07 | Huch.
┊┊ Ruelle - Hurts Too Good ┊┊
Immer wieder werden wir aufgehalten, weil wir uns küssen. Es sind keine vorsichtigen, schüchternen Küsse mehr. Sie sind hungrig. Das Feuer hat uns eingeholt und verbrennt uns langsam. Daniel drückt mich gegen Häuserwände und ich falle ihm entgegen.
Hannah, schalte dein Hirn nicht so aus. Wo ist dein Sarkasmus? Wo ist deine rationale Seite? Es ist nur Sex. Vergiss das nicht. Und die goldene Regel: Verschwinde, sobald er eingeschlafen ist.
Er wohnt im dritten Stock und sein Haus hat keinen Fahrstuhl. Tja, Hannah. Jetzt wäre es natürlich von Vorteil, wenn du deine Jahresvorsätze eingehalten und Sport gemacht hättest. Aber stattdessen konzentierst du dich lieber auf Netflix, 9gag und Pizza. Wirklich sehr toll. Naja. Aber seien wir mal ehrlich: Nichts macht so glücklich wie eine gute Pizza und ein guter Film.
"Soll ich dich tragen?", fragt er belustigt, als er merkt, dass mir nach dem zweiten Stock die Puste endgültig ausgeht. Er steht einige Stufen über mir.
"Nein, danke." Ich strecke ihm die Zunge raus, was ihm ein Lachen entlockt.
"Ich kann dich auch Huckepack nehmen." Er fährt mit seiner Hand langsam über das Treppengeländer. Seine Hände fesseln mich und ich kann nichts anderes ansehen als diese hypnotisierenden Bewegungen seiner Hände. Ich schüttle den Kopf. Konzentriere dich, Han. Er ist nur ein Mann. Er ist kein Gott. Du bist hier die Göttin.
"Ha! Ich bezweifle, dass du so stark bist. Ich bestehe nur aus Pizza."
Daniel lacht und kommt die Stufen wieder herunter. Er küsst mich sanft und nimmt meine Hand.
"Komm, kleine Pizza. Wir besteigen den Berg zusammen."
Mein Nilpferdlachen hallt leise durch den Hausflur. Seine Hand ist warm und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass wir endlich in seiner Wohnung sind.
Diese scheiß Treppen. Ich habe die Schnauze gestrichen voll.
"Du solltest dir eine Wohnung mit Fahrstuhl im Haus suchen", flüstere ich und folge ihm die Treppe hoch.
"Nö. Treppen halten fit", erwidert er augenzwinkernd und drückt meine Hand. Ja, drück du nur. Du hast ja auch keine Atemprobleme. Ich mutiere langsam, aber stetig, zu einem Nilpferd. Yay me.
Und endlich sind wir in seiner Wohnung. Als ich die Wohnungstür hinter mir schließe, drehe ich mich um und werde sofort gegen die Tür gedrückt. Daniels Lippen küssen mich hungrig.
Endlich. - Hach, Han. Als hättest du es so nötig. - Darf ich mich nicht darauf freuen? Bin ich dadurch ein leichtes Mädchen? Habe ich nicht das Recht, mir meinen Sexualpartner frei auszuwählen, wenn es das ist, was Männer auch ständig tun? Verdammt, schalte endlich dein dummes Hirn aus, Mädchen.
Ich werfe alle Fragen aus meinem Kopf in die hinterste, dunkle Ecke und konzentriere mich auf das Hier und Jetzt. Das Hier und Jetzt, in dem ich kurz davor bin, mit diesem attraktiven Mann einen Schritt weiter zu gehen. Und obwohl ich ihn kaum kenne, fühle ich mich wohler als mit meinem letzten Freund.
Ich erwidere den Kuss, drücke meine Lippen auf seine und lasse mich fallen. Daniel legt seine Hände an mein Gesicht und kommt einen Schritt näher. Und obwohl ich nicht so fühlen sollte, fühle ich mich sicher. Meine Hände klammern sich an seinen Rücken, halten sich an seinem T-Shirt fest, das mir nur im Weg umgeht. Es soll weg. Ich zupfe vorsichtig an seinem Shirt und ich merke, wie Daniel in den Kuss hineinlächelt. Wir lösen uns voneinander und haben beide Probleme, zu Atem zu kommen. Mein Herz schlägt schnell in meiner Brust. Und es schlägt schneller, als ich ihm endlich das Shirt über den Kopf ziehe. Daniel zieht an meiner Jacke und kurz muss ich schlucken. Gut, Han. Entweder er ist ein Arschloch und schickt dich nach Hause, wenn er sie sieht, er ignoriert sie - oder er sieht sie nicht. Ergeben ziehe ich sie aus und fühle mich ein wenig schutzlos. Er sieht mich fragend an und fährt vorsichtig mit seinen Fingern unter mein T-Shirt.
"Darf ich ... darf ich dein Shirt ausziehen?", möchte er wissen.
"Natürlich."
Er grinst erfreut und legt beide Hände um meine Taille.
"Gut."
Seine Lippen drücken sich auf meine und seine Hände fahren unter mein Oberteil. Sofort habe ich Gänsehaut und ein wohliger Schauer durchfährt meinen ganzen Körper. Als das T-Shirt neben meiner Jacke auf dem Boden fällt, spüre ich seine Hände an meinen Oberschenkel. Ich werde hochgehoben.
"Huch", stottere ich.
Daniel lacht leise und küsst mich weiter. Er drückt mich gegen die Wand und ich kann spüren, wie sehr er das hier will.
"Bett?", erkundige ich mich atemlos. Eigentlich hatte ich erwartet, dass er mich auf den Boden lässt. Aber stattdessen trägt er mich durch die Wohnung wie einen Bauchladen.
Vorsichtig lässt er sich mit mir auf dem Bett nieder und ich bin plötzlich verdammt nervös. Unter seinem Blick schmelze ich. Irgendwie. Seine Hände fahren sanft aber doch fordernd über meinen Körper und hinterlassen Spuren aus Flammen, wo sie ihn berühren. Ich beuge mich ihm entgegen, bin ungeduldig. Aber er lässt sich Zeit. Quälend langsam. Zu langsam. Also versuche ich, den Knopf seiner Hose zu öffnen.
"Nein, nein", flüstert er leise und küsst meine Mundwinkel. Dann küsst er meinen Hals und verteilt Küsse auf meinem Dekolleté, die mich fast verbrennen. Er wandert über meinen Bauch und öffnet mit seinen Händen geschickt den Knopf meiner Hose. Die Temperatur im Raum ist eindeutig gestiegen.
"Das ist unfair", werfe ich ein und winde mich aus seinem Griff. Daniel sieht mich an und grinst.
"Das ist mir egal." Sein Grinsen wird breiter, doch dann wirft er einen suchenden Blick auf sein Nachtkästchen. Suchst du meine Intelligenz? Die ist gerade abwesend, sie hat Urlaub und liegt entspannt am Strand.
"Alles gut?" Neugierig sehe ich ihn an.
"Ja, ich muss nur etwas holen. Sonst geht das hier nicht weiter. Bleib ja so liegen." Er küsst meinen Bauch, wandert über das Dekolleté und küsst mich schließlich sanft auf die Lippen.
"Wo soll ich denn sonst hin?" Klar, als würde ich jetzt einfach gehen. Tschüss, Daniel. War schön. Gute Nacht!
Es ist kalt, ohne ihn und ich schnappe mir die Bettdecke und lege sie über mich. Als er zurückkommt hat er einige Kondompäckchen in der Hand. Wow, okay. Was hat er denn vor? Doch mir fällt auf, wie sehr er zittert, als er die Päckchen auf den Nachtschrank legt. Kurz runzle ich die Stirn, die sich aber sofort wieder glättet, als er sich wieder über mich beugt und mich küsst. Die Decke stört, also lege ich sie wieder zur Seite. Meine Hände fahren über seinen wunderbaren Rücken. Doch irgendetwas hat sich in meinem Kopf eingenistet. Ein Gedanke, der mich nicht los lässt. Also gehe ich in die Offensive und schnappe mir eins der Kondompäckchen.
"Soll ich dir dabei helfen? Ich weiß, du kannst das auch alleine. Immerhin hast du das ja schon einmal gemacht. Nicht wahr?" Versuchst du gerade kess und dezent gleichzeitig zu sein, Han? Wenn ja, du scheiterst kläglich.
Daniel schluckt. Und ich hole tief Luft. Wow. Okay.
"Du hast das doch schon einmal gemacht?", erkundige ich mich. Aber Daniel bleibt stumm wie ein Fisch. Es fehlt noch, dass er die Mundbewegungen eines Fisches macht.
Ich wedle mit der Kondompackung vor seinem Gesicht herum, aber er sieht mich nicht an.
"Daniel?"
Schließlich setze ich mich auf und zwinge ihn somit, sich ebenfalls hinzusetzen. Er schlägt die Augen nieder und schluckt. Als er mich wieder ansieht, sehe ich Angst in seinen Augen und meine Vermutung bestätigt sich.
"Du bist noch Jungfrau?", frage ich entsetzt.
Er dreht sich weg und sieht aus dem Fenster, vor dem ich einige Lichter erkennen kann. Ansonsten ist es draußen komplett dunkel. Nach einer gefühlten Ewigkeit sieht er mich endlich wieder an. In seinem Blick ist inzwischen gar kein Feuer mehr zu entdecken. Es liegt eher ein Schatten über seinem Gesicht, der seiner Schönheit aber keinen Abbruch tut. Stolz reckt er das Kinn in die Höhe.
"Ja. Ist das jetzt ein Problem für dich oder wie?" Der leicht gereizte Unterton in seiner Stimme entgeht mir nicht.
"Natürlich, verdammt!", entgegne ich.
"Wow. Ich hätte dich nicht so eingeschätzt." Er lacht bitter auf und will aufstehen. Ich lege ihm meine Hand auf den Unterarm und halte ihn fest.
"Nein, Mensch. Nicht die Tatsache, dass du noch Jungfrau bist. Es ist doch nicht schlimm, wenn du noch Jungfrau bist. Aber du solltest dein erstes Mal mit jemandem verbringen, den du liebst und nicht mit irgendeinem dummen Mädchen das du im Club kennengelernt hast, verdammt." Erbost setze ich mich auf und sehe ihn ernst an.
"Das ist dein Problem? Dass ich mein erstes Mal mit einem Mädchen aus dem Club verbringen will und nicht mit meiner Auserwählten?"
Energisch nickend sehe ich ihn an, ziehe mir die Decke über die Schultern und versuche, meine Arme abzudecken. Bestimmt siehst du aus wie ein kleiner Burrito. Oder wie ein großer Burrito? Oh, ich hätte jetzt gerne einen Burrito. Aber am liebsten hätte ich eigentlich nochmal eine Pizza.
Ich sehe, dass er mit sich kämpft. Der Sturm zieht über sein Gesicht und er scheint nachzudenken. Aber schließlich hebt er den Blick und sieht mich wieder an. Seine Augen halten mich fest.
"Du hast Recht, Hannah. Ich ... danke, dass du mich davor bewahrt hast."
"Natürlich, Daniel. Ich möchte nicht, dass du das bereust."
"Oh, ich bin mir sicher, dass ich das mit dir nicht bereut hätte." Ein dreckiges Grinsen stiehlt sich auf sein Gesicht. Ich lache und versuche, mit meiner Hand nach ihm zu schlagen.
Er lacht und hält die Hand fest, mein Arm direkt vor seinem Gesicht. Oh. Nein. Nein.
Und es kommt, wie es kommen muss.
Er sieht sie. In ihrer schönsten Pracht.
All die Narben, die ich mir selbst zugefügt habe. All den Schmerz, den ich mir wie eine Landkarte auf meiner Haut verewigt habe.
Und plötzlich verändert sich sein entspannter, freundlicher Gesichtsausdruck in puren Ekel.
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