Kapitel 20 letzter Teil
Kapitel 20 Band 2 Ende-
Die Tage zogen sich dahin, und mit jedem Schritt auf dem schmalen Pfad wurde der Weg beschwerlicher. Was einst ein klar definierter Pfad gewesen war, verwandelte sich allmählich in einen dichten, verwachsenen Pfad, der von hohen Bäumen und knorrigen Ästen gesäumt war. Der Wald schien die Gruppe zu umschließen, als würde er sie auf die Probe stellen. Die dichte Luft war schwer und drückend - ein Vorbote des Miasmas, das immer stärker wurde.
Die Gruppe bewegte sich in einer festen Formation, ihre Schritte von einer Routine geleitet, die sie in den vergangenen Tagen entwickelt hatten. Es gab keine Unachtsamkeit, keine Nachlässigkeit - jeder wusste, dass jeder Moment der letzte sein könnte, wenn sie nicht aufmerksam blieben. Korren, Livia und Merlo führten die Gruppe mit wachsamen Augen, doch die ständige Anspannung nagte an ihnen allen.
Emilia fühlte, wie die Last des Weges auf ihr lastete. Ihre Schultern schmerzten, ihre Beine waren schwer, doch sie hielt durch. Jeder ihrer Gefährten tat dasselbe. Korren bahnte ihnen den Weg, seine massive Gestalt war wie ein lebender Schutzschild. Ein plötzlicher Ruck, als er stehenblieb, ließ die Gruppe innehalten. Vor ihnen ragten massive Dornenranken aus dem Boden - ein Hindernis, das sich wie eine Wand vor ihnen auftürmte. Korren schnaubte und schwang seine gewaltige Streitaxt. Mit einer wuchtigen Bewegung zerschmetterte er die Ranken, die splitternd auseinanderflogen. „Es gibt immer einen Weg", sagte er knapp und trat vor, um sicherzustellen, dass der Weg frei war.
Livia, die Schattenläuferin, verschwand für einen Moment aus Emilias Sicht. Sie bewegte sich durch die Dunkelheit, als wäre sie ein Teil davon, ihre gelben Augen leuchteten wie die einer Raubpfote. Plötzlich tauchte sie hinter Emilia auf und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Achte darauf, wohin du trittst", flüsterte sie und deutete auf eine verborgene Falle, die mit Miasma durchtränkt war. „Manche Dinge sehen unscheinbar aus, bis sie zuschlagen."
Merlo schritt mit glimmenden Augen vor und legte eine Hand auf die Umgebung, aus der das Miasma zu sickern begann. „Ich kann es für einen Moment unterdrücken", sagte er mit einer leichten Anstrengung in der Stimme. Er konzentrierte sich und erschuf ein glühendes Flammen-Siegel, das das Miasma für eine Weile zurückdrängte. Die Luft fühlte sich für einen Moment weniger drückend an, und Emilia konnte wieder klarer atmen. „Das wird nicht lange halten", warnte Merlo, während Schweiß über seine Stirn lief. „Beeilen wir uns."
Die Gruppe setzte ihren Weg fort, während das Miasma ihre Sinne trübte. Nächte, in denen sie rasteten, wurden von unruhigem Schlaf begleitet, Albträume schlichen sich in die Köpfe derer, die das Miasma länger einatmeten. Chaid verbrachte die Nächte oft wach, seine Augen auf das schimmernde Mana gerichtet, das sich in den Schatten sammelte. Seine Fähigkeit, den Tod zu spüren und Spuren von vergangenen Schrecken zu lesen, machte ihn zu einem stillen Wächter. Doch die Anspannung ließ auch ihn nicht los. „Das Miasma nährt sich von der Dunkelheit", murmelte er einmal zu Emilia, als sie Wache hielt. „Es wird stärker. Wir müssen auf der Hut sein."
Eines Abends, als sie ihr Lager aufschlugen, bemerkte Merlo die Erschöpfung der Gruppe und fragte mit einem gespielt sorglosen Lächeln: „Warum machen wir uns den Weg so schwer? Ash könnte uns fliegen - ich meine, er ist doch ein großer Drache, oder?" Sein Tonfall klang beinahe belustigt, doch hinter der Aussage verbarg sich ein Hauch von Verzweiflung.
Chaid hob eine Augenbraue und ließ seinen Blick über Merlo gleiten. „Unser Auftrag besteht darin, den Ursprung der verfluchten Energie zu erforschen", erklärte er trocken. „In der Luft wären wir blind für die Spuren, die ich zu lesen versuche. Und außerdem..." Er ließ den Satz unvollendet, als wollte er Merlo nicht zu viel erklären. Emilia verstand, was er meinte - jede Spur, jeder Hinweis war entscheidend, und aus der Luft wären sie nutzlos.
Bevor jemand anderes etwas sagen konnte, trat Emilia nach vorne und nahm Ashs Hand. Ihre Stimme war fest, beinahe zischend. „Kommt nicht in Frage. Ash ist nicht dazu da, uns wie ein Packesel durch die Lüfte zu tragen. Wir sind eine Gruppe, und wir bleiben am Boden. Ich werde nicht zulassen, dass er für solche Zwecke missbraucht wird." Ihre Augen blitzten vor Entschlossenheit, und Ash spürte, wie sich sein Herz bei ihren Worten zusammenzog - aus Zuneigung und tiefer Berührung. Er drückte ihre Hand sanft und sprach leise: „Es hätte mir nichts ausgemacht, aber... danke, Emilia." Seine Worte zeigten, dass er ihre Unterstützung und ihren Schutz zu schätzen wusste.
„Auf dem Rückweg könnten wir darüber reden", fügte er mit einem schiefen Lächeln hinzu. „Aber für den Moment - Chaid hat recht. Wir müssen hier unten bleiben."
Die Gruppe akzeptierte dies, wenn auch widerwillig, und bereitete sich auf die nächste Etappe vor. Die Tage vergingen, das Miasma wurde dichter, und die Gefahr, die es ausstrahlte, spürte jeder von ihnen in seinen Knochen. Eines Tages stießen sie auf das, was von einem Dorf übrig war. Die Gebäude waren von schwarzem, verrottetem Mana durchzogen, die Luft war schwer und fast erstickend. Opfer der verfluchten Energie - Dämonen, die den Verstand verloren hatten oder als bloße Hüllen zurückblieben - krochen umher, ihre Blicke leer und von Schmerz erfüllt.
Emilia versuchte, ihre Tränen zu unterdrücken, als sie einen von ihnen sah, der sich in ihrem Blick verfing und nach Hilfe zu rufen schien. Doch sie wusste, dass es zu spät war. Sie konnte nichts mehr tun. Das Miasma hatte bereits alles verzehrt.
Während sie tiefer in die vom Miasma durchdrungenen Gebiete vordrangen, wurde die Luft schwerer und dichter, beinahe unmöglich zu atmen. Ein dumpfes Dröhnen drang in Emilias Ohren, als würde die Dunkelheit selbst versuchen, sie zu umschlingen. Die anderen schienen es ebenfalls zu spüren - Merlos Gesicht war schweißbedeckt, und Livia hielt sich mehrfach den Kopf, als würde sie gegen einen unsichtbaren Druck ankämpfen.
Emilia spürte, wie ihre Finger fester um den Stab in ihrer Hand schlossen. Die schützende Verzauberung, die die Klingenformer und Runenschmiede in Lantaris auf Empfehlung von Alex in den Stab eingearbeitet hatten, pulsierte sanft und bildete einen schimmernden, beinahe unsichtbaren Schutzschild um die Gruppe. Diese Verzauberung war speziell dafür gemacht, sie und ihre Gefährten vor den mentalen Einflüssen dunkler Energien und des Miasmas zu bewahren - ein Schutz, den sie jetzt mehr denn je brauchten.
„Bleibt dicht bei mir", sagte Emilia, ihre Stimme ruhig, aber eindringlich. „Der Stab kann uns vor den schlimmsten mentalen Einflüssen schützen, aber ihr müsst nah bleiben." Sie konzentrierte sich und ließ das Mana durch den Stab fließen. Ein leises Glimmen breitete sich aus und umhüllte jeden ihrer Gefährten. Sofort spürte Emilia, wie der Druck in ihrem Kopf nachließ - das Miasma hatte weniger Einfluss auf sie.
„Das ist besser", murmelte Merlo und atmete erleichtert auf. „Es ist, als hätte sich ein Gewicht von meiner Brust gelöst."
Livia nickte und warf Emilia einen dankbaren Blick zu. „Gut, dass du diesen Schutz hast. Ich... hätte nicht gedacht, dass es so schnell so schlimm wird."
Chaid, der vorne die Spuren untersuchte, sah über die Schulter zurück. „Das Miasma wird stärker, je näher wir der Quelle kommen", warnte er. „Ohne diesen Schutz wären wir längst wahnsinnig geworden oder... schlimmeres."
Die Gruppe hielt sich eng zusammen, während Emilia die Energie ihres Stabs lenkte. Es war anstrengend, aber notwendig. Sie spürte die Wellen der dunklen Energie, die gegen den Schutzschild drückten, wie das Dröhnen eines fernen Sturms. Dennoch hielt sie durch - für sich selbst und für ihre Gefährten.
Die Reise ging weiter, durch verworrene Pfade und verschlungene Wege, die von den Überresten früherer Opfer zeugten. Verrottete Skelette, verfallene Gebäude und Spuren von Kämpfen - alles deutete darauf hin, dass das Miasma schon lange hier war und alles Leben ausgelöscht hatte, das sich ihm in den Weg stellte. Das Schweigen war bedrückend.
Während einer Rast saß die Gruppe erschöpft um ein kleines, flackerndes Feuer. Emilia ließ sich auf einem Stein nieder und atmete schwer. Der Stab in ihrer Hand glühte sanft, als hätte er die ganze Last der verfluchten Energie aufgenommen. Gray reichte ihr eine dampfende Schüssel mit einer Suppe, die er aus den kargen Vorräten zubereitet hatte. „Das wird dir helfen, deine Kräfte zu regenerieren", sagte er sanft.
Emilia nahm die Schüssel und lächelte müde. „Danke, Gray." Sie nahm einen Schluck und spürte die Wärme, die sich in ihrem Körper ausbreitete. Die Anstrengung, den Schutzschild aufrechtzuerhalten, zerrte an ihr, doch der Gedanke, ihre Gefährten vor den dunklen Einflüssen zu schützen, gab ihr neue Kraft.
Plötzlich erstarrte Chaid, der etwas abseits stand und den Boden untersuchte. Seine Augen verengten sich, und er kniete nieder, seine Fingerspitzen glitten über eine verborgene Spur. „Hier...", flüsterte er und sah die anderen an. „Das Miasma ist hier noch stärker konzentriert. Es ist, als ob es etwas anzieht oder nährt." Er sah Emilia mit ernstem Blick an. „Dein Schutz ist stark, Emilia, aber wir dürfen uns nicht zu sehr darauf verlassen. Je näher wir kommen, desto gefährlicher wird es."
Emilia nickte, ihre Entschlossenheit ungebrochen. „Ich weiß. Aber wir werden das hier gemeinsam durchstehen - bis zum Ende."
Ein plötzlicher Windstoß ließ das Miasma wie ein schwarzes, lebendiges Tuch über den Boden kriechen. In der Ferne war ein leises, unheilvolles Wimmern zu hören - ein Echo des Leidens, das das Miasma mit sich brachte. Ash legte seine Hand auf Emilias Schulter. „Wir müssen weiter", sagte er leise. „Bevor es uns noch mehr beeinflusst."
Mit jedem Schritt, den sie machten, wurde die Last auf ihren Schultern schwerer, doch der Schutz des Stabs hielt. Und so setzten sie ihre Reise fort - durch die Dunkelheit, die sie umgab, und mit der Entschlossenheit, den Ursprung der verfluchten Energie zu finden und zu besiegen.
---
Die Gruppe setzte ihren Weg fort, während die Dunkelheit um sie herum dichter wurde. Das Miasma, das sich wie ein lebendiger Schleier bewegte, schien jede Lichtquelle zu verschlingen und die Luft mit einem bitteren Geschmack zu füllen. Ihre Schritte wurden schwerer, und die Schatten wirkten, als würden sie ihre Bewegungen mit Argwohn beobachten. Jeder Atemzug fühlte sich wie ein Kampf an.
Die Nächte waren nicht weniger unbarmherzig. Der Schlaf wurde unruhig, getränkt von Albträumen, die das Miasma in die Köpfe der Gefährten schickte. Emilia konnte die Erschöpfung in den Gesichtern ihrer Freunde sehen - selbst Gray, der sonst immer ein Fels in der Brandung war, hatte tiefe Schatten unter den Augen. Alex' Wache war länger als sonst, seine Nachtschattenflügel entfalteten sich wie eine stille Warnung, dass sie bereit sein mussten, jeden Moment zu reagieren. Chaid sprach weniger und fokussierte sich stärker darauf, Spuren zu lesen, als ob er selbst gegen die verzerrten Rufe des Miasmas ankämpfte.
In einer besonders bedrückenden Nacht saß Emilia wach und hielt ihren Stab fest, das Glimmen der eingebetteten Runen flackerte im Rhythmus ihres Herzschlags. Sie spürte die mentale Last, die das Miasma auf sie ausübte, doch der Schutz der Klingenformer und Runenschmiede aus Lantaris hielt stark - nicht nur für sie, sondern auch für ihre Gefährten. Sie wusste, dass dieser Schutz temporär war und ihre Kräfte stark beanspruchte, aber aufgeben kam nicht infrage.
~ ~ ~
Am nächsten Tag wurde die Umgebung noch trostloser. Der Boden unter ihren Füßen war karg und mit einer feinen, dunklen Schicht überzogen, als ob das Leben selbst daraus gewichen war. Merlo, der Magier des Flammenstamms, kniete nieder und prüfte den Boden mit einem finsteren Ausdruck. „Das Miasma hat diesen Ort vollkommen zerstört", murmelte er, während kleine Funken von seiner Hand ausgingen. „Es verschlingt nicht nur Leben - es verändert die Essenz dessen, was hier war."
„Was genau meinst du?", fragte Emilia, die die Augen nicht von der sich windenden Dunkelheit lösen konnte.
„Dieser Boden war einmal lebendig", erklärte Merlo. „Er hat Energie gespeichert - natürliche Mana-Ströme. Doch das Miasma hat sie verdorben. Es ist, als ob die Energie selbst sich dagegen wehrt, aber in einem endlosen Kampf verliert."
Ihre Unterhaltung wurde von einem tiefen Brummen unterbrochen, das die Erde zum Vibrieren brachte. Eine gequälte Gestalt schälte sich aus den Schatten - ein Opfer des Miasmas, das einst ein lebendiges Wesen gewesen sein musste. Seine Augen leuchteten leer, und seine Bewegungen waren gebrochen, als ob jeder Schritt eine Qual war.
Die Gefährten zogen sofort ihre Waffen. Gray stellte sich schützend vor Emilia, während Alex seine Klingen zückte. Emilia spürte, wie das Miasma gegen ihren Schutzdrang drückte, doch sie konzentrierte sich und verstärkte die Barriere um ihre Gruppe. Das Wesen wandte sich zu ihnen, und ein Wimmern voller Schmerz und Zorn durchbrach die Luft.
„Das hier ist, was passiert, wenn das Miasma zu lange an einem Ort bleibt", sagte Chaid mit düsterer Stimme. „Es entzieht nicht nur Leben - es verwandelt es."
Ein Moment der Stille folgte, bevor die Gruppe entschlossen handelte. Emilia und ihre Gefährten wussten, dass Mitleid hier fehl am Platz war - sie mussten das Wesen befreien, damit es in Frieden ruhen konnte.
Die gequälte Gestalt, die von der verfluchten Energie durchdrungen war, schrie stumm in den Nachthimmel. Seine Bewegungen waren ruckartig, von Schmerz und Wut getrieben, und es schien, als ob der verzerrte Körper nur noch von der Verderbnis am Leben gehalten wurde. Emilia spürte, wie ihr Magen sich verkrampfte - das Wesen war mehr als nur ein Opfer, es war ein Zeugnis des Miasmas und seiner grausamen Macht. Die Dunkelheit, die es umgab, wirkte lebendig und trieb es weiter.
„Lasst mich das tun", sagte Chaid mit unerwartet ernster Stimme. Seine üblich lockere Art war verschwunden, und seine Augen funkelten mit einer Intensität, die nur er in diesem Moment besitzen konnte. Er trat vor, sein Blick fest auf die Kreatur gerichtet. „Ich kann es zur Ruhe betten - es verdient es."
Emilia wollte widersprechen, wollte Chaid schützen, doch sie sah die Entschlossenheit in seinen Augen. Dies war mehr als nur eine Aufgabe für ihn - es war eine Pflicht, eine Verbindung, die nur er verstehen konnte. Sie nickte langsam und trat zurück, ließ ihm den Raum, den er benötigte.
Chaid hob die Hände, und eine leise, seltsame Melodie entwich seinen Lippen. Die Luft um ihn herum wurde kälter, und ein Schleier legte sich über die Umgebung. Seine Berührung mit der Welt des Todes war einzigartig - als Untoter konnte er mit den Resten von Leben kommunizieren, die in der Dunkelheit gefangen waren. Er sprach leise Worte in einer alten Sprache, die Emilia nicht verstand, doch sie spürte die Wirkung. Die Kreatur hielt inne, ihre gequälten Augen wandten sich Chaid zu. Ein Moment der Ruhe - ein letzter Funke von Wärme oder Verständnis, bevor die Verderbnis weichen konnte.
„Geh, ruhe dich aus", flüsterte Chaid, und eine zarte Welle von Energie durchflutete das Wesen. Es schien für einen Augenblick in sich selbst zu kollabieren, bevor es sich auflöste - seine Form verschwand in einem letzten Seufzen, und nur das Flackern des Miasmas erinnerte noch an seine Existenz.
Die Gruppe stand in Stille, die Luft war von Schwere erfüllt. Emilia fühlte Tränen in ihren Augen, die sie nicht verstand. „Danke, Chaid", sagte sie leise. Er nickte nur, die Anspannung in seinen Schultern ließ langsam nach, und seine übliche, spielerische Fassade kehrte nicht sofort zurück. Er wirkte müde, und sie sah, dass selbst seine Fähigkeit, mit dem Tod umzugehen, ihn forderte.
Emilia betrachtete den verrotteten Boden um sie herum, der noch immer von der verderbten Energie durchdrungen war. Sie erinnerte sich an die Diskussionen mit ihren Gefährten, an ihre ursprüngliche Mission und an den Grund, warum die Untersuchung dieser Zone so viel Widerstand hervorgerufen hatte. Die Silberlilie - eine seltene Pflanze, die für ihre heilenden und reinigenden Eigenschaften hoch geschätzt war, sie markierte einst ihr ursprüngliches Ziel, welches immer ferner rückte, dennoch hatte sie diese als Ziel in ihrer Suche nach Antworten nicht vergessen.
Doch in einem solch verrotteten, vergifteten Boden war jede Hoffnung auf Wachstum eine Farce. Es war, als würde sie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen suchen, nur dass dieser Heuhaufen von Dunkelheit und Verzweiflung durchtränkt war.
„Jetzt verstehe ich es besser", murmelte sie, während sie in die Leere starrte. „Warum ihr so vehement dagegen wart, hierherzukommen. Dieser Ort... er macht Hoffnung unmöglich."
Ash, der an ihrer Seite stand, legte seine Hand auf ihre Schulter. „Es ist nicht hoffnungslos, Emilia. Es ist schwierig. Doch das bedeutet nicht, dass wir aufgeben sollten."
Alex trat näher, seine Augen fest auf den Boden gerichtet, als ob er die Verderbnis verfluchen wollte.
Er verstand ohne Worte, worauf Emilia sich bezog. „Wenn wir nicht weitermachen, gibt es keine Chance, diesen Ort zu heilen. Die Silberlilie wächst vielleicht nicht hier - aber vielleicht finden wir einen Weg, den Boden wieder lebendig zu machen. Das Miasma muss gestoppt werden."
Gray nickte zustimmend. „Und das ist der Grund, warum wir hier sind. Es geht nicht nur um uns - es geht darum, was hier gerettet werden kann."
Die Worte ihrer Gefährten stärkten Emilias Entschlossenheit. Sie wusste, dass der Weg vor ihnen ungewiss war, doch die Gewissheit, dass sie nicht alleine war, gab ihr Kraft. Gemeinsam würden sie weitergehen, auch wenn die Dunkelheit noch tiefer wurde.
Die Gruppe setzte ihren Weg fort, Schritt für Schritt durch die verfallene Landschaft. Das Miasma schien stärker zu werden, die Luft noch schwerer. Die Nächte wurden länger, und der Schlaf unruhiger. Emilia hielt ihren Stab fest, das glimmende Licht der Runen schenkte ihr und ihren Gefährten zumindest einen Hauch von Schutz. Die Klingenformer und Runenschmiede in Lantaris hatten gute Arbeit geleistet - ihre Verzauberung schützte sie vor dem mentalen Einfluss des Miasmas, doch es war ein ständiger Kampf.
~ ~ ~
Einige Tage später, als sie ein karges Tal durchquerten, war die Stimmung angespannt. Die verfluchte Energie wurde dichter, die Luft schien schwerer zu werden, und selbst die Geräusche der Natur verstummten, als ob alles Leben vor der Dunkelheit zurückwich. Die Gruppe hielt kurz inne, um sich neu zu orientieren, als Merlo erneut das Wort ergriff. „Ihr spürt es, nicht wahr? Das Miasma wird stärker", sagte er mit einem ernsten Tonfall. Seine Augen glühten leicht, und es war klar, dass die verfluchte Energie selbst ihn beunruhigte.
Livia, die sich aufmerksam umsah, nickte. „Wir müssen auf der Hut sein. Dieses Gebiet ist wie ein Nest für die Verderbnis - wer weiß, was noch auftauchen wird."
Chaid, der vor ihnen herging und den Boden genau musterte, hielt inne. „Die Spuren hier sind alt, aber tief. Etwas hat diese Gegend vor langer Zeit durchzogen - etwas Mächtiges und Dunkles. Wir sollten aufpassen."
Emilia bemerkte, wie ihre Gefährten sich auf ihre Positionen begaben, wachsam und bereit. Sie trat zu Gray, der sich konzentriert umsah, und sprach leise. „Hast du auch das Gefühl, dass wir beobachtet werden?"
Gray nickte langsam. „Ja. Es ist, als ob das Miasma selbst Augen hätte. Wir müssen vorsichtig sein."
Die Gruppe setzte ihren Weg mit erhöhter Vorsicht fort, jede Bewegung bedacht, jede Geste vorsichtig. Das karge Tal schien endlos, und die Atmosphäre drückte auf ihre Gemüter. Nach einigen weiteren Stunden machte Korren ein Zeichen zum Anhalten. „Dort vorne", sagte er knapp und zeigte auf einen Bereich, in dem der Boden ungewöhnlich dunkel war. „Verfluchte Energie. Wir sollten uns dem vorsichtig nähern."
Chaid kniete sich nieder und legte seine Hände auf die Erde. Ein Zittern durchlief ihn, und seine Augen schlossen sich für einen Moment. „Es ist tief verwurzelt", murmelte er. „Ein Echo von etwas, das hier geschehen ist. Wir müssen vorsichtig vorgehen."
Emilia spürte die Anspannung in der Luft. Ihr Blick wanderte zu ihrem Stab, dessen Runen sanft glühten und sie vor den mentalen Einflüssen des Miasmas schützten. Sie hob ihn an, ließ die Magie durch sich fließen und fühlte, wie sich eine schützende Barriere um sie und ihre Gefährten legte. „Ich werde das Miasma so gut es geht abwehren", sagte sie mit fester Stimme.
Korren, Livia und Merlo traten näher, ihre Augen wachsam und kampfbereit. Sie kannten die Gefahr, die von der verfluchten Energie ausging, doch sie waren bereit, sich dem zu stellen - gemeinsam mit den anderen. Jeder von ihnen wusste, dass dies mehr war als nur eine einfache Mission. Es war ein Test ihrer Stärke, ihres Zusammenhalts und ihrer Entschlossenheit.
Die Gruppe bewegte sich weiter, das Gefühl von Gefahr und Dunkelheit wie ein stetiger Begleiter. Doch sie waren bereit - und mit jedem Schritt wurde klarer, dass sie sich nicht beugen würden.
Die Landschaft veränderte sich spürbar, als sie tiefer in das Gebiet vordrangen, das vom Miasma durchzogen war. Der Boden war brüchig und von dunklen Rissen durchzogen, aus denen eine zähflüssige, unheilvolle Energie sickerte, die wie Nebelschwaden über dem Boden schwebte. Die Luft war schwer, fast drückend, und jeder Atemzug fühlte sich an, als würde er die Lunge mit einem Hauch von Verderben füllen.
Emilia blieb stehen und legte ihre Hand auf ihren Stab. Die Rune darauf leuchtete schwach auf, als sie ihre Barriere verstärkte, um die Gruppe vor den mentalen Einflüssen des Miasmas zu schützen. „Bleibt zusammen", sagte sie mit fester Stimme, obwohl ihre Stirn vor Konzentration feucht wurde. „Es wird immer dichter."
Die Gefährten nickten. Jeder von ihnen spürte die Schwere in der Luft - das Miasma war nicht nur eine physische Bedrohung, sondern auch eine mentale. Es flüsterte, es zog an den Rändern ihrer Gedanken, versuchte Zweifel zu säen und dunkle Erinnerungen hervorzuholen. Emilia konzentrierte sich darauf, den Einfluss von ihnen fernzuhalten, doch es war anstrengend. Ihre Knie zitterten leicht, und für einen Moment verschwamm ihr Blick.
Alex war der Erste, der die Veränderung bemerkte. Er trat näher und legte sanft eine Hand auf ihre Schulter. „Emilia, du musst das nicht alleine tragen", sagte er mit ruhiger, fester Stimme. Seine Präsenz war beruhigend, wie ein Fels in der Brandung. „Lass uns dir helfen."
„Ich halte durch", antwortete sie, die Zähne zusammengebissen. Doch bevor sie etwas hinzufügen konnte, durchbrach ein Flüstern die Stille - dunkle, drohende Stimmen, die nur sie zu hören schien. Ihr Herz raste, und die Barriere flackerte gefährlich. Chaid trat an ihre Seite, seine Augen voller Ernst. „Das Miasma versucht, dich zu brechen. Lass es nicht zu."
Er kniete sich hin, legte die Hände auf den Boden und schloss die Augen. Ein leises Summen ging von ihm aus, als er seine eigene Energie bündelte. Er sprach in einer Sprache, die alt und fremd klang - die Worte eines Fährtenlesers, der die Spuren des Todes und der Energie las. Das Miasma um sie herum begann zu vibrieren, als hätte es seine Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet. Chaid öffnete die Augen, die jetzt von einem fahlen Licht durchdrungen waren. „Ich werde es binden. Ihr müsst mir Zeit geben."
Die Gruppe schloss sich enger zusammen. Alex stand mit gezogenen Klingen bereit, während Ash seine alchemistischen Fähigkeiten vorbereitete. Gray positionierte sich so, dass er Emilia stützen konnte, falls sie die Kontrolle über ihre Barriere verlor. Jeder von ihnen wusste, dass dies ein gefährlicher Moment war - aber es war auch einer, in dem sie zeigen konnten, wie stark sie zusammen waren.
Das Miasma bäumte sich auf, formte groteske Schatten, die nach ihnen griffen. Es waren keine physischen Wesen, aber sie trugen die Essenz von Schmerz und Verderben in sich. „Das hier... sind Überreste derjenigen, die dem Miasma zum Opfer gefallen sind", murmelte Chaid, während er die Spuren las. „Sie sind gefangen - in einem endlosen Kreislauf von Schmerz und Verzweiflung."
Emilia verstärkte die Barriere, und Schweiß rann ihr über das Gesicht. „Ich lasse nicht zu, dass es uns bricht", sagte sie mit bebender Stimme. „Kein einziges Mal."
Langsam stabilisierte sich die schimmernde Schutzschicht um sie herum. Das Miasma schien für einen Moment zu schwinden, als hätte es den Kampf verloren. Chaid richtete sich auf, sein Atem schwer. „Es wird nicht verschwinden", warnte er. „Das war nur ein kleiner Teil - eine Art Vorbote. Die Quelle liegt tiefer."
Die Gruppe sammelte sich, und Emilia spürte, wie ihre Kräfte zurückkehrten. „Wir schaffen das", flüsterte sie, mehr zu sich selbst als zu den anderen. Doch die Blicke ihrer Gefährten zeigten, dass sie es alle gehört hatten - und dass sie alle entschlossen waren, ihre Worte wahr werden zu lassen.
______
Die Tage zogen in zähem, unermüdlichem Takt dahin, und der Weg wurde zunehmend beschwerlicher. Jeder Schritt fühlte sich schwerer an, da das verdorbene Mana des Miasmas sich wie eine lähmende Decke über die Landschaft legte und an ihren Kräften zehrte. Der Boden unter ihren Füßen war trocken und brüchig, als hätte das Miasma selbst ihm jede Lebenskraft entzogen. Die Gruppe hatte sich längst an diese stetige Belastung gewöhnt, doch es machte ihre Reise nicht weniger anstrengend. Es war, als ob jede Stunde eine neue Herausforderung bereithielt.
Korren, Livia und Merlo hatten sich als unverzichtbare Begleiter erwiesen. Ihre Fähigkeiten wurden bei jeder Etappe der Reise gefordert, sei es, um Wege durch unwegsames Gelände zu bahnen, Fallen zu entdecken oder das Lager zu sichern. Livia bewegte sich mit der Präzision eines Schattens, während Korren seine unbändige Stärke nutzte, um Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Merlo ließ immer wieder kleine Flammen auflodern, um die Dunkelheit und die stickige Kälte des verfluchten Terrains zu vertreiben. Die Routine, die sie gemeinsam entwickelt hatten, ließ die Gruppe funktionieren wie ein eingespieltes Uhrwerk - doch jeder von ihnen spürte die schleichende Erschöpfung.
Das Miasma war allgegenwärtig und bedrängte nicht nur ihre Körper, sondern auch ihre Gedanken. Es störte den Schlaf und ließ Träume von Leid und Verfall zurück. Emilia hielt ihre Barriere aufrecht, deren Verzauberung von den Klingenformern und Runenschmieden in Lantaris geschaffen worden war. Der Stab diente nicht nur ihr, sondern ihren Gefährten als Schutz gegen die dunklen Einflüsse. Doch selbst sie merkte, wie ihre Kräfte schwandten.
„Das Miasma wird dichter", sagte Gray eines Abends mit ernster Stimme, während er das Lager vorbereitete. Er hatte sich dem Kochen gewidmet, doch selbst die vertraute Aufgabe konnte die düstere Stimmung kaum lindern. Das Essen wurde schweigend verteilt, und jeder wusste, dass sie Kraft für die kommenden Tage brauchten.
Alex, in seiner Nachtschattenflügel-Form, nutzte die Dunkelheit, um das Gelände aus der Luft zu überwachen. Er war bereits mehrfach aufgestiegen, um die Umgebung zu prüfen und nach Anzeichen von Bedrohungen zu suchen. Seine scharfen Augen durchdrangen die Nacht, doch die Unruhe ließ ihn nie ganz los. Als er wieder landete, sprach er nur knapp: „Es bleibt ruhig - aber die Dunkelheit fühlt sich... lebendig an."
Chaid hatte sich mit finsterer Miene an die Arbeit gemacht, die Spuren der verfluchten Energie zu lesen. Er hatte in den vergangenen Tagen oft innegehalten, um die Resonanz des Miasmas zu spüren. Die gesammelten Eindrücke waren widersprüchlich und voller Schmerz. „Die Erinnerungen vergangener Leiden haften an diesem Ort", erklärte er leise. „Die Geisterfragmente finden keinen Frieden."
An einem kargen Morgen, als die Gruppe ein Tal durchquerte, brachte Merlo erneut die Frage nach der Reisegeschwindigkeit auf. „Warum machen wir es uns so schwer?", fragte er mit einem Hauch von Frustration. „Ash könnte uns schneller tragen. Er ist ein Drache, oder nicht? Warum quälen wir uns mit jedem dieser Schritte?"
Chaid, der neben Emilia stand, antwortete, bevor sie es konnte. „Unser Auftrag liegt nicht in Geschwindigkeit, Merlo. Jede Spur, jede Veränderung, die wir untersuchen müssen, erfordert Bodenhaftung - im wahrsten Sinne des Wortes. In der Luft sind wir blind für das, was hier unten geschieht."
Emilia warf Merlo einen scharfen Blick zu und verschränkte die Arme. „Und selbst wenn es anders wäre, würde ich Ash niemals als bloßes Transportmittel missbrauchen. Er ist unser Gefährte - nicht unser Reittier. Dabei bleibt es.''
Ash legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter und lächelte. „Keine Sorge, Emilia. Der Bodenweg ist besser. Zumal wir wissen, dass es keine einfache Reise ist." Seine Worte trugen die stille Anerkennung ihrer Fürsorge, und sie spürte, wie die Anspannung ein wenig wich.
Einige Nächte später, als die Gruppe erneut auf Opfer der verfluchten Energie stieß, verdichtete sich die Atmosphäre zu einer erdrückenden Stille. Chaid trat vor, sein Gesicht von ernster Miene gezeichnet. Er kniete nieder und begann, mit leiser, fast beschwörender Stimme zu sprechen. Die Worte, die er murmelte, schienen die Geister für einen Moment zu beruhigen - eine kleine Linderung im Angesicht des endlosen Leids.
Emilia beobachtete die Szene und verstand umso mehr, warum ihre Gefährten von Anfang an so zurückhaltend gegenüber dieser Mission gewesen waren. Der Boden war verrottet, die Lebenskraft schwand. Der Gedanke, dass es in diesem verfluchten Terrain noch Hoffnung geben könnte - sei es in Form einer Silberlilie oder eines anderen Wunders - schien fast aussichtslos.
Doch sie würden nicht aufgeben. Gemeinsam würden sie weitermachen, selbst wenn die Dunkelheit sie bedrängte.
______
Die Tage zogen sich hin, und die Reise wurde zu einem schier endlosen Marsch durch karges, verwittertes Land. Das Miasma war dichter geworden, seine unheimliche Präsenz zerrte an den Sinnen und ließ die Luft wie Gift erscheinen. Doch trotz allem hielt die Gruppe durch, gestützt auf ihre gemeinsame Stärke und die Entschlossenheit, die sie antrieb. Jede Herausforderung wurde angenommen, jedes Hindernis überwunden - doch niemand konnte leugnen, dass die Anspannung stetig wuchs.
Es war an einem trüben Abend, als sie ein weites Tal betraten, dessen Boden von rissigem Gestein und toten Pflanzen durchzogen war. Der Himmel war von dicken Wolken verhangen, und ein kühler Wind pfiff durch die Schlucht. Alles an diesem Ort fühlte sich falsch an, als ob die Zeit selbst hier stehen geblieben wäre.
Emilia blieb abrupt stehen, als sie ein merkwürdiges Kribbeln spürte. Ihre Nackenhaare stellten sich auf, und ihr Griff um den Stab wurde fester. „Spürt ihr das?" flüsterte sie, ihre Stimme kaum mehr als ein Hauch. Alex trat an ihre Seite, seine Augen wachsam. „Ja... da ist etwas."
Bevor jemand reagieren konnte, zerriss ein gellendes Geräusch die Stille. Es war kein Schrei des Triumphes, sondern ein klagender, schmerzerfüllter Laut. Schritte hallten durch das Tal, doch sie waren schwer und ungleichmäßig, begleitet vom Schleifen einer Klinge auf dem Boden. Aus den Schatten trat eine Gestalt hervor - oder besser gesagt, was von ihr übrig war.
Lythara. Doch sie war kaum wiederzuerkennen. Ihr sonst so prächtiges, feuriges Haar hing wirr und verfilzt in Strähnen, das Leuchten in ihren roten Augen war zu einem unsteten Flackern verkommen. Blutige Wunden zogen sich über ihre Arme und Beine, Risse in ihrer Haut ließen tiefere, unheilvolle Spuren erkennen. Ihre Kleidung war zerrissen, ihre Schritte schleppend, als ob jeder Schritt sie unermessliche Anstrengung kostete. Sie taumelte, und für einen Moment schien es, als würde sie jeden Moment zusammenbrechen.
„Bei den Sternen", flüsterte Ash, und sein Gesicht spiegelte eine Mischung aus Entsetzen und Respekt wider. Dass sie es überhaupt so weit geschafft hatte, war erstaunlich - und furchteinflößend.
Keine Spur war von den Gefährten zu sehen, die sie eigentlich begleiten sollten. Nur sie allein, eine verwundete, gebrochene Version ihrer selbst. Doch trotz ihres Zustands war ihre Entschlossenheit ungebrochen. Langsam, als ob jeder Schritt durch Schlamm waten würde, setzte sie einen Fuß vor den anderen und richtete ihren Blick auf Emilia.
Emilia spürte, wie sich ihr Herz zusammenzog. Lytharas Anblick machte sie sprachlos - hier stand keine gefährliche Gegnerin, sondern eine gequälte Seele. Doch bevor sie reagieren konnte, traten Alex, Gray und Ash schützend vor sie. Ihre Blicke waren wachsam, und ihre Haltung signalisierte, dass sie bereit waren, Emilia um jeden Preis zu schützen.
Lythara blieb stehen, ihre Augen flackerten, als ob sie sich an etwas erinnern wollte. Sie öffnete den Mund, doch es kam nur ein heiseres Keuchen heraus. Dann gaben ihre Beine nach, und sie fiel zu Boden, das Kinn auf das harte Gestein geschlagen. Staub wirbelte auf, und für einen Augenblick schien es, als sei jede Kraft, die sie noch hatte, erloschen.
Emilia wollte vorstürzen, doch Ash hielt sie zurück. „Vorsicht", warnte er. „Wir wissen nicht, was hier geschehen ist."
Chaid, der bislang im Schatten geblieben war, trat nun vor. Sein Gesicht war ernst, als er sich neben Lythara niederkniete. „Das Miasma hat sie zerrissen", murmelte er, seine Augen schmal. „Und dennoch ist sie hierhergekommen." Vorsichtig legte er eine Hand über ihre Stirn, und seine Augen schlossen sich. Für einen Moment herrschte völlige Stille. Dann öffnete er sie wieder, ein Schatten von Trauer lag darin. „Ich kann sie nicht retten... aber ich kann ihr Ruhe schenken."
Ein Flüstern entwich seinen Lippen, und die Luft um sie herum begann zu schimmern. Eine sanfte, unheimlich schöne Energie legte sich über Lythara, hüllte sie ein wie ein Schleier. Ihre Atmung wurde ruhiger, und für einen kurzen Moment verschwand der Schmerz aus ihren Zügen. Ihre Lippen bewegten sich, und ein einziges Wort entkam ihnen: „Vorsicht."
Dann legte sich Stille über das Tal. Lytharas Körper erschlaffte, und die Dunkelheit des Miasmas zog sich zurück, als ob es ihre Seele freigeben würde.
Emilia fühlte, wie sich die Kälte in ihrer Brust festsetzte. Sie wusste, dass dies nur der Anfang war. Lytharas Zustand, ihre Worte, das, was sie hierher geführt hatte - alles war Teil einer tieferen, unheilvollen Wahrheit, die sie erst noch begreifen würden.
„Wir gehen weiter", sagte Alex leise, doch seine Stimme war angespannt. „Wir haben keine Zeit zu verlieren."
Die Gruppe setzte ihren Weg fort, doch die Bilder von Lytharas gebrochener Gestalt blieben wie ein dunkler Schatten über ihnen. Sie ahnten nicht, dass dies nur ein Vorbote dessen war, was noch vor ihnen lag.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro