138 - Und verkauft...
Die ersten Minuten im Badehaus sind völlig befremdlich. Besonders viele Frauen sind hier nicht, dafür umso mehr Männer. Bis ich sehe, dass einige von ihnen eher beleibt sind und ein Doppelkinn haben. Auch die Stimmen mancher Männer sind etwas höher.
Also sind hier drin nur Eunuchen. Das macht es trotzdem nicht einfacher, mich vor ihnen auszuziehen. Auch die anderen vier Mädchen zögern noch. Trotzdem ziehen wir uns aus und werden weiter hineingeführt.
Ich kann drei kleinere Becken sehen. Eines davon dampft und riecht sehr aromatisch. Allerdings werden wir in ein anderes Becken geführt.
Die vier Mädchen reden viel untereinander, aber ich verstehe ihre Sprache nicht.
Wir können uns im Badehaus frei bewegen und bekommen sogar reichlich zu essen und zu trinken. Allerdings werden uns die Haare mit einer seltsamen Paste herausgerissen. Ich lasse die Prozedur beinahe stumm über mich ergehen, während die anderen Mädchen unter den Schmerzen schreien.
Auch Guilia und ein paar andere Frauen sehe ich kurz, aber wir kommen nicht dazu, ein paar Worte zu wechseln und dann sind sie auch schon wieder weg.
Um mich abzulenken, esse ich wieder und dann richten sie die vier anderen Mädchen und mich her. Unsere Haare werden gekämmt, die Spitzen geschnitten und dann werden sie hochgesteckt. Schleier bedecken unsere Körper, bis nur noch die Augenpartie frei ist.
Danach werden wir aus dem großen Haus geführt und ich sehe drei Tribünen. Allerdings interessieren sie mich nicht. Ich will nur wissen, ob Lestat hier ist. Lacht er? Freut er sich?
Nein, erfreut sieht er nicht aus, als ich ihn erblicke. Sein Gesicht ist ernst und ich glaube sogar, einen Anflug von Panik in seinen Augen zu erkennen. Dabei sollte er doch glücklich sein. Er verdient an einem Abend so viel Geld, dass es sicher für mehrere Jahre reichen wird. Gut, er muss den Gewinn teilen, aber als Kapitän hat er sicher den größten Anteil.
Ich werde weiter nach vorne gedrängt, bis wir alle ganz vorne in einer Reihe auf der Tribüne stehen.
Die Männer, die vor uns auf Schemeln und Kissen sitzen, raunen und tuscheln leise miteinander. Aber das interessiert mich alles nicht.
Etwas abseits steht Lestat, der mich noch immer fixiert. Er drückt kurz seine geballte Faust gegen die Brust, ehe er sich abwendet und einfach geht.
Das war es also. Kein letztes Wort, keine Geste des Abschieds. Ich bin einfach nur Ware für ihn. Ich war niemals mehr.
Nur am Rand merke ich, dass eine der Mädchen aus der Reihe gezogen wird. Ein Schleier nach dem anderen fällt zu Boden, bis sich nackt vor den Männern steht. Zuletzt werden ihre hochgesteckten Haare gelockert, sodass sie bis zu ihren Schulterblättern fallen.
Die Männer bieten um sie, allerdings fallen die Zahlen immer langsamer. Zahlen, die ich eh nicht verstehe.
Das Mädchen wird verkauft und die nächste kommt an die Reihe. Nun sehe ich sogar, dass sie zittert. Sie möchte mit ihren Händen ihre Scham bedecken, allerdings schlägt ein Eunuch ihr mit einem dünnen Stock auf die Finger.
Die Ärmste zittert. Dennoch kommen die Gebote fast ebenso schnell, wie vorhin. Die beiden anderen Frauen werden ebenfalls entblößt und zur Schau gestellt, bis sie einen Käufer gefunden haben.
Danach werde ich in die Mitte gezerrt und der erste Schleier fällt bereits zu Boden. Jetzt sehe ich auch in die Menge. Aber es fällt kein Ton. Auch nicht, als ich komplett entkleidet bin. Das war zumindest bei den anderen Frauen der Anfang, wo die Männer immer schneller und lauter geboten haben. Aber inzwischen ist es einfach nur still.
Der letzte Schleier fällt zu Boden und der Eunuch löst den Knoten an meinen Haaren. Aus Reflex hebe ich die Arme, um meine Haare festzuhalten. Am liebsten würde ich sie alle nach vorne legen, um mich zu bedecken. Lang genug sind sie ja.
Allerdings geht nun ein lautes Raunen durch die Menge, das mich in der Bewegung erstarren lässt. Bis ich merke, dass der Eunuch an mich herangetreten ist. Daher nehme ich die Arme herunter. Aber es kommt noch immer kein einziges Wort und meine Verwirrung wächst.
Der Eunuch deutet zu der Menge und bedeutet mir in der griechischen Sprache, dass ich singen soll.
Sofort fallen mir Otes Regeln wieder ein und ich frage mich, was passiert, wenn ich zögere. Was passiert, wenn ich mich weigere. Also singe ich langsam, zögernd...
https://youtu.be/60r6ysvP0hU
Mein Blick ist auf die Menge gerichtet und ich sehe sogar, dass einige Augen feucht glänzen. Also habe ich, eine Jungfrau, erwachsene Männer zum Weinen gebracht. Das erfüllt mich tatsächlich ein wenig mit Stolz.
Der Eunuch neben mir sagt wieder etwas und jetzt fangen sie endlich an zu bieten. Und wie sie bieten! Sie hören gar nicht mehr auf und ich sehe, dass am Ende nur noch drei Männer um mich feilschen. Einer von ihnen steigt irgendwann aus ,aber zwei andere Männer machen einfach weiter. Einer von ihnen ist schwarz wie die Nacht, der andere hat einen gebräunten, fast bronzefarbenen Hautton.
Ich vermute, dieser schwarze Mann ist ein Eunuch. Ich konnte im Badehaus aufschnappen, dass der oberste Eunuch des Sultans heute anwesend sei. Der andere Mann ist wahrscheinlich ein reicher Händler. Vermutlich sollte ich lieber von dem Eunuchen gekauft werden, weil ich in einem Harem lande. Was der andere Mann wohl von mir will, weiß ich nicht, denn einen Harem wird er sicher nicht haben.
Aber genau er ist es, der am Ende die letzte Zahl nennt. Und damit bin ich verkauft. Endgültig und unwiederbringlich verkauft. An einen Mann, dessen Sprache und Sitten ich nicht verstehe.
Ich werde von der Tribüne geführt und mir wird ein schwerer Umhang über die Schultern gelegt, unter dessen Gewicht ich beinahe zusammenbreche.
Der großgewachsene Mann kommt auf mich zu und ich sehe, wie er einen Beutel weiterreicht. Erst jetzt bemerke ich Ote, der den Beutel entgegennimmt. Wahrscheinlich prallgefüllt mit Gold.
Ote wendet sich ab und geht einfach, während der Mann neben mir noch mit dem Eunuchen redet. Ich verstehe kein Wort davon und bleibe wie angewurzelt stehen.
Meine Knie zittern, meine Beine sind ganz schwach und die Müdigkeit nagt an mir, immerhin habe ich letzte Nacht kaum ein Auge zugetan. Es wird auch vor der Tribüne immer ruhiger und ich ziehe den Umhang enger um mich. Sie alle sind in Aufbruchstimmung, nur mein Käufer nicht. Hat er etwa irgendwas zu beanstanden? Aber dann hätte er mich ja kaum gekauft.
Als er einen Arm um meine Schulter legt, zucke ich unweigerlich zusammen und blicke nun zu ihm auf. Er legt eine Hand an meine Wange und es kostet mich Überwindung, sie nicht wegzuschlagen. Ich will nicht von ihm berührt werden!
Aber er nimmt die Hand wieder weg und führt mich fort von der Tribüne, zwischen die beiden Häuser hindurch, bis zu der großen Tür, durch die ich heute frühhereingekommen bin. Ganz langsam gehe ich neben ihm her, bis das große Tor geöffnet wird.
Neben ihm verlasse ich diesen Sklavenmarkt und sehe mich nach allen Seiten um. Aber ich werde kaum fliehen können, immerhin bin ich unter dem Umhang nackt. Mit meinen Haaren werde ich sofort auffallen.
Wieder landet seine Hand an meinem Rücken und er schiebt mich bei Seite, zu einer Gasse. Aus einem Haus sehe ich zwei Gestalten kommen. Eine davon erkenne ich sofort wieder. Groß, hager und schwarz wie die Nacht. Es ist der Eunuch, der mich kaufen wollte und vorhin mit meinem Käufer sprach.
Alles passiert plötzlich so schnell, dass ich nicht mal etwas sagen oder schreien kann. Ein Säbel bohrt sich in den Oberkörper meines Käufers und färbt den weißen Stoff seiner Kleidung rot.
Mein Käufer hält mich fest. Da saust erneut die scharfe Klinge in seinen Oberkörper, wodurch er seinen Halt verliert und mich mit sich zu Boden reißt. Ich schreie auf und stürze mit ihm auf den Boden.
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