber unsere Wege werden sich wieder kreuzen - das weiß ich. Bis dahin, bleibt stark."
Emilia trat vor und umarmte Livia, dann Merlo und Korren. „Danke. Für alles."
Die drei verneigten sich respektvoll und wandten sich dann zum Gehen. Emilia beobachtete sie, bis sie hinter den Toren von Origin verschwanden. Es war ein Abschied voller Wärme und Hoffnung - und das Versprechen, dass sie sich eines Tages wiedersehen würden.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro