Kapitel 15
Kapitel 15 Band 2
Die Sonne kroch langsam über den Horizont und tauchte den Himmel in sanftes Rosa und Gold, während Emilia sich auf die leisen Geräusche um sie herum konzentrierte. Der Wind rauschte durch die Bäume, und das leise Zwitschern der Gefährten weckte das Lager zum Leben. Es war einer jener seltenen, ruhigen Momente, bevor die Welt ihre Schwere zurückgewann, und Emilia sog ihn tief ein.
Sie ließ den Blick über ihre Freunde schweifen. Gray war der Erste, der das Feuer entfachte, das im Morgengrauen nur noch ein Glimmen war. Er lächelte ihr zu, während er Wasser aufsetzte, und ein freundlicher Glanz spiegelte sich in seinen meerblauen Augen. „Bereit für einen weiteren Tag, ,kleine Sonne'?" Seine Stimme klang verspielt, aber Emilia wusste, dass er ihre Entschlossenheit bewunderte.
„Bereiter als je zuvor", erwiderte sie mit einem Lächeln und schlang ihre Arme um sich, um die Morgenkälte abzuhalten. Ihr Training war hart gewesen - die langen Stunden mit Gray am See, das akribische Mischen von Elixieren mit Ash und die Barriere-Zauber unter Alex' prüfendem Blick. Es forderte sie auf jeder Ebene heraus, und sie wusste, dass sie es brauchte, um wirklich stark zu werden. Doch trotz der Anstrengung fand sie Kraft im Lachen, im Zuspruch und den kleinen Momenten, die alles erträglicher machten.
Ash trat aus seiner Werkstatt, das Haar noch zerzaust, und winkte ihr zu. „Emilia, wenn du heute wieder den ganzen See umdrehen willst, lass es mich wissen. Ich brauche noch etwas Wasser." Ein breites Grinsen begleitete seine Worte, und Emilia konnte nicht anders, als zu lachen.
„Du könntest helfen, wenn es so wichtig ist", entgegnete sie herausfordernd, und er tat so, als würde er schockiert zurückweichen.
„Oh nein", sagte er mit gespieltem Ernst. „Ich bin nur hier, um deine Fortschritte zu bewundern. Jemand muss doch sicherstellen, dass du alles richtig machst."
„Sicher", mischte sich Alex ein, während er sich eine Tasse Tee einschenkte. „Wir sind alle hier, um die strahlende Heldin in Aktion zu bewundern. Aber im Ernst, Emilia - dein Fortschritt ist beachtlich. Es ist nicht einfach, sich all dem zu stellen."
Ein warmes Gefühl breitete sich in ihr aus. Die Worte waren einfach, aber sie bedeuteten ihr viel. Emilia spürte, wie das Gewicht ihrer Verantwortung etwas leichter wurde - zumindest für diesen Moment. „Danke", sagte sie leise. „Aber ich könnte das nicht ohne euch."
„Das wissen wir", erwiderte Gray, der nun das Frühstück verteilte. „Deshalb werden wir dich weiterhin so hart wie möglich trainieren - bei jedem Schritt. Solange du nicht aufgibst, tun wir das auch nicht."
Die Worte hatten Gewicht, und die Stille, die sich für einen kurzen Moment einstellte, sprach Bände. Doch Chaid, der bisher geschwiegen hatte, entschied, dass es Zeit für Auflockerung war. „Ihr seid alle viel zu ernst heute Morgen", sagte er mit einem schalkhaften Lächeln und warf Emilia ein Stück Obst zu, das sie gerade noch fing. „Ernsthaftigkeit hat ihren Platz, aber wenn wir nicht auch lachen können, dann hat das Training doch keinen Spaß. Und, kleine Sonne, du strahlst am besten, wenn du lachst."
Emilia konnte nicht anders, als zu grinsen. „Danke, Chaid. Ich werde es mir merken."
Das Frühstück verlief mit lockeren Gesprächen und scherzhaften Bemerkungen, die die angespannte Atmosphäre für eine Weile verdrängten. Ash und Gray witzelten darüber, wer der bessere Trainer sei, während Alex sich trocken einmischte, um ihre Egos in Schach zu halten. Die Wärme des Miteinanders, das Lachen und die gegenseitigen Sticheleien gaben ihnen die Kraft, weiterzumachen.
Nach dem Essen richteten sich die Gedanken jedoch wieder auf das Training. Gray und Emilia gingen zum See, wo sie die fließenden Bewegungen der Wasserströmungen übte. Ash zeigte ihr später, wie man komplizierte alchemistische Mixturen herstellte, und er lobte sie für ihre Präzision. Alex forderte sie mit einem intensiven Barrieren-Test heraus, und Emilia bemerkte, wie seine Augen vor Stolz funkelten, als sie standhielt.
Jede Lektion war fordernd, aber sie nahm sie ernst. Und auch wenn die Schwere der Realität niemals ganz verschwand, gab es diese Momente des Lichts, des Lächelns, des Vertrauens. Sie alle wussten, dass sie am besten zusammenarbeiten konnten, wenn sie sich gegenseitig erinnerten, dass selbst in den dunkelsten Zeiten die Sonne wieder scheinen würde.
Nach dem anstrengenden Training beschlossen Emilia und ihre Gefährten, gemeinsam in einem nahegelegenen Lokal zu Mittag zu essen. Die kleine Gaststätte war erfüllt vom Duft frisch gebackenen Brotes und würziger Suppen, und das gedämpfte Murmeln der Gäste schuf eine warme, entspannte Atmosphäre. Sie ließen sich an einem Tisch nahe einem großen Fenster nieder, das den Blick auf den Marktplatz bot, und bestellten ihre Mahlzeiten. Gerade als sie begannen, sich zu entspannen, öffnete sich die Tür, und ein vertrautes Gesicht trat ein.
„Na, wenn das nicht der fabelhafte Zufall ist - oder besser gesagt, der charmante Chaid." Alex lehnte sich zurück, die Augen vor amüsiertem Misstrauen funkelnd. „Du hast ein Talent, uns zu finden, egal wo wir sind."
Chaid ließ sich mit seiner charakteristischen Eleganz auf einem freien Stuhl nieder und zwinkerte spielerisch. „Natürlich, Alex. Es ist mein Job, solche Dinge zu wissen. Ich bin schließlich nicht nur zum Spaß hier." Er nahm sich die Freiheit, ein Stück Brot vom Korb auf dem Tisch zu schnappen und es mit lässiger Gelassenheit zu knabbern.
Die Unterhaltung begann mit lockerem Geplänkel, bis Chaid sich Emilia zuwandte, seine Augen voller Neugier und einem Hauch von Schalk. „Und, kleine Sonne, wie laufen die Fortschritte deines Trainings?" Er sprach es in diesem spielerischen, beinahe neckenden Ton aus, den nur er beherrschte, und lehnte sich zurück, als wolle er die Wirkung seiner Worte genießen.
Emilia hob ihr Kinn und erwiderte selbstbewusst: „Es läuft bestens, danke der Nachfrage." Ihr Blick ruhte fest auf ihm, und für einen Moment blitzte ein Triumph in ihren Augen auf.
Gray und Alex tauschten ein vielsagendes Lächeln, bevor Gray das Wort ergriff. „Das stimmt, sie macht beachtliche Fortschritte. Wir sind sehr zufrieden mit ihrem aktuellen Stand - so sehr, dass wir denken, sie ist bereit für die nächsten Herausforderungen."
„Oh, hervorragend." Chaid schloss die Augen und summte leise, als wäre er in Gedanken bei einem anderen Thema, bevor er sie wieder öffnete und Emilia direkt anblickte. „Nun, da ihr soweit seid, gibt es Neuigkeiten. Es betrifft... deine reizende Furien-Freundin."
Emilia zog die Augenbrauen zusammen und musterte ihn skeptisch. „Chaid, ich glaube, da verwechselst du etwas. Sie ist nicht meine Freundin. Sie ist..." Sie suchte nach den passenden Worten und seufzte schließlich, während sie die Arme verschränkte. „Sie ist einfach nur ein unreifes Etwas, das mir auf den Geist geht."
Chaid lachte leise und schüttelte den Kopf, als wolle er ihre Worte nicht so recht glauben. „Unreif? Vielleicht. Aber ich muss zugeben, sie sorgt für Unterhaltung."
„Woher weißt du eigentlich immer so viel über sie?" fragte Emilia misstrauisch und lehnte sich leicht vor. „Bitte sag mir, dass du sie nicht beobachtest, oder?"
Ein geheimnisvolles Lächeln umspielte Chaids Lippen, und er nahm einen weiteren Bissen von seinem Brot. „Ach, Emilia. Man muss doch nicht immer direkt anwesend sein, um Bescheid zu wissen. Die Welt hat ihre eigenen Flüstereien." Er wischte ihre Frage mit einer eleganten Handbewegung beiseite und fuhr fort: „Aber um zurück zum Punkt zu kommen - sie hat eine Bande zusammengestellt. Ein wahrhaft wagemutiger, wenngleich... dämlicher Plan."
Emilia hob eine Augenbraue. „Eine Bande? Wofür?"
Chaid setzte sich etwas gerader hin, und sein Ton wurde ernster, auch wenn der Schalk nie ganz aus seinen Augen wich. „Sie plant, die Silberlilie zu finden. Ein seltenes Ziel für jemanden, der nach Magna-Punkten und einem Aufstieg in den Rängen lechzt. Ihre Bande soll sie begleiten - allerdings ist es eine ziemlich zusammengestückelte Gruppe. Ich wage zu behaupten, sie wird nicht weit kommen. Es ist gefährlich, in die Grenzzonen vorzudringen, vor allem mit so einer... sagen wir mal, wenig beeindruckenden Unterstützung."
Emilia seufzte und stützte das Kinn auf die Hand. „Wagemutig und dämlich - das beschreibt Lythara wohl am besten. Warum sollte sie das riskieren?"
„Weil es Ruhm bringt, kleine Sonne." Chaids Stimme wurde weicher, fast nachdenklich. „Und jeder, der das Verlangen nach mehr verspürt, neigt dazu, Risiken einzugehen - manchmal viel zu große. Aber..." Er ließ die Worte einen Moment in der Luft hängen und musterte Emilia mit einem ernsten Blick. „Sie ist nicht das einzige Problem, das wir im Auge behalten sollten. Manchmal sorgt der Ehrgeiz anderer für Hindernisse auf deinem eigenen Weg."
Die Gruppe schwieg einen Moment, bevor Ash mit einem leichten Lächeln die Anspannung durchbrach. „Nun, wenn es um wagemutige Pläne geht, sind wir alle doch ziemlich ähnlich, oder?"
Lachen und zustimmendes Nicken lockerten die Stimmung, und für einen Moment schien das Schicksal, das sie erwartete, nicht ganz so bedrohlich. Doch Emilias Entschlossenheit wuchs, als sie die Bedeutung von Chaids Worten begriff. Die bevorstehenden Herausforderungen würden alles von ihnen verlangen - und sie mussten bereit sein.
....
Nachdenklich starrte Emilia in ihr Glas, während der Rest ihrer Gruppe sich dem Essen widmete. Die Atmosphäre war lebendig, doch in ihrem Kopf wirbelten Gedanken umher. „Lythara... ich verstehe diese Furie nicht", murmelte sie mehr zu sich selbst, als zu den anderen. „Warum hat sie es so auf mich abgesehen?"
Chaid, der sich gerade genüsslich erneut ein Stück Obst in den Mund schob, ließ es sich nicht nehmen, sich einzumischen. „Oh, kleine Sonne, warum denkst du so angestrengt nach? Machst du dir Sorgen um deine kleine Freundin?'' Seine grünen Augen blitzten amüsiert auf.
Emilia schnaubte und lehnte sich mit verschränkten Armen zurück. „Ganz ehrlich -ich mache mir keine Sorgen. Sie hat sie doch nicht alle. Ständig muss sie mich provozieren! Es geschieht ihr recht, wenn sie sich mit ihren waghalsigen Plänen selbst in Schwierigkeiten bringt."
Die Jungs verfolgten ihre Tirade mit einem Lächeln, und Gray neigte sich ein wenig näher, die Ellbogen auf dem Tisch. „Das klingt ganz so, als würde dich ihre Aufmerksamkeit mehr beschäftigen, als du zugeben möchtest."
„Nein, überhaupt nicht!" protestierte Emilia und verschränkte die Arme noch fester. „Es... ich verstehe sie einfach nicht. Ist sie eifersüchtig auf meine Schamanenkräfte? Wir hätten Freundinnen sein können! Aber sie musste von Anfang an Streit suchen, seit ich zur Gilde kam." Sie wirkte fast wie ein trotziges Kind, während sie weiterredete. „Vielleicht ist sie ja eifersüchtig, weil ich eine Valkyrie bin? Vielleicht fühlt sie sich als Furie minderwertig? Ich weiß es nicht, aber es ist frustrierend."
Chaid beobachtete sie mit einem amüsierten Funkeln in den Augen, während Ash leise schmunzelte. „Du legst wirklich viel Energie in diese Gedanken, Emilia."
„Naja, ich..." Emilia wurde rot, als sie merkte, dass sie tatsächlich eine Weile geredet hatte. „Das... tut nichts zur Sache."
„Eigentlich schon", warf Chaid ein und zog eine Augenbraue hoch. „Hast du dich jemals mit Furien beschäftigt, Emilia? Ich meine, wirklich über sie nachgedacht oder etwas über sie herausgefunden?"
„Warum sollte ich?" entgegnete sie mit einem Hauch von Trotz. „Sie hat mir nie einen Grund gegeben, Interesse zu zeigen."
Chaid seufzte dramatisch und lehnte sich zurück. „Ach, Emilia... manchmal bist du so herrlich unbedarft. Lass mich dir etwas erklären - auf meine Art." Er beugte sich vor, sein Tonfall wurde spielerisch, aber auch bedeutungsschwer. „Wenn Lythara in deiner Nähe ist, spürt sie... nennen wir es eine gewisse Spannung."
Emilia runzelte die Stirn. „Spannung? Was meinst du damit?"
Chaid grinste verschmitzt und legte seine Hand auf seine Brust, als wolle er etwas sehr wichtiges verkünden. „Lythara fühlt sich stark zu dir hingezogen. Es ist ein Verlangen nach deiner Aufmerksamkeit, das sie nicht kontrollieren kann. Und da wir ständig um dich herumschwirren, ist sie frustriert."
Emilias Augen weiteten sich vor Überraschung. „Du... du spinnst doch. Das ist doch absurd."
„Ist es das?" fragte Chaid und spielte mit einem unschuldigen Lächeln an seiner Tasse. „Glaub mir, kleine Sonne, ich erkenne solche Dinge. Es ist mehr, als du denkst."
Alex mischte sich ein, seine Stimme ruhig, aber ernst. „Chaid hat recht. Wenn er so etwas sagt, steckt meist mehr dahinter, als du ahnst. Furien haben eine starke Neigung, sich zu Wesen hingezogen zu fühlen, die ihrer Natur ähneln - zumindest in bestimmten Aspekten."
Emilia blinzelte. „Was soll das heißen?"
„Bevor Valkyrien sich dem Clan der Himmelswalküren anschlossen und sich vereinten, war allgemein bekannt, welche starke Verbindungen sie zu den Furien-Clans pflegten", erklärte Alex. „Lythara fühlt sich instinktiv zu dir hingezogen, aber sie weiß nicht, dass du eine Valkyrie bist. Deswegen kann sie ihre Gefühle nicht einordnen - und sie reagiert so, wie sie es tut: provozierend, widersprüchlich."
Ein Hauch von Schuldbewusstsein flackerte in Emilias Augen auf. „Ich... ich habe nie wirklich über Furien geforscht. Ich war oft in der Bibliothek, aber das hat mich nie interessiert..." Sie ließ ihre Stimme leiser werden, und ihre Hände sanken in den Schoß.
„Und doch stehst du jetzt hier und lernst", sagte Chaid mit einem weichen Lächeln. „Es ist nie zu spät, das zu verstehen."
Emilia hob den Blick, eine Frage auf den Lippen. „Aber ich bin eine weibliche Valkyrie. Warum sollte sie... sich zu mir hingezogen fühlen?"
Chaid brach in schallendes Gelächter aus. „Oh, Emilia... Geschlecht? Wirklich?" Er wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Seit wann spielt das in unserer Welt eine Rolle? Wir sind Dämonen. Wir tun, was wir tun wollen - mit jedem, der unseren Fantasien entspricht. Und ja, wir sind nicht wählerisch, wenn es darum geht, Leidenschaften auszuleben." Sein Lächeln wurde etwas neckender. „Und wir tun es ja auch miteinander."
Emilia verschluckte sich beinahe und schüttelte energisch den Kopf. „Hör auf, solche Dinge zu sagen!"
„Warum? Es ist die Wahrheit", sagte Chaid und zwinkerte ihr zu. „Und das macht alles nur... interessanter."
Gray, der bisher still zugehört hatte, legte eine Hand auf Emilias Schulter und lächelte beruhigend. „Du musst dir nicht den Kopf darüber zerbrechen. Aber es hilft, zu verstehen, warum sie so ist, wie sie ist."
Emilia nickte langsam und spürte, wie ein wenig Klarheit in die verworrenen Gedanken kam. „Vielleicht... vielleicht kann ich sie irgendwann verstehen."
„Das ist der Geist, kleine Sonne", sagte Chaid und hob seine Tasse, als wolle er auf sie anstoßen. „Bis dahin - genießen wir das Chaos, das sie um sich herum verbreitet. Es gibt nichts Schöneres als ein bisschen Unberechenbarkeit im Alltag."
....
Chaid setzte sich in seinem Stuhl etwas aufrechter hin und ließ seine Stimme tiefer werden, während er die Aufmerksamkeit der Gruppe auf sich zog. Seine grünen Augen funkelten vor Neugier und einem Hauch von Belustigung. Er neigte den Kopf leicht zur Seite, als er zu sprechen begann, als würde er eine Geschichte erzählen, die er schon lange vorbereitet hatte.
„Ich nehme an, ihr habt von der neuen Quest gehört, die die Wanderflamme kürzlich ausgeschrieben hat?" begann er, und sein Ton klang, als ob er die Antwort schon längst wüsste. Alle Blicke wandten sich ihm zu, neugierig und aufmerksam. „Eine Herausforderung, die die Herzen der Abenteurer höher schlagen lässt... oder ihre Nerven bis zum Zerreißen spannt. Der Ursprung der verfluchten Energie muss gefunden werden."
Emilia runzelte die Stirn und lehnte sich leicht vor. „Davon habe ich noch nichts gehört. Wie hoch ist die Belohnung?"
„Ach, Belohnungen sind natürlich ein verlockender Aspekt - und dieser hier enttäuscht nicht. Es geht nicht nur um Kronen und Ruhm. Die Gilde hat eine besonders großzügige Summe bereitgestellt. Aber..." Chaid machte eine bedeutungsvolle Pause, seine Stimme sänkte sich, und er sah Emilia mit einem amüsierten Ausdruck an. „...nur Abenteurer ab dem Rang Mondglut dürfen sich offiziell daran beteiligen."
Die Enttäuschung in Emilias Gesicht war nicht zu übersehen. „Das heißt also, ich bin ausgeschlossen."
„Oh, kleine Sonne, ich würde nicht so voreilig sein." Chaid lehnte sich zurück und ließ seine Finger spielerisch über den Tisch gleiten. „Ich habe ja noch nicht die ganze Geschichte erzählt." Er wartete, genoss den Moment, in dem die Spannung im Raum stieg. „Wie es der Zufall so will, besitze ich ebenfalls einen Rang in der Wanderflamme. Nicht irgendeinen Rang, versteht sich - sondern den violetten Sternenpfad."
Ash hob skeptisch eine Augenbraue. „Du? Ein Rang in der Wanderflamme? Das ist ja beinahe... unglaubwürdig."
„Ich bin ein Dämon vieler Talente." Chaid ließ ein schelmisches Grinsen aufblitzen. „Tatsächlich musste ich den Rang erwerben, um meine Recherchen und Nachforschungen ohne allzu viele Hürden durchführen zu können. Es ist erstaunlich, wie viele Türen sich öffnen, wenn man als Gildenmitglied auftritt."
Emilia sah ihn nachdenklich an, während die Worte nachhallten. „Und was schlägst du vor?"
„Ganz einfach." Chaid machte eine elegante Geste mit der Hand, als wäre sein Plan die naheliegendste Lösung der Welt. „Wenn ich mich euch offiziell anschließe, kann ich die Quest annehmen - und dich als meine Unterstützung registrieren. Offiziell und regelkonform. Klingt doch nach einem Plan, oder?"
Emilia zögerte. Ein Teil von ihr wollte sich freuen, aber ein anderer Teil konnte den Gedanken nicht abschütteln, dass Chaid selten Dinge tat, ohne einen eigenen Grund dahinter zu haben. „Gibt es dabei einen Haken?"
Chaid legte eine Hand auf sein Herz, als wäre er zutiefst beleidigt. „Vertraust du mir etwa nicht? Ich bin zutiefst verletzt, Emilia. Aber um deine Frage zu beantworten... vielleicht. Vielleicht auch nicht. Das kommt darauf an, wie man ‚Haken' definiert." Seine Augen glitzerten verspielt, doch dahinter lag ein ernster Kern. „Ich würde sagen, wir finden es gemeinsam heraus."
Emilia musterte Chaid eine Weile, bevor sie leise seufzte. Sie spürte, dass er etwas verbarg, aber zugleich wusste sie, dass er ihnen mit seinem Wissen und seiner Erfahrung nützlich sein konnte - besonders bei einer so gefährlichen Aufgabe wie der Untersuchung der verfluchten Energie.
„Das klingt zu einfach, um wahr zu sein", sagte Emilia schließlich, und sie konnte den Argwohn in ihrer Stimme nicht verbergen. „Du hilfst uns, wir nehmen den Auftrag an, und dann? Was ist dein Preis, Chaid?"
Chaid lachte, ein weicher, tiefer Klang, der die Spannung im Raum für einen Moment durchbrach. „Oh, kleine Sonne, du machst mich neugierig auf dich - nicht, dass ich es nicht schon längst wäre. Aber nein, ich verlange keinen besonderen Preis. Sagen wir, meine Motivation ist... persönlicher Natur. Die verfluchte Energie könnte ein größeres Problem sein, als wir alle bisher annehmen. Und ich habe kein Interesse daran, still und tatenlos zuzusehen, wie sie unsere Welt vergiftet."
Sein Ton wurde ernster, die verspielte Art wich einem Moment der Offenheit. Ash, der bisher aufmerksam zugehört hatte, verschränkte die Arme und nickte langsam. „Du hast also mehr Informationen, als du uns mitteilst. Was hast du herausgefunden?"
Chaid zögerte einen Augenblick, als würde er seine Worte abwägen. „Ich habe einige Spuren verfolgt, die mich in die Nähe der gesetzlosen Zone geführt haben. Dort, wo das Miasma am stärksten ist und die Gefährten zunehmend von der verfluchten Energie betroffen sind. Aber es gibt noch mehr - etwas, das tiefer in diese Zone führt, etwas, das unsere Aufmerksamkeit erfordert."
Emilia fühlte, wie ein kalter Schauer ihren Rücken hinablief. „Und du willst uns dorthin führen, ohne uns vorher zu warnen?"
„Keine Sorge, Emilia." Chaids Stimme war wieder leicht, doch seine Augen waren ernst. „Ich werde euch nicht in die Dunkelheit führen, ohne selbst eine Fackel in der Hand zu halten. Aber ja, es wird gefährlich. Umso mehr Grund für dich, das Training mit voller Hingabe fortzusetzen."
Alex, der bisher geschwiegen hatte, trat vor und richtete seinen Blick direkt auf Chaid. „Warum tust du das wirklich, Chaid? Ich glaube dir, dass du Interesse hast, aber ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass du nie ohne Hintergedanken handelst."
Ein Lächeln huschte über Chaids Lippen, ein wenig geheimnisvoll und ein wenig melancholisch. „Vielleicht habe ich genug vom Zusehen. Vielleicht möchte ich diesmal eine aktivere Rolle spielen. Oder vielleicht liegt es daran, dass ich euch allen - selbst dir, Alex - einen Funken Vertrauen entgegenbringe. Manchmal hat selbst ein Dämon der... Feinheiten ein Gewissen."
Es folgte eine Stille, in der jeder die Worte verarbeitete. Schließlich brach Emilia die Spannung, indem sie sich vorbeugte und Chaid direkt in die Augen sah. „Dann tue es. Hilf uns. Ich werde deinen Plan annehmen, aber sei dir bewusst - wenn du uns betrügst..."
„Ich fürchte mich bereits", unterbrach Chaid mit einem breiten Grinsen und hob spöttisch die Hände. „Keine Sorge, kleine Sonne. Mein Wort steht - so viel es in meiner dämonischen Natur auch wert sein mag."
Gray schnaubte leise und schüttelte den Kopf. „Dann ist es beschlossen. Wir gehen diesen Weg gemeinsam. Aber wir werden wachsam bleiben."
Emilia nickte, ihre kastanienbraunen Augen funkelten entschlossen. „Wenn das die einzige Möglichkeit ist, dann werden wir es tun - zusammen."
Chaid lehnte sich zurück, als wäre alles geklärt, und hob die Augenbrauen amüsiert. „Hervorragend! Nichts ist spannender als ein Bündnis voller Misstrauen und Hoffnung. Ich bin entzückt."
„Ich wünschte, ich könnte das gleiche Gefühl teilen", murmelte Ash trocken, und ein kurzes Lachen erfüllte den Raum, das die Anspannung für einen Augenblick löste. Sie hatten viel vor sich, und das wussten sie alle - aber zumindest würden sie diesen Pfad nicht allein gehen.
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