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Kapitel 7


Am nächsten Morgen schlenderte Emilia langsam durch das Dorf, den Blick auf den Aushang gerichtet, an dem regelmäßig neue Nachrichten und Gesuche der Bewohner ausgehängt wurden. Die friedliche Stimmung des Morgens schien die Atmosphäre zu tragen, doch ihr Blick blieb an einer Meldung hängen, die sie innehalten ließ.

Es handelte sich um ein Scheusal, das seit Tagen die Umgebung unsicher machte. Laut der Beschreibung hatte es bereits erhebliche Schäden angerichtet und Angst unter den Dorfbewohnern verbreitet. Doch was Emilia am meisten auffiel, war, dass keine klare Einschätzung des Schwierigkeitsgrades oder der Gefährlichkeit vorlag - etwas, das in der Gilde normalerweise zur Standardprozedur gehörte.

„Ein großes Scheusal, ohne offizielle Einstufung..." dachte Emilia, während sie die wenigen Details auf der Nachricht las. Das war eine völlig andere Situation als ihr bisheriger Kampf gegen ein kleineres Scheusal in Lunaris, das exakt ihrem Rang angepasst gewesen war. Sie hatte es damals mit Hilfe der Gilde bewältigt, doch dieses hier schien eine viel größere Herausforderung zu sein.

Ihre Finger glitten leicht über das Pergament, während sie sich die Beschreibung einprägte. „Das ist meine Chance, nicht nur meine Fähigkeiten zu testen, sondern auch den Dorfbewohnern zu helfen," murmelte sie leise. Die Methoden zur Scheusal-Bannung waren Teil ihres Schamanen-Trainings gewesen, doch noch nie hatte sie sich einem Wesen von dieser Größe und ohne klare Einstufung gestellt.

Ein älterer Dorfbewohner, der ihre Aufmerksamkeit bemerkt hatte, trat vorsichtig zu ihr. „Du hast Interesse an der Aufgabe?" fragte er mit einer Mischung aus Hoffnung und Besorgnis in seiner Stimme.

Emilia wandte sich zu ihm um und nickte entschlossen. „Ich bin Schamanin," erklärte sie mit fester Stimme. „Ich werde sehen, was ich tun kann." Der Mann musterte sie einen Moment lang skeptisch, doch als er den Ernst in ihrer Stimme hörte, schien er erleichtert.

„Wir könnten jemanden wie dich wirklich brauchen," sagte er leise, während eine Spur Dankbarkeit in seine Augen trat.

Kurz darauf, nachdem sie die wenigen verfügbaren Informationen über das Scheusal erhalten hatte, bereitete sich Emilia vor, in den Wald zu ziehen. Sie prüfte ihre Ausrüstung sorgfältig und ging die Bannmethoden in Gedanken durch. Noch während sie das Gasthaus verließ, trat Alex zu ihr. Sein ruhiger Blick ruhte auf ihr, doch seine Augen verrieten eine Spur Sorge.
„Bist du sicher, dass du das allein machen willst?" fragte er mit leiser, besonnener Stimme.

„Ich bin Schamanin," entgegnete Emilia mit einem selbstbewussten Ton, auch wenn sie innerlich die Ungewissheit spürte. „Ich habe in Lunaris bereits ein Scheusal bekämpft, und ich werde es auch diesmal schaffen."
Alex schmunzelte leicht, doch sein Ausdruck blieb ernst. „Falls du Hilfe brauchst, werde ich in der Nähe sein," sagte er, seine Stimme war ruhig und beruhigend.

Mit dieser Zusicherung zog Emilia in den Wald. Die kühle Morgenluft wich bald einer seltsamen Stille, während sie tiefer in das dichte Dickicht eindrang. Die Dämmerung verlieh dem Wald ein mystisches Licht, und sie hielt die Augen offen nach Anzeichen des Scheusals.
Bald entdeckte sie große, unregelmäßige Spuren auf dem weichen Waldboden. Sie waren tief und frisch, ein deutliches Zeichen, dass das Scheusal sich in der Nähe befand. Ihr Atem wurde ruhiger, als sie ihre Gedanken auf die Bannmethoden konzentrierte und ihren Manastrom harmonisierte.

Plötzlich, wie aus dem Nichts, tauchte das Scheusal vor ihr auf. Es war eine gewaltige Kreatur mit leuchtenden Augen, knochigen Flügeln und einem Körper, der vor roher Kraft nur so strotzte. Sein struppiges, schmutziges Fell schien in der Dämmerung zu flimmern, und sein hungriges Knurren ließ einen kalten Schauer über Emilias Rücken laufen.
Sie spürte, wie ihre Muskeln sich anspannten, doch sie zwang sich, ruhig zu bleiben. Ihre Hände formten die Bewegungen, die sie in ihrer Ausbildung gelernt hatte, und sie begann, Mana aus ihrer Umgebung zu ziehen. Der Energiefluss war stark, und sie versuchte, das Wesen in seiner Bewegung einzuschränken, doch das Scheusal wehrte sich. Es war viel mächtiger, als sie erwartet hatte.

Ein falscher Schritt ließ sie stolpern, und eine scharfe Kralle streifte ihren Arm. Sie biss die Zähne zusammen, als der Schmerz wie ein Feuer durch ihren Körper schoss. Warmes Blut rann ihre Haut hinab, doch sie hielt ihren Fokus aufrecht.
In diesem Moment trat Alex aus den Schatten, seine Bewegungen geschmeidig und zielgerichtet. „Ich habe dir gesagt, ich bin in der Nähe," sagte er, während er Emilia aufhalf. Seine Augen waren ernst, aber in seinem Gesicht lag ein beruhigendes Lächeln.

Er zog ein sauberes Tuch hervor und verband rasch ihre Wunde. „Du hast dich gut geschlagen," murmelte er, während er die Verletzung begutachtete, „aber manchmal ist es klüger, sich Unterstützung zu holen, bevor es zu spät ist."
Emilia nickte widerstrebend, ihre Augen fixierten das Scheusal, das sie unablässig beobachtete. Seine leuchtenden Augen wirkten fast höhnisch, als es seinen nächsten Angriff vorbereitete. Doch diesmal war Emilia entschlossener. Mit Alex' Unterstützung und ihrer neugefundenen Ruhe sammelte sie die letzten Mana-Ströme um sich, bereit, das Scheusal endgültig zu bannen.

„Bleib ruhig, Emilia," flüsterte Alex und trat dicht an ihre Seite. Sein Blick blieb fest auf das Scheusal gerichtet, dessen bedrohliche Präsenz die Luft schwer machte. „Ich werde dich anleiten. Ich bin bei dir."

Emilia nickte zögernd, ihre Hände zitterten leicht, doch sie ballte sie zu Fäusten und atmete tief ein, um die aufsteigende Panik zu unterdrücken. „Was soll ich tun?" Ihre Stimme war leise, aber entschlossen, während ihre Augen auf die Kreatur fixiert blieben, die mit grollendem Knurren näher kam.

„Kanalisiere deinen Mana-Strom in deine Hände," erklärte Alex ruhig, seine Stimme wie ein Anker, der sie im Moment hielt. „Spüre die Energie um dich herum. Ziehe sie in dich hinein und lenke sie durch deinen Körper. Manipuliere den Mana-Strom, um das Scheusal zu fesseln."

Emilia schloss die Augen, zwang sich, die Außenwelt auszublenden, und konzentrierte sich auf die Energien um sie herum. Sie konnte das Mana spüren, das wie ein Flüstern durch die Bäume strömte, sanft und lebendig. Mit jedem Atemzug zog sie es in sich hinein, ließ es durch ihre Hände fließen, bis es sich wie ein pulsierender Rhythmus in ihr ausbreitete. Der Druck in ihrer Brust wuchs, doch sie öffnete die Augen, als das Scheusal eine bedrohliche Bewegung machte.

Die Kreatur knurrte laut, die scharfen Zähne blitzten im schwachen Licht, und ihre massigen Pranken scharrten den Boden, bereit zum Angriff. Emilias Herz hämmerte, doch ihre Entschlossenheit überwog. „Ich kann das," murmelte sie und streckte die Hände vor sich aus. Ein sanftes Leuchten begann, ihre Fingerspitzen zu umhüllen.

„Jetzt, Emilia! Lass den Mana-Strom frei! Konzentriere dich!" rief Alex, seine Stimme fordernd und zugleich motivierend.

Mit einem tiefen Atemzug und einem kraftvollen Schrei ließ Emilia die Energie aus ihren Händen strömen. Der Mana-Strom nahm Gestalt an, leuchtend und schimmernd wie tanzende Lichter in der Dämmerung. Die Luft um sie herum vibrierte, als die Energie sich verdichtete und wie eine Welle auf das Scheusal zuschoss.

Die Kreatur brüllte und sprang vor, doch der Angriff traf es mit voller Wucht. Das Scheusal wurde zurückgeschleudert, als hätte es eine unsichtbare Wand getroffen, und wankte mit einem erschütternden Knurren.

„Gut gemacht! Noch einmal! Halte den Fokus!" rief Alex und hielt ihre Aufmerksamkeit aufrecht, während das Scheusal sich wieder aufzurichten begann.

Emilia schloss erneut die Augen, ihr Atem ging schwer, doch sie sammelte die letzten Ströme von Mana, die sie spüren konnte. Mit einem präzisen Schwung ihrer Hände entließ sie eine zweite Welle. Die Energie leuchtete in einem intensiven Blau, durchbrach die Schatten des Waldes und traf die Kreatur mit unnachgiebiger Kraft.

Ein markerschütterndes Brüllen zerriss die Luft, bevor das Scheusal schließlich zusammensackte. Seine massige Gestalt blieb reglos liegen, während das Licht des Waldes langsam wieder sanfter wurde. Eine überwältigende Stille legte sich über die Umgebung.

Emilia ließ sich schwer atmend auf die Knie sinken, ihre Hände zitterten vor Erschöpfung, und ihr Körper war von Schweiß bedeckt. „Ich... ich habe es getan," flüsterte sie, während sie ungläubig auf das besiegte Scheusal starrte.

Alex trat zu ihr, seine Bewegungen ruhig und sicher, bevor er eine Hand auf ihre Schulter legte. „Ja, das hast du," sagte er mit einem leichten Lächeln. „Du hast Mut gezeigt und deine Fähigkeiten präzise eingesetzt. Das war beeindruckend, Emilia."

Emilia spürte, wie sich ein warmes Gefühl der Erleichterung in ihr ausbreitete. Sie ließ ihren Blick über das Scheusal gleiten, das jetzt wie ein Schatten seiner selbst wirkte. Der Kampf war nicht nur anstrengend gewesen - er hatte ihr gezeigt, wie viel sie noch lernen musste.

Ihre Gedanken wanderten zurück zu Alex. Ohne seine Anweisungen und seine ruhige Präsenz hätte sie es wahrscheinlich nicht geschafft. Die Art, wie er sie im richtigen Moment angeleitet hatte, war nicht nur hilfreich, sondern auch beruhigend gewesen, als sie selbst an ihrer Grenze war. Sie blickte zu ihm auf, ihre Wangen leicht gerötet, während sie leise sagte: „Danke, Alex. Ohne dich wäre ich nicht so weit gekommen."

Alex schmunzelte und half ihr, sich aufzurichten. „Es war deine Stärke, die den Unterschied gemacht hat," sagte er schlicht, doch in seiner Stimme lag eine Wärme, die ihre Worte bedeutungsvoller machte, als er es zugeben wollte.

Emilia wandte den Blick ab, ihre Röte vertiefte sich. Es war eine Mischung aus Erleichterung, Bewunderung und einem Hauch von Stolz, die in ihr aufstieg - Gefühle, die sie noch nicht ganz einordnen konnte, die jedoch einen angenehmen Nachhall hinterließen. Während sie gemeinsam die Lichtung verließen, fühlte sie sich erschöpft, aber gleichzeitig ein Stück stärker als zuvor.

.....

Nachdem sie das abgelegene Waldgebiet - den Austragungsort ihres Kampfes mit dem großen Scheusal - hinter sich gelassen hatte, setzte sich Emilia auf einen kleinen Felsen am Wegesrand. Die kühle Abendluft strich sanft über ihr Gesicht, während die letzten Strahlen der Sonne die Landschaft in warme Goldtöne tauchten. Sie verschränkte die Beine und ließ ihren Blick über die Weite schweifen, die sich vor ihr erstreckte. Die Ruhe der Umgebung schien die letzten Spuren des Adrenalins in ihrem Körper allmählich zu vertreiben.

Doch ihre Gedanken blieben beim Kampf. Das Scheusal, die unbändige Kraft, die sie hatte spüren müssen, und die drängenden Ratschläge von Alex hallten noch immer in ihrem Geist wider. „Du musst deine Energie wie eine Welle lenken und sie genau dort einsetzen, wo sie gebraucht wird," hatte er gesagt, seine Stimme ruhig, aber eindringlich. Sie erinnerte sich an Theresas Worte während ihrer Ausbildung, die Alex' Erklärung so sehr ähnelten, dass es ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Die Theorie war ihr vertraut, doch die Praxis - besonders in einer Situation, in der so viel auf dem Spiel stand - hatte ihr erneut gezeigt, wie viel sie noch zu lernen hatte.

Ein Seufzen entwich ihren Lippen, als sie sich an die Momente erinnerte, in denen sie fast den Fokus verloren hätte. Das Scheusal war eine ernsthafte Bedrohung gewesen, und obwohl sie es gemeinsam mit Alex besiegt hatte, wusste sie, dass sie ohne seine Anleitung und Präsenz nicht so weit gekommen wäre. „Vielleicht bist du doch nicht so hilflos, wie du dachtest," murmelte sie, während ihre Finger den vertrauten Talisman streiften, den Theresa ihr vor ihrer Abreise gegeben hatte. Ein schwaches Lächeln spielte auf ihren Lippen, als sie die sanfte Energie des Talismans spürte - eine stille Erinnerung an ihre Meisterin und die Stärke, die sie in sich trug.

Ihre Gedanken kehrten zu Alex zurück. Seine ruhige Präsenz, die ihr während des gesamten Kampfes ein Gefühl der Sicherheit gegeben hatte, ließ sie nicht los. Warum hatte sie ihm so schnell vertraut? Warum fühlte es sich an, als würde er sie besser verstehen, als sie es selbst konnte? „Es ist fast so, als ob..." Sie schüttelte den Kopf, unfähig, den Gedanken zu Ende zu bringen. Es war nicht ihre Art, einem Fremden so schnell zu vertrauen, doch bei Alex fühlte es sich... richtig an. Trotzdem war da diese nagende Unsicherheit. Was waren seine wahren Motive? War seine Unterstützung wirklich nur aus Mitgefühl entstanden, oder steckte mehr dahinter?

Mit einem tiefen Atemzug versuchte Emilia, die Fragen beiseitezuschieben, und richtete ihre Gedanken auf den nächsten Schritt ihrer Reise. Zurück im Dorf empfingen die Bewohner sie mit jubelnden Rufen und sichtlich erleichterten Gesichtern. Die Nachricht über ihren mutigen Kampf gegen das Scheusal hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet, und eine spürbare Dankbarkeit lag in der Luft.

Ein älterer Mann, der wie ein Sprecher der Dorfgemeinschaft wirkte, trat aus der Menge hervor. In seinen Händen hielt er ein kleines, kunstvoll gearbeitetes Kästchen. Mit einer ehrfurchtsvollen Stimme sagte er: „Für eure Tapferkeit, Schamanin. Dieser Talisman wurde von Generation zu Generation in unserem Dorf weitergegeben. Es heißt, er verstärkt die Energie seines Trägers und schützt ihn in Zeiten der Not."

Emilia nahm das Kästchen entgegen und öffnete es vorsichtig. Darin lag eine schlichte, aber kraftvoll wirkende Halskette - ein dünnes, robustes Band, an dem ein ovaler, glatter Stein hing. In den Stein war ein mystisches Symbol eingraviert, das von einer feinen, ruhigen Energie durchdrungen war. Emilia spürte die Magie des Talismans, die sich wie ein leiser Puls durch ihre Finger zog, und ein ehrliches Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus.

„Ich danke euch," sagte sie mit aufrichtiger Stimme und neigte leicht den Kopf. Die Geste der Dorfbewohner rührte sie, und der Talisman fühlte sich wie eine wertvolle Ergänzung zu ihrer Reise an - ein Begleiter, der sie in schwierigen Momenten stärken würde.

Am Abend veranstalteten die Dorfbewohner ein kleines Fest zu ihren Ehren. Die Atmosphäre war herzlich, das Essen einfach, aber köstlich, und die Geschichten, die erzählt wurden, erfüllten den Abend mit Leben. Für einen Moment konnte Emilia die Schwere ihrer Gedanken beiseiteschieben und sich von der Wärme der Gemeinschaft tragen lassen. Doch als die Feierlichkeiten zu Ende gingen, zog sie sich zurück, um einen Moment der Ruhe zu finden.

Auf einer Anhöhe nahe dem Dorf ließ sie ihren Blick über die Landschaft schweifen. Die Dunkelheit hatte sich über das Land gelegt, doch der Himmel war klar, und die Sterne funkelten wie ein leuchtendes Netz über ihr. Sie hielt den Talisman in der Hand, drehte ihn sanft zwischen den Fingern und spürte die ruhige Energie, die von ihm ausging.

„Ein interessantes Artefakt," bemerkte eine vertraute Stimme neben ihr. Sie drehte sich um und sah Alex, der sich neben sie stellte. Sein Blick war prüfend, aber auch fasziniert, als er auf die Halskette in ihren Händen schaute. „Dieser Talisman ist mehr als ein Schmuckstück. Er verstärkt Barrieremagie - besonders nützlich, wenn du irgendwann Schutzbarrieren einsetzen möchtest."

Emilia lächelte verlegen und strich über den Anhänger. „Barrieren gehören noch nicht zu meinen Stärken," gestand sie leise. „Ich habe mich bisher auf andere Arten von Magie konzentriert. Aber vielleicht sollte ich das ändern."

Ohne ein Wort zu sagen, trat Alex näher und nahm den Talisman aus ihren Händen. Emilia erstarrte kurz, überrascht von der Geste, doch als er die Halskette sanft um ihren Nacken legte und die Verschlüsse schloss, entspannte sie sich. Seine kühlen Finger berührten flüchtig ihren Nacken, und ein unerwartetes Kribbeln lief ihr über die Haut. Als die Kette sicher an ihrem Platz lag, blieb Alex für einen Moment nah bei ihr, bevor er mit einem sanften Lächeln zurücktrat.

„Da," sagte er leise. „Er passt zu dir."

Emilia schluckte leicht und strich mit den Fingern über den Anhänger. „Danke," flüsterte sie und versuchte, ihre Verlegenheit zu verbergen.

Alex musterte sie mit einem warmen Blick, bevor er sachlich hinzufügte: „Es braucht Übung und Geduld, besonders bei Barrieren. Aber du hast das Gespür dafür. Irgendwann wirst du sehen, dass es dir leichter fallen wird."

Seine Worte gaben ihr Mut, und sie nickte entschlossen. Der Talisman würde ihr helfen, diese neue Fähigkeit zu meistern, da war sie sich sicher. Für einen Moment schwiegen sie beide, während die Stille der Nacht sie umgab.

Nach einer Weile durchbrach Alex die Stille. „Wohin führt deine Reise als Nächstes?"

Emilia sah in die Ferne, ihr Blick suchte die dunklen Linien der Hügel am Horizont. „Eversum," sagte sie schließlich, ihre Stimme fest. „Es gibt noch so viel, was ich dort suchen und vielleicht finden kann."

Alex nickte, und in seinen Augen lag ein seltsames Funkeln, das Emilia nicht ganz deuten konnte. „Eversum... ein guter Ort für Antworten."

Emilia zog die Karte hervor und entrollte sie vorsichtig. Der leichte Wind ließ die Ecken flattern, während sie mit dem Finger auf das zentrale Ziel deutete. „Eversum," sagte sie mit einem festen, entschlossenen Blick. „Das ist mein Ziel, und bis dorthin gibt es noch einige Zwischenstopps, die ich nutzen kann, um mich vorzubereiten."

Alex betrachtete die Karte aufmerksam, bevor er langsam nickte. „Eversum... eine faszinierende Stadt." Seine Stimme hatte einen nachdenklichen Ton. „Sie ist ein Knotenpunkt voller Geheimnisse, Möglichkeiten und... Herausforderungen." Sein Blick wanderte zu Emilia. „Die Reise dorthin wird dich auf ihre Weise formen. Die Orte, die du passieren wirst, sind mehr als nur Raststätten - sie bergen Wissen und Erfahrungen, die dir helfen können, deine Fähigkeiten zu schärfen."

Emilia bemerkte, wie ernst Alex plötzlich wirkte, und konnte nicht anders, als neugierig zu fragen: „Was meinst du damit? Welche Orte? Was genau kann ich dort lernen?" Sie konnte die leichte Spannung in ihrer eigenen Stimme hören, ein Zeichen dafür, dass seine Worte sie wirklich neugierig gemacht hatten.

Alex hob leicht eine Augenbraue, sein Ausdruck war ruhig, aber in seinen Augen glitzerte etwas, das an Amüsement grenzte. „Das wirst du selbst herausfinden, wenn du bereit bist. Manche Lektionen kann man nicht vorwegnehmen, Emilia. Sie enthüllen sich erst, wenn die Zeit reif ist."

Emilia schnaubte leise, konnte aber ein Lächeln nicht unterdrücken. „Du bist wirklich gut darin, mich neugierig zu machen, weißt du das?" Ihre Worte waren halb ernst, halb spielerisch, doch sie merkte, wie ihre Abenteuerlust erneut aufflammte.

Alex lächelte sanft, fast so, als hätte er genau auf diese Reaktion gewartet. „Nun, vielleicht solltest du mir folgen, zumindest für eine Weile," schlug er vor, seine Stimme hatte einen lockeren, aber unterschwelligen Ernst. „Es gibt in dieser Welt Dinge, die sich nicht in Büchern finden lassen. Orte, die man erleben muss, um sie zu verstehen. Und wer weiß, vielleicht können wir uns gegenseitig helfen."

Emilia legte den Kopf leicht schief, ihre Augen fixierten ihn aufmerksam. „Das klingt fast so, als würdest du mich brauchen, Mediziner," sagte sie mit einem Hauch von Ironie, doch in ihren Worten lag auch eine unausgesprochene Bereitschaft, seinen Vorschlag anzunehmen.

„Vielleicht," antwortete Alex mit einem leichten Lächeln, das weder bestätigte noch dementierte. „Oder vielleicht brauche ich einfach eine Reisepartnerin, die genauso neugierig auf die Welt ist wie ich."

Ein Moment der Stille entstand zwischen ihnen, doch es war keine unangenehme. Es war, als ob beide innerlich eine Entscheidung trafen, ohne sie laut auszusprechen. Emilia spürte, wie ein ungewohntes Gefühl von Sicherheit in ihr aufstieg - nicht, weil sie Alex blind vertraute, sondern weil sie wusste, dass ihre Reise mit ihm an ihrer Seite eine neue Ebene erreichen könnte. Abenteuer, Herausforderungen und vielleicht sogar Antworten lagen vor ihnen.

Schließlich rollte Emilia die Karte zusammen und sah Alex mit einem schiefen Lächeln an. „Dann los. Die Welt wartet nicht, und ich habe das Gefühl, dass es noch einiges zu entdecken gibt."

Alex erwiderte ihr Lächeln und machte eine einladende Geste. „Wie du sagst - die Welt wartet nicht. Und ich glaube, sie wird uns beide noch überraschen."

Mit diesen Worten setzten sie ihren Weg fort, ihre Silhouetten verschwanden langsam im Licht des späten Nachmittags. Die bevorstehende Reise war voller Ungewissheit, doch das Gefühl, dass sie beide auf etwas Größeres zusteuerten, verlieh ihren Schritten eine stille Entschlossenheit.

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Ein neuer Morgen brach an, und Emilia verspürte beim ersten Lichtschein eine Mischung aus Vorfreude und Nervosität. Nachdem sie sich frisch gemacht hatte, ging sie hinunter in den Speisesaal des Gasthauses „Blüte", wo Alex bereits an einem Fensterplatz saß. Ein warmes Lächeln umspielte seine Lippen, als sie sich ihm näherte.

„Guten Morgen, Emilia. Bereit, unsere Pläne für die nächste Etappe zu besprechen?" fragte er, deutete auf den freien Platz gegenüber und schob ihr eine dampfende Tasse Tee zu.

„Guten Morgen," erwiderte Emilia, während sie sich setzte und einen Schluck nahm. Der Duft der Gewürze beruhigte ihre Sinne. „Ja, ich bin gespannt. Wir sind auf dem Weg nach Lantaris, richtig? Was erwartet uns dort?"

Alex nickte und griff nach einer grob gezeichneten Karte, die auf dem Tisch lag. „Genau. Lantaris ist ein zentraler Marktort. Dort können wir nicht nur Vorräte auffrischen, sondern vielleicht auch seltene Kräuter oder besondere Materialien finden. Das könnte für dich als Schamanin interessant sein."

Emilia lächelte bei seinen Worten, nahm sich ein Stück von dem frischen Brot und schmierte ein wenig Honig darauf. „Das klingt nach einem vielversprechenden Zwischenstopp. Und der Weg dorthin? Gibt es etwas, worauf ich vorbereitet sein sollte?"

Alex schmunzelte wissend, sein Blick glitt über die Karte, während er mit dem Finger auf einen großen grünen Bereich deutete. „Der schnellste Weg führt uns durch den Farnweber-Wald."

„Farnweber-Wald... klingt geheimnisvoll," murmelte Emilia und löffelte etwas von ihrem Müsli, während sie neugierig zur Karte hinübersah.

Alex nickte, seine Stimme nahm einen ernsten Ton an. „Das ist er auch. Der Wald ist bekannt für seine dichten Farne und das verwobene Netzwerk aus Bäumen und Ästen - fast wie ein natürlicher Schleier, der die Wege verschleiert. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum wir vorsichtig sein sollten."

Emilia hob den Blick, ihre Augen funkelten vor Interesse. „Was meinst du?"

Alex ließ eine Pause, bevor er ruhig erklärte: „Verunreinigungen." Das Wort hing für einen Moment in der Luft, bevor er fortfuhr. „Eine dunkle Energie, die von Scheusalen oder bösartigen Kreaturen hinterlassen wird. Sie verändert die Umgebung - Pflanzen sterben ab, das Licht wird gedämpft, und die Luft fühlt sich schwer an. In den schlimmsten Fällen zieht diese Energie Schattenwesen an, kleine bösartige Geister oder Kreaturen, die von ihr angezogen werden."

Emilia runzelte die Stirn und legte den Löffel beiseite. „Das klingt... intensiv. Ich habe noch nie von Verunreinigungen gehört. Theresa hat mir davon nichts erzählt."

Alex lehnte sich zurück und betrachtete sie aufmerksam. „Das überrascht mich nicht. Verunreinigungen treten nur in Gebieten auf, die von starker dunkler Energie betroffen sind. Du wirst es spüren, sobald wir den Wald betreten. Es ist eine Lektion, die du nur vor Ort lernen kannst."

Ein Funken Entschlossenheit leuchtete in Emilias Augen auf. „Dann werde ich mich darauf vorbereiten. Wenn es eine Möglichkeit gibt, dagegen etwas zu tun, will ich sie finden."

Alex lächelte leicht. „Das wirst du. Deine Fähigkeiten werden dich führen - und ich werde darauf achten, dass wir sicher durchkommen."

„Verunreinigungen treten meist nur in Gebieten auf, die stark von Scheusalen oder dunklen Energien betroffen sind," betonte Alex weiter. „Normalerweise sollte ein Wald wie der Farnweber-Wald lebendig und gesund sein, aber diese Scheusal-Energie verdirbt die Natur. Du wirst es spüren - die Luft wird schwerer, und vielleicht siehst du sogar, dass Pflanzen krank aussehen oder leise Schatten in den Ecken lauern."
Emilia nickte langsam, ihr Gesichtsausdruck konzentriert. „Verstehe... das klingt nach einer Herausforderung."
Alex grinste leicht. „Genau deshalb möchte ich, dass du wachsam bleibst. Eine Schamanin wie du hat die Möglichkeit, auf solche Einflüsse zu reagieren und sie möglicherweise zu mildern. Es könnte eine gute Gelegenheit sein, deine Kräfte zu nutzen."
Sie sah ihn an, ein Funke Entschlossenheit in ihren Augen. „Ich werde mein Bestes geben."

Alex nickte anerkennend. „Gut. Wenn wir vorbereitet sind, haben wir bessere Chancen, den Wald ohne größere Probleme zu durchqueren. Wir sollten uns nach dem Frühstück auf den Weg machen - die Reise wird uns einiges abverlangen."

Emilia blickte Alex entschlossen an, legte den Löffel beiseite und verschränkte die Arme. „Aber warum willst du mich durch so ein Gebiet locken?", fragte sie mit einem misstrauischen Unterton.

Alex schmunzelte, sichtlich amüsiert von ihrer Frage. „Locken? Glaub mir, wenn ich jemanden durch den Farnweber-Wald ‚locken' wollte, gäbe es dafür sicher angenehmere Gründe," antwortete er mit einem schelmischen Glanz in den Augen.

Emilia ließ sich davon nicht beirren und hob die Augenbrauen. „Also, was dann? Warum durch diesen düsteren Ort?"

Alex lehnte sich zurück und wurde ernster. „Ich will dir die Schattenseiten unserer Welt zeigen - nicht nur die sicheren Straßen und die belebten Märkte. Wer auf Reisen geht, stößt immer wieder auf Orte wie diesen, und als Schamanin musst du lernen, damit umzugehen. Jeder Weg ist eine Lektion, Emilia, und manchmal führen uns die herausforderndsten Pfade zu den größten Erkenntnissen."

In Emilias Gedanken blitzte kurz ein Gespräch auf, das sie kürzlich mit Alex geführt hatte, als sie beiläufig ihre Lehrmeisterin erwähnt hatte. Sie hatte ihm von Theresas strenger, aber doch warmherziger Art erzählt und davon, wie Theresa stets betonte, dass das Leben selbst der größte Lehrer sei. Sie spürte, dass Alex diese Weisheit auf seine eigene Weise nachvollzog.

„Also... das ist Teil meines Trainings?" fragte Emilia, nun etwas ruhiger und nachdenklicher.

Alex nickte. „Genau. Sieh es als eine Lektion, die dir keine Lehrmeisterin in der sicheren Umgebung des Tals beibringen könnte. Und wer weiß, vielleicht findest du sogar einen Weg, die Verunreinigungen zu lindern - zumindest ein wenig."

Emilia atmete tief durch und lächelte leicht. „In Ordnung. Dann nehmen wir eben den Farnweber-Wald. Aber falls es zu gefährlich wird, wirst du mir zur Seite stehen, richtig?"

„Natürlich," antwortete Alex, und für einen Moment blitzte etwas Sanftes in seinen Augen auf. „Ich würde es nicht riskieren, dich in Gefahr zu bringen - ohne sicherzugehen, dass du es auch meistern kannst."

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Nachdem sie ihre Vorbereitungen abgeschlossen und genügend Proviant eingepackt hatten, machten sich Emilia und Alex auf den Weg. Der schmale Pfad führte sie bis zum Rand des Farnweber-Waldes, dessen riesige Bäume wie dunkle Wächter in den Himmel ragten. Ihre dichten Kronen formten ein fast undurchdringliches Blätterdach, durch das nur spärliche Lichtstreifen drangen.

Der Farnweber-Wald wirkte endlos und geheimnisvoll. Emilia musterte die Schatten, die über den moosbewachsenen Boden krochen, während ein kühler, erdiger Duft die Luft erfüllte. Sie spürte, wie Alex' Worte in ihrem Kopf widerhallten:
„Diese dunklen Kräfte machen die Natur krank und lassen die Umgebung bedrohlich erscheinen. Verunreinigungen kann man fühlen, wenn man aufmerksam ist. Entwickle ein Gespür dafür."

Während sie tiefer in den Wald gingen, dachte Emilia an Theresa und deren Lehren über die Energien der Natur. Nun würde sich zeigen, wie gut sie diese Lehren umsetzen konnte. Hier, inmitten dieser durch Verunreinigungen gezeichneten Wildnis, konnte sie ihre Fähigkeiten weiterentwickeln.

„Also, Farnweber-Wald," begann Emilia skeptisch und ließ ihren Blick über die dichten Baumriesen gleiten. „Warum müssen wir nochmal unbedingt hier hindurch?"

Alex warf ihr einen prüfenden Blick zu. „Weil es der kürzeste Weg nach Lantaris ist." Er hielt kurz inne, ein schiefes Lächeln umspielte seine Lippen. „Und ein bisschen Herausforderung hat noch niemandem geschadet."

Emilia hob eine Augenbraue und verschränkte die Arme. „Das klingt verdächtig nach einer Ausrede, um mich absichtlich in Schwierigkeiten zu bringen."

Alex lachte leise. „Ich habe keine Hintergedanken, versprochen. Außerdem hast du doch gesagt, dass du von einer erfahrenen Lehrmeisterin ausgebildet wurdest. Warum also nicht die Gelegenheit nutzen, um dein Können zu testen?"

Sie schüttelte den Kopf und stieß ihn spielerisch mit der Schulter an. „Herausforderung angenommen."

Mit fest geschnallten Rucksäcken und einem letzten prüfenden Blick auf ihre Vorräte traten sie tiefer in den Farnweber-Wald ein. Die kühle Luft umfing sie, während die Geräusche der Zivilisation allmählich hinter ihnen verblassten. Je weiter sie gingen, desto dichter wurde das Unterholz, und Emilia spürte eine seltsame Veränderung in der Atmosphäre des Waldes - eine Mischung aus beruhigender Stille und lauernder Unruhe.

„Es ist... eigenartig ruhig," murmelte Emilia nachdenklich und ließ ihren Blick durch die Schatten wandern. „Fast, als wäre die Balance hier gestört."

Alex nickte. „Das sind die Verunreinigungen. Wenn negative Energien wie die von Scheusalen zu lange auf einen Ort einwirken, schwächt das die natürliche Energie. Solche Orte verlieren ihr Gleichgewicht und ziehen immer mehr Scheusale an - ein Teufelskreis."

Sein ernster Ton ließ Emilia innehalten. Sie atmete tief durch und schloss kurz die Augen, um ihre Sinne zu schärfen. Die Energie fühlte sich wirklich anders an - wie eine dünne, schwache Hülle, die jederzeit reißen könnte.

„Gut," sagte sie schließlich und öffnete die Augen. „Ich werde es versuchen - dieses Gesür für Verunreinigungen zu entwickeln."

Alex lächelte anerkennend. „Das ist der richtige Ansatz. Pass auf die Strömungen des Mana auf. Sie werden dich führen."

Emilia runzelte die Stirn. „Also gibt es hier mehr als nur eine ruhige Wanderung?"

„So könnte man es sagen," antwortete Alex mit gespielter Gelassenheit, während ein schiefes Grinsen seine Lippen umspielte. „Aber keine Sorge. Mit deinem Wissen und..." Er ließ eine kleine Pause, bevor er neckisch hinzufügte: „...einem erstklassigen Mediziner an deiner Seite kommen wir sicher durch diesen Wald."

Emilia konnte nicht anders, als bei seiner Zuversicht leicht zu lächeln. Seine Worte waren vielleicht ein Scherz, aber sie gaben ihr dennoch Halt. Mit einem erneuten Funkeln in den Augen erklärte sie entschlossen: „Dann sollten wir keine Zeit verlieren."

Der Farnweber-Wald verschlang sie förmlich, als sie tiefer hineintraten. Die bedrückende Stille wurde immer spürbarer, und das dichte Blätterdach ließ nur noch ein schummriges Licht hindurch. Die Farben des Waldes - dunkles Grün, feuchtes Braun und ein Hauch von Grau im Nebel - wirkten gleichzeitig faszinierend und unheilvoll. Der intensive Duft von feuchtem Laub, Erde und moosigen Baumstämmen schien die Luft schwerer zu machen.

Emilia fühlte, wie die Energie des Waldes sie umgab - eine Art Flüstern, das sie nicht greifen konnte. Es war keine hörbare Stimme, eher ein Gefühl, das an den Rändern ihres Bewusstseins zerrte. Schatten schienen sich in den Ecken ihres Blickfelds zu bewegen, doch sobald sie genauer hinsah, verschwanden sie, als wären sie nie da gewesen.

Ein Flüstern erreichte ihre Ohren, leise und kaum wahrnehmbar. Es klang wie Worte, die zu fern waren, um sie zu verstehen, aber nah genug, um Unbehagen zu wecken. Emilia spürte, wie sich eine Gänsehaut über ihre Arme zog.

„Dieser Ort fühlt sich... seltsam an," murmelte sie, ohne Alex anzusehen. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauch, so als wollte sie den Wald nicht stören.

„Das ist das Werk der Verunreinigungen," antwortete Alex ruhig, doch sein Blick blieb wachsam. „Du kannst es fühlen, nicht wahr? Die natürliche Energie des Waldes ist verzerrt - wie ein Netz, das mit Schatten durchzogen ist."

Emilia nickte langsam und schloss die Augen. Sie erinnerte sich an Theresas Stimme, an ihre Lehren über die Energien der Natur und die Kunst, sich auf das Mana zu konzentrieren. „Lass dich nicht überwältigen," hatte Theresa gesagt. „Mana ist immer da - fließend, wandelbar. Du musst es nur verstehen."

Sie atmete tief ein und versuchte, die seltsame Energie des Waldes zu spüren. Doch je mehr sie sich bemühte, desto flüchtiger wurde sie. Es war, als würde die Energie absichtlich vor ihr zurückweichen, sich in Schatten hüllen, um ihr das Erkennen zu erschweren.

Ein sanfter Druck auf ihrer Schulter riss sie aus ihren Gedanken. Sie öffnete die Augen und sah, dass Alex ihr näher gekommen war. Seine Hand ruhte fest und beruhigend auf ihrer Schulter, und seine blauen Augen blickten ruhig in ihre.

„Ich bin bei dir," sagte er mit einer Stimme, die eine Mischung aus Sanftheit und Stärke in sich trug. Sein Blick hielt den ihren, und für einen Moment schien der bedrückende Schatten des Waldes ein wenig zu weichen.

Emilia schluckte schwer, spürte jedoch, wie ein Teil ihrer Anspannung nachließ. Es war erstaunlich, wie sehr seine Präsenz sie beruhigen konnte. Sie lächelte leicht, ein wenig verlegen. „Danke," flüsterte sie, überrascht über die Wärme, die seine Nähe in ihr auslöste.

Alex nickte nur, ließ die Hand jedoch für einen Moment auf ihrer Schulter ruhen, bevor er sich wieder umdrehte. „Lass uns weitergehen. Der Wald wartet nicht."

Sie setzten ihren Weg tiefer in den Farnweber-Wald fort, und die Atmosphäre schien sich mit jedem Schritt dichter um sie zu legen. Schatten waberten an den Rändern ihres Blickfelds, wie flüchtige Gestalten, die sie nur aus den Augenwinkeln wahrnehmen konnten. Das leise Rauschen des Windes in den Baumkronen klang inzwischen wie das Flüstern vergessener Stimmen, ein Echo aus längst vergangenen Zeiten.

Alex hielt plötzlich inne, seine Haltung angespannt, und deutete auf eine Stelle vor ihnen. Das Moos auf dem Waldboden war hier nicht mehr das leuchtende Grün, das sie gewohnt waren, sondern hatte sich zu einem kränklichen Grau verfärbt, fast als hätte es die Lebenskraft verloren.

„Siehst du das?" fragte Alex mit gedämpfter Stimme. „Das ist eine der Verunreinigungen, über die wir gesprochen haben. Die Energie hier ist stark belastet. Die Präsenz von Scheusalen hat das natürliche Gleichgewicht vollkommen zerstört."

Emilia kniete sich vorsichtig hin, ihre Finger schwebten knapp über dem grauen Moos. Es fühlte sich falsch an, fast unnatürlich in dieser Umgebung, und ein Schauer lief ihr über den Rücken. „Ich hätte nicht gedacht, dass die Spuren so deutlich sichtbar sind," murmelte sie, während sie die Hand etwas näher an die Stelle hielt. Ihre Augen schlossen sich für einen Moment, als sie versuchte, die Energie zu spüren. „Es fühlt sich kalt an... wie ein Schatten, der versucht, in mich einzudringen."

Alex nickte. „Genau so. Diese Orte strahlen eine Kälte aus, die nicht nur körperlich, sondern auch geistig spürbar ist. Sie ziehen oft weitere unruhige Geister oder Scheusale an." Er richtete seinen Blick auf die Umgebung und seine Stimme wurde ernst. „Wir sollten vorsichtig sein. Wenn wir mehr solcher Stellen sehen, könnte das bedeuten, dass wir uns einer größeren Verunreinigung nähern."

Emilia sah sich nervös um. Die Schatten, die sie zuvor nur am Rand wahrgenommen hatte, schienen jetzt lebendiger zu sein. Sie spürte ein Zittern in ihren Fingern, ein Zeichen, dass die unnatürliche Energie begann, sie zu belasten. „Und wenn das passiert?" fragte sie leise. Ihre Stimme klang fester, als sie sich fühlte, doch ein Hauch von Unsicherheit war dennoch zu hören.

Alex sah sie an, seine Augen fest und beruhigend. „Dann sind wir vorbereitet," sagte er mit ruhiger Bestimmtheit. „Vertraue auf deine Instinkte und auf das, was Theresa dir beigebracht hat. Deine Schamanenkraft ist hier deine größte Waffe." Er trat näher und legte eine Hand auf ihre Schulter. „Und vergiss nicht... du bist nicht allein."

Für einen Moment fühlte Emilia, wie ihre Unsicherheit nachließ. Die Wärme von Alex' Hand, die Ruhe in seiner Stimme und die Gewissheit, dass er an ihrer Seite war, gaben ihr Kraft. Sie hob den Kopf und nickte entschlossen. „Okay," sagte sie, und in ihrer Stimme schwang jetzt mehr Zuversicht mit. „Lass uns weitermachen."

~~~

Emilia ließ ihren Blick neugierig über die umliegenden Bäume schweifen. „Glaubst du, dass in diesem Wald auch Treants leben? Ich habe mal gelesen, dass sie dichte Wälder bevorzugen und sich an solchen Orten niederlassen."

Alex nickte leicht. „Treants fühlen sich in alten, unberührten Wäldern wohl - an Orten, die vor natürlicher Energie nur so pulsieren. Aber..." Er deutete mit einer knappen Bewegung auf die grauen Flecken am Boden und die bedrückende Dunkelheit, die sie umgab. „In einem Wald wie diesem? Nein, hier könnten sie nicht überleben. Diese Energie ist für sie schädlich."

„Warum?" fragte Emilia und beobachtete, wie Alex eine Hand über das verkümmerte Moos hielt.

„Treants sind eng mit der spirituellen Natur und dem fließenden Mana eines Ortes verbunden," begann Alex geduldig zu erklären. „Sie leben von dieser lebendigen, harmonischen Energie. Aber hier..." Er ließ seine Hand sinken und sah sie mit ernster Miene an. „Das Mana ist blockiert, verzerrt. Statt Leben zu spenden, staut es sich und wird toxisch. Ein Ort wie dieser würde sie schwächen - vielleicht sogar töten."

Emilia runzelte die Stirn, nachdenklich. Sie konnte die Veränderungen in der Energie jetzt noch deutlicher spüren, wie eine unterschwellige Kälte, die durch den Wald kroch. Ein Gefühl von Bedauern überkam sie. „Es ist traurig, dass solche Orte so verkommen können... Es fühlt sich fast so an, als wäre der Wald selbst ein Wesen, das krank ist."

Alex legte ihr eine beruhigende Hand auf die Schulter. „Das ist eine treffende Beschreibung," sagte er leise. „Aber genau deshalb sind wir hier. Manchmal reicht es schon, die Harmonie wiederherzustellen. Und wenn das nicht möglich ist, sorgen wir zumindest dafür, dass die Verunreinigungen sich nicht weiter ausbreiten."

Emilias Blick wanderte durch das düstere Dickicht. Verkrüppelte Pflanzen, graue Blätter und der fahle Nebel, der den Boden umhüllte, erzählten von einem Ort, der seine Vitalität verloren hatte. Nachdenklich fragte sie: „Warum lässt man diese Wälder eigentlich so verkommen? Sollte sich nicht jemand darum kümmern?"

Alex schmunzelte, ein leicht neckisches Funkeln in seinen Augen. „Na ja, wir sind doch hier, oder nicht? Ich würde sagen, wir kümmern uns darum."

Doch Emilia schüttelte den Kopf, ihr Tonfall blieb ernst. „Ich meine es wirklich. Diese Verunreinigungen breiten sich aus und schaden allem, was hier lebt. Das kann doch nicht gut für unsere Welt sein... für die Dämonenwelt."

Alex hielt inne, sein Lächeln verschwand, und sein Blick wurde nachdenklich. „Du hast recht, Emilia. Viele wissen um die Gefahr, die solche Orte mit sich bringen. Aber sie fürchten sich davor. Verunreinigungen sind unberechenbar, und nicht jeder hat die Fähigkeiten oder den Mut, ihnen entgegenzutreten."

Er sah in die Schatten des Waldes, als würde er selbst die Last dieser Verantwortung abwägen. „Für manche ist es einfacher, die Augen zu verschließen und die Dunkelheit zu meiden. Aber diejenigen, die das Risiko auf sich nehmen - wie wir - halten zumindest einen Teil dieser Dunkelheit auf."

Emilia nickte langsam. Alex' Worte hallten in ihr nach. Zum ersten Mal begann sie wirklich zu verstehen, warum viele sich von solchen Orten fernhielten. Dennoch spürte sie einen wachsenden Drang, stärker zu werden, mehr zu lernen.

„Ich möchte eines Tages wirklich etwas bewegen," sagte sie leise, fast mehr zu sich selbst als zu Alex.

Er warf ihr einen prüfenden Blick zu und lächelte schließlich. „Und das wirst du, Emilia. Davon bin ich überzeugt."

Alex blickte in das düstere Dickicht des Farnweber-Waldes, seine Augen suchten die Schatten, als könnte er die Antworten dort finden. Seine Stimme war ruhig, als er erklärte: „Diese Verunreinigungen sind Teil der Unterwelt. Sie sind schädlich - für das Leben, für die Energieflüsse - aber sie bleiben meist auf starke Knotenpunkte oder Kraftorte konzentriert. Orte, an denen die spirituelle Energie besonders stark ist. Sie breiten sich nicht unkontrolliert aus, sondern wirken wie ein dunkler Knoten in einem Gewebe."

Emilia folgte seinem Blick und hörte aufmerksam zu, während er fortfuhr: „Und vergiss nicht, dass wir uns hier in einer freien Zone befinden. Wer sollte sich hier schon um Verunreinigungen kümmern? In den freien Zonen gibt es keine strukturierten Stämme oder Herrscher, die Verantwortung übernehmen. Es bleibt oft an den Ansässigen selbst hängen. Anders ist das in den großen Königreichen. Dort gibt es mehr Ordnung, und Energien und ihr Ausgleich haben Priorität."
Emilia nickte langsam. „Das ist wohl wahr," murmelte sie nachdenklich. Ihre Gedanken wanderten zurück zu ihrem Heimatort. „Bei uns wäre so etwas undenkbar. Jeder wäre alarmiert. Man würde sofort Maßnahmen ergreifen, um den Fluss der Energie zu schützen."
Alex warf ihr einen kurzen, anerkennenden Blick zu. „Genau. Die Königreiche haben ihre Regeln und Strukturen. Aber hier, in der freien Zone, gibt es keine solche Ordnung. Es gibt keine Hüter, keine Ratsmitglieder, die eingreifen würden." Er machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr. „Das bedeutet, dass es an Reisenden, an Abenteurern - und Schamanen wie dir - liegt, solche Orte zu reinigen oder zumindest zu verhindern, dass sie weiter verfallen."

Emilia senkte den Blick, während Alex sprach, und ihre Gedanken wanderten zu den Lehren von Theresa. Ihre Lehrmeisterin hatte oft betont, wie wichtig es war, die Balance der Energien zu bewahren, auch wenn es nicht immer einfach war.
„Es ist keine kleine Verantwortung," sagte sie schließlich leise.

„Nein," bestätigte Alex, sein Tonfall sanft, aber bestimmt. „Aber sie ist notwendig. Und du hast die Kraft, damit umzugehen, Emilia. Selbst dieser Wald spürt das."
Seine Worte brachten ein leichtes Lächeln auf ihre Lippen. Sie hob den Kopf und sah in die Schatten, die den Farnweber-Wald umhüllten. „Dann sollten wir dafür sorgen, dass er nicht weiter leidet."

~~~

Emilia und Alex liefen nebeneinander durch den Farnweber-Wald, und mit jedem Schritt schien die Beklommenheit in ihrer Brust schwerer zu werden. Der Wald lebte, doch es war kein einladendes Leben - es lauerte in den Schatten, versteckt hinter knorrigen Ästen und verstohlenen Bewegungen.
Die kahlen, knochigen Finger der Bäume ragten über ihnen, als wollten sie den Himmel ersticken. Nur wenige, blasse Lichtstrahlen brachen durch das dichte Blätterdach und fielen auf den feuchten, moosbedeckten Boden. Die Luft war stickig und schwer, durchzogen von einem fauligen, modrigen Geruch, der wie eine unheilvolle Warnung in ihrer Nase brannte. Jede Bewegung war gedämpft, jeder Atemzug schien von dem bedrückenden Flüstern des Waldes verschluckt zu werden.

Alex warf ihr ein aufmunterndes Lächeln zu, doch seine Augen blieben wachsam, suchend. Seine Körpersprache verriet, dass auch er die verstörende Präsenz spürte - eine unsichtbare Energie, die sie beide zu beobachten schien. Trotz der unheilvollen Stimmung gab seine stille, gelassene Stärke Emilia die nötige Sicherheit, weiterzugehen. Doch die drückende Atmosphäre blieb, ein konstantes Flüstern, das ihr sagte, dass hier etwas grundlegend nicht stimmte.

Plötzlich erhaschte Emilia eine Bewegung am Rande ihres Blickfeldes. Zwei dunkle Schatten huschten durch das Dickicht, ihre Bewegungen träge, aber zielgerichtet. Die Luft wurde spürbar schwerer, und die Verunreinigung drängte sich wie ein dichter Schleier um sie herum. Diese Kreaturen waren nicht nur Wesen des Waldes - sie waren verunreinigte Manifestationen, durchdrungen von der schädlichen Energie, die diesen Ort vergiftete.
Alex' Blick wurde scharf, und er deutete auf die Kreaturen. „Wir teilen uns auf," sagte er mit fester Stimme. „Ich ziehe eine auf mich, damit du dich auf die andere konzentrieren kannst. Bleib ruhig und nutze deine Energie gezielt."

Emilia nickte, ihre Entschlossenheit wuchs. „Verstanden."

Ohne ein weiteres Wort trennten sie sich, Alex bewegte sich mit schnellen, präzisen Schritten und lenkte die erste Kreatur von Emilia weg. Die zweite Kreatur blieb auf sie fixiert, ihre bedrückende Präsenz lastete schwer auf Emilias Schultern. Das Wesen schleppte sich vorwärts, seine Bewegungen waren schwerfällig, aber unberechenbar.

Emilias Herz raste, doch sie zwang sich, an ihre Ausbildung bei Theresa zu denken. Sie atmete tief ein, konzentrierte sich auf das Mana, das sie durch ihren Körper fließen ließ, und sammelte es in ihren Händen.

Die Kreatur stieß ein tiefes, grollendes Geräusch aus, bevor sie sich plötzlich auf sie stürzte. Emilia wich mit einem Sprung zur Seite aus, spürte die Anspannung in ihren Muskeln, und schickte einen konzentrierten Lichtbogen aus Mana aus ihrer Hand. Der Strahl traf die Kreatur, die einen Moment lang zurückschreckte, bevor sie sich erneut bewegte.
„Gut gemacht, Emilia! Bleib konzentriert," rief Alex, der auf der anderen Seite des Waldes seine eigene Kreatur in Schach hielt. Seine Bewegungen waren ruhig, effizient, wie die eines erfahrenen Kämpfers, der sich auf das Wesentliche fokussierte.

Ermutigt von seinen Worten, verstärkte Emilia ihre Angriffe. Sie konnte spüren, wie sich ihr Mana unter ihrer Kontrolle formte, fließend und kraftvoll. Ein weiterer gezielter Schlag traf die Kreatur, die schließlich taumelte und zu Boden ging.
Als sie auf die Knie fiel, spürte sie, wie ihre Energie sich ausdehnte und die verbleibenden Verunreinigungen zerstreute. Sie drehte sich gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Alex mit einem letzten geschickten Angriff seine eigene Kreatur bezwang.

-- währenddessen dessen bei Alex.--
Im Dunkel des Farnweber-Waldes schien Alex' Gestalt fast eins mit den Schatten zu werden, während er sich auf das erste der beiden Wesen konzentrierte. Seine Bewegungen waren fließend und lautlos, und er wich dem Angriff des Wesens mit einer Eleganz aus, die fast unmenschlich wirkte. Die Kreatur schlug mit wuchtigen Pranken nach ihm, doch Alex ließ sich nicht beeindrucken. Seine Augen funkelten wachsam, jedes Detail fest im Blick, und noch bevor das Wesen einen erneuten Angriff starten konnte, hatte Alex bereits seine Position gewechselt.

Mit einer blitzschnellen Bewegung packte er das Wesen am Nacken, seine Finger gruben sich tief in das raue Fleisch der Kreatur. Die Stärke, die in seinem Griff lag, wirkte übernatürlich, fast mühelos. Die Kreatur stieß ein wildes Fauchen aus und wand sich, doch Alex ließ nicht locker. Mit einem kraftvollen Ruck schleuderte er sie zu Boden, als wäre sie nicht mehr als ein Spielzeug in seinen Händen.

Kaum hatte er das erste Wesen überwältigt, stürzte sich das zweite auf ihn. Doch Alex war vorbereitet. Mit einer Geschwindigkeit, die kaum zu folgen war, drehte er sich um, seine Bewegungen präzise wie ein gut geöltes Uhrwerk. Die Kreatur griff an, doch Alex wich den Schlägen geschickt aus, jeder seiner Schritte war berechnet und sicher, als könnte er die Angriffe vorhersehen.

Die Luft um ihn schien vor Spannung zu vibrieren, während er das Wesen umkreiste, jede Bewegung seines Gegners studierend. Seine Haltung blieb ruhig, seine Atmung gleichmäßig, und seine Sinne erfassten jedes Geräusch, jede noch so kleine Regung.

Als die Kreatur einen weiteren Angriff versuchte, schlug Alex mit einer präzisen, kraftvollen Bewegung zurück. Sein Schlag war final - ein Ende, das keine Fragen offen ließ. Die Kreatur schrie auf, bevor sie sich auflöste, und die verunreinigte Energie, die sie durchdrang, zerstreute sich in der Luft.

Alex blieb regungslos stehen, sein Blick ruhig, aber durchdrungen von einer Aura unübersehbarer Überlegenheit. Die Anspannung wich langsam aus seinem Körper, und ein Hauch von Zufriedenheit lag in seinen Augen, während er beobachtete, wie die Dunkelheit des Waldes die letzten Spuren der Kreatur verschlang.
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Schwer atmend stand Emilia über den Überresten der Kreatur, die sich langsam auflösten, während die verunreinigte Energie verblasste. Ihre Hände zitterten leicht, doch in ihrer Brust fühlte sie eine unerwartete Zufriedenheit.

Alex trat zu ihr, ein schiefes Lächeln auf seinem Gesicht. „Nicht schlecht, Emilia. Du hast es geschafft."

Sie sah ihn an, ihre Lippen formten ein erschöpftes, aber stolzes Lächeln. „Danke... ich denke, ich beginne, zu verstehen, was du meintest."

„Das wirst du mit jedem Kampf besser verstehen," sagte er ruhig. „Aber fürs Erste - gute Arbeit."

Emilia nickte, ihre Zuversicht gestärkt. Sie hatte eine Herausforderung gemeistert und wusste nun, dass sie ihre Kräfte im Ernstfall einsetzen konnte.

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Erschöpft sank Emilia auf die Knie, das feuchte Moos unter ihren Händen kühlte ihre erhitzten Handflächen. Ihr Atem ging schwer, während der Puls in ihren Ohren rauschte. Der Kampf hatte ihr mehr abverlangt, als sie erwartet hatte. Sie spürte jeden Muskel in ihrem Körper, und das Adrenalin, das sie während des Kampfes getragen hatte, ließ nun nach.

Doch trotz ihrer eigenen Erschöpfung konnte Emilia nicht anders, als ihren Blick auf Alex zu richten. Mit gebanntem Ausdruck beobachtete sie, wie er sich im Schatten des Farnweber-Waldes bewegte, fast lautlos und mit einer Präzision, die sie beeindruckte. Seine Bewegungen waren fließend, nahezu mühelos, und er schien eins mit der Dunkelheit zu sein. Jeder Schlag, jedes Ausweichen zeugte von Erfahrung und einer Stärke, die sie zugleich faszinierte und inspirierte.

Wie stark er ist, dachte Emilia, während sie ihn beobachtete. Die Bewunderung in ihrem Inneren wurde von einer leisen Neugier begleitet - wie hatte er diese Ruhe und Kraft erlangt?
Alex brachte das letzte Scheusal mit einem gezielten Schlag zu Boden. Die Kreatur löste sich unter einem leisen Zischen auf, und die verunreinigte Energie zerstreute sich langsam in der dichten Luft des Waldes. Mit seiner üblichen Gelassenheit richtete sich Alex auf, sein Blick wanderte zu Emilia.

„Du hast dich gut geschlagen," sagte er ruhig, während er sich näherte. Sein Tonfall war ernst, aber da war auch ein Hauch von Anerkennung in seiner Stimme. „Du hast deine Energie kontrolliert und die Situation gemeistert. Nicht schlecht für jemanden, der sich noch so unsicher fühlte."
Emilia hob den Kopf und sah ihn an, ihr Herz schlug schneller, als sie seine Worte vernahm. Ein Hauch von Stolz mischte sich in ihre Erschöpfung, und sie erwiderte sein Lächeln schwach. „Danke," murmelte sie leise. „Aber ich glaube, ich brauche noch viel mehr Übung, um mit dir mithalten zu können."

Alex ließ sich auf die Hocke sinken, sodass sie auf Augenhöhe waren. Sein Blick war ruhig, fast sanft. „Das kommt mit der Zeit. Und du hast heute bewiesen, dass du bereit bist, zu lernen - das ist mehr, als viele von sich behaupten können."

Emilia spürte, wie ihre Wangen leicht heiß wurden, und sie sah kurz weg, ehe sie ihn wieder ansah. „Trotzdem... du machst das alles so leicht. Es ist fast, als wäre das nichts für dich."

Alex zuckte mit den Schultern, ein schelmisches Lächeln umspielte seine Lippen. „Vielleicht habe ich nur viel geübt. Oder vielleicht bin ich einfach so talentiert."

Sie konnte nicht anders, als bei seinem selbstbewussten Tonfall zu schmunzeln. „Arroganz steht dir nicht, weißt du das?"

„Ich würde es eher Selbstvertrauen nennen," entgegnete er mit einem Zwinkern.

Die letzten Lichtstrahlen schimmerten durch die dichten Äste des Waldes, und Emilia bemerkte, wie die Dunkelheit immer dichter wurde. Die Zeit schien schneller vergangen zu sein, als sie gedacht hatte, und die bedrückende Atmosphäre des Waldes wurde von der hereinbrechenden Nacht noch verstärkt.
„Es wird dunkel," murmelte sie, während sie langsam aufstand und versuchte, ihre Beine zu entlasten. Ihre Stimme war leise, fast gedankenverloren. „Die Dunkelheit... das könnte ein Problem werden."

Alex, der neben ihr stand, warf ihr einen amüsierten Seitenblick zu. „Die Dunkelheit? Keine Sorge, ich komme damit gut zurecht. Nachtsicht, weißt du?"

Emilia verschränkte trotzig die Arme und schnaubte. „Schön für dich. Aber ich bin kein Vampir."

Alex ließ ein leises, belustigtes Lachen hören. „Dann bleibt dir wohl keine andere Wahl, als näher bei mir zu bleiben. Ich könnte dich führen."
Er streckte eine Hand aus, seine Augen funkelten in der schwindenden Dämmerung. Emilia zögerte, ihr Herz hämmerte in ihrer Brust, doch sie spürte keine Abwehr - eher eine leise Wärme, die sie überraschte.

„Also gut," sagte sie schließlich, ihre Stimme versuchte fest zu klingen, auch wenn sie wusste, dass sie ihre Unsicherheit nicht ganz verbergen konnte. „Aber keine komischen Ideen, verstanden?"
Alex grinste, ein Ausdruck von spielerischer Unschuld in seinen Augen. „Ich? Komische Ideen? Niemals. Ich bin der Inbegriff von Anstand."

Seine Worte waren vielleicht harmlos, doch das Lächeln, das seine Lippen umspielte, verriet eine andere Wahrheit. Emilia konnte ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken, während sie seine Hand ergriff.
„Ich führe dich sicher durch die Dunkelheit," versprach Alex mit ruhiger Stimme. In diesem Moment spürte Emilia, dass sie ihm vertrauen konnte - auch wenn sie wusste, dass diese plötzliche Nähe sie mehr herausforderte, als sie zugeben wollte.
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Nach einer weiteren Stunde des Wanderns entdeckten sie eine Anhöhe, die sich ruhig und geschützt in den dichten Farnweber-Wald schmiegte. Die untergehende Sonne malte die Lichtung in warme, dämmernde Farben, und die schweren Schatten des Waldes wichen für einen Moment der friedlichen Stille des Ortes. Alex hielt inne, musterte die Lichtung und warf Emilia einen prüfenden Blick zu.

„Das wäre ein guter Ort für ein Lager, findest du nicht?"

Emilia nickte erleichtert, während sie ihre müden Beine spürte. „Ja, das ist perfekt," antwortete sie, ihre Stimme zeigte die Erleichterung deutlich. Sie ließ ihren Rucksack von den Schultern gleiten und begann, sich umzusehen, während sie das Gepäck ablegte.

Zusammen begannen sie, das Lager aufzubauen. Emilia kniete sich nieder, um ein kleines Feuer zu entzünden, und bemerkte, wie Alex sich grinsend neben sie hockte.

„Willst du es lieber selbst machen, oder soll ich dich beobachten, um sicherzugehen, dass nichts explodiert?" fragte er mit gespieltem Ernst.

Emilia rollte die Augen und konnte ein Lächeln nicht verbergen. „Weißt du, Alex, nicht alles, was ich anfasse, fliegt gleich in die Luft," konterte sie und funkelte ihn mit gespielter Entrüstung an. Ihre Finger beschäftigten sich konzentriert mit den Hölzern, während sie versuchte, die Flamme zu entzünden.

Alex lehnte sich zurück, seine Arme locker verschränkt, und beobachtete sie mit einem amüsierten Blick. „Ich weiß," sagte er lächelnd. „Aber es ist interessant, dass du das selbst als Möglichkeit in Betracht ziehst."
Emilia seufzte dramatisch. „Warum hast du mich dann überhaupt machen lassen, wenn du so ein Feuerprofi bist?"

„Manchmal ist es einfach unterhaltsam, dir zuzusehen," erwiderte Alex, sein Lächeln augenzwinkernd, bevor er sich vorbeugte und mit einer geschickten Bewegung die Flamme entzündete. Innerhalb weniger Sekunden loderten die ersten kleinen Flammen, und das warme Licht begann, die Lichtung zu umspielen.

„Beeindruckend," murmelte Emilia trocken, während sie das Schauspiel beobachtete. „Aber vergiss nicht, ich bin eine Schamanin. Ich lerne schnell. Pass lieber auf, dass ich dich nicht bald überhole."
Alex ließ ein leises Lachen hören, bevor er aufstand. „Das glaube ich gern. Bis dahin lasse ich dich einfach weiter üben."

Während Emilia sich um das wachsende Feuer kümmerte, schlug Alex vor, noch mehr Holz zu sammeln. Die Aufgabe war schnell erledigt, und gemeinsam bauten sie ein stabiles, loderndes Lagerfeuer auf.
Alex bereitete das Lager mit routinierten, fast instinktiven Bewegungen vor. Zwischendurch wanderte sein Blick immer wieder aufmerksam über die Umgebung, als könnte er selbst in der Dunkelheit noch jeden Schatten lesen.

Schließlich setzten sie sich nebeneinander ans Feuer. Die Flammen warfen tanzende Schatten auf die umliegenden Bäume und spendeten eine trügerische Wärme, die für einen Moment die bedrückende Energie des Waldes verbarg. Emilia ließ ihren Blick in die Flammen gleiten und verlor sich in ihren Gedanken.
„Woran denkst du gerade?" fragte Alex leise, seine Stimme durchbrach sanft die Stille.
Überrascht richtete Emilia sich auf und sah ihn an. Ein leicht verlegenes Lächeln spielte um ihre Lippen. „Ach, nur daran, wie überraschend... gelassen du bei all dem bist," antwortete sie ausweichend, bemüht, nicht zu viel von ihren Gedanken preiszugeben.

Alex lächelte geheimnisvoll und zuckte leicht mit den Schultern. „Gelassenheit hat mich schon durch so manches geführt," erwiderte er, seine Augen schimmerten für einen Moment ernst und nachdenklich im Licht der Flammen.
Emilia schüttelte den Kopf und grinste. „Da steckt sicher mehr hinter deiner Gelassenheit, als du zugibst."

„Vielleicht," gab Alex zu, ein amüsiertes Glitzern in seinen Augen. „Aber das wäre doch langweilig, wenn ich gleich alles verraten würde, oder?"

Emilia konnte nicht anders, als bei seinem Tonfall zu lachen. Der Moment fühlte sich seltsam vertraut an, wie eine Ruhepause inmitten von etwas viel Größerem.

„Langweilig wärst du sicher nicht," entgegnete sie mit einem schwachen Schmunzeln, bevor sie sich wieder dem Feuer zuwandte.
Die Stille kehrte zurück, doch sie war diesmal weniger bedrückend. Für einen Moment fühlte sich alles friedlich an, auch wenn die Dunkelheit des Waldes ringsum sie zu umschlingen schien.

~~

Nachdem sie eine Weile schweigend das knisternde Feuer und die Ruhe der Nacht genossen hatten, war es Emilia, die das Schweigen brach.

„Weißt du," begann sie zögernd, während sie mit einem kleinen Ast die Erde vor sich auflockerte, „ich habe das Tal nicht verlassen, weil ich es dort nicht mochte. Im Gegenteil, ich vermisse es oft. Aber..." Sie hielt inne, suchte nach den richtigen Worten, während das Feuer tanzende Schatten auf ihr Gesicht warf. „Ich hatte immer das Gefühl, dass da draußen noch so viel mehr ist. Etwas, das ich finden muss, das mich ruft. Ich weiß nicht, ob das Sinn ergibt."
Alex nickte langsam, sein Blick blieb ruhig auf sie gerichtet. „Das ergibt durchaus Sinn," antwortete er mit leiser, aber fester Stimme. „Manchmal sind es diese unsichtbaren Fäden, die uns ziehen, selbst wenn wir nicht genau wissen, wohin sie führen."

Emilia lächelte schwach, dankbar für seine Worte, und fuhr fort: „Im Haus des Lebensbaums hatte ich natürlich ein Zuhause. Aber es gab Momente, in denen ich mich trotzdem... verloren fühlte." Ihr Blick wurde weich, und eine leichte Melancholie trat in ihre Stimme, als sie an ihre Kindheit zurückdachte. „Ich erinnere mich an die Abende, wenn die anderen Walküren- und Valkyrien-Kinder nach ihren Familien gerufen wurden. Ich blieb oft alleine zurück, habe die Sterne beobachtet und mir Geschichten ausgedacht... Geschichten über einen Ort, der vielleicht irgendwo auf mich wartet."

Alex hörte ihr aufmerksam zu, seine Haltung blieb entspannt, doch sein Blick verriet eine nachdenkliche Tiefe. „Vielleicht ist das der Grund, warum du dich nie ganz losgelöst fühlst," murmelte er. „Weil du schon damals gespürt hast, dass du für etwas anderes bestimmt bist."
Emilia sah zu ihm auf, ihre Augen suchten nach einer Antwort in seinem Ausdruck. „Das könnte sein," gab sie leise zu. Nach einem Moment des Schweigens fragte sie zögerlich: „Und was ist mit dir? Du scheinst viel über solche Dinge zu wissen."

Alex lehnte sich leicht zurück, ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen. „Nun, als Mediziner lernt man, die Leute - und Dämonen - zu verstehen. Nicht nur ihre Wunden, sondern auch das, was sie innerlich bewegt. Ich habe das Handwerk der Heilkunst über viele Jahre studiert. In meinem Rang - als ‚Blutheiler' - geht es darum, die Balance zwischen körperlicher und spiritueller Heilung zu finden."

„Blutheiler?" wiederholte Emilia, fasziniert. „Das klingt... kraftvoll."

Alex nickte, seine Stimme wurde etwas sanfter. „Es ist eine große Verantwortung. Der Titel verpflichtet mich, nicht nur zu heilen, sondern auch die Wurzeln von Schmerz und Leid zu finden. Manchmal bedeutet das, Menschen an ihre eigenen Wunden und Verluste zu erinnern, damit sie wirklich heilen können."
Emilia musterte ihn nachdenklich, ihre Neugier wuchs. Sie zögerte kurz, bevor sie vorsichtig fragte: „Du sagtest, du hilfst anderen, Verluste zu überwinden. Hast du selbst jemanden verloren, der dir nahestand?"

Alex' Gesicht verhärtete sich für einen Augenblick. Seine Augen wurden von einer plötzlichen Melancholie erfüllt, und das leichte Lächeln, das er bis eben getragen hatte, verschwand. Seine Hände verkrampften sich unmerklich, und für einen Moment schien er tief in Gedanken versunken.

Emilia bemerkte die Veränderung in seiner Haltung und spürte einen Stich des Bedauerns. Sie senkte den Blick und murmelte sanft: „Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht bedrängen."
Alex schüttelte kaum merklich den Kopf und sah sie wieder an, sein Blick war jetzt ruhig, aber ernst. „Es ist in Ordnung," sagte er mit gedämpfter Stimme. „Manchmal sind die Narben, die wir tragen, ein Teil dessen, was uns zu dem macht, was wir sind."
Um die Stimmung etwas aufzulockern, räusperte Emilia sich und lächelte schüchtern. „Ich wollte das Tal verlassen, weil ich dachte, dass ich draußen die Antworten finde. Vielleicht finde ich sie auch. Und falls nicht..." Sie zuckte leicht mit den Schultern, ein schelmisches Funkeln trat in ihre Augen. „Dann bekomme ich wenigstens ein Abenteuer, das mich wachsen lässt."

Alex sah sie an, ein Hauch von Erleichterung und Bewunderung in seinem Blick. „Du hast den richtigen Geist dafür, Emilia," sagte er mit einem kleinen Lächeln. „Manchmal ist das Suchen selbst die Antwort."
Emilia spürte, wie sein Lächeln sich in ihrer Brust festsetzte, wie eine warme Flamme, die ihr Mut gab. Für einen Moment schien selbst die Dunkelheit des Farnweber-Waldes nicht mehr ganz so bedrohlich zu sein.
Alex, immer noch mit einem Hauch von Nachdenklichkeit in den Augen, legte schließlich sanft seine Hand auf Emilias Knie und drückte es leicht. „Vielleicht findest du die Antworten, die du suchst. Und selbst wenn nicht, hast du eine Reise gemacht, die dich formt - und das allein ist es wert."

Emilia erwiderte sein Lächeln, und für einen Moment war die Verbindung zwischen ihnen greifbar. Es war keine Verbindung, die Worte erklären konnten, sondern eine, die in geteilten Sehnsüchten und verborgenen Wunden verwurzelt war.
Nachdem sie eine Weile miteinander gesprochen hatten, ließ Emilia ihre Neugier freien Lauf. Sie war fasziniert von der Art, wie Alex die Balance zwischen körperlicher und spiritueller Heilung als Blutheiler beschrieb. „Du sagtest, es gehe darum, nicht nur Wunden zu schließen, sondern Vertrauten zu helfen, ihre inneren Verletzungen zu überwinden," begann sie nachdenklich. „Wie genau schaffst du das?"
Alex ließ seinen Blick ins Feuer gleiten, das flackernde Licht tanzte in seinen dunklen Augen. „Es geht nicht darum, Wunden einfach nur zu verschließen," sagte er langsam, als würde er jedes Wort sorgfältig abwägen. „Viele Verletzungen greifen tiefer - auf das Herz, die Seele. Manchmal genügt es nicht, nur den Körper zu heilen. Der Schmerz bleibt, unsichtbar, aber spürbar."

Emilia nickte, ihre Augen suchten seinen Blick. „Hilfst du oft anderen dabei, solche Verluste zu überwinden?"
Alex hielt inne, die Stille zwischen ihnen dehnte sich aus. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich, ein Schatten von Traurigkeit zog über seine Züge. Die Frage schien etwas in ihm zu berühren, das er selten teilte. „Ich habe... viele Vertraute kommen und gehen sehen," antwortete er leise. Seine Stimme war ruhig, doch der Schmerz, der darin mitschwang, war unverkennbar.

Emilia spürte einen Stich des Bedauerns über ihre Frage, doch gleichzeitig fühlte sie eine wachsende Verbundenheit zu Alex, die Worte nicht greifen konnten. Sie senkte den Blick, unsicher, wie sie die Schwere des Moments brechen sollte.
Nach einer kurzen Pause sprach sie schließlich, ihre Stimme sanft und nachdenklich: „Ich wollte immer die Welt außerhalb des Tals sehen. Aber jetzt, wo ich hier bin, ist es... anders, als ich es mir vorgestellt habe. Frei zu sein ist aufregend, aber auch beängstigend - so viel Ungewisses liegt vor mir."

Alex sah sie ruhig an, seine Augen schienen die Schatten des Feuers zu durchdringen. „Und wie fühlst du dich jetzt, so weit weg von Zuhause?"

Emilia zögerte, bevor sie antwortete, ein schwaches Lächeln auf ihren Lippen. „Ich wollte immer mehr, als mir das Leben im Tal bieten konnte. Das Waisenhaus... es war mein Zuhause, ja. Aber ich hatte immer das Gefühl, dass die Welt da draußen auf mich wartet. Dass ich nicht nur für das Tal bestimmt bin."
Alex hörte aufmerksam zu, seine Haltung blieb ruhig und unaufdringlich. Doch das Funkeln in seinen Augen verriet, dass er sie vollkommen verstand. „Manchmal reicht ein Ort nicht aus, um all das zu entdecken, was in einem steckt. Manchmal muss man das Vertraute zurücklassen, um herauszufinden, wohin man wirklich gehört."

Emilia nickte langsam, seine Worte hallten in ihr nach. Zum ersten Mal fühlte sie sich wirklich verstanden. „Du hast recht," sagte sie leise. „Ich weiß nicht, wohin mich dieser Weg führen wird. Aber ich spüre, dass er wichtig ist. Dass er mich irgendwohin bringt, wo ich hingehöre."
Alex lächelte, sein Blick strahlte Wärme und Verständnis aus. Er legte sanft eine Hand auf ihre Schulter, ein Zeichen der Unterstützung, das sie mehr beruhigte, als Worte es hätten tun können. „Solange du dieses Gefühl hast, Emilia, bist du auf dem richtigen Weg. Vertraue darauf."
Für einen Moment fühlte Emilia, wie die Dunkelheit des Waldes, die sie umgab, weniger bedrohlich wurde. Das Feuer vor ihnen flackerte sanft, und die Verbindung zwischen ihnen ließ sie erkennen, dass sie in Alex jemanden gefunden hatte, der ihre Reise nicht nur verstand, sondern sie auf eine Weise unterstützte, die sie nicht erwartet hatte.

Während das Gespräch fortschritt, merkte Emilia kaum, wie sie sich unbewusst näher an Alex heranbewegte. Seine Worte, ruhig und bedacht, hatten eine fast magnetische Wirkung auf sie. Ihre Augen suchten seinen Blick, und für einen Moment schien nichts anderes zu existieren - nur das sanfte Knistern des Feuers und die Wärme seiner Nähe.
Alex bemerkte die Annäherung natürlich, doch er machte keine Anstalten, den Abstand zu vergrößern. Stattdessen ließ er es zu, seine Haltung blieb entspannt, doch sein Blick verriet eine bewusste Aufmerksamkeit. Während er sprach, wanderte sein Blick flüchtig über ihre Züge, als würde er etwas in ihrem Gesicht suchen, das nur er verstehen konnte.

„Es gibt so vieles, das wir erst begreifen, wenn wir uns der Welt mit offenen Augen stellen," sagte Alex leise, seine Stimme klang vertraut und dennoch geheimnisvoll. „Und ohne Furcht vor dem Unbekannten."

Emilia spürte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte. In diesem Moment war alles andere ausgeblendet. Nur Alex und seine Worte füllten ihre Gedanken. Unwillkürlich formten sich leise Worte auf ihren Lippen, kaum mehr als ein Flüstern: „Du siehst die Welt anders, Alex. Es ist, als würdest du Dinge wissen, die ich nie erfahren habe."

Alex hielt ihrem Blick stand, ein sanftes Lächeln spielte um seine Lippen. „Vielleicht geht es weniger darum, Dinge zu wissen, sondern jemanden zu finden, mit dem man sie teilen kann."
Die Stille, die darauf folgte, war greifbar, erfüllt von einer prickelnden Spannung, die sie beide umhüllte. Alex hob schließlich eine Hand und strich behutsam eine Haarsträhne hinter Emilias Ohr. Sein Blick wurde weicher, und seine Stimme senkte sich zu einem beinahe vertraulichen Tonfall: „Und ich denke, ich habe jemanden gefunden, mit dem ich diese Geheimnisse teilen möchte."

Emilia errötete leicht, doch sie hielt seinem Blick stand. Der Moment war von einer stillen Magie erfüllt, und für einen Augenblick ließ sie sich davon tragen, ohne ein Wort zu sagen.

Doch plötzlich durchbrach ein leises Rascheln aus dem Unterholz die Stille. Ein kleiner Schatten huschte davon, vermutlich ein Gefährte auf der Suche nach Nahrung. Der Moment zerbrach, und Emilia zuckte leicht zusammen. Sie senkte den Blick, ihre Wangen röteten sich stärker, als ob sie sich ertappt fühlte.
Um die Spannung zu überspielen, schob sie eine Haarsträhne hinter ihr Ohr und lachte leise. „Na ja," begann sie zögerlich, „sieht aus, als hätten wir Gesellschaft. So ein Wald ist wohl nie ganz still."

Alex lächelte sacht, seine Augen glitzerten im flackernden Licht des Feuers. „Die Natur hat ihre eigene Art, uns daran zu erinnern, dass wir hier nur Gäste sind," sagte er mit einer ruhigen Gelassenheit, die Emilia gleichzeitig beruhigte und erneut aufwühlte.
Sie nickte, stand langsam auf und atmete die kühle Nachtluft ein, um sich zu sammeln. Ihre Gedanken schienen wirr, doch sie bemühte sich, einen festen Tonfall zu bewahren. „Morgen haben wir noch ein gutes Stück vor uns," sagte sie schließlich.
Alex erhob sich ebenfalls, seine Bewegungen waren ruhig, fast lautlos. Er trat neben sie, sein Blick verweilte einen Moment auf ihrem Gesicht, ehe er mit leiser Stimme antwortete: „Das stimmt. Aber wie immer nehmen wir die Dinge, wie sie kommen."

Seine Augen hielten ihren Blick für einen Herzschlag länger, bevor er sanft hinzufügte: „Schlaf gut, Emilia."
Sie nickte, ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen, und spürte, wie die Wärme seines Blicks sie noch ein wenig länger umgab, selbst als er sich abwandte.

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