25 | Ein Date mit Daniel.
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Ich stehe wie angewurzelt in meinem Zimmer und kann mich nicht bewegen. Als hätte ich Beton an den Füßen.
"Hallo?! Erde an Hannah! Jemand zu Hause?" Ida schüttelt mich und zieht mich in den Flur, die Treppe hinunter.
Warum habe ich so Angst? Warum bin ich so nervös? Das Date ist ja nur eine Stufe zum Ziel - um meinen Vater zu schützen. Ich bin doch sonst immer so souverän, verdammt. Er hat es nicht verdient.
"Boah, Hannah. Mach es mir doch nicht gar so schwer, Mensch. Jetzt stell dich nicht so an und komm endlich mit mir!" Ida zerrt an meinem Arm, während sich meine rechte Hand am Treppengeländer festkrallt. Wie in dem Film 'Paranormal Activity', als der Geist die Frau die Treppe runterzerrte. So ähnlich muss das gerade aussehen.
"Wenn man es nicht besser wüsste, würde man denken, du hättest Angst -", sie unterbricht sich und hustet auffällig. Irritiert sehe ich sie an. Ihre Augen hüpfen wie Tennisbälle zu mir und wieder zum Treppenende. Dann muss ich auch husten. Denn Daniel steht bereits im Flur. Neben meinem Papa. Beide sehen mich erwartungsvoll an und ich kann mir vorstellen was für ein Bild das ergeben muss. Ida, die an meinem linken Arm zerrt während ich mich wie eine Verrückte an das Treppengeländer kralle.
"Hanni, dein Freund ist da!" Nelli hüpft um Papa und Daniel herum und klatscht in die Hände. Ich komme mir vor wie in einem Irrenhaus. Nur Mama fehlt noch um das Bild perfekt zu machen. Und schon steckt sie ihren Kopf aus der Wohnzimmertür und winkt Daniel. Sie sieht dabei aus wie ein Teenager der seinen Schwarm sieht. Ich seufze. Meine Familie ist so verrückt.
"Er ist nicht mein -" Ich werfe ihm einen Blick zu.
Daniel hebt eine Augenbraue nach oben und funkelt mich amüsiert an. "Hallo Hannah."
Verlegen räuspere ich mich. "Ähm. Hi."
"Bist du fertig?"
Ja, fix und fertig.
"Was?"
"Wie?" Papa mischt sich nun in das geistreiche Gespräch ein.
"Ja, sie ist fertig. Fertig für euer Date." Ida wackelt grinsend mit den Augenbrauen und drückt mich kurz an sich ehe sie sich - wie soll es auch anders sein - wie eine Verrückte kichernd aus dem Haus stiehlt.
"Ein Date also." Mein Vater sieht mich kurz an und mustert Daniel anschließend von oben bis unten.
"Richtig, Papa. Du entschuldigst uns?" Ich schlüpfe eilig in meine Jacke und ziehe Daniel aus dem Haus. Sein Auto parkt in unserer Einfahrt. Molly, wie ich mich erinnere.
"Hallo Molly", quietsche ich und verfluche mich innerlich. Toll, wie erwachsen du doch klingst. Nicht.
Daniel hält mir die Türe auf und geht dann um sein Auto herum. Es riecht nach ihm und erst jetzt habe ich die Möglichkeit, ihn richtig zu mustern. Er trägt Jeans und ein schwarzes Hemd. Ich liebe Männer in schwarzen Hemden. Augenblicklich schwirren kurz verirrte Schmetterlinge in meinem Bauch herum, die ich allerdings relativ schnell wieder zurück in den Käfig verbanne. Du darfst keine Gefühle zulassen. Ansonsten wird es später unschön. Denk einfach an Nils. Leider ist das der falsche Gedanke, denn ich bin kurz davor, in Daniels Auto zu kotzen. Nicht gut. Nicht gut. Denk an die Bilder die du heute mit Nelli gemalt hast.
"Wo gehen wir eigentlich essen?", erkundige ich mich und betrachte die vorbeifliegenden Lichter, die Daniels Gesicht in Bunt tauchen und seine Augen wild funkeln lassen.
Er wirft mir einen kurzen Blick zu und lächelt kurz. "Lass dich überraschen."
"Darf ich raten?" Wie ein Kind sehe ich ihn gespannt an.
Daniel lacht und schüttelt den Kopf. Sein Lachen macht meine Knie weich.
Ergeben lehne ich mich wieder in den Sitz und gebe mich damit zufrieden ihn anzustarren. Er fährt konzentriert und lässt sich nicht von meinem Starren beeindrucken. Auch wenn sich ein kleines Lächeln auf seine Lippen stiehlt. Seine linke Hand ruht auf dem Lenkrad, seine rechte auf seinem Oberschenkel. Wie gerne ich sie halten würde. Kurz erinnere ich mich an seine Hände auf meiner Haut und mir wird augenblicklich warm. Ich wette, dass mein Kopf so rot leuchtet wie eine Tomate und bin froh, dass es dunkel ist.
Daniel parkt an einem kleinen Platz den ich nicht kenne. Jetzt wohnst du schon so lange hier und kennst dich immer noch nicht aus.
"Bleib", weist er mich an, also bleibe ich sitzen. Er steigt aus und öffnet mir die Tür. Völlig überfordert von so viel Aufmerksamkeit komme ich kaum aus dem Auto. Den Preis für die eleganteste Autoaussteigerin bekomme ich mit ziemlicher Sicherheit nicht. Schade eigentlich.
Ich hake mich bei ihm unter und wir passieren einige Häuser ehe wir vor einem orangefarbenen Haus stehen bleiben. 'Ristorante Al Triangolo' lese ich auf dem Schild und freue mich wie ein kleines Kind an Weihnachten. Gerade noch kann ich mich zurückhalten, nicht zu springen und dabei immer wieder 'Pizza' zu rufen.
"Unser Film beginnt um 22:30 Uhr, also haben wir genug Zeit um zu essen", erklärt er mir während er die Tür zum Restaurant aufhält.
"Danke." Lächelnd betrete ich das Restaurant. Es macht einen sehr ansprechenden und gemütlichen Eindruck. Das Restaurant ist gut besucht, obwohl es mitten in der Woche ist.
Ein Kellner kommt auf uns zu und lächelt uns freundlich an.
"Hallo, Roth mein Name. Ich habe reserviert." Daniel erwidert das Lächeln.
Der Kellner nickt wissend und führt uns an einen etwas abgelegeneren Tisch an den wir uns dankend setzen. Sofort bringt er uns die Speisekarte und wir bestellen schon mal das Trinken.
Die ganze Zeit kann ich nicht aufhören Daniel anzustarren. Er bemerkt meinen Blick und legt den Kopf schief. Schnell sehe ich weg und spiele verlegen mit dem Besteck auf dem Tisch und räume es auf der rot-weiß-karierten Tischdecke umher, während ich hinter der Karte versinke. Der Duft nach Essen füllt das Restaurant und ich merke, wie hungrig ich bin.
"Weißt du schon was du essen möchtest?", erkundigt er sich.
Ich schüttle den Kopf und überfliege die Preise. Gut, dass ich noch genug Geld dabei habe. Die Karte bietet ein großes Angebot an Essen und mir läuft beim Gedanken an Pizza das Wasser im Mund zusammen. Schließlich finde ich was ich suche. Pizza. Ich bestelle eine Pizza Salami und Daniel Tagliatelle 'Elena', Nudeln mit gemischten Pilzen. Leider nimmt der Kellner die Speisekarten wieder mit und ich habe nichts mehr hinter dem ich mich verstecken kann. Ich spiele mit meinen Haaren und weiß nicht was ich sagen soll. Daniel macht mich nervös und ich kann nichts dagegen tun. Es nervt mich, dass ich nur schweige während er sich so sehr bemüht ein Gespräch aufzubauen. Aber vielleicht ist es sogar besser, wenn du dich unsympathisch verhältst. Dann brichst du ihm vielleicht nicht gar so sehr das Herz. Falls du es überhaupt schaffst, dass er sich in dich verliebt. Warum sollte er sich überhaupt in dich verlieben? Du bist viel zu kaputt dafür. Mein Blick wandert von seinen Händen, die jetzt mit seinem Besteck spielen, zu seinem Gesicht. Das Licht der Kerze spiegelt sich in seinen Augen und macht aus ihnen wilde Meere im Gewittersturm.
"Fühlst du dich wohl, Hannah? Möchtest du wo anders hin? Wir können gerne wo anders hin, wenn du dich nicht wohl fühlst." Besorgt sieht er mich an. Ich unterdrücke ein Seufzen, schüttle den Kopf und setze ein Lächeln auf, das mir nicht wirklich gelingt. Daniel runzelt die Stirn und wendet schließlich den Blick ab.
Ich schlucke. Verdammt. Ich möchte nicht, dass er sich unwohl fühlt. Also räuspere ich mich und springe über meinen Schatten.
"Es tut mir leid. Ich bin nur irgendwie ziemlich nervös", beichte ich.
Sofort fangen seine Augen an zu funkeln und ein Lächeln zupft an seinem Mund. Er beißt sich in die Unterlippe um ein Grinsen zu verstecken und sieht dabei so unwiderstehlich aus, dass ich ihn am liebsten küssen möchte. Hannah, reiß' dich zusammen, verdammt.
"Nervös also. Wegen mir?" Er grinst und ich kann nicht anders als ebenfalls zu grinsen. Augenrollend lehne ich mich im Stuhl zurück.
"Natürlich. Nur wegen dir." Dass ich damit eigentlich die Wahrheit sage, reibe ich ihm natürlich nicht unter die Nase.
"Weißt du, Hannah, ich bin auch ziemlich nervös. Auch wenn es peinlich ist, das zuzugeben." Nachdenklich beißt er sich erneut auf die Lippen und sieht mich nicht an.
"Super. Dann sind wir zwei nervös. Zusammen ist man weniger nervös. Oder so", meine ich und sehe den Kellner dankend an, der uns die Getränke bringt.
Daniel lacht leise.
"Haben die Herrschaften schon gewählt?", erkundigt sich der Kellner und sieht uns abwartend an.
Wir nicken und während der Kellner unsere Bestellung notiert, werfen wir uns immer wieder kurze Blicke zu. In seinen Augen spiegelt sich das Feuer und ich würde gerade nichts lieber tun, als mit ihm von hier zu verschwinden.
Hannah, das ist euer erstes Date. Und - nein. Er hat besseres verdient. Denk nicht mal daran! Ein leichtes Ziehen durchfährt protestierend meinen Unterleib und ich trinke einen Schluss von meinem Wasser um meine Sinne davon abzulenken.
"Ich habe eine Idee", unterbricht Daniel meinen eigenartigen Gedankengang. Er hat meine volle Aufmerksamkeit also spricht er weiter. "Wir stellen uns jeweils 20 Fragen und lernen uns so etwas besser kennen. Was denkst du?"
"Ist das schon deine erste Frage?", erkundige ich mich schmunzelnd.
"Nein, ist es nicht." Kopfschüttelnd nimmt er einen Schluck von seiner Cola und sieht mich über das Glas hinweg an.
"Na gut. Ich bin dabei. Aber wenn man eine Frage nicht beantworten möchte, dann kann man schieben, okay? Und ich fände es gut, wenn jeder antwortet, ohne, dass der andere es wertet oder etwas dazu sagt. Okay?"
Daniel nickt. "Okay. Wer fängt an?"
"Ist das jetzt deine erste Frage?" Ich kann mir ein Grinsen nicht verbeißen. Daniel rollt gespielt genervt mit seinen Augen.
"Gut, ich fange an", entscheidet er und überlegt. Gespannt warte ich. Schließlich fällt ihm eine Frage ein: "Starten wir mit etwas Einfachem. Wie sieht ein perfekter Tag für dich aus?"
"Ein perfekter Tag? Ich würde ausschlafen und anschließend ausgiebig frühstücken. Dann würde ich Ida und meine Familie einpacken und mit ihr ans Meer fahren. Wir würden den Tag am Meer verbringen und uns unterhalten, Zeit miteinander verbringen. Es gäbe Pizza, tolles Essen und Süßes. Ich würde fotografieren und abends mit Ida durch die Gegend ziehen. Das wäre jetzt in diesem Moment meine Vorstellung."
Daniel nickt aber hält sich mit einer Meinung seinerseits zurück. Der Kellner bringt unser Essen, was mich sehr glücklich stimmt.
"Okay, jetzt bin ich dran. Wenn es eine Kristallkugel gäbe, die deine Zukunft voraussagen könnte – würdest du sie wissen wollen?" Ich schneide meine Pizza und genieße kurz ihren Anblick bevor ich ein Stück davon esse. Sie schmeckt köstlich.
Seine Augen glitzern und ich kann nicht aufhören ihn anzustarren während er seine Antwort überlegt. Einen kurzen Augenblick habe ich ein Bild von uns im Kopf. Später. Älter. Glücklich.
Du bist bescheuert, Hannah. So unendlich bescheuert.
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