~ Der Freundschaft zarte Macht II ~
Ungeduldig, denn die Zeit lief für die Verwundeten ab, verlangte Aragorn nach Königskraut, über welches in den Häusern der Heilung jedoch nicht verfügt wurde, da keinem die besondere Heilkraft dieser Pflanze bekannt war. Doch da der König es mit Nachdruck forderte, wurden alle Boten ausgeschickt, um welches innerhalb der Stadt aufzutreiben.
Mit bangem Herzen saß Beorid an Faramirs Seite, hilflos mit ansehend, wie sein Gesicht fahl wurde, obwohl das Fieber noch immer brannte. Ihr Leibesumfang hatte sie zum Nichtstun verdammt, so blieb der Frau Zeit zum Denken und da erinnerte sie sich mit einem Male an eine alte Frau, welche Athelas gegen ihre Kopfschmerzen verwandte. Mit eiliger Bitte schickte sie ihren Neffen, es dort zu versuchen und wahrlich: er kam mit sechs Blättern zurück!
„Hier ist Königskraut, Herr", sagte der Junge und überreichte es dem Númenorer, „aber es ist nicht mehr frisch, fürchte ich. Es muss schon vor mindestens zwei Wochen gepflückt worden sein. Ich hoffe, es wird dennoch nützlich sein."
Dann sah er Faramir an und brach in Tränen aus. Beorid breite den Arm aus und vorsichtig, um dem ungeborenen Kind keinen Schaden zuzufügen, schmiegte der Junge sich an ihre Seite.
Aragorn lächelte: „Es wird nützlich sein, hab keine Sorge."
Zwei der Blätter nahm der Mann und blies seinen Atem darauf, bevor er sie zwischen den Fingern zerrieb und in heißes Wasser fallen ließ. Mit einem Male erfüllte den Raum ein Duft, als wäre ein frischer Morgen erwacht, früh wenn noch alles taubedeckt ist und die ersten Strahlen der Sonne den Rand der Welt erhellen.
Aragorn fächelte dem Kranken den Dampf zu und nur wenige Augenblicke dauerte es, da blinzelte Faramir und schlug die Augen auf.
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„Man mag mein Urteil für den Moment ausgesetzt haben, doch eines Tages wird ein Richtspruch gesprochen werden. Für den Falle, ich würde zum Tode verurteilt, möchte ich dich bitten auf Bergil Acht zu geben bis seine Mutter heimkehrt und für ihn sorgen kann." Mit ernstem Blick sah Beregond auf seine hochschwangere Schwester hinab, die nachdenklich nickte.
„Zwar hoffe und glaube ich nicht", erwiderte sie, „dass dies geschehen wird, doch sei unbesorgt um das Wohl deines Kindes. Ich liebe meinen Neffen, als wäre er mein eigener Sohn und nicht minder würde ich mich um ihn kümmern. Doch Aragorn ist ein gerechter Mann, der in die Herzen der Menschen zu blicken vermag, so scheint es mir. In deinem Herzen ist nichts Unreines und er wird erkennen, dass keine andere Wahl blieb, als was du getan hast."
„Ich wünschte so sehr, die hätte es gegeben, doch auch jetzt sehe ich sie nicht. Aber jede Nacht suchen mich die Gesichter derer heim, die von mir erschlagen wurden. Nie hätte ich für möglich gehalten, einen solchen Eidbruch zu begehen und mein Schwert gegen meine eigenen Waffenbrüder zu erheben. Das werde ich mir selbst nie verzeihen, wie sollte dies dann ein gerechter Herrscher können?"
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„Ich habe uns Decken mitgebracht", verkündete Beorid und ließ sich neben der Tochter Éorls auf die Bank niedersinken. Vor ihnen erstreckte sich der weite Blick über Minas Tirith, doch die beiden Frauen blickten darüber hinweg, dorthin wo das vereinte Heer der Menschen gezogen war, sich dem dunklen Herrscher zu stellen.
„Es ist so still hier. Ich kann meinen eigenen Gedanken kaum entkommen."
Die Worte der weißen Herrin kamen kaum lauter als ein Flüstern über ihre farblosen Lippen, als die Heilerin ihr eine Decke um die Schultern legte und seufzend erwiderte: „Wohl war, hier kann man nur gesund oder verrückt werden. Für Euch hoffe ich ersteres, bei mir selbst bin ich da nicht gar so sicher."
Éowyns Blick fuhr über die Augenringe, die harten Linien der Wangenknochen und blieb an den müden Augen der Frau hängen. Trauer und Hoffnungslosigkeit standen darinnen, obwohl das Braun noch immer von einer Wärme erfüllt war, die auf ein sanftes Gemüt schließen ließ.
Eine Weile saßen die beiden Frauen umgeben von einem düsteren Schweigen und Stille, dann fasste sich die Tochter Éorls ein Herz und fragte: „Was ist geschehen, dass man euch abverlangt mir Gesellschaft zu leisen?"
Der Hauch eines Lächelns erhellte die Züge der Schwangeren, als sie entgegnete: „Für mich besteht keinesfalls ein Zwang hier bei euch zu sein, ich bin es gerne und tue es aus freien Stücken."
„Wie könnte meine Gesellschaft Euch erfreuen? Bin ich doch bloß eine Last, niedergeschlagen und voller Gram wie ich bin", entgegnete die Rohir heftiger als beabsichtigt, doch den Gedanken frei auszusprechen erleichterte sie.
„Ihr mögt denken, ich zöge eine heitere Versammlung eurer stillen Trauer vor, doch dem ist nicht so. In Euren Augen steht eine ähnliche Einsamkeit, wie auch ich sie verspüre, und so wollen wir gemeinsam ein bisschen weniger einsam sein", weihte Beorid sie in ihre Gedanken ein.
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„Ich habe wohl gemerkt, dass ihr der Herrin Éowyn sehr zugetan seid", neckte Beorid den Freund, dessen Wangen eine verlegene Röte überzog, selbst ein Lächeln auf den Lippen, welches ihre Augen jedoch nicht erreichte.
„Sie ist für wahr etwas Besonderes! Tapfer, reich an Geist und gebildet, wie ich hörte", schwärmte Faramir, welcher die Tochter Éorls bisher nur aus der Ferne bewundert hatte.
Die junge Frau schmunzelte: „Und schön wie der junge Morgen. Mir scheint, ich sollte Euch miteinander bekannt machen..."
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„Es freut mich, Euch wieder lächeln zu sehen, liebe Freundin", bemerkte Beorid auf einem ihrer gemeinsamen Morgenspaziergänge.
„Nun, das gleiche kann ich nur zurückgeben, zumal ich mich freue, dass ihr ein wenig erholter ausseht, nun da die Farbe zurück ist in Eurem Gesicht", entgegnete Éowyn, deren eigene Wangen leicht gerötet waren, mit einem leisen Lächeln und betrachtete den stattlichen Bauch der Heilerin. „Wie lange wird es noch dauern bis Euer Kind das Licht der Welt erblickt?"
„Nicht mehr lange, drum lasst uns hier auf dieser Bank Platz nehmen, mein gesamter Körper fühlt sich von Tag zu Tag schwerer an", erwiderte die Heilerin und ließ sich erschöpft nieder.
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