50 - Kampftraining
Ich stehe unter Deck und schaue Guilia in die Augen, die mir gerade einen bläst. Doch meine Gedanken sind ganz woanders. Meine Mundwinkel bekomme ich kaum herunter, denn ich hatte nicht mehr damit gerechnet, dass ich dieses Funkeln in Aliseas Augen wiedersehen würde.
Die letzten Tage waren so eintönig und öde mit der Kleinen. Jetzt frage ich mich, ob sie es sich gerade selbst macht. Jedenfalls war sie entsetzt als ich aufgehört habe und sie war kurz davor zu kommen, das habe ich diesmal gespürt.
Mein Finger in ihrem Arsch hat ihr auch gefallen. Beim nächsten Mal werde ich vielleicht weiter gehen. Der Gedanke daran lässt mich schon zum Höhepunkt kommen.
Guilia verschluckt sich sogar, weil sie wohl so schnell nicht damit gerechnet hatte. Nachdem ich wieder zu Atem gekommen bin, ziehe ich meine Hose hoch und lasse sie auf den Knien hustend zurück. Ich musste nur den Druck abbauen und das habe ich getan.
Jetzt noch etwas frische Luft und dann bin ich wieder ganz der Alte.
Aber bevor ich auf Deck komme, höre ich hinter mir Hamo. „Lestat, dich habe ich schon gesucht."
Ich drehe mich zu ihm um. „Oh, warum? Ist etwas passiert?"
„Keine Spur von dem Mädchen, meine Männer haben alles abgesucht. Wenn sie sich versteckt hat, dann ist sie mittlerweile eh tot und fängt irgendwann an zu stinken." Er hebt die Schultern und kommt noch etwas näher, um seine Stimme senken zu können. „Es sei denn, die neuen Pulverjungen haben sie versteckt. Um sie zu schützen oder zu schänden... Keine Ahnung. Aber ich traue ihnen nicht."
„Behalte sie im Auge, wir können den Frischlingen nie trauen. Ich werde mich auch mal umsehen. Es ist halt ärgerlich, eine Jungfrau zu verlieren."
Hamo brummt leise und verschränkt die Arme. „Soll ich weiter nach ihr suchen lassen?"
Ich schaue einen kurzen Moment bei Seite und verziehe unzufrieden das Gesicht. „Nein. Beobachte die Grünschnäbel nur und unterlasse die Suche vorerst. Du hast schon recht, wenn sie sich versteckt haben sollte, ist sie schon tot."
Vielleicht ist sie ja sogar über Bord. Pepin hatte gesagt, dass er etwas gesehen hat, sich aber nicht sicher ist. Vielleicht war das ja das Mädchen.
„Gut, dann halte ich ein Auge auf die Neuen." Er macht eine kurze Pause und tritt noch etwas näher an mich heran. „Übrigens habe ich vorhin ein paar von den Neuen aufs Deck geschickt; zum Waffentraining. Ich will nicht, dass sie ständig zusammen herumlungern. Und dann kannst du mal schauen, wie sie kämpfen."
Ich nicke nur. „Dann kann ich ja mal sehen, was sie draufhaben. Ich wollte sie ohnehin mal unter die Lupe nehmen." Mit dem Satz drehe ich mich um und gehe schon hoch aufs Deck. Ich liebe die frische Luft dort und etwas Kampftraining könnte mich jetzt auf andere Gedanken bringen.
Ote zeigt gerade schon wieder ein paar seiner Tricks. Ich stelle mich nur an die Seite und schaue ihm dabei zu.
Die meisten Angriffstaktiken haben wir beide von Kapitän Belial gelernt. Dem Mann, dem ich mein Leben verdanke. Dem Mann, der mich wie selbstverständlich großgezogen und wie einen Sohn behandelt hat. Und nun halte ich sein Andenken hoch.
Ote brüllt über das halbe Deck: „Und noch mal!"
Die Männer stöhnen auf, stellen sich aber wieder ordentlich gegenüber. Kaum einer von ihnen hat gelernt, zu kämpfen. Und die, die mal Fechtstunden hatten, müssen vieles umlernen. Auf einem Schiff hat man keinen festen Stand auf den Beinen, weil das Schiff immer schwankt.
Das muss bei jedem Schritt, bei jedem Angriff, bei jeder Parade berücksichtigt werden. Und dann kommen noch die schmutzigen Tricks. Aber soweit ist die Gruppe hier noch nicht.
„En garde!", ruft Ote.
Die Männer heben ihre Degen, stellen ein Bein vor und heben einen Arm. Nicht so, wie an Land, wo die feinen Leute die andere Hand hinterm Rücken halten. Nein, wir nutzen den Arm, um das Gleichgewicht besser halten zu können.
„Allez!"
Die Degen klirren aufeinander.
„Parade!"
Der Angriff wird mit der Klinge abgewehrt.
„Riposte!", brüllt Ote und geht zu zwei Männern, die gegeneinander kämpfen.
Einer der Männer schwankt plötzlich und der Gegenangriff des anderen Mannes verfehlt nur knapp seinen Torso. „Sollen wir Französisch lernen oder gescheit zu kämpfen?", knurrt dieser. Er geht wütend auf Ote zu und greift diesen an.
Aber Ote macht eine Finte und kurz darauf liegt der Mann am Boden, während die anderen Piraten ringsum anfangen zu lachen.
Sofort steht der junge Pirat wieder auf. „Niemand kämpft so! Nur, weil wir einen französischen Kapitän haben, heißt das nicht, dass wir kämpfen müssen wie er!"
Ich gehe einen Schritt vor und ziehe dabei meinen Degen. Meine Worte strotzen vor Ironie: „Steh auf und überzeuge mich von deiner herausragenden Kampfkunst. Vielleicht hast du ja ein paar bessere Tricks drauf, als wir."
Der Pirat steht auf und greift mich direkt an. Seine Technik ist kaum zu erkennen. Für mich wirkt es so, als ob er gar keine Ahnung davon hat. Er hält sogar den Degen in beiden Händen und schlägt, als ob er ein Schwert in der Hand hätte.
Ich weiche seinen viel zu langsamen Bewegungen mit Leichtigkeit aus und lasse ihn erst mal sich auspowern, bevor ich dem Ganzen ein Ende setzen werde. Zwischendurch necke ich ihn: „Hast du auch treffen gelernt? Ist das deine Taktik, dämlich vor mir herumzutanzen?"
„Ich werde dich schon noch erwischen!"
Nach einiger Zeit habe ich genug gesehen und die anderen lachen ihn schon wieder aus. Ich schubse ihn mit einem gezielten Tritt zu Boden und halte meinen Degen direkt an sein Kinn. „Das wär's dann wohl gewesen mit dir. Du solltest an deiner Technik noch stark arbeiten und auf uns hören, wenn du beim nächsten Kampf überleben willst."
Ote stellt sich neben mich, als ich den Degen wieder wegziehe. „Unter Deck mit euch und reinigt die Kanonen! Morgen trainieren wir weiter. Dann hoffentlich mit mehr Kampfgeist!"
Die frischen Piraten stürmen los, nur dieser eine Grünschnabel wirft uns noch einen wütenden Blick zu, bevor er sich den anderen anschließt.
Ote schüttelt seufzend den Kopf und geht zurück ans Steuerrad. Ich folge ihm, während er murrt: „Wird immer schwerer, gute Männer zu finden. Sowas hätten wir uns bei Belial nicht getraut."
„Meinst du, ich bin zu weich geworden? Vielleicht sollte ich mal klarstellen, wo sie hier sind." Ich denke daran, wie mein Mentor und vorheriger Kapitän der Black Curesana war. Er galt als herzlos und unberechenbar. Niemand hätte sich getraut, auch nur die Stimme gegen ihn zu erheben. Selbst Ote und ich hatten viel Respekt vor ihm, obwohl er uns beide behandelte, als ob wir seine Söhne wären.
Ote schnauft kurz. „Binde einen von ihnen das nächste Mal an den Großmast, mitten in die Sonne, bis er ganz rot ist. Davon hat er danach noch ein paar Tage seinen Spaß, wenn die Haut juckt und brennt." Ote grinst kurz, schaut zu den Segeln und korrigiert nur leicht den Kurs. „Es ist schwer, den Mittelweg zu finden. Die Freiheit, die unser Leben bringt und zeitgleich die strenge, notwendige Disziplin einzufordern."
Ich schaue in die Ferne. Eigentlich hatte ich damit doch nie ein Problem. Warum jetzt? Liegt es an der Kleinen? Ich frage mich wirklich, ob ich zu weich geworden bin. Ich habe sogar darüber nachgedacht, Ote zurechtzuweisen, weil er Alisea zu den Kanonieren gebracht hat. Aber er hat recht. Die Sklaven müssen wissen, wo ihr Platz ist, sowie auch die Grünschnäbel sich erst mal bewähren müssen. „Ich glaube, sie haben keine Ahnung, was für ein Glück sie haben, hier bei uns an Bord zu sein. Kein anderes Piratenschiff macht so viel Beute wie wir. Da sollten wir uns nicht mit ein paar störrischen Grünschnäbeln aufhalten und sie das nächste Mal, wenn sie uns nerven, über die Planke schicken."
„Vielleicht gar nicht mal so dumm, wenn wir ein Exempel statuieren. Aber sie sind noch frisch und selbst Belial hatte den Grünschnäbeln einen gewissen Welpenschutz eingeräumt." Ote starrt nachdenklich auf das Meer. „Wir sind schon lange keinem anderen Piratenschiff mehr begegnet. Die segeln immer häufiger ins neue Land. Meinst du, da ist mehr zu holen?"
„Ich bin mir nicht sicher. Ich habe auch gehört, dass viele überhaupt nicht die Überfahrt geschafft haben sollen. Zumindest wird sich das an den Häfen erzählt. Aber der Sklavenmarkt mit den Afrikanern soll da gut sein. Die nehmen sogar Männer." Ich schaue zu Ote. „Aber weißt du was? Lass die doch alle nach Amerika gehen, dann bleibt hier mehr für uns."
Ote grinst breit. „Aye! Ganz deiner Meinung. Zumal Amerika voller wilder Indianer ist, die ihr Land nicht kampflos hergeben. Wenn du mich fragst, so wird es nie was, dieses Land zu erobern. Die Küsten mögen vielleicht den Spaniern, Franzosen und Engländern gehören, aber irgendwann holen es sich die Einheimischen zurück."
„Hier kennen wir alles und die Gegebenheiten. Ich würde nicht gegen die Einheimischen da kämpfen wollen. Außerdem habe ich gehört, dass die ziemlich arm sein sollen und da macht man dann auch keine Beute. Es sei denn, man erwischt ein Schiff voller Franzosen auf der Überfahrt.... die nehmen ja alles mit, was sie haben.
„Ach, die fahren doch teilweise mit mehreren Schiffen los. Da haben wir mit unserer Black Curesana keine Chance. Außerdem mag ich das Mittelmeer einfach viel zu sehr. Das ist unsere Heimat, Lestat." Er deutet auf das Meer und sieht dann wieder zu mir. „Und nur hier haben wir solche Glücksgriffe, wie mit der Baronesse. Hast du Roux eigentlich einen Brief geschrieben? Oder machst du das erst, nachdem wir sie verkauft haben?"
„Ich sollte mich auf jeden Fall noch bei ihm für die Mitgift bedanken, die er nie bekommen hat." Ich denke wieder an Alisea und überlege, zu ihr zu gehen. Sie ist sicher einsam. Ich kann sie aber gerade nicht aus meiner Kajüte rauslassen, solange ich nicht sicher bin, ob ich Verräter an Bord habe. Die Jungfrau ist noch nicht aufgetaucht. Ich traue den Neuen auch nicht und will sie keiner Gefahr aussetzen.
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