Kapitel 18
Kapitel 18 Band 2
Die Tage vergingen, während die Gruppe auf Chaids Rückkehr wartete, der noch einige letzte Recherchen über die verfluchte Energie und mögliche verborgene Bedrohungen anstellte. Jeder Moment wurde genutzt, um sich physisch, mental und spirituell auf das vorzubereiten, was vor ihnen lag. Die Zeit des Wartens war keine des Stillstands, sondern der Weiterentwicklung - für jeden von ihnen.
Am Abend saßen Emilia, Gray, Alex und Ash um ein kleines, loderndes Feuer. Die Flammen warfen tanzende Schatten an die Wände, und die Atmosphäre war warm und vertraut. Es war einer der seltenen Momente, in denen sie sich erlaubten, einfach zu sein - bevor die Verantwortung sie wieder einholte.
Emilia ließ ihren Blick über ihre Ausrüstung schweifen, die ordentlich sortiert neben ihr lag. Ihr Stab, der ihr im Kampf gegen mentale Einflüsse half, der Haarschmuck, der ihre Visionen verstärkte, und der Taschenspiegel, der ihr Geheimnisse der Vergangenheit und Zukunft enthüllen konnte. Ihr Finger glitt über den Spiegel, und sie hielt inne. Etwas in ihr drängte sie, hineinzublicken.
Langsam hob sie ihn an und sah hinein. Das Glas schimmerte und begann, ihr ein Bild zu zeigen - ein flüchtiges, verschwommenes Bild von sich selbst, wie sie in einem Kampf stand, umringt von Schatten. Sie sah die Gesichter ihrer Gefährten, ernst und entschlossen, und hörte eine leise, warnende Stimme in ihrem Kopf: „Stärke und Zusammenhalt - das ist der Schlüssel." Das Bild verblasste, und Emilia ließ den Spiegel sinken, ihr Herz schlug schneller. Sie sagte nichts, aber die Bedeutung war ihr klar - sie mussten als Einheit agieren.
Doch bevor das Spiegelbild gänzlich verschwand, sah sie noch etwas anderes. Eine weitere Silhouette trat aus den Schatten hervor - ein vager Umriss, dessen Konturen von einer mächtigen roten Aura umwoben waren. Die Energie flackerte und pulsierte, als wolle sie den Raum um sich herum verschlingen. Emilia konnte die Gestalt nicht genau erkennen, doch die Bedrohung, die sie ausstrahlte, war greifbar. Der Einblick war verschwommen und ungenau, aber eines sah sie klar: Im Hintergrund erstreckte sich eine verrottete Landschaft, düster und von zerfallener Energie erfüllt. Ein Gefühl des Unbehagens breitete sich in ihr aus, und sie spürte, dass dies ein Zeichen war - eine Warnung, die sie nicht ignorieren durfte.
„Was hast du gesehen?" fragte Alex sanft, seine Augen ruhten auf ihr. Emilia schüttelte nur den Kopf und rang sich ein kleines Lächeln ab. „Nur eine Erinnerung daran, was auf dem Spiel steht."
Das Gespräch wandte sich bald ihrer Ausrüstung zu. Gray nahm sein Schwert zur Hand und betrachtete es nachdenklich. „Du trägst immer noch ein Schwert", bemerkte Emilia, die ihre Augen nicht von der Waffe lassen konnte. „Obwohl du mit Wasser-Magie kämpfst."
Gray ließ die Wasserklinge mit geübten Händen tanzen und sah Emilia mit einem sanften Lächeln an. „Diese Klinge hat eine Geschichte", sagte er leise. „Ich habe sie geformt und ihr diese Gestalt gegeben - eine Erinnerung an meinen Vater. Er war ein meisterhafter Schwertkämpfer und lehrte mich Disziplin und Hingabe. Auch wenn Wasser-Magie meine wahre Stärke ist, trage ich die Klinge nicht nur als Waffe, sondern als Symbol für das, was ich bewahren und wofür ich kämpfen muss. Sie ist ein Teil von mir."
Emilia spürte den Ernst in seinen Worten und verstand, dass das Schwert mehr war als nur ein Werkzeug. Es war ein Symbol, eine Verbindung zur Vergangenheit - und eine Waffe für die Zukunft.
Alex zog in der Zwischenzeit seine Klingen hervor, die im Schein des Feuers glitzerten. „Ich bevorzuge es, schnell und präzise zu sein", erklärte er, während er die Klingen in seinen Händen drehte. „Diese Waffen sind wie Verlängerungen meines Willens - und meiner übermacht." Er lächelte schief. „Die Kunst besteht darin, den Gegner aus dem Gleichgewicht zu bringen, bevor er weiß, was ihn getroffen hat."
Ash legte einen Arm um Emilia und zog sie sanft an sich. „Jeder von uns hat seine Art, zu kämpfen. Und das macht uns stärker - weil wir einander ergänzen. Emilia, du hast deine eigene Stärke. Sie liegt nicht nur in deinen Waffen, sondern in deinem Willen."
Die Worte ließen Emilia lächeln. Sie sah in die Gesichter ihrer Gefährten und fühlte den unerschütterlichen Zusammenhalt, der sie verband. „Dann lasst uns bereit sein. Gemeinsam."
Sie spürten die Nähe zueinander, das gegenseitige Vertrauen, und während die Flammen des Feuers knisterten, wussten sie, dass sie zusammen stärker waren als jede Bedrohung, die vor ihnen lag. Chaid würde bald zurückkehren, und dann würde ihre Mission beginnen. Doch bis dahin hatten sie diesen Moment - und sie nutzten ihn, um ihre Bindung zu stärken.
~ ~ ~
Chaid kehrte an einem späten Abend zurück, als die Dunkelheit bereits über das Land hereingebrochen war. Seine Ankunft war wie immer von einem Hauch des Unerwarteten begleitet, und dennoch schien die Gruppe darauf vorbereitet zu sein. Emilia sah ihn mit einer Mischung aus Erleichterung und Neugier an, während er sich mit eleganter Gelassenheit niederließ, sein Blick jedoch ernster als gewöhnlich war.
„Chaid", begann sie, bevor er auch nur ein Wort sagen konnte, „hast du... hast du etwas herausgefunden?"
Er nickte langsam, sein Ausdruck blieb undurchdringlich, während er die Gruppe musterte. „Ich habe viel gesehen, kleine Sonne. Und einiges davon wird euch nicht gefallen." Er ließ die Worte kurz in der Luft hängen, bevor er fortfuhr: „Sedrick... er ist nicht alleine. Er ist nur ein Zahnrad in einem viel größeren Getriebe. Es bewegt sich etwas, und die Strömungen dieser Machenschaften greifen tief in das Gefüge dieser Welt ein."
Die Anspannung in der Gruppe war spürbar. Gray und Alex tauschten einen ernsten Blick, während Ash die Stirn runzelte. Emilia spürte, wie ein Schauer über ihren Rücken lief. „Was meinst du damit?", fragte sie leise.
Chaid seufzte und lehnte sich zurück, seine Finger trommelten leise auf der Tischkante. „Es gibt Spuren. Spuren anderer... Dämonen oder Wesen, die mit dieser verfluchten Energie zu tun haben. Es ist, als ob eine Art Organisation dahintersteckt, aber ihr Ziel bleibt im Dunkeln. Noch habe ich keine Verbindung herstellen können, warum Sedrick dich so gezielt belästigt oder warum er überhaupt ein Interesse an uns zeigt."
Die Worte ließen Emilia für einen Moment schweigen. Die Vorstellung, dass Sedrick Teil von etwas viel größerem war, als sie sich vorstellen konnte, ließ ihr Herz schwer werden. „Also wissen wir nicht, was wir wirklich erwarten müssen", sagte sie, mehr zu sich selbst als zu den anderen.
Chaid lehnte sich vor, seine Stimme wurde leiser und eindringlicher. „Deshalb wirst du keine Alleingänge machen, Emilia. Versprich mir das. Egal, was passiert, du bleibst bei uns. Diese Gefahr ist nicht zu unterschätzen, und ich werde nicht zulassen, dass du dich blindlings in etwas stürzt, das uns alle vernichten könnte."
Emilia zögerte, doch sie spürte die Ernsthaftigkeit in seinen Worten. Sie nickte langsam. „Ich verspreche es."
„Gut", sagte Chaid, seine Augen blitzten kurz auf. „Denn wir werden unsere Vorbereitungen jetzt abschließen."
Die Gruppe saß noch eine Weile in stiller Übereinkunft, bis Ash schließlich das Wort ergriff. „Unser Auftrag ist klar: Wir untersuchen den Ursprung der verfluchten Energie. Nichts weiter. Die gesetzlose Zone birgt zu viele unbekannte Gefahren, und wir dürfen nicht tiefer vordringen, als es notwendig ist."
„Das ist richtig", fügte Gray hinzu, seine Stimme ruhig, aber fest. „Eine Expedition in die gesetzlose Zone selbst würde eine zusätzliche Genehmigung erfordern. Es ist nicht unser Ziel, uns in Gefahr zu begeben, wenn es nicht sein muss."
Alex nickte zustimmend. „Wir bleiben bei unserem Plan. Unser Ziel ist es, die Ursprünge zu untersuchen, nichts weiter. Sobald wir die Grenze erreichen, werden wir alles daran setzen, die Situation zu verstehen - und dann kehren wir zurück."
Emilia spürte, wie sich eine Mischung aus Entschlossenheit und Furcht in ihr regte. Sie wusste, dass diese Reise alles von ihnen fordern würde - doch mit ihren Gefährten an ihrer Seite fühlte sie sich bereit. „Wir tun das zusammen", sagte sie leise, aber mit einer Überzeugung, die alle erfasste.
„Genau das werden wir", antwortete Chaid, sein Ton wieder etwas lockerer. Doch hinter seinem Lächeln lag eine ernste Warnung, die niemand überhörte. Sie wussten alle, dass der Weg vor ihnen nicht einfach sein würde - doch gemeinsam würden sie ihn beschreiten. Schritt für Schritt, bis zur Grenze und vielleicht darüber hinaus.
~ ~ ~ ~
Die Sonne stand hoch am Himmel, als Emilia und ihre Gefährten den Eingang zur Gilde „Wanderflamme" erreichten. Es war ein belebter Tag - Gildenmitglieder eilten mit Aufträgen umher, Rüstungen klirrten, und das Murmeln von Gesprächen erfüllte die Luft. Doch als Emilia und ihre Gruppe eintraten, schien die Atmosphäre sich zu verändern. Ein leises Raunen begleitete sie, als sich Blicke auf sie richteten - neugierig, respektvoll, vielleicht sogar ein wenig besorgt.
„Es fühlt sich anders an", flüsterte Emilia, während sie die vertrauten Hallen durchquerten. Alex legte beruhigend eine Hand auf ihre Schulter. „Das liegt daran, dass unser Auftrag nicht wie die anderen ist."
Gemeinsam erreichten sie den Versammlungssaal, in dem die Gildenmeister bereits auf sie warteten. Die mächtigen, mit Runen geschmückten Türen schlossen sich hinter ihnen, und für einen Moment herrschte völlige Stille. Dann sprach der älteste der Gildenmeister, ein imposanter Dämon mit silbernem Haar und einer markanten Narbe über dem Auge, mit ruhiger, aber durchdringender Stimme. „Ihr wollt die Ursprünge der verfluchten Energie untersuchen. Ein gefährlicher Auftrag, der nicht auf die leichte Schulter genommen werden darf."
Emilia nickte entschlossen. „Wir wissen, worauf wir uns einlassen. Aber wir sind bereit."
Ein weiterer Meister, eine weibliche Dämonin mit scharfen, gelben Augen, trat vor und musterte die Gruppe. „Eure Entschlossenheit in allen Ehren, aber ihr werdet nicht alleine aufbrechen. Wir haben Verbündete gefunden, die bereit sind, euch in der Grenzzone zu unterstützen. Einige von ihnen kennen das Gebiet besser als jeder andere. Ihr werdet ihre Unterstützung brauchen."
„Wer sind sie?", fragte Gray, sein Ton höflich, aber auch neugierig. Die Gildenmeister tauschten vielsagende Blicke, bevor die Frau fortfuhr. „Ein kleiner Trupp erfahrener Jäger und Pfadfinder, die die Grenzzone regelmäßig durchstreifen. Sie sind erfahren im Umgang mit Miasma und den Gefahren, die es birgt."
Emilia nickte, während Ash die Details zur geplanten Route in Augenschein nahm. Die Karte auf dem Tisch zeigte die Grenzzone und mehrere eingezeichnete Wege. „Das hier ist die sicherste Route", erklärte einer der Meister, seine Finger deuteten auf eine Strecke, die entlang alter Handelspfade verlief. „Es gibt jedoch Risiken - besonders dort, wo das Miasma dichter wird. Ihr müsst vorsichtig sein."
„Gibt es geplante Zwischenstopps?", fragte Alex und beugte sich über die Karte. „Orte, an denen wir Vorräte auffüllen oder uns ausruhen können?"
„Drei Zwischenstopps", erwiderte die Gildenmeisterin. „Der erste ist eine alte Festung, die vor Jahren verlassen wurde, aber von Söldnern und Jägern als Unterschlupf genutzt wird. Der zweite ist ein Dorf nahe der Grenze, das noch nicht völlig aufgegeben wurde. Der dritte liegt am Rand der gesetzlosen Zone - ein Ort, den nur wenige freiwillig betreten. Dort werdet ihr eure Untersuchungen beginnen."
Die Schwere der Worte ließ alle für einen Moment innehalten. Emilia wusste, dass der letzte Zwischenstopp ihr Ziel markierte - den Rand des Unbekannten, den Ort, an dem die verfluchte Energie am stärksten war.
„Wir werden alles tun, was notwendig ist, um diese Mission zu erfüllen", sagte sie schließlich, ihre Stimme fest. Die Gildenmeister nickten, und einer von ihnen trat vor, um Emilia ein Siegel zu überreichen - das Zeichen, das sie als offizielle Abenteurer der Wanderflamme auswies, mit einer besonderen Genehmigung für diesen Auftrag. „Nutzt dies mit Bedacht. Es öffnet Türen - aber es warnt auch die falschen Augen."
Bevor die Versammlung endete, trat ein jüngerer Gildenmeister hervor und flüsterte Emilia leise zu: „Eine Warnung - Lythara und ihre Bande sind ebenfalls aufgebrochen. Sie nehmen eine andere Route, aber ihr Ziel scheint in dieselbe Richtung zu führen. Passt auf."
Emilia fühlte, wie sich ihre Schultern anspannten. Lythara war eine Herausforderung, die sie nicht unterschätzen durfte. Doch sie würde sich nicht ablenken lassen. Nicht diesmal.
Die Gruppe verabschiedete sich von den Gildenmeistern und bereitete sich auf die letzten Vorbereitungen vor. Jeder von ihnen spürte, dass dies der Anfang eines gefährlichen, unvorhersehbaren Weges war - aber sie würden ihn gemeinsam gehen.
Draußen, unter dem klaren Himmel, sprachen sie noch einmal über die Gefahren. Chaid erinnerte Emilia eindringlich daran, keine Alleingänge zu wagen. „Wir brauchen dich - und du uns. Das hier wird kein Spaziergang."
„Das weiß ich", antwortete sie leise, aber mit Entschlossenheit. „Wir gehen zusammen. Und wir kommen zusammen zurück."
Die letzten Vorbereitungen wurden getroffen. Waffen geschärft, Vorräte überprüft, mentale Stärke gesammelt. Sie würden zur Grenze aufbrechen, bereit, das Unbekannte zu erkunden - aber mit der Gewissheit, dass sie als Einheit stark genug sein würden, allem zu trotzen, was ihnen bevorstand.
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