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24. Kapitel

Nicht erschrecken! Ich lebe noch. Heute labere ich euch gleich am Anfang des Kapitels voll, einfach, um es am Ende nicht mit meinen Worten zu zerstören. Und bevor ihr einfach weiterblättert, sage ich schon einmal im vornherein: I'm sorry. Ihr musstet echt lange warten und jetzt wird das Ende dieses Kapitels euch vielleicht immer noch nicht zufrieden stellen. Ich möchte nicht zu viel verraten, aber ich hoffe, ihr findet das Alles nicht zu unpassend oder so und ihr könnt mir ja gern wieder so nette Kommentare da lassen, wie in den letzten Kapiteln. Die haben mich immer echt motiviert. Vielen Dank! ❤
So, und noch einmal, als kurze Vorwarnung: Nach diesem Kapitel kommt nur noch der Epilog und dann ist es geschafft! Mein erstes Buch, welches ich beendet habe! Am liebsten würde ich jetzt schon feiern, aber ich möchte ja nicht zu voreilig sein. Wie auch immer, ich wünsche dir (solltest du bis hier gelesen haben) viel Spaß beim Lesen:

Neo zwang Keira dazu ein Kostüm anzuziehen und zu ihrem Pech hatte er schon eines vor Augen, welches er in ihrem alten Haus gefunden hatte. „Du hast in meinem Zimmer herumgeschnüffelt!", beschwerte sich Keira halbherzig, während sie das weiße Kleid mit den glitzerndes Silbersternen darauf ebenso wenig begeistert ansah. „Das zieh ich nicht an. Das habe ich mit zwölf getragen, das passt sowieso nicht mehr."

„Ach komm schon, Keira. Probier es wenigstens an. Ich muss auch ein Kostüm anziehen", versuchte er sie zu überreden, doch bei Keira stieß er da höchstens auf Granit.

„Müsstest du nicht, wenn wir da nicht hingehen."

„Bitte", sagte Neo und zog eine Schmolllippe. Keira verdrehte die Augen.

„Gut", gab sie nach. „Ich probiere es an, aber du gehst gefälligst raus."

Neo grinste und salutierte vor ihr. „Ich bin doch ein anständiger Junge. Während du dich umziehst, suche ich mir auch ein Kostüm zusammen. Aber wehe du schließt dich ein!" Damit verließ er ihr Zimmer. Keira starrte noch kurz missmutig die Tür und dann das Kleid an, ehe sie sich daran machte, es anzuprobieren. Mein Granit hat wohl in etwa die Stabilität von Knete, dachte Keira zerknirscht.

Leider passte das Kleid noch, denn was sie verdrängt hatte, war, dass ihr das Kleid als sie zwölf war viel zu groß gewesen war. Nun, jetzt passte es perfekt, war nur ein wenig kürzer.

„Ich hasse dich", sagte Keira, während sie aus dem Zimmer trat und Neo entgegen. Neo war nicht sonderlich kreativ mit seinem Kostüm gewesen, aber dafür, dass er höchstens zehn Minuten Zeit gehabt hatte, war es besser, als erwartet. Er trug rote Teufelshörner, die Keira einmal an Halloween auf den Haaren platziert hatte, und war ansonsten in schwarz gekleidet. Die Hose war von ihm, aber er hatte sich offenbar ein altes Hemd von ihrem Vater geliehen, was Keira versuchte zu ignorieren, da sie eigentlich nichts dagegen hatte. Aber es war ... seltsam jemand anderes, als ihren Vater, in diesem Hemd zu sehen.

„Können wir das Kostüm tauschen?", fragte Keira missmutig und strich sich unwohl über den weißen Stoff.

„Ich trage keine Kleider", erwiderte Neo grinsend, während er sie ebenso musterte, wie Keira es noch eben getan hatte. „Außerdem siehst du doch toll aus!" Keira verzog zur Antwort das Gesicht und drehte sich um.

Sie zeigte auf die verhältnismäßig kleinen, aber für sie viel zu großen, Federflügel. „Ich bezweifle, dass die Dinger halten. Außerdem fühle ich mich damit wie ein Federvieh, das nicht ordentlich gerupft wurde."
Neo verdrehte belustigt die Augen: „Hör auf, dich zu beschweren und sei dankbar, dass ich dir nicht dieses Ganzkörper-Katzenkostüm gegeben habe, dass du, warum auch immer, im Keller hast." Keira verzog ein weiteres Mal kurz das Gesicht und seufzte.

„Na gut, aber ich hoffe für dich, dass es sich lohnt, wenn wir auf diese dumme Party gehen. Zumal die Möglichkeit besteht, dass wir nicht reingelassen werden, weil ich wie eine Fee aussehe."

„Wenn du weiter so herum meckerst, glaube ich auch, dass sie dich eher weniger für einen Engel halten werden."

Keira zog die Augen hoch und drehte sich einmal, sodass das Kleid sich aufblähte und die jämmerlich zerrupften Flügel auf ihrem Rücken flatterten. Dann klimperte sie in Richtung Neo mit den Augen. „Ach, was. Ich bin doch einfach himmlisch."

Die Musik dröhnte schon zwei Blocks weiter und sie sahen ziemlich viele Jugendliche in ihrem Alter, die sich in Kostümen durch die Straßen schlängelten. Es war eine laue Nacht, aber der Wind war sehr kühl, weshalb Keira in ihrem Kleid fröstelte und sich immer wieder über die Arme rieb. Sie wünschte, sie hätte ihre Jacke nicht vergessen. Doch vor ungefähr einer halben Stunde war der Wind auch noch nicht da.

Vor der Tür angekommen, erkannte Keira das Haus kaum noch wieder. Die Wirkung eines idyllischen, niedlichen Häuschens war dahin, stattdessen waren über jeden einzelnen Flecken Grün jegliche Art von Deko verstreut. Dabei schien es eine Mischung aus allem zu sein, was die Organisatoren dieser Party gefunden hatten: Weihnachtsmänner, denen eine Bierflasche in die Hand gedrückt worden war; Eine Puppe am Strick (vermutlich als Halloween-Deko gedacht), die, wann immer ein neuer Gast eintrat durch einen Mechanismus unter der Fußmatte vor die Gesichter der Eintretenden fiel; viele Luftschlangen, die überall herum hingen und natürlich sehr viele Tische, auf denen Drinks standen. Neo zog sie bestimmt weiter, als sie kurz stehen blieb und zögerte. Offenbar hatte Kayne mehr als nur ein paar Leute eingeladen, denn schon allein im Vorgarten waren zig Menschen, die in den verschiedensten Kostümen gekommen waren und, obwohl die Party höchstens vor einer Stunde oder anderthalb beginnen sollte, hatten die meisten Gäste schon einige Drinks zu viel.

Keira hätte sich gern übergeben. Doch das tat in diesem Moment ein Typ zwei Meter weiter für sie, der zu einer Topfpflanze torkelte und würgte.

Das Mädchen tippte ihrem Freund auf die Schulter. „Bitte, lass uns gehen!", flehte sie, doch Neo schien sie gar nicht zu hören. Das war auch kein Wunder, denn die Musik, die sie vorher eher als Hintergrundgeräusch wahrgenommen hatte, ließ den Boden nun vibrieren und sie selbst daran zweifeln, ob ihr Trommelfell nicht irgendwann platzen würde.

„Hey!", rief da plötzlich jemand knapp neben ihrem Ohr und ließ sie herum fahren. Es war Casper, der sich einen zweiten Kopf auf die Schulter geklebt hatte und sie angrinste. Keira lächelte gezwungen zurück. Dann sagte Casper was, doch Keira verstand kein Wort und sah ihn stattdessen verwirrt an. Als der Bruder des Wikingers das bemerkte, sackten seine Schultern ein wenig nach unten und er bedeutete ihr, ihm zu folgen. Keira nickte und wollte sich zu Neo drehen, doch von dem war keine Spur zu sehen. Am liebsten hätte sie geschrien, doch sie bezweifelte, dass das etwas bringen würde. Sie waren jetzt vielleicht fünf Minuten auf dieser dummen Party und Keira war nur Neo zuliebe mitgekommen, und was passierte? Neo war weg.

Grimmig drehte Keira sich ein weiteres Mal um, um Casper zu folgen, der gar nicht auf sie geachtet hatte, sondern sich schon seinen Weg durch die Menge bahnte.

Schließlich führte er sie unter ein kleines Vordach, unter dem die Musik zwar ebenso schallte, aber dafür ein wenig gedämpft durch die Hauswand war. Glücklicherweise schien dies auch nicht das Zentrum der Party, da hier nur kleine Grüppchen waren und, so gar nicht zur Musik passend, langsam hin und her schaukelten und an ihren Pappbechern nippten.

Casper lächelte sie erneut an. „Ich hätte nicht gedacht, dass du kommst. Schön, dass du es doch geschafft hast." Keira wollte sagen, wie es gar nicht ihre Idee gewesen war, sondern Neo sie gezwungen hatte, aber sie brachte es nicht über sich, dies Casper zu sagen, denn das wäre irgendwie fies. Sollte sie Kayne treffen, würde sie es ihm sagen.

„Ja", sagte Keira stattdessen. „Ich bleibe aber nicht lang, ich habe noch ... äh ... was zu erledigen." Du hast auch mal besser gelogen, Keira, dachte sie und biss sich auf die Lippe.
„Ach, sag doch einfach, wenn deine Familie nicht erlaubt, dass du zu lang bleibst. Wenn sie es überhaupt wissen", lachte Casper und lehnte sich an die Wand. Er griff neben sich, einer der Tische stand dort, und nahm einen Becher mit einer beunruhigend grünen Farbe. Er bot Keira ebenfalls einen an. Zögernd nahm sie ihn entgegen und behielt den Drink erst einmal in der Hand, ohne ihn auch nur anzusehen. Natürlich, sie hatte sehr früh das erste Mal getrunken und war ebenso früh leicht angetrunken gewesen, aber seitdem hatte sie sich nie wieder in die Nähe von Alkohol gewagt, weil er ihre Gedanken benebelte und sie generell sehr langsam machte.

„Bei wem wohnst du eigentlich, wenn nicht bei ... nun ja, deinen Eltern eben?" Casper trank einen Schluck und verzog keine Miene. In der Hoffnung, dass das Getränk nicht so schlimm sein konnte und annehmend, dass sie ohne etwas getrunken zu haben, irgendwann schreiend wegrennen würde, nippte sie ein kurzes Mal an der grünen Flüssigkeit, die überraschend minzig war.

„Meine Tante und mein Onkel haben mich damals aufgenommen – mehr oder minder freiwillig. Es ist ganz..." Sie dachte an die vielen Streite, die sie gehabt hatten und wie oft Keira in der Versuchung gewesen war, einfach fortzulaufen. „Es ist ganz okay.“

Casper nickte, stellte den leeren Becher ab, nahm sich einen neuen und zog sie dann wieder in den Vorgarten und ins Haus. Keira protestierte kurz, aber Casper grinste sie nur an und formte mit den Lippen ein: „Bitte!“. Keira, die in letzter Zeit offensichtlich verlernt hatte, einfach nein zu sagen, folgte ihm nicht mehr ganz so widerwillig. Vielleicht würde sie ja Neo finden.

Das einzige, was sie fand, waren tanzende Jugendliche, die nach Alkohol und Schweiß stanken und Kayne, der wütend auf sie zugestapft kam. Keira bildete sich ein, seine Schritte zu hören, obwohl es dafür viel zu laut war.

Die Schwarzhaarige sah ungerührt zu, wie er langsamer wurde und schließlich vor ihr stehen blieb. Die Musik dröhnte noch immer in ihren Ohren und der Bass ließ den Boden unter ihren Füßen erbeben, doch sie konnte dennoch verstehen, was Kayne sagte. Vielleicht ist das eine Art Begabung der Menschen: Wenn sie etwas oder jemanden nicht hören wollen, wird es um das zehnfache verstärkt, sodass sie nicht anders können, als zuzuhören. Und wenn man dann versucht gesagte Worte zu ignorieren, so spuken sie noch eine lange Zeit später in den Gedanken.

„Du bist nicht eingeladen, Lane", zischte er und Keira musste nicht gut darin sein, Emotionen zu lesen, um zu wissen, dass Kayne nicht wütend war. Sondern einfach genervt, sehr genervt.

Sie zwang ein Lächeln auf ihre Lippen und dort blieb es kleben, wie ein hässlicher Fleck. Kurz fasste sie in die Richtung, in der normalerweise die Taschen ihrer Hosen lagen. Doch sie streifte nur den weißen Stoff. Ihre Einladungen hatte Neo verstaut. Keira unterließ es, die Augen zu verdrehen, auch, wenn der Drang da war. „Hallo Kayne. Schön auch dich zu sehen. Eine tolle Feier hast du hier veranstaltet. Ich wünsche dir einen tollen Geburtstag", ratterte sie mechanisch herunter und wandte sich ab, in dem Glauben, dieses Gespräch sei beendet. Aber da hatte sie nicht mit Kayne gerechnet, der ihren Arm, sanfter, als erwarte, packte, und sie wieder umdrehte. Er sah sie beinahe schon flehend an:

„Bitte, Keira. Mach mir meinen Geburtstag nicht auch noch kaputt. Warum bist du überhaupt hier?" Keira schüttelte seinen Arm ab und betrachtete den Wikinger verwundert, der seinen Namen heute ausnahmsweise nicht verdient hatte. Sie wusste nicht genau, was er darstellen wollte, aber sein Kostüm sah aus wie eine Mischung aus Robin Hood, Pirat und Adelsmann. Er trug einen langen schwarzen Mantel, hatte die langen Haare zurückgekemmt, sodass sie beinahe peinlich glatt an seinem Kopf anlagen und trug einen echten Bogen, sowie einen leeren Köcher. An seiner Seite haftete ein Schwert, welches keinesfalls aus Plastik war. Keiras Blick blieb daran hängen und es juckte ihr in den Fingern, die spiegelnde Fläche zu berühren, um zu schauen, ob es wirklich echtes Metall war und wie es sich denn anfühlte.

„Ja, das ist echt", beantwortete Kayne ihre unausgesprochene Frage. „Mein Vater hat alte Waffen gesammelt, aber komm nicht auf die Idee, ich würde dir verraten, wo sie sind." Mit seinem Aussehen schien sich auch er selbst völlig zu verändern. An seinem Geburtstag wirkte er irgendwie nicht, wie viele Andere, glücklich, sondern einfach nur müde. Und in Keira kam das Bedürfnis auf, ihn in Frieden zu lassen, ihn an diesem Tag nicht noch weiter zu belasten, denn es wirkte, als würde er seine ganze, eigene Welt auf den Schultern tragen.

Keira seufzte und schlug die Augen nieder, um seinem Blick zu entgehen, der so anders war, als in der Schule immer. Der Junge vor ihr war ein Fremder. Kayne war ein Fremder für sie, selbst, wenn er diesen unbesiegbaren Typen spielte, dem Nichts anhaben konnte. Keira war noch nie gut mit Fremden klar gekommen. „Ich wollte gar nicht kommen. Ich bin nur hier, weil..." Ja, warum war sie hier? Warum verbrachte sie das Wochenende nicht allein auf ihren Zimmer oder zusammen mit Neo? Wieso hatte Neo sie so leicht zu etwas überreden können, was sie nicht wollte? Warum war alles so anders, seit Neo? Neo, Neo, Neo. Sein Name erzeugte Echos in ihren Gedanken. Sie war wegen ihm hier. Aber jetzt würden sie wegen ihr gehen.

Keira wandte sich um, ohne Kayne noch einmal anzusehen und bahnte sich einen Weg durch die Menge. Wo war er nur geblieben?

Kurze Zeit später fand sie ihn. Er stand verloren neben einem der Tische, der vollbeladen mit Gläsern, einige voll, andere leer, war. Er sah sich suchend um, vielleicht ebenfalls nach ihr.

Schließlich kam sie neben ihm zum Stehen, doch noch hatte er sie nicht bemerkt und erschrak dementsprechend, als sie auf seine Schulter tippte.

Erleichtert sah er sie an. „Wo warst du?", fragte er laut und Keiras Augenbrauen schossen in die Höhe. „Ich habe dich gesucht, aber du warst plötzlich weg."

„Bitte?", protestierte Keira. „Du warst doch derjenige, der auf einmal nicht mehr an Ort und Stelle stand!" Neo sah sie verwirrt an, und zuckte dann die Schultern.

„Lass uns gehen", erklärte er dann.

„Ach, plötzlich möchtest du gehen? Eben warst du noch völlig versessen darauf, hier hin zu gehen."

Neo wollte antworten, doch Keira hob die Hand und wehrte somit seine Worte ab. „Außerdem... Ich habe Casper versprochen, dass ich noch mit ihm tanze. Danach können wir gehen." Sie drehte sich um und stapfte wütend davon. Dabei wusste sie nicht einmal, woher der Zorn kam, aber er war da. Pulsierte durch ihr Blut und ließ sie die Hände zu Fäusten ballen. Kurze Zeit später erblickte sie Casper. Er redete hektisch auf seinen Bruder ein, der ein finsteres Gesicht zog. Keira kam sich mehr als nur lächerlich vor, als sie schließlich wieder in der Masse verschwand und sich Richtung Ausgang schlängelte.

„He! Keira! Jetzt warte doch mal, verdammt!“, rief jemand hinter ihr. Ein Jemand mit hellen blauen Augen, der keuchend neben ihr stehen blieb. „Was ist los mit dir? Warum rennst du einfach davon? Hast du mich nicht rufen hören...He, alles in Ordnung?“
Keira wischte sich geistesabwesend eine Träne von der Wange, die offenbar, ohne dass sie es bemerkt hatte, über ihre Wange gerollt war.

„Heute ist nicht mein Tag“, murmelte Keira und rieb sich müde über die Schläfe. „Ich gehe nach Hause. Du kannst ... geh wohin du willst. Wir sehen uns dann irgendwann.“ Keira wandte sich ab und lief weiter, Richtung Bushaltestelle.

„Was soll das heißen, »irgendwann«?“, protestierte Neo und schloss wieder zu ihr auf. Keira seufzte. Sie stellte sich neben das Schild und suchte nach dem nächsten Bus in der Nähe von Ava und Tobias. Sie hatte Glück, er müsste gleich kommen.

„Hör mal, Neo. Ich bin heute echt nicht gut drauf und ich möchte jetzt einfach ein wenig allein sein. Ich rufe morgen an, versprochen.“

In diesem Moment fuhr tatsächlich der Bus ein. Er war noch erstaunlich gefüllt. Keira fiel ein, dass im Stadtzentrum irgendeine Art von Fest war. Na super, dachte Keira. Feiernde Menschen...

Neo folgte ihr in den Bus und setzte sich schließlich neben sie. Er legte ihr vorsichtig, als hätte er Angst, sie könne ihn zurückweisen, einen Arm um die Schultern. Leise seufzend legte sie ihren Kopf an seine Brust. „Was ist los?“, fragte Neo und sein Brustkorb vibrierte, während er sprach.

Keira murmelte etwas, was sie selbst nicht recht verstand. „Ich weiß nicht“, erklärte sie schließlich. „In letzter Zeit hat sich so viel geändert. Ich meine, normalerweise hatte ich nie jemanden, mit dem ich reden konnte oder der gar von meinen ... Besonderheiten wusste. Jetzt sind da du und Casper und immer wieder du. Ehrlich, du bist wie ein zweiter Schatten.“ Neo lachte ein wenig, sodass Keiras Kopf auf und ab hüpfte.
„Du meinst ich bin dir zu anhänglich?!“

„Nein.“ Keira schüttelte, so gut wie es ging, den Kopf, ebenfalls lachend, wurde aber sofort wieder ernst. „Ich glaube, es ist einfach ... Ich glaube, ich habe mich einfach daran erinnert, wie einsam ich war. Bevor ich dich kennen gelernt habe. Aber es bereitet mir Sorgen, dass du mich so einfach zu Allem überreden kannst. Und gleichzeitig gebe ich dir alles, was ich habe: Mein Vertrauen, meine Erinnerungen, unter anderem mein altes Zuhause, und ich erzähle dir meine Geheimnisse. Wenn man es recht bedenkt, bist du irgendwie mehr Zuhause, als alle Orte, die ich je als ein solches zählen durfte oder musste.“ Keira dachte an ihr altes Zuhause, welches sie immer weniger vermisste und welches nicht mehr ganz so leer war, seitdem Neo darin wohnte. Sie dachte an das kalte Heim ihrer Verwandten, die sie nie willkommen geheißen hatten und Briefe geschrieben haben, an verschiedene Heime, damit sie Keira nicht um sich haben mussten. Und sie dachte an Neo, der immer da war, selbst, wenn sie sich selbst unausstehlich fand.

Langsam fielen ihr die Augen zu und bevor sie einschlief, hörte sie Neo so leise flüstern, dass sie es fast nicht verstand: „Ich begleite dich noch nach Hause.“

Keira wurde unsanft geweckt. Etwas machte ein furchtbar quietschendes Geräusch, eine Frau schrie in ihrer Nähe auf und sie selbst knallte nur deshalb nirgendwo gegen, weil Neo sie mit eisernem Griff umschlossen hatte. Verwirrt blickte Keira auf. Sie waren mitten auf einer Straße, nahe der Brücke, die in eine andere Stadt führte, stehengeblieben. Offenbar war sie nicht die Einzige, die vollkommen irritiert war. Mehrere Fahrgäste grummelten genervt oder schauten neugierig durch die Fenster. Einer holte sein Handy heraus und begann zu filmen.

„Was ist denn los?“, fragte Keira verschlafen und blickte zu Neo nach oben. Auch er sah mehr als nur erschöpft aus, tiefe Schatten unter seinen Augen übertönen sogar seine dunkle Haut. Seine blauen Augen schienen dadurch noch heller zu strahlen und ließen ihn beinahe unwirklich anmuten.

„Ich weiß nicht. Der Bus hat plötzlich abgebremst und irgendetwas ist da vorn an der Brücke im Gange. Da sind lauter Menschen und die Autos halten an...“ In diesem Moment war ein lauter Knall zu hören, wie Keira ihn noch nie in ihrem Leben gehört hatte, nicht einmal, als das andere Auto in sie hineingerast und ihre Tür eingedellt hatte. Damals hatte sie sich furchtbar eingeengt gefühlt, ihre Seite hatte wehgetan und sie meinte, über die Schreie ihrer Eltern ihre Rippen brechen zu hören.

So war es diesmal nicht. Stattdessen war es noch chaotischer. Menschen schrien, die Fenster des Busses zersplitterten in tausend kleine Scherben und prasselten wie ein Todesurteil auf Neo und Keira nieder. Jemand rief etwas, was Keira nicht richtig verstand, dafür klingelten ihre Ohren zu sehr. Blinzelnd hob sie den Kopf. Ihre Wange brannte; eine Scherbe musste ihr die Haut aufgeschnitten haben, doch Keira fühlte schon ein Kribbeln an dieser Stelle, was hieß, dass die Wunde sich schon wieder schloss.

Neo riss sie auf einmal hoch und gleichzeitig schaltete ihr Gehör sich wieder ein. Der Busfahrer brüllte über den Lärm hinaus: „Raus! Alle raus!“ und die meisten Menschen drängten zu den Türen, stießen sich gegenseitig und warteten nicht bis der Fahrer die Bus öffnete, sondern stemmten sich panisch dagegen. Ein junger Mann, vielleicht ein paar Jahre älter als Keira, der ein pinkes Hasenkostüm hatte und offensichtlich ebenfalls von Kaynes Party kam, kletterte auf seinen Sitz und dann aus dem zerstörten Fenster.

Keira konnte nur stumm dastehen und erstaunt die Szenerie verfolgen. Aber wenigstens Neo reagierte, zerrte sie zur Fahrertür, die mittlerweile geöffnet war und auf die Straße. Auch hier herrschte überall Chaos. Autos bremsten und fuhren aufeinander auf, noch mehr Menschen riefen durcheinander, irgendwo weinte ein Kind und doch hing Keiras Blick einzig und allein an dem Laden am Rand der Straße. Vollkommen verwüstet war er, in ihm flackerten Feuer und Menschen stolperten hustend, keuchend und teilweise blutverschmiert ins Freie. Vor dem Laden war ein riesiger Krater in die Straße gerissen.

Keira stolperte nach vorn, in Richtung der Menschen, die humpelnd Schutz suchten. Sie musste helfen, irgendwie.
Zwei Männer rannten, oder versuchten es zumindest, an ihr vorbei. In ihrer Mitte stützten sie eine Frau, die am Kopf blutete und erschreckend schlaff in ihren Armen hing. „Oh, Gott. Was ist hier nur passiert?“, hauchte Keira erschrocken. Ein heftiger Ruck an ihrem Arm riss sie zur Seite, gerade als ein Auto mit quietschenden Reifen in die entgegengesetzte Richtung der Brücke fuhr.

Neo sah sie mit wildem Blick an. „Wir müssen hier weg!“, schrie er sie an, als könne sie ihn sonst nicht hören. Was vielleicht auch stimmte, denn ihr Blick schweifte immer wieder zur Brücke, auf der der Verkehr zum Stehen gekommen war. Neo schüttelte sie, um ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn zu lenken. „Komm schon, Keira!“ Verzweifelt zerrte er sie weg, doch Keira riss sich los.

„Ich... Ich muss ihnen helfen!“
„Du kannst ihnen nicht helfen“, schrie er und Keira zuckte zusammen. Dennoch nickte sie und deutete, als könne sie es selbst nicht glauben, auf ihre Hände. „Doch, kann ich. Ich habe Kräfte.“

Kurz verzog sich Neos Gesicht zu einer schmerzerfüllten Maske. Es schien, als hätte er es vergessen wollen und als wünschte er sich in diesem Augenblick, Keira wäre normal. Das Mädchen schluckte schwer.

„Ich muss ihnen helfen!“, sagte Keira nocheinmal eindringlich, drückte Neos Hände, drehte um und rannte Richtung Krater.

In diesem Moment war der zweite Knall zu hören, erschütterte den Boden, ließ sie fallen. Eine Bombe, schoss es ihr durch den Kopf. Das waren Bomben. Panisch rappelte sie sich auf.

Wieder ein Knall, diesmal lauter. Glas klirrte, Menschen schrien, Autos knallten gegeneinander oder in Läden hinein. Ein Schild, welches auf der Brücke befestigt war und anzeigte, wo man als Fußgänger laufen konnte, segelte über die Köpfe der hysterischen Menschenmasse. Keira stürzte erneut, kämpfte sich auf die Beine und sah gerade noch wie die Brücke, wie in Zeitlupe in sich zusammen zu stürzen begann. Ihre Augen weiteten sich und beinahe automatisch rief sie das Licht in sich an, ihr zu helfen.

Ein Mann, der ihr zu Hilfe hatte eilen wollen, stolperte erschrocken zurück und schrie, als die gleißende Helligkeit aus ihr herausbrach und ein Stück in den Himmel hob. Das Licht schoss aus allen Fasern, bildete ein Schutzschild um sie herum und breitete sich aus. Aber Keira konnte es nicht richtig kontrollieren, es war wie ein wildgewordenes Tier. Die Helligkeit schoss nach allen Seiten und Keira hatte Angst, dass sie jemanden verletzen könnte. Mit letzter Kraft bündelte sie es und richtete seine Kraft auf die Brücke, deren Mitte schon beinahe vollständig wegbrach, die Menschen, die davon gerannt waren, um auf die andere Seite zu kommen und es doch nicht mehr rechtzeitig geschafft hätten, hielten verdutzt inne, als der Spalt sich mit goldenem Licht zu verschließen begann und die Autos und Menschen, die schon dabei waren in den beinahe zehn Meter tiefer liegenderen breiten Fluss zu stürzen, wurden sanft wie auf einer weichen Matzratze nach oben gehoben. Schließlich war der Spalt geschlossen, dennoch rannten die Menschen noch.

Keira hatte ein seltsames Gefühl, sie fühlte sich so ... mächtig. Sie konnte über das Schicksal eines jeden Einzelnen dort unten entscheiden, sie wäre in der Lage, es nach ihrer Vorstellung zu richten. Ihr Licht mag hell und gleißend gewesen sein, doch es warf auch einen Schatten und für Keira waren in diesem Moment die Menschen die Schatten, die ihr Licht besiegen wollten. Sie begann am ganzen Körper zu zittern, ballte eine Faust, richtete sie auf die Brücke ... und hielt inne.

Was tue ich hier? Die Menschen sahen zu ihr nach oben, blickten bewundernd, aber auch ängstlich zu ihr herauf. Denn sie hatten Angst. Angst vor ihr und ihren Kräften. Noch immer fuhren Autos laut hupend und mit quietschenden Reifen davon, noch immer stöhnten die Verletzten, noch immer rannten die Menschen. Keira bekam ebenfalls Angst, vor sich und ihrer Macht.

Und das war der Moment, in dem Keira bewusst wurde, dass die Menschen nur noch vor ihr davon liefen.

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