Kapitel 2
Band 2 Kapitel 2
Emilia zog die Karte hervor, ihre Augen vor Aufregung leuchtend. „Hier! Annette hat mir gezeigt, wo die Silberlilie wächst." Doch bevor sie weitersprechen konnte, veränderte sich die Stimmung. Gray und Alex spannten sich an, ihre Mienen wurden ernst, als hätte unsichtbare Gefahr sie umfangen. Die zuvor entspannte Atmosphäre wurde plötzlich schwer und drückend.
Alex verschränkte die Arme vor der Brust, sein Blick scharf und seine Stimme kühl, fast schneidend. „Emilia, wir werden nicht nach der Silberlilie suchen."
Der plötzliche Umschwung ließ Emilia blinzeln. „Was? Aber... du hast doch gerade gesagt, dass wir gemeinsam helfen werden. Denk doch an all die Verletzten! Ich dachte, wir sind uns einig-" Ihre Stimme klang drängend, beinahe flehend.
„Hör auf, Emilia", unterbrach Alex sie, schärfer, als sie es je von ihm gewohnt war. Es klang so weit entfernt von seiner sonst sanften Art, dass es sie hart traf. „Du redest leichtfertig über verletzte Dämonen, nur um deinen Willen durchzusetzen. Das hier ist nicht irgendein Spiel. Und du weißt das genau."
Die Kälte in seiner Stimme schnitt tief, und Emilia spürte, wie sich Wut und Frustration in ihr ausbreiteten. Ihr Herz klopfte schneller, als sie ihn ansah. „Alex...", begann sie, aber ihre Stimme zitterte, unsicher, fast verletzlich. Es war lange her, dass er sie so hart und entschlossen abwies. Ein Teil von ihr fühlte sich plötzlich fehl am Platz.
Gray, der bisher still gewesen war und alles aufmerksam beobachtet hatte, seufzte leise und legte behutsam eine Hand auf ihre Schulter. Die Wärme seiner Berührung milderte ihre innere Unruhe etwas. „Emilia, ich weiß, das klingt hart, aber Alex hat recht. Die Suche nach der Silberlilie ist zu gefährlich. Ich verstehe deinen Wunsch, zu helfen - wirklich. Aber es gibt Grenzen, die wir nicht überschreiten können."
Ihre Augen suchten Gray und fanden dort zunächst Verständnis - bis seine eigenen Augen einen Funken Traurigkeit enthüllten. „Selbst du?", fragte sie enttäuscht und wandte sich vollständig zu ihm um. „Du hast doch gesagt, dass du das Kräutersalz aus den Silberlingen der Lilie schon lange einmal herstellen wolltest..."
Ein schwaches, trauriges Lächeln huschte über Grays Lippen, während er ihren Blick hielt. „Ja, ich könnte. Aber zu welchem Preis, Emilia?" Er machte eine kurze Pause, seine Stimme wurde ernster. „Von wem hast du die Karte bekommen?"
Sie zögerte, bevor sie antwortete. „Annette hat sie mir gegeben", sagte sie schließlich, leiser als zuvor. „Sie hat mich gewarnt, dass die Suche gefährlich ist. Aber... ist es wirklich so schlimm?"
„Ja", bestätigte Gray mit Nachdruck. „Die Orte, an denen die Silberlilie wächst, sind durchzogen von chaotischer Mana-Energie und uralten Flüchen. Nur wenige kehren zurück, wenn sie sich dorthin wagen - und die, die es schaffen, sind oft für immer gezeichnet."
Emilia spürte, wie ihr Herz schwer wurde. Ihre Gedanken kehrten unwillkürlich zu dem verletzten Dämon zurück, den sie gesehen hatte - zu den gequälten Augen, die nicht losließen. „Ich kann nicht einfach wegsehen", flüsterte sie, der Kloß in ihrem Hals wurde immer größer. „Ich will helfen. Es gibt so viel Leid - und wenn ich die Möglichkeit habe, dann sollte ich doch..."
Alex, der all dies mit finsterem Blick verfolgt hatte, ließ sie nicht aus den Augen. „Da ist es wieder", warf er ein, seine Stimme schärfer als ein Dolch. „Immer nur ich will. Hast du überhaupt verstanden, worauf du dich einlassen würdest? Hast du dir die Konsequenzen überhaupt ausgemalt? Oder geht es dir einfach nur darum, irgendetwas zu beweisen?"
Die Worte trafen Emilia wie ein Schlag. Sie verschränkte trotzig die Arme, doch ihre Frustration war greifbar. „Natürlich habe ich darüber nachgedacht. Und ich weiß, dass es gefährlich ist! Aber wenn wir uns ständig zurückziehen, wer soll dann den Unterschied machen?"
Alex' Blick blieb unerbittlich. „Als ich sagte, wir helfen dir, meinte ich, dass wir die Ursache dieser verfluchten Angriffe finden. Nicht, dass wir uns in einen Ort voller Tod und Dunkelheit stürzen und unser Leben auf's Spiel setzen."
Emilia öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch die Entschlossenheit in den Augen beider ließ sie innehalten. Ihr Zorn schwand, wurde von Traurigkeit und einer lähmenden Ohnmacht ersetzt. Sie sah auf die Karte hinab, ihre Hände zitterten. Alles, was sie wollte, war helfen, etwas bewirken. Und doch fühlte sie sich plötzlich klein und allein.
Gray trat einen Schritt näher und sprach mit sanfterer Stimme. „Es geht nicht darum, dich zu bremsen. Wir stehen an deiner Seite, Emilia - aber wir müssen klug sein. Es gibt andere Wege. Wir werden eine Lösung finden. Aber nicht so."
Für einen Moment herrschte bedrückende Stille. Emilia ließ die Schultern hängen und starrte auf die Karte in ihren Händen. „Ich verstehe", murmelte sie schließlich, ihre Stimme von Müdigkeit und Enttäuschung durchdrungen. „Ich wollte nur... etwas bewirken."
Gray drückte sanft ihre Hand. „Das wirst du", sagte er, seine Stimme voller Wärme. „Aber nicht um jeden Preis."
Alex entspannte sich, ein Funken von Wärme kehrte in seine Augen zurück. „Wir finden eine Lösung. Gemeinsam. Aber wir müssen mit Verstand vorgehen."
Emilia schloss die Augen und atmete tief durch. Die Glut in ihr brannte noch - aber sie wusste, dass sie einen anderen Weg finden mussten. Sie würden gemeinsam weitermachen. Klüger und stärker.
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Das letzte Gespräch lastete schwer auf Emilias Schultern. Nachdem sie sich von Gray und Alex entfernt hatte, suchte sie Zuflucht auf der Dachterrasse, die sich über den Dächern von Origin erstreckte. Der Abendwind war kühl und trug den Duft von Kräutern und Gewürzen der Stadt mit sich, doch er brachte ihr keine wirkliche Erleichterung. Der Knoten in ihrem Bauch wollte sich nicht lösen. Warum hatten sie so reagiert? Was verbarg sich hinter diesem Ort, dieser Suche, dass sie beide so heftig widersprachen? Ihre Gedanken wirbelten wie ein unruhiger Sturm, und mit jedem weiteren Gedanken wurde ihr Herz schwerer.
Emilia stützte sich mit den Armen auf das Geländer und ließ ihren Blick über die Dächer schweifen, die langsam in die Dunkelheit übergingen. Der Himmel war von einem tiefen Blau, und erste Sterne blinkten am Horizont. Ihre Augen glitzerten leicht, als sie sich daran erinnerte, wie sie gehofft hatte, Gray mit der Aussicht auf das Kräutersalz aus den Silberlingen der Lilie zu begeistern. Annette hatte so lebendig davon erzählt... Aber sie hatte sich geirrt - und das schmerzte mehr, als sie es sich eingestehen wollte. Es war mehr als nur eine verfehlte Idee; es war das Gefühl, ihren Freunden etwas zugemutet zu haben, das sie nicht kontrollieren konnte.
Das leise Flüstern des Windes um sie herum schien ihre Gedanken zu spiegeln. Sie verbrachte einige Zeit in stiller Einsamkeit, die Kälte der Nacht auf ihrer Haut spürend, bis sie plötzlich Schritte hinter sich hörte. Gray und Alex traten auf die Terrasse, ihre Gesichter von Nachdenklichkeit und Besorgnis gezeichnet. Sie schwiegen, sagten nichts, aber ihre Anwesenheit war laut genug - ein stilles Versprechen, dass sie noch nicht am Ende des Gesprächs waren.
Emilia seufzte tief und starrte weiterhin in die Ferne. „Es tut mir leid", murmelte sie, ihre Stimme leiser als ein Flüstern. „Ich bin wirklich egoistisch, oder?"
Gray lehnte sich an das Geländer neben ihr, so nah, dass sie seine Wärme spüren konnte, und ließ seinen Blick in die gleiche Richtung wandern. „Das bist du nicht, Emilia. Du willst helfen. Das war nie das Problem." Seine Stimme war sanft, trug jedoch einen ernsten Tonfall. „Aber manchmal... setzt du alles aufs Spiel, ohne an die Konsequenzen zu denken."
Emilia biss sich auf die Lippe und drehte sich leicht zu ihnen, ihre Augen voller unausgesprochener Fragen und Zweifel. „Ihr habt recht. Ich verlange von euch, dass ihr mir folgt, ohne euch vorher zu fragen, ob es das wert ist. Ich... ich wollte einfach etwas bewirken. Und das war falsch von mir. Es war nicht fair."
Alex trat näher, seine Bewegungen langsamer, als ob er die Worte sorgsam wählte. Er legte sanft eine Hand auf ihre Schulter, sein Griff fest, aber beruhigend. „Du bist nicht egoistisch, Emilia", sagte er, seine Stimme wieder wärmer. „Du bist leidenschaftlich - und das ist eine deiner größten Stärken. Aber wenn du dich blindlings in Gefahren stürzt, wird diese Leidenschaft zur Schwäche. Wir wollen nicht, dass du dich verlierst."
Emilia schluckte schwer, während die Tränen, die sich in ihren Augen sammelten, zu brennen begannen. „Ich wollte nur... etwas Gutes tun. Ich wollte, dass wir unsere Stärken vereinen und sinnvoll einsetzen, um wirklich etwas zu bewirken. Ihre Stimme brach und sie senkte den Kopf.
Gray streckte behutsam die Hand aus und schob eine widerspenstige Haarsträhne aus ihrem Gesicht. „Es ist nicht deine Schuld, dass du helfen willst. Das ist das, was wir an dir schätzen. Aber wir sind Partner an deiner Seite - du kannst nicht alles alleine schultern."
Emilia schloss die Augen, die Worte hallten in ihrem Inneren nach und ließen die Schwere der Schuld in ihrem Herzen etwas leichter werden. „Ich weiß. Es tut mir trotzdem leid. Für alles."
Alex lehnte sich nun ebenfalls gegen das Geländer, direkt an ihrer anderen Seite. Seine Augen waren ernst, als er sie ansah. „Entschuldigen ist ein Anfang. Aber versprich uns eins." Sein Blick ließ keinen Raum für Ausflüchte. „Kein Alleingang mehr. Keine Entscheidungen, die uns alle gefährden könnten. Wir sind ein Team, Emilia. Das bedeutet, dass wir uns gegenseitig vertrauen und zuhören - auch wenn es schmerzt."
Emilia nickte langsam, die Emotionen deutlich in ihrem Gesicht. „Ich verspreche es. Kein Alleingang."
Ein Moment des Schweigens senkte sich über sie. Sie standen gemeinsam da und schauten in den funkelnden Nachthimmel, der sich über die Stadt spannte. Die Sterne schienen näher zu rücken, und die Dunkelheit fühlte sich plötzlich weniger erdrückend an, als ob sie gemeinsam das Licht in sich trugen.
Gray war es, der schließlich die Stille brach. Ein kleines Lächeln huschte über seine Lippen, ein sanftes Leuchten in seinen Augen. „Außerdem - das mit dem Kräutersalz klingt wirklich nicht schlecht. Wenn wir sicher sind, dass es kein Todesurteil ist, könnten wir es in Betracht ziehen."
Ein Lachen entkam Emilias Lippen, zart und voller Erleichterung. Die Schwere auf ihrer Brust lockerte sich. „Also denkst du doch daran, Gray?"
„Vielleicht ein bisschen", gab er zu und sein Schmunzeln vertiefte sich. „Aber ich will, dass du heil zurückkommst, bevor ich mir über solche Dinge Gedanken mache."
Alex verdrehte spielerisch die Augen und verschränkte die Arme, ein Hauch von Humor kehrte in seine Stimme zurück. „Wenn wir das hier überleben, werde ich dir sogar eine ganze Sammlung von Rezepten für Kräutersalz machen, Emilia. Deal?"
„Deal." Ein leichter Windstoß ließ Emilias Haare flattern, und sie spürte, wie sie zum ersten Mal seit Stunden wieder etwas freier atmen konnte. Die Zweifel und Unsicherheiten blieben - aber mit Gray und Alex an ihrer Seite fühlte sie sich stark genug, sie zu überwinden. Gemeinsam.
...
Während sie alle drei ans Geländer gelehnt standen, ließ Emilia die Stille für einen Moment länger wirken. Der kühle Wind spielte mit ihren Haaren, und sie konnte die Geräusche der Stadt unter sich hören - gedämpft, entfernt, als ob sie Teil einer anderen Welt wären. Schließlich atmete sie tief durch und sammelte ihren Mut. „Wisst ihr... in letzter Zeit habe ich mich oft gelangweilt", begann sie und ließ ihren Blick über die Dächer der Stadt schweifen. Ihre Stimme war leise, fast nachdenklich. „Ich genieße es, mit euch hier zu sein, wirklich. Aber gleichzeitig... da ist dieses Gefühl, das mich einfach nicht loslässt. Es fühlt sich an wie... wie ein Sog, der mich ständig vorantreibt. Versteht ihr?"
Gray sah sie mit seinen ruhigen, meerblauen Augen an. Darin lag kein Urteil, nur ein tiefes Verständnis und ein Hauch von Besorgnis. „Es ist okay, das zu sagen, Emilia. Das Leben in Ruhe hat seine Annehmlichkeiten - aber ich verstehe, dass es nicht immer genug ist. Manchmal braucht man mehr." Seine Worte waren sanft, aber sie trafen genau den Kern ihres inneren Konflikts.
Alex nickte und stieß ein leises Seufzen aus. „Also war das der Grund, warum du dich heute so in den Gedanken an die Silberlilie verrannt hast? Du wolltest... Aufregung. Ein neues Abenteuer, etwas, das die Leere füllt." Seine Worte waren sachlich, aber in seinem Ton lag keine Kälte mehr - eher ein tiefer Wunsch, sie zu verstehen.
Emilia zuckte leicht mit den Schultern, als ob sie die Schwere ihrer eigenen Worte abmildern wollte. „Vielleicht. Heute war es das erste Mal seit Langem, dass ich das Gefühl hatte, wirklich etwas Neues erleben zu können. Es hat mich einfach mitgerissen. Deswegen wollte ich es unbedingt - ohne Rücksicht auf alles andere." Sie hielt inne und senkte den Blick, während ihre Stimme leiser wurde. „Manchmal verhalte ich mich... wie ein Kind, das nach dem greift, was es nicht haben kann."
Gray legte behutsam eine Hand auf ihre Schulter und strich mit dem Daumen sanft über ihre Haut. „Kindisch? Nein. Leidenschaftlich, ja. Du willst mehr vom Leben - das ist keine Schwäche. Aber manchmal musst du lernen, dass es Dinge gibt, die nicht auf diese Weise zu erreichen sind."
Alex stützte sich mit den Händen auf das Geländer und ließ seinen Blick in den Nachthimmel schweifen, als suche er dort nach einer Antwort. „Es ist nicht falsch, nach Herausforderungen zu suchen, Emilia. Aber die Art und Weise, wie du dich hineinstürzt..." Er hielt inne und drehte sich dann zu ihr, seine Augen voller Sorge. „Wir machen uns Sorgen. Um dich."
Emilia schloss für einen Moment die Augen, die Schwere seiner Worte drang tief in sie ein. Sie spürte den Kloß in ihrem Hals, als sie nickte. „Ich verstehe. Es tut mir leid, dass ich euch so unter Druck gesetzt habe. Es war nicht fair."
„Es geht nicht um Schuld", sagte Gray sanft, sein Blick warm und ermutigend. „Wir wollen nur sicherstellen, dass du heil bleibst."
Sie verbrachten einige Zeit damit, Gedanken und Sorgen hin und her zu werfen, die Spannung des vorherigen Gesprächs langsam verflog. Die Nacht wurde dunkler, doch mit jedem Wort, das sie wechselten, fühlte Emilia sich weniger allein. Schließlich hob sie den Kopf und sah sie beide mit einer Mischung aus Neugier und Entschlossenheit an. „Aber... wollt ihr mir nicht erzählen, was euch wirklich an diesem Ort stört? Ihr habt so heftig reagiert. Es muss doch mehr dahinterstecken."
Die beiden tauschten einen Blick, ein stummes Gespräch, das in den wenigen Sekunden mehr ausdrückte, als Worte es jemals könnten. Alex war derjenige, der schließlich tief durchatmete und sprach. „Emilia, du willst das wirklich wissen, oder?"
Sie nickte, ihre Augen glänzten vor Erwartung und einer Spur von Trotz. „Ja. Bitte. Ich will es wissen."
Alex zögerte, bevor er mit einem langsamen Nicken einwilligte. „Gut. Ich werde es dir erzählen, aber danach lassen wir das Thema für eine Weile ruhen. Einverstanden?"
„Einverstanden", sagte Emilia sofort, spürbar erleichtert, dass sie endlich ein paar Antworten bekommen würde.
„Der Ort, an dem die Silberlilie wächst, ist eine gesetzlose Zone", begann Alex mit ernster Stimme. Emilia runzelte die Stirn. „Gesetzlos? Was genau bedeutet das?"
Gray, der bisher schweigend zugehört hatte, trat einen Schritt näher und sprach mit ruhiger Stimme. „Emilia, du weißt, dass wir uns hier in einer freien Zone befinden - einem Ort, den niemand beherrscht. Die Dämonen, die hier leben, kümmern sich um ihre Gemeinschaft, ohne Herrscher, ohne strenge Gesetze. Es ist ein sicherer Raum, in dem jeder willkommen ist - egal aus welchem Stamm."
Emilia nickte langsam. „Ja, ich habe davon gehört."
„Diese Zone umfasst mehrere Städte", fuhr Gray fort. „Lunaris, Lantaris, Origin - und dazwischen kleine Dörfer wie Farodin oder Lirien. Sie gehören zur Zone der Vereinten."
Alex ergänzte mit ernster Miene: „Eversum ist die Hauptstadt dieser Region, und hier herrscht Frieden und Zusammenarbeit. Aber außerhalb dieser Zone... herrscht Chaos."
......
Emilia ließ die Worte in der Stille nachklingen, ihre Stirn in tiefen Falten. Die Schwere und der Ernst, mit dem Alex und Gray sprachen, war nicht zu überhören. „Was meint ihr genau? Worauf wollt ihr hinaus?", fragte sie schließlich, während sie ihren Blick fest auf Alex richtete, als ob sie jede seiner Erklärungen direkt aufzusaugen versuchte.
Alex trat einen Schritt näher, seine Bewegungen betont ruhig, seine Stimme sanft, aber durchdringend. „Das bedeutet, dass du bisher nur die sichere Seite dieser Welt kennengelernt hast, Emilia. Hier, in der vereinten Zone, herrscht Frieden, und man kann sich frei bewegen. Doch darüber hinaus... ist die Welt weitaus größer - und weitaus gefährlicher - als du vielleicht begreifen kannst."
Er machte eine kurze Pause und ließ die Worte wirken, bevor er weitersprach. „Von Eversum und den nahegelegenen Städten bis hierher erstreckt sich die freie Zone. Ein Ort der Zusammenarbeit, ein Zufluchtsort für Dämonen verschiedener Stämme und Völker, die gemeinsam für ein friedliches Miteinander sorgen. Die Bewohner regeln ihre Angelegenheiten selbst. Doch jenseits dieser Zone gibt es die vereinten Königreiche - ein Bündnis mehrerer Völker, das Gästen den Zutritt erlaubt, solange sie die Regeln und Bräuche respektieren."
Emilia nickte langsam, ihre Gedanken schwirrten. Erzählungen und Legenden, die sie in der Gilde gelesen hatte, blitzten in ihrem Geist auf. Es gab so vieles, was sie nicht wusste. Gray, der das Gespräch bisher schweigend verfolgt hatte, trat an ihre Seite, und seine Stimme war ruhig, aber tief. „Nur wenige Stämme gehören zu diesem Pakt, gerade mal eine handvoll." Er ergänzte „Aber außerhalb dieser Königreiche wird es komplizierter. Manche Stämme dulden keine Besucher. Fremde werden oft gewaltsam vertrieben - genauso, wie du es aus dem Tal der Walküren kennst. Dein eigenes Heimatreich ist abgeschottet."
Alex legte eine Hand auf das Geländer und sah hinaus, als ob er die ferne Dunkelheit mit seinen Gedanken durchdringen wollte. „Deine Reise führte dich in die freie Zone - ein reiner Glücksfall. Wäre es anders verlaufen, hättest du dich auf Pfaden wiedergefunden, die in gefährlichere Regionen führen. Orte, an denen kein Gesetz und keine Ordnung herrschen."
Emilias Blick wurde nachdenklicher, und sie senkte den Kopf. „Die gesetzlose Zone", sagte Gray mit einer Schwere in der Stimme, die deutlich machte, wie ernst es war. „Früher ein belebter Teil der freien Zone - doch mit der Zeit zerfiel sie. Heute markiert sie die Grenze zwischen den freien Königreichen und der freien Zone."
„Erinnerst du dich an den Farnweber-Wald?" fragte Alex, und Emilia nickte leicht. Der Wald hatte eine wilde, unkontrollierte Mana-Strömung und war voller Mysterien - ein gefährlicher Ort. „Die gesetzlose Zone ist eine weitaus gefährlichere Version davon. Über die Jahre entwickelte sich dort ein starkes Miasma."
Emilia runzelte die Stirn. „Miasma?" Ihre Stimme zitterte leicht, das Unbehagen war kaum zu übersehen.
„Ein toxischer Nebel, geboren aus verzerrtem Mana", erklärte Gray geduldig, seine Augen voller Mitgefühl. „Es ist das Ergebnis von Mana, das über Jahrhunderte an einem Ort zerfällt. Das Miasma wird zu einer düsteren, verderbten Energie, die das Land und alles Lebendige in sich zerstört. Selbst die stärksten Abenteurer meiden die gesetzlose Zone. Es greift die Sinne an, schwächt den Körper und destabilisiert Magie."
Alex schloss kurz die Augen, als ob er sich an etwas Schreckliches erinnerte, bevor er weitersprach. „Dort lauern Kreaturen, geboren aus Dunkelheit und Miasma. Scheusale, die nicht kontrolliert werden können, die zerstören und jagen. Gray und ich könnten dich dort nicht schützen - nicht allein."
Emilia spürte einen Kloß in ihrem Hals und schluckte schwer. Die Vorstellung, dass dieser Ort einst Teil einer friedlichen Gemeinschaft war und nun verfallen war, erschütterte sie. „Und die Silberlilie... wächst dort?"
„Ja", sagte Gray, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Immer zu dieser Saison. Früher war es gefährlich, aber lohnenswert, die Silberlilie zu suchen. Doch jetzt... kehrt kaum noch jemand lebend zurück."
Alex' Blick ruhte ernst auf ihr. „Die Legende der Silberlilie mag noch immer lebendig sein, aber für die meisten ist es ein Todesurteil, dorthin zu gehen. Das ist es, was uns beunruhigt, Emilia. Es geht nicht nur um deine Neugier. Es geht darum, dich lebend zurückzubringen."
Die Stille, die folgte, war schwer und voller unausgesprochener Gefühle. Emilias Gedanken wirbelten. Der Ort, den sie als eine Herausforderung gesehen hatte, entpuppte sich als Albtraum. „Also... ist es wirklich so schlimm", flüsterte sie, fast zu sich selbst.
Gray legte sanft seine Hand auf ihre Schulter, und die Wärme seiner Berührung gab ihr Kraft. „Es gibt Herausforderungen, die man besser meidet. Und es gibt Wege, die man nur mit Bedacht gehen sollte."
Alex trat näher, sein Blick voller Sorge und Entschlossenheit. „Du musst das verstehen, Emilia. Wir sind bereit, vieles zu tun - aber wir müssen wissen, wann es Zeit ist, zurückzuweichen."
Sie nickte langsam, auch wenn ihre Gedanken noch immer kreisten. Es war, als würde die Welt vor ihren Augen größer und gefährlicher erscheinen - und doch... wollte sie nicht nur ein Zuschauer sein.
Beide Jungs musterten sie mit einem besorgten Blick. Alex trat noch einen Schritt näher und fixierte sie mit ernsten Augen. „Emilia, hast du das jetzt wirklich verstanden?" Seine Stimme klang eindringlich, aber nicht scharf - es war die Art von Tonfall, der klar machte, dass er sich Sorgen machte.
Emilia hielt den Blickkontakt, ihre Lippen fest aufeinandergepresst. Sie konnte die Sorge in ihren Augen spüren und das Gewicht ihrer Worte. Für einen Moment sagte sie nichts, ließ die Stille wirken, die zwischen ihnen lag, und die Bedeutung dessen, was sie vorhatten, sickern. Schließlich nickte sie langsam, wenn auch zögernd. „Ja... ich habe es verstanden", sagte sie leise, aber ihre Stimme zitterte leicht, als ob sie gegen ihre eigenen Ängste ankämpfen müsste. „Ich weiß, dass ihr mich beschützen wollt. Ich weiß, dass es gefährlich ist."
Gray, der ein leises, fast resigniertes Seufzen von sich gab, legte sanft eine Hand auf ihre Schulter. „Das wollen wir - und mehr als das. Wir wollen dich nicht verlieren. Wir sind ein Team, Emilia. Das bedeutet, dass wir Entscheidungen gemeinsam treffen müssen, auch wenn es schwerfällt."
„Es geht nicht darum, dich zu bremsen oder dir Grenzen aufzuzeigen", ergänzte Alex, dessen Ton sanfter wurde, als wolle er die Härte seiner früheren Worte ausgleichen. „Wir wissen, wie stark du bist. Aber selbst die Stärksten brauchen Schutz. Du bist uns wichtig, Emilia."
Emilias Blick senkte sich, als ob sie Schutz in ihren eigenen Gedanken suchte. Die Wärme von Grays Berührung und die Ernsthaftigkeit in Alex' Stimme schmerzten, aber gleichzeitig fühlte sie sich getragen von ihrer Fürsorge und der Tiefe ihrer Freundschaft. „Danke", flüsterte sie schließlich und hob den Kopf, die Augen noch immer von Emotionen erfüllt. „Ich weiß, dass ihr es gut meint. Es fällt mir einfach schwer, nichts zu tun."
Gray lächelte sanft und verstärkte den Druck seiner Hand auf ihrer Schulter - nicht als Last, sondern als Zeichen seiner Unterstützung. „Das verstehen wir. Und wenn es einen Weg gibt, zu helfen, ohne dass wir uns selbst in Gefahr bringen... werden wir ihn finden. Gemeinsam."
Emilia spürte die Entschlossenheit in ihren Blicken und atmete tief durch. Sie wusste, dass sie noch nicht alle Antworten hatte, aber mit Alex und Gray an ihrer Seite würde sie den Weg finden. Sie nickte erneut, dieses Mal etwas fester. „Gemeinsam", wiederholte sie.
Alex und Gray tauschten einen kurzen Blick, und beide lächelten - ein Lächeln voller Trost, Unterstützung und dem stillen Versprechen, dass sie füreinander da sein würden, egal was kam.
~ ~ ~
Nachdem die ernste Diskussion zu einem Ende gekommen war, hing die Anspannung noch in der Luft. Doch Alex, der die Stimmung aufhellen wollte, setzte sich mit einem theatralischen Schwung an den Tisch und schob ein zerknittertes Pergament zur Seite. In seinen Augen funkelte eine Mischung aus Schalk und Neugierde, die Emilia ein wenig zum Schmunzeln brachte. „Da wir uns jetzt so gut verstehen", begann er mit einem halb spöttischen Grinsen, „wie wäre es, wenn wir unser Gehirn ein wenig herausfordern? Ein altes Schamanenrätsel. Angeblich nur für die Klügsten lösbar - oder für jene, die keine waghalsigen Quests mehr brauchen."
Emilia hob skeptisch die Augenbrauen und trat näher, ihre Neugier geweckt. „Ein Rätsel? Von dir? Das muss ja wirklich etwas Besonderes sein."
„Höchstwahrscheinlich eine Falle", warf Gray trocken ein, während er sich in einem bequemen Sessel niederließ und die Arme verschränkte. „Aber warum nicht? Es wird sicher amüsant, zu sehen, wie du dich darin verhedderst, Alex."
Alex schnaubte gespielt beleidigt und legte eine Hand theatralisch auf die Brust. „Ihr beide unterschätzt mich schamlos! Passt auf und lernt." Er entfaltete das Pergament und darauf erschien ein magisches Symbol, das in einem sanften Blauton schimmerte. „Das Rätsel lautet: 'Was beginnt im Schatten, wächst im Licht und verschwindet bei Nacht?'"
Emilia runzelte die Stirn und kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. „Das klingt nach etwas Tiefgründigem..."
Gray streckte sich auf seinem Platz und grinste schelmisch. „Es klingt nach etwas, das dich in den Wahnsinn treiben wird. Aber bitte, Emilia, tu dir keinen Zwang an."
Emilia legte die Finger ans Kinn und dachte laut nach. „Hm... etwas, das im Schatten beginnt... vielleicht eine Pflanze? Aber was könnte bei Nacht verschwinden?" Sie warf Alex einen abschätzenden Blick zu. „Ich wette, du hast nicht mal ansatzweise eine Lösung."
Alex grinste, ließ aber einen neckischen Unterton in seine Stimme fließen. „Natürlich habe ich eine Lösung! Es könnte... ein Schatten selbst sein."
Gray schüttelte den Kopf und lachte leise. „Ein Schatten? Das ist viel zu simpel, selbst für dich."
Die Kabbelei der beiden ließ Emilias Lippen zu einem kleinen Lächeln zucken. Die ernste Atmosphäre wich einer lockeren Vertrautheit. Sie liebte es, wenn sie sich sicher und umgeben von Leichtigkeit fühlte - auch wenn die Welt um sie herum kompliziert war. „Also gut, wenn ihr beiden aufhören würdet, mich abzulenken", sagte sie schließlich mit gespielter Ernsthaftigkeit, die Arme vor der Brust verschränkt. „Ich werde die Lösung finden."
„Ich warte", sagte Gray und machte eine ausladende Geste. „Ich brauche eine Herausforderung."
Emilia überlegte einen Moment und ihre Augen leuchteten, als ihr ein Gedanke kam. „Was, wenn es... Mana ist? Mana beginnt schwach, wird durch Licht, also Energie, verstärkt und... verbraucht sich in der Nacht, wenn es zur Ruhe kommt."
Einen Moment herrschte Schweigen. Alex brach als Erster in Gelächter aus. „Das ist... tatsächlich gar nicht so abwegig."
„Aber falsch", fügte Gray mit einem spitzbübischen Lächeln hinzu. „Die Antwort ist die Zeit. Sie beginnt in den Schatten der Nacht, wächst mit dem Licht des Tages und verschwindet, wenn die Dunkelheit zurückkehrt."
Emilia starrte ihn mit gerunzelter Stirn an. „Du wusstest es die ganze Zeit, oder?"
Gray zuckte mit den Schultern und grinste verschmitzt. „Vielleicht. Aber es war zu gut, um es dir nicht unter die Nase zu reiben."
Sie seufzte und rollte die Augen, aber der Hauch eines Lächelns blieb auf ihren Lippen. „Typisch."
„Das ist das Leben mit mir", erwiderte Gray, bevor er sich entspannt zurücklehnte. Alex lachte leise, und die drei sanken in eine unbeschwerte Stimmung - ein Moment der Erholung, ein kleiner Lichtblick nach all der Schwere.
~ ~ ~
Emilia hielt inne und sah Gray für einen Moment an. Etwas an seiner Art, wie er mit Leichtigkeit scherzte und gleichzeitig eine tiefe Fürsorge in seinen Augen trug, fesselte sie. Es war, als ob er die Leichtigkeit der Situation nutzte, um ihre Sorgen zu vertreiben, und dennoch nie seine Ernsthaftigkeit verlor. Sie bemerkte den Hauch eines Lächelns auf seinen Lippen, und für einen Augenblick schien die Welt stillzustehen. Alles um sie herum verblasste. Gray bemerkte ihren Blick, sein Lächeln vertiefte sich, und er hielt den Blickkontakt - als ob Worte in dieser stummen Unterhaltung überflüssig wären. Schließlich stand er auf, streckte sich und griff nach Emilias Hand, zog sie mit einem spielerischen Zug aus dem Sessel.
„Weißt du, Emilia", sagte er, während er sie sanft in Richtung Küche führte, „es gibt definitiv bessere Möglichkeiten, die Zeit totzuschlagen, als sich von einem Schamanenrätsel verrückt machen zu lassen."
Emilia ließ sich widerstandslos mitziehen, ein Lächeln auf den Lippen und das Kribbeln seiner Berührung noch immer auf ihrer Haut spürend. „Ach ja? Und was genau schlägst du vor?" Ihr Ton war herausfordernd, doch die Neugier blitzte in ihren Augen auf.
„Kochen", antwortete Gray mit einem schelmischen Augenzwinkern, während er einige Schränke öffnete und nach Zutaten suchte. „Ich wette, du hast noch nie ein echtes Kräutersalz hergestellt. Heute ist deine Gelegenheit."
„Ein Kräutersalz?", wiederholte Emilia und verschränkte spielerisch die Arme. „Das klingt... ehrlich gesagt, ziemlich langweilig."
Gray zog eine Augenbraue hoch und begann, frische Kräuter aus einer Schale zu zupfen. „Das sagst du nur, weil du keine Ahnung hast, wie man es richtig macht. Es ist eine Kunstform, und du bist gerade meine Schülerin. Also - aufpassen."
Alex, der sich mit amüsiertem Blick an den Türrahmen lehnte, schaltete sich ein. „Ich setze alles darauf, dass Emilia entweder die Küche in Brand setzt oder zumindest etwas explodieren lässt."
Emilia schoss ihm einen spöttischen Blick zu und streckte ihm die Zunge heraus. „Sehr witzig. Ich werde euch zeigen, dass ich durchaus talentiert bin."
Gray hielt inne und nickte mit einem humorvollen Lächeln. „Das wollen wir doch mal sehen." Er legte einige der Kräuter auf ein Schneidebrett und reichte Emilia ein Messer. „Also gut. Der Schlüssel zu einem perfekten Kräutersalz ist das richtige Mischverhältnis und das Timing. Zu viel Mana-Energie, und es wird bitter. Zu wenig, und es verliert seinen Geschmack."
Emilia beobachtete seine geschickten Hände und war für einen Moment fasziniert von seiner Präzision. Dann nahm sie das Messer und konzentrierte sich auf die Kräuter, während sie das vertraute Kribbeln ihres Manas in den Fingerspitzen spürte. Sie begann, die Kräuter zu schneiden, bemühte sich, ihre Energie kontrolliert fließen zu lassen, aber es dauerte nicht lange, bis ein paar Funken sprühten.
Gray lachte und legte seine Hände sanft auf ihre, um sie zu beruhigen. „Du bist zu angespannt", sagte er, seine Stimme weich und beruhigend. „Es geht nicht nur um Präzision - du musst ein Gefühl für die Zutaten entwickeln."
Emilia warf ihm einen schiefen Blick zu, ein schelmisches Lächeln auf den Lippen. „Das sagt derjenige, der sich nie entspannt."
„Ich bin völlig entspannt", erwiderte Gray mit einem gespielten Hauch von Stolz und ließ ihre Hände los, um ihr wieder die Kontrolle zu überlassen. Emilia konzentrierte sich erneut, während Gray geduldig neben ihr blieb und sie beobachtete, bereit einzugreifen, falls nötig. Alex saß inzwischen mit verschränkten Armen da und warf gelegentlich neckische Kommentare ein.
Trotz einiger Missgeschicke - Funken, die aufsprangen, und leuchtende Kräuter, die kurzzeitig heller glühten als erwartet - lachten sie gemeinsam und schafften es, den Moment unbeschwert zu genießen. Gray half Emilia, ihre Mana-Kontrolle zu verbessern, während Alex mit einem neckischen Unterton Wetten darauf abschloss, ob die Küche den Abend überleben würde.
Am Ende des Abends stand eine kleine Schale mit funkelndem, wohlriechendem Kräutersalz auf dem Tisch. Emilia war stolz, auch wenn das Ergebnis weit von perfekt entfernt war. In ihrem Herzen spürte sie die Wärme und Leichtigkeit des Moments - genau das, was sie nach all der Schwere gebraucht hatte. Gray und Alex warfen sich einen anerkennenden Blick zu, als ob sie wüssten, dass dies mehr als nur ein einfaches Koch-Experiment war. Es war ein Stückchen Normalität inmitten einer chaotischen Welt.
Emilia funkelte plötzlich voller Energie und richtete sich auf. „Wisst ihr was?, ihr beide könntet ein wenig Schönheitspflege vertragen. Zeit für eine Umstyling-Session!" Ihre Augen blitzten schelmisch, und sie konnte die überraschten Reaktionen der beiden kaum erwarten.
Gray hob eine Augenbraue und betrachtete sie mit gespieltem Ernst. „Ein Umstyling? Mit dir als Stylistin?"
Alex, der auf einem Stuhl saß und gerade noch gelassen gewirkt hatte, starrte sie ungläubig an. „Das ist nicht dein Ernst, oder? Ich bin ein Vampir, Emilia. Meine Haut ist... makellos."
Emilia kicherte und verschränkte die Arme. „Oh, natürlich, perfekt. Aber ich wette, du hast noch nie eine richtige Gesichtsmaske getragen."
Gray seufzte theatralisch und hob die Hände. „Na schön. Aber wehe, du machst mich zu einer wandelnden Katastrophe."
„Ich garantiere nichts", sagte Emilia mit einem verschmitzten Lächeln, während sie verschiedene Tiegel und Dosen herausholte. „Aber ihr werdet es lieben."
Die beiden Männer schauten sich an, als hätten sie Angst vor dem, was auf sie zukam, doch sie ließen Emilia gewähren. „Also, wir starten mit einer Gesichtsmaske", erklärte sie mit leuchtenden Augen und hielt zwei kleine Schalen hoch. „Diese hier ist für Feuchtigkeit, und diese sorgt für... Glanz."
„Feuchtigkeit und Glanz", wiederholte Alex mit einem trockenen Unterton und versuchte, seine Ungläubigkeit zu verbergen, als Emilia ihm die Maske auftrug. „Das klingt wie etwas, das ich unbedingt brauche."
„Vertrau mir", sagte Emilia und tupfte die grüne, leicht schimmernde Maske vorsichtig auf sein Gesicht. Sie konnte das Zucken in seinen Mundwinkeln sehen, als er versuchte, sein Lächeln zu unterdrücken. Neben ihnen ließ Gray es ebenfalls über sich ergehen, seine Augen nie von Emilias Gesicht abwendend, während sie vorsichtig die Maske auftrug.
„Du siehst selbst mit einer Maske gut aus", neckte sie, und Gray schnaubte gespielt verärgert. „Aber wehe, ich sehe aus wie ein Clown", drohte er mit einem Funkeln in den Augen.
Als die Masken einwirkten, hatte Emilia bereits die nächste Idee. „Jetzt kommen die Haare dran!" Sie griff nach Bürsten und duftendem Öl. Während Gray es geschehen ließ, dass sie durch sein dunkles Haar fuhr, versuchte Alex verzweifelt, sich dem Styling zu entziehen - doch am Ende ließen sie sich beide von Emilias Eifer mitreißen.
„Das fühlt sich... seltsam an", sagte Alex und verzog das Gesicht, als Emilia ihm geschickt einen Zopf flocht, den sie mit einem schmalen, glitzernden Band abschloss. Seine Haare waren inzwischen etwas mehr gewachsen. „Ich fühle mich wie ein Kunstwerk, das keiner bestellt hat."
„Oh, du wirst es lieben, wenn du dich im Spiegel siehst", entgegnete Emilia mit einem schelmischen Lächeln, bevor sie sich Gray zuwandte. Bei ihm entschied sie sich für eine lockerere Frisur, die seine Gesichtszüge betonte, dabei seine dunklen Haarsträhnen sanft umspielte. „Da, perfekt."
Gray hob eine Hand, berührte zögerlich sein Haar und sah Emilia mit einem schiefen Lächeln an. „Wenn du das sagst... ich vertraue dir mal."
„Und jetzt... die Kleidung", verkündete Emilia entschlossen und verschwand für einen Moment. Als sie zurückkam, hatte sie verschiedene Stoffe und Kleidungsstücke aus ihrem Besitz in den Händen. Das darauffolgende Umkleiden war chaotisch, voller Gelächter und neckischer Bemerkungen. Alex zog mehrmals die Augenbrauen hoch, wenn Emilia ihm ein neues Gewand reichte, während Gray mit halbherzigen Seufzern und einem leichten Grinsen alles mitmachte.
Schließlich standen sie gemeinsam vor einem kleinen Spiegel, betrachteten sich und ihre neuen Outfits. Gray warf Emilia einen bewundernden Blick zu, seine Augen glänzten im sanften Licht des Raumes. „Ich muss sagen, ich bin beeindruckt."
„Du solltest es sein", erwiderte Emilia und hob selbstbewusst das Kinn. „Ihr seht fantastisch aus."
Alex drehte sich leicht und zupfte an der Naht seines Umhangs, der ihm nur halb gefiel. „Das ist mit Abstand das Verrückteste, was ich je gemacht habe."
„Und du liebst es", entgegnete Emilia lachend und klopfte ihm spielerisch auf die Schulter. „Jetzt wisst ihr, wie es sich anfühlt, wirklich verwöhnt zu werden."
In diesem Moment verflogen die Sorgen des Tages. Sie lachten, neckten sich und genossen die seltene Leichtigkeit, die sie für einen Augenblick vereinte und neue Kraft schenkte.
Die Atmosphäre war leicht und voller Lachen - und als sie schließlich fertig waren, sahen sie sich im Spiegel an. Gray und Alex sahen mit einer Mischung aus Belustigung und Überraschung zurück. Emilia betrachtete ihre Arbeit mit strahlenden Augen. „Ihr seid wirklich... atemberaubend."
....
Emilia kicherte, wie ein verliebtes Mädchen, als sie die beiden vor sich sah. Ihr Herz pochte schneller, und ein warmes Kribbeln durchflutete ihre Brust. Gray und Alex mit ihren neu gestylten Haaren und dem leichten Hauch von Verlegenheit in ihren Gesichtern - der Anblick brachte sie zum strahlen. Für einen Moment schien die Welt stillzustehen, als ihre Augen jeden Zug der beiden in sich aufnahmen.
Gray bemerkte ihren Blick und trat einen Schritt näher, sein Lächeln weicher und tiefgründiger. „Was ist? Gefallen dir unsere Bemühungen?" Seine Stimme klang verspielt, doch in seinen Augen lag eine aufrichtige Neugier. „Ich hätte nie gedacht, dass ihr euch so gut schlagen würdet", entgegnete Emilia mit einem frechen Grinsen, doch ihre Augen verrieten mehr - Zuneigung, Freude und ein Hauch von Bewunderung. Alex trat ebenfalls näher und legte den Kopf leicht schief, ein amüsiertes Funkeln in seinen Rubinroten Augen. „Du wirkst ein bisschen... verloren in Gedanken, Emilia."
Sie lachte, und ein zartes Rot legte sich auf ihre Wangen. „Vielleicht bin ich das."
Gray schmunzelte und griff nach ihrer Hand, seine Berührung warm und vertraut. „Na schön. Aber es ist nur fair, wenn du jetzt auch eine kleine Schönheitspflege bekommst. Schließlich hast du uns genug herumkommandiert."
Alex nickte zustimmend, seine Miene nun spielerisch herausfordernd. „Genau. Es ist Zeit, dass du dich entspannst."
Bevor sie protestieren konnte, führte Gray sie sanft zu einem bequemen Sessel und half ihr, sich niederzulassen. Seine Hände berührten sie mit einer solchen Zärtlichkeit, dass Emilia sich fast schwerelos fühlte. Gray begann sanft, ihre Haare zu kämmen, während Alex sich mit leisen Bewegungen niederkniete und eine kühle, wohltuende Gesichtsmaske vorbereitete.
„Schließ die Augen", flüsterte Alex und legte seine Hand sanft auf ihre Stirn. „Lass uns für dich sorgen."
Emilia gehorchte, spürte, wie ihre Augenlider schwer wurden und die sanfte Berührung von Alex' Händen auf ihrer Haut, als er die Maske auftrug. Seine Finger waren zart, wie eine Erinnerung an Geborgenheit. Gray fuhr derweil ruhig und behutsam durch ihre Haare, sein Atem streifte ihre Nackenpartie und ließ ein leises, wohltuendes Prickeln entstehen.
„Das fühlt sich wirklich... gut an", murmelte Emilia, ihre Stimme kaum mehr als ein Hauch. Sie versank in der Wärme von Grays Berührungen und der sanften, achtsamen Zuwendung von Alex.
„Du solltest dich öfter verwöhnen lassen", sagte Gray leise und beugte sich näher. „Es steht dir, wenn du so entspannt bist."
Ein Kribbeln wanderte über Emilias Haut, und sie öffnete langsam die Augen. Ihre Blicke trafen sich, und die Welt um sie herum verschwamm. In Grays Augen spiegelte sich tiefe Zuneigung, eine stille Verheißung von Schutz und Verbundenheit. Alex sah sie ebenfalls an, seine Augen glühten im gedämpften Licht, erfüllt von einem sanften, unausgesprochenen Versprechen.
„Ich dachte, ihr seid die beschützenden Wächter, nicht die, die sich mit Schönheitspflege auskennen", neckte sie, ihre Stimme schwang mit einem leicht zitternden Ton, als wolle sie die Spannung spielerisch entschärfen. Doch sie wusste, dass die beiden mehr spürten.
Alex lächelte schief und ließ seine Finger zärtlich über ihre Stirn gleiten, wo die Maske langsam trocknete. „Wir sind vieles, Emilia. Und wenn es dich zum Lächeln bringt, tun wir sogar das."
Grays Augen funkelten, und er beugte sich etwas näher. Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Manchmal geht es nur darum, dich für einen Moment glücklich zu machen."
Emilias Herzschlag wurde schneller, und sie ließ sich von der Wärme der beiden mitreißen. Die Nähe war greifbar, wie ein lebendiges Band, das sie verband. Mit einem leisen Lächeln und einem Hauch von Tränen in den Augen flüsterte sie: „Ihr seid wirklich... unglaublich."
Der restliche Abend verging in einer sanften, zärtlichen Leichtigkeit. Sie lachten, neckten sich und genossen die gemeinsame Zeit, die alles andere bedeutungslos erscheinen ließ. Für diesen Augenblick gab es keine Sorgen, keine Gefahren - nur sie, zusammen in diesem kleinen, intimen Raum des Vertrauens und der Freude.
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Einige Zeit später war das Umstyling beendet. Emilia hatte sich das Gesicht gewaschen, und der zarte Duft von Kräutern und Ölen schwebte noch immer in der Luft. Sie legte den Stofftuchstreifen zur Seite und bemerkte, dass es draußen bereits spät geworden war. Die Sterne funkelten am Himmel, und die Stadt lag in friedlicher Stille. Ein angenehmes Gefühl der Müdigkeit machte sich in ihr breit, erfüllt von den Erinnerungen und Erlebnissen des Abends. Sie atmete tief durch und ließ den Moment auf sich wirken, bevor sie sich auf den Weg ins Schlafzimmer machte.
Als sie den Raum betrat, trafen ihre Augen sofort die von Alex und Gray. Alex saß entspannt auf dem Bett und war an die Wand gelehnt, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, während Gray auf der Seite lag, seine Augen halb geschlossen, aber wachsam genug, um sie zu bemerken. In ihren Blicken lag eine Mischung aus Zuneigung, Müdigkeit und unausgesprochener Nähe, die den Raum erfüllte.
„Wisst ihr", begann Emilia und trat näher, ein sanftes Lächeln auf den Lippen, „ich muss euch wirklich loben. Ihr habt euch heute gut geschlagen. Ich hätte erwartet, dass ihr mich wenigstens ein bisschen verunstaltet."
Alex setzte sich auf und tat, als wäre er zutiefst beleidigt. „Verunstaltet? Glaubst du wirklich, wir hätten das Herz, dich in einen Clown zu verwandeln?" Er legte eine Hand auf seine Brust, als würde er tief verletzt sein.
Emilia lachte leise und ließ sich neben ihnen auf das Bett sinken. „Es hätte irgendwie zu euch gepasst", neckte sie spielerisch.
Gray, der sich auf den Ellbogen stützte, betrachtete sie mit einem warmen Lächeln. „Wir sind besser als das, Emilia. Und außerdem... du warst schon hübsch, bevor wir überhaupt angefangen haben."
Ihr Herz machte einen kleinen Sprung, und sie konnte nicht anders, als seinen Worten zu vertrauen. Da war etwas in seinem Ton, eine unaufdringliche Ehrlichkeit, die sie tief berührte. Alex, der den Moment nicht verpassen wollte, richtete sich ebenfalls auf und legte sanft eine Hand auf ihre Schulter. „Es ist schön, dich so glücklich zu sehen."
Emilia spürte die Wärme ihrer Berührungen und ließ ihren Blick zwischen ihnen hin und her wandern. In der Nähe der beiden fühlte sie sich sicher und lebendig, als könnte nichts sie berühren. „Ich glaube, ich habe wirklich Glück mit euch."
„Das Glück ist auf unserer Seite", sagte Gray leise und hielt ihren Blick fest. Die Luft zwischen ihnen wurde dichter, erfüllt von unausgesprochenen Gefühlen und Verheißungen. Emilia spürte die Anziehung, die sie zu beiden zog, und zögerte einen Moment, bevor sie sich zu Gray wandte. Ihre Augen suchten die seinen, und er verstand ohne Worte. Langsam beugte er sich vor, seine Lippen berührten die ihren in einem sanften, zärtlichen Kuss. Die Welt schien für einen Moment stillzustehen, und alles, was zählte, war die Wärme und das Gefühl, eins mit ihm zu sein.
Als sie sich leicht lösten, spürte sie, wie Alex' Hand an ihrer Wange lag. Ihr Blick traf seinen, und sie sah die stille Zuneigung in seinen Augen. Ohne zu zögern, neigte er sich zu ihr, und als sich ihre Lippen trafen, durchströmte sie eine Welle der Wärme. Der Kuss war tief, voller Sehnsucht und dennoch von einer sanften Behutsamkeit geprägt. Sie erwiderte ihn mit ganzem Herzen, ließ sich in den Moment fallen und genoss die Zärtlichkeit, die er mit sich brachte.
Als sich ihre Lippen trennten, atmete Emilia schwer und fühlte, wie ihr Herz wild schlug. Die Verbindung zwischen den dreien schien stärker als je zuvor, und für diesen Augenblick war alles perfekt. Keine Zweifel, keine Unsicherheiten - nur das Gefühl, dass sie genau dort war, wo sie hingehörte.
Die Intimität zwischen ihnen entwickelte sich zu einem vertrauten Spiel, das von gegenseitigem Vertrauen und liebevoller Zuneigung getragen wurde. Emilia fühlte sich vollkommen wohl, als sie sich sanft von den beiden löste, ihre Lippen zu einem schelmischen Lächeln geformt.
„Ich will ein wenig spielen", sagte sie, ihre Augen funkelten vor Belustigung und Neugierde.
Alex hob eine Augenbraue und lehnte sich mit einem herausfordernden Lächeln zurück. „Spielen? Was hast du jetzt wieder im Sinn, Emilia?"
Gray stützte sich auf einen Arm und musterte sie mit durchdringendem Blick. „Spielen ist nicht das, woran ich in diesem Moment dachte", sagte er mit einem neckischen Unterton.
Emilia kicherte und wusste, dass sie sie nur aufzogen. Sie liebte diese Art von Spiel, das sich aus Worten und neckischen Gesten entwickelte. „Die Spiele die ich meine, sind Spiele nur für Erwachsene," eine verspielte Stimme drang in die Ohren der beiden Jungs und sie ließ ihren Blick von einem zum anderen wandern. Ihr Schwanz, den sie in der Wohnung frei trug, wippte leicht hin und her, als würde er ihre Aufregung verraten.
Gray legte den Kopf schief, seine Augen funkelten schelmisch. „Erwachsene Spiele, hmm? Jetzt bin ich neugierig."
Alex grinste breit und rückte näher. „Du weißt, dass wir dich nicht gewinnen lassen, oder?"
„Ich wäre enttäuscht, wenn es anders wäre", gab Emilia zurück, ihre Stimme leise und voller Versprechen. Sie ließ sich wieder auf das Bett sinken, ihre Bewegungen geschmeidig und elegant. Ihr Blick war unverwandt auf die beiden gerichtet, als sie die Hand ausstreckte und Gray sanft an seinem Hemd zog. „Wollen wir anfangen?"
Gray beugte sich vor und legte sanft eine Hand auf ihre Taille. „Nur, wenn du die Spielregeln erklärst."
„Spielregeln?" Emilia zog eine Augenbraue hoch und spielte die Unschuldige. „Das würde doch alles nur komplizieren."
„Ich mag es kompliziert", flüsterte Alex und ließ seine Hand über ihre gleiten. Der Raum schien sich mit einer elektrisierenden Spannung zu füllen.
Lachen erfüllte den Raum, ein leises, vertrautes Lachen, das die Nähe zwischen ihnen verstärkte. Gray zog sie behutsam näher und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Dann lass uns so spielen, wie du es möchtest", sagte er leise, seine Worte von Zärtlichkeit durchdrungen.
Emilia erwiderte seinen Blick, ihre Augen leuchteten vor Emotionen. „Ich möchte einfach bei euch sein. Ohne Regeln, ohne alles. Nur wir."
„Das können wir arrangieren", murmelte Alex und ließ seine Hand sanft über ihren Arm gleiten. „Kein Spiel, keine Regeln. Nur wir."
Was folgte, war ein Moment voller Nähe, in dem sie sich ganz einander hingaben. Emilia spürte die Wärme und Vertrautheit, die sie mit Gray und Alex verband - ein Augenblick, in dem nur ihr Zusammensein zählte.
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