162 - Ich weiß nichts!
Ich wische schnell die Tränen weg, als ich Schritte höre und stehe auf. Kurz überlege ich, ob ich mich unter dem Schreibtisch verstecken soll, aber das wäre lächerlich.
Die Tür wird aufgeschlossen und ich wische noch mal über mein Gesicht und hebe mein Kinn. Zeit, um zu kämpfen!
Der Kapitän betritt die Kajüte und hat ein breites Grinsen im Gesicht. Es wirkt aber nicht freundlich, eher gemein. Was hat er gehört? Er geht direkt auf mich zu, holt ein Messer heraus und zieht seinen Daumen darüber. Dann schaut er dem Bluttropfen nach, der auf den Boden fällt. Warum verletzt er sich selbst?
„Es ist geschärft", murmelt er. Dann schaut er wieder zu mir, aber hält das Messer einfach locker in der Hand. „Ich frage mich gerade, welches Körperteil du am wenigsten benötigst..."
„Willst du mir damit wirklich Angst machen?" Ich schaue an dem Kapitän vorbei zu dem Glatzkopf, der ebenfalls die Kajüte betreten hat und an der Tür stehen geblieben ist. Dann sehe ich wieder zu Arthur und widerstehe dem Drang, nach hinten auszuweichen.
Einen Moment scheint er überrascht zu sein, denn er hält mit hochgezogenen Augenbrauen inne und starrt mich überrascht an. Doch dann lacht er und dabei spritzt mir sogar sein widerlicher Sabber ins Gesicht, weil er so dicht vor mir ist.
Ich muss meinen Blick senken und komme nicht umhin, meinen Ekel zu zeigen.
„John, sie fühlt sich ganz schön stark. Das sollten wir ihr schnell austreiben. Vielleicht durfte sie ja bei Lestat die Klappe aufmachen, weil sie seine Angebetete war, was meinst du?"
John hebt kurz die Schultern. „Machen wir sie ein wenig nass. Sie wird sich eh bald einpissen. Oder soll ich dich mit ihr alleine lassen?"
Ich presse meine Lippen zusammen. Egal, was jetzt kommt, es kann nicht schlimmer sein als das, was ich auf der Black Curesana ertragen musste!
„Fangen wir doch einfach klein an", entgegnet Arthur. „Hol mir mal einen Eimer Wasser."
„Aye", erwidert John. Er dreht sich sofort um, während Arthur wieder zu mir schaut.
„Wir können uns das hier auch ersparen. Du musst mir einfach alles über Lestat erzählen und was mich brennend interessiert ist: Wo bewahrt er seine Habseligkeiten auf?"
„Nicht in seiner Kajüte, die habe ich schon ein paar mal auf den Kopf gestellt." Ich blicke unsicher zur Tür und dann wieder zurück zu dem Piraten. Wofür will er einen Eimer? Aber ich darf mir nicht anmerken lassen, dass ich sie verstehe. „Was hat er gesagt? Warum ist er gegangen?", frage ich und muss mir nicht mal Mühe geben, unsicher und ängstlich zu klingen.
„Es ist mir klar, dass Lestat seine Schätze nicht auf seinem Schiff hat, sonst wäre er ja selten dämlich." Arthur verdreht die Augen und geht nicht auf meine Fragen ein. „Ich weiß, dass du gelogen hast. Du bist Lestat sehr nahe gewesen. Dass du nicht lügen solltest, werde ich dir gleich beibringen!"
Ich weiche unsicher einen Schritt zurück und schaue wieder zur Tür. „Warum ist das wichtig? Und ich weiß nicht, wo seine Schätze sind. Er sagte nur mal, er habe genug Geld."
„Oh ja, das hat er, die Frage ist nur wo. Jetzt wo er tot ist, können wir ihn nicht mehr fragen."
Die Tür wird hinter Arthur aufgerissen und John kommt mit einem Eimer Wasser herein.
Arthur deutet vor mich. „Stell ihn vor sie."
John grinst dreckig, als er den Eimer abstellt und tritt zurück. Er verschränkt die Arme und ist offensichtlich sehr neugierig auf das, was passiert.
Der Kapitän hebt seine Stimme: „Knie dich vor den Eimer!"
„Was? Warum?" Ich weiche noch einen Schritt zurück und denke nicht daran, auf die Knie zu gehen. „Ich weiß nichts von Schätzen!"
Arthur kommt auf mich zu und packt mich grob an den Haaren. Dann drückt er mich herunter, sodass ich mit den Knien auf den Boden knalle. „Das nächste Mal machst du besser direkt, was ich sage!"
Ich wehre mich gegen den Druck, komme aber nicht dagegen an. Er drückt meinen Kopf gnadenlos in den Eimer. Sofort halte ich die Luft an und versuche panisch, meinen Kopf zu heben. Aber der Griff ist zu fest. Also drücke ich mit beiden Händen gegen den Eimer und versuche, ihn umzukippen, was allerdings nicht funktioniert.
Das Bedürfnis, Luft zu holen, wird immer größer, also versuche ich erneut, meinem Kopf zu heben und gehe dabei mit dem Oberkörper soweit hoch, wie möglich. Ich höre die Piraten lachen, während meine Lunge nach Luft ringt und ich mit mir kämpfe, das Wasser nicht zu schlucken. Ich greife nach seiner Hand an meinem Kopf und will sie lösen, das gelingt aber nicht.
Will er mich ertränken? Ich kann nicht mehr und plötzlich sauge ich das Wasser in meine Lunge... Ahhhh... Ich werde sterben!
Dann zieht er meinen Kopf mit einem Ruck hoch und ich huste das Wasser aus. Bevor ich aber noch mal Luft holen kann, drückt er meinen Kopf erneut in den Eimer.
Wieder hebe ich meine Hände und drücke meine Fingernägel in seine Hand, die meinen Kopf nach unten drückt.
Ich brauche Luft! Ich muss atmen! Der Drang ist so stark, dass ich wieder Wasser einatme.
Er drückt meinen Kopf aber weiter herunter und ich spüre wie meine Arme schwer werden. Doch kurz bevor ich das Bewusstsein verliere, zieht er mich wieder hoch. Das macht er noch ein zwei mal und es kommt mir immer schlimmer vor. Er lässt mich nicht einmal reden, dabei würde ich ihm jetzt alles erzählen... Er soll nur aufhören!
Arthur zieht mich wieder raus und ich huste das Wasser aus meiner brennenden Lunge, um schnell wieder Luft holen zu können. Da höre ich ihn fragen: „Hast du jetzt genug?"
Ich schaffe es nicht, zu antworten und habe das Gefühl, dass ich mir die Lunge aus dem Leib huste. Zeitgleich fange ich auch an zu würgen, weil ich viel zu viel Salzwasser geschluckt habe. „Stopp...", flehe ich kraftlos. Ein erneuter Hustenreiz hindert mich daran, weiter zu reden und ich drücke eine Hand gegen meine schmerzende Brust. „Stopp... Bitte..."
„Das können wir noch den ganzen Tag machen. Also: Ich möchte jetzt alles über die Beziehung von dir zu Lestat wissen und was er dir erzählt hat." Er lässt meine Haare nicht los und ich spüre darin die Drohung, meinen Kopf wieder unter Wasser zu drücken.
Ich huste immer noch und greife mit beiden Händen nach seiner Hand, mit denen er mich schmerzhaft festhält. Was will er denn wissen? Was kann ich sagen, ohne Lestats Plan zu verraten? Aber ist der Plan nicht hinfällig? Lestat ist tot und damit auch sein Plan... „Er wollte mich benutzen, um an Roux heranzukommen. Er wollte ihn töten, um das Erbe von Graf Roux zu erhalten."
Die beiden Piraten verstummen und Arthur tunkt mich gleich wieder in den Eimer. Dabei höre ich ihn noch sagen: „So einen Blödsinn habe ich ja noch nie gehört. Wieso sollte er denn an sein Erbe kommen?"
„Was hat sie gesagt?", fragt John neugierig.
„Dass Lestat an Roux Erbe wollte", antwortet Arthur ihm auf Englisch.
„Vielleicht fantasiert sie ja", meint John gleichgültig. „Zu wenig Sauerstoff im Hirn."
Ich versuche mich wieder zu wehren, doch da zieht er mich schon wieder aus dem Wasser und ich bekomme wieder Luft.
John brummt unzufrieden. „Vielleicht sollten wir die Foltermethode wechseln."
Hustend schnappe ich nach Luft. Alles, nur keine Folter! „Sohn...!", gebe ich keuchend von mir.
Ein heftiger Hustenreiz schüttelt mich durch und ich versuche auf allen Vieren von dem Eimer wegzukriechen, aber da werde ich schon wieder an den Haaren gezogen. „Lestat ist... war sein Sohn... Unehelich..." Verzweifelt atme ich schnell und tief durch, obwohl meine Lunge mit jedem Atemzug schrecklich schmerz.
Arthur fängt heftig an zu lachen und lässt mich sogar los. „Du hast recht, John. Sie hat wohl zu wenig Sauerstoff im Hirn. Vielleicht sollten wir wieder etwas hinein kitzeln."
„Das kann ich übernehmen."
Ich schnappe noch immer nach Luft, da packt John meine Füße. Obwohl ich mit den Füßen zappele, zieht der Glatzkopf mir die Schuhe aus und wirft sie polternd auf den Boden. Dabei dreht er mich auf den Bauch und drückt mit einem abgewinkelten Bein auf meine Waden.
„Nein!", schreie ich verzweifelt.„Nicht...!" Bitte nicht meine Füße! Ich beiße auf meine Zähne und erwarte einen Schmerz, aber es wird ruhig. Argwöhnisch schaue ich über meine Schulter. Die beiden sehen auf meine Füße und reden miteinander.
John hat die Stirn in Falten gelegt.„Sieht so aus, als ob sie ihr in die Füße aufgeschnitten haben. Meinst du, Lestat hat sie auch foltern lassen?"
„Das würde aber heißen, dass die Piraten gelogen haben und sie nicht seine Geliebte war."
„Oder er hat eine andere Vorstellung von einer Geliebten gehabt."
Ich halte unbewusst die Luft an und ziehe etwas an meinem rechten Fuß. Das veranlasst Arthur dazu, den Blick von meinem Fuß zu heben und mich anzusehen. Sein Blick ruht nachdenklich auf mir, während er mit John redet. „So konnte sie nicht weglaufen. Aber es ist ja allgemein bekannt, dass Lestat ein Sadist war. Wir sollten uns den Rest ansehen."
Den Rest?!
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Oh, wow. Schon über 50k Reads. Und da ich gerade etwas Zeit hatte, kommt jetzt schon ein Kapitel. Heute Abend dann wie gewohnt wieder ein weiteres Kapitel. 😘
Viele Dank fürs Lesen, Voten und die Kommentare. 🥰
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