Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

20. Kapitel

Keira erklärte es ihm. Sie erklärte ihm alles. Dabei musste sie daran denken, dass es fast genau wie bei Neo ablief:
Ein, ihr eigentlich völlig fremder, Junge erfährt durch Zufall von ihren Kräften und dann muss sie ihn aufklären.

Da sie damit ja mittlerweile Übung hatte, fiel es ihr bei Casper...nein, eigentlich fiel es ihr nicht leichter. Es war genauso schwer zu erklären wie für Neo und Casper reagierte auch nicht leichter.

Er sah sie an, als wäre sie verrückt. Dann begann er ungläubig zu lachen. „Ja, genau! Weißt du, dass solch ein schneller Heilungsprozess medizinisch beinahe unmöglich ist? Das..."

„Ja, beinahe unmöglich. Hör mal: Ich weiß doch auch nicht wie genau das alles funktioniert. Tatsache ist: Es funktioniert!" Wenn sie gedacht hatte, das würde es ihm irgendwie beibringen, hatte sie sich geschnitten.

Ungläubig schnaubte Casper. „Hör auf Märchen zu erzählen. Ich glaube, da war gar keine Schramme." Er schüttelte den Kopf. „Ja, da war gar keine Schramme!", sagte er, als wolle er sich selbst überzeugen.

Keira wurde wütend. „Denkst du etwa, ich würde mir das alles ausdenken? Das ich mich nicht selbst heilen kann, sondern, dass da keine Schramme war?" Sie lachte ungläubig auf. „Was glaubst du eigentlich von mir? Ich wäre eine Lügnerin?"

„Ich weiß im Moment gar nicht, was ich glauben soll. Bis morgen, Keira!" Damit schlug er die Autotür zu. Keira musste sprachlos mitansehen wie er davon fuhr.

Es hatte aufgehört zu regnen. Dafür war ein kalter Wind aufgekommen, der die Regenwolken hoffentlich vollständig davon tragen würde. Durch diesen scharfen Wind fröstelte sie, er schnitt ihr durch die Kleidung und streifte über ihre blasse Haut.

Enttäuscht wandte sie sich ab. Manche Menschen waren wohl doch nicht so leicht zu überzeugen wie Neo. Wie aufs Stichwort, begann ihr Handy zu klingeln. Dann fiel ihr ein, dass sie ihr Handy auf stumm geschalten hat, und das es nicht klingelte, sondern jemand wählte. Das allseits bekannte Geräusch ertönte, überraschenderweise hinter ihr und sie drehte sich um.

Hinter ihr stand ihr Onkel und starrte sie wütend an. Während sie zurück starrte, legte er auf.

„Du bist nicht ans Handy gegangen", erklärte er nüchtern und sein zorniger Blick wirkte sehr gegenteilig zu seiner anscheinenden Ruhe. Unwillkürlich wich sie zurück.

„Ich habe mehrmals versucht anzurufen." Tobias steckte sein Handy weg.

„Ich hatte auf stumm", sagte Keira tonlos und sah angespannt zu wie ihr Onkel näher kam. Nachdenklich nickte dieser. Alles an dieser Situation kam Keira falsch vor, so falsch.

Schweigend lief sie ins Haus, Tobias hinter ihr. Im Flur streifte sie sich die Schuhe von den Füßen und erschrak, als Tobias die Tür plötzlich mit unnötiger Heftigkeit zuknallte. „Wozu haben wir das verdient, Keira?" Er spuckte ihren Namen geradezu aus. Ganz langsam erhob sie sich wieder.

„Was?" Sie war verwirrt. Wozu hatten sie was verdient? Dass sie Keira praktisch aufziehen mussten, in ihrer schwersten Zeit? Dass sie viel zu viel Geld hatten und trotzdem schlechte Menschen waren? Es gab tausende Möglichkeiten! Welche zum Teufel meinte er?

„Weißt du, wir haben uns immer Mühe gegeben, es dir Recht zu machen. Wir haben uns um dich gekümmert, als es niemand anderes konnte. Und so dankst du uns?" Tobias Stimme schwoll immer mehr an bis er geradezu schrie. „Wo warst du?!"

„I-ich...in der Schule!", stammelte Keira, vollkommen überrumpelt.

„Achja?", fuhr er sie an. „Und wer war das gerade im Auto? Wo kamst du wirklich her?"

„Das war Casper, er hat mich nach Hause gefahren! Ich war in der Schule!" Ihre Stimme klang beinahe flehend und als ihr Onkel weiter auf sie zu kam, wich sie zurück. Leider übersah sie dabei ihre Schuhe und stolperte. Sie konnte sich gerade noch an der Garderobe festhalten, wobei diese heftig schwankte und beinahe auf sie stürzte, doch im letzten Moment hielt Tobias sie fest.

Erleichtert konnte sie nicht lang sein, denn im nächsten Moment verpasste er ihr eine so schallende Ohrfeige, dass Keira sich sicher war, sie müsse in der ganzen Stadt zu hören sein. Erschrocken schrie sie auf und hielt sich die schmerzende Stelle, während ihr Tränen in die Augen schossen.

„Hör auf zu lügen! Der Direktor hat angerufen! Er hat gesagt, du hättest schon mehrmals ohne Entschuldigung die Schule nicht besucht! Gestern erst wieder!" Keira hörte seine Stimme wie aus weiter Entfernung. So viel zu, ich kann ja sagen, dass es mir noch nicht besser ging, dachte Keira bitter. Aber eigentlich musste sie sich vielmehr beherrschen die Tränen nicht "loszulassen". So oft Ava, Tobias und sie gestritten hatten, so oft sie sich gegenseitig angeschrien haben, so wenig Keira die Beiden leiden konnte; geschlagen wurde sie noch von keinem der Beiden. Auch wenn es nur eine Ohrfeige gewesen war.

„Ich will dich nicht mehr sehen. Geh mir aus den Augen." Auf einmal klang Tobias sehr erschöpft. Als wäre all die Wut urplötzlich verraucht. „Du hast Hausarrest..."

Wortlos wirbelte Keira herum, das Gesicht zu einer leeren Maske erstarrt. Er hatte sie ja nicht einmal etwas dazu sagen lassen! Aber hättest du etwas gesagt?, fragte sie sich und musste sich eingestehen, dass sie das vermutlich nicht getan hätte. Was sollte sie denn auch sagen? Stimmt schon, dass ich in den letzten Monaten geschwänzt habe, aber heute nicht. Nur ungefähr jede Woche zweimal...

Nichts desto trotz: Das gab ihrem Onkel sicher nicht das Recht sie zu schlagen. Noch immer fassungslos strich sie vorsichtig über die schmerzende Stelle, die vermutlich knallrot war.

Keira stapfte lautstark die Treppe hoch. Wenn sie es richtig gehört hatte, hatte Tobias ihr Hausarrest gegeben. Als würde sie sich daran halten. Sie würde sicher nicht eine Sekunde länger in diesem Haus bleiben...

In ihrem Zimmer angekommen, schnappte sie sich einen Rucksack und begann wie eine Wilde alles, was ihr zwischen die Finger kam, hinein zu stopfen. Doch während des Packens wurde sie langsamer, bis sie schließlich niedergeschlagen die Arme sinken ließ.

Das würden ihre Eltern sicher nicht wollen. Sie hatten ihr immer wieder erklärt, dass sie stark war, und dass sie es auch bleiben musste, weil diese Welt gefährlich für sie war. Was die Menschen nicht kennen, davor fürchten sie sich und wovor sie sich fürchten, dass müssen sie zerstören. Das würde wohl ewig so bleiben.

Seufzend ließ sie sich aufs Bett fallen und starrte aus dem Fenster. Der "Herzschlag des Himmels" hatte wieder eingesetzt, leise und sanft, nicht wie vorher, wo der Regen wie eine nie endende Flut hinab gestürzt war.

Keira fühlte sich elend. Nicht nur, dass Capser jetzt von ihren Kräften wusste und Neo sich wie ein Idiot benahm, sondern auch, dass sie jetzt noch mehr Stress mit ihrem Onkel hatte. Was hatte sie eigentlich falsch gemacht, dass alle sie zu bestrafen schienen? Wow, dachte sie, ich kling wie eine 80-Jährige...

Nachdem sie eine Weile auf einen unbestimmten Punkt am Horizont gestarrt hatte, zog sie ihr Handy vor. Acht verpasste Anrufe...

Vielleicht sollte sie ja... nein! Sollte Neo doch ruhig sehen wie es war, wenn man praktisch allein gelassen wurde! Sie hatte es satt.

Und, obwohl sie gern wissen würde, was er denn noch hatte erledigen müssen, drückte sie den Anruf von ihm, der in diesem Moment einging, ebenfalls weg. Sie wollte ja reden, aber nicht mit ihm. Normalerweise würde sie in so einer Situation zum Friedhof oder zu ihrem richtigen, ihrem alten Zuhause gehen. Nur hatte sie nicht gerade Lust rauszugehen, wenn es so regnete. Außerdem hatte sie Hausarrest und den sollte sie wenigstens einen Tag einhalten.

Keira musste eingeschlafen sein, denn sie wurde davon wach, dass jemand hartnäckig gegen ihre Tür klopfte, die sie geistesgegenwärtig abgeschlossen hatte, bevor sie anfing den Rucksack zu packen. Besagter Rucksack lag noch immer neben ihr und, nach kurzem Überlegen, stopfte sie ihn unter ihr Bett.

„Ja?", fragte sie dann, die Müdigkeit in ihrer Stimme deutlich hörbar.

„Es gibt gleich Essen!", hörte sie die Stimme ihrer Tante sagen.

Keira brummte irgendetwas und legte sich wieder auf ihr Bett. Sie hatte keinen Hunger, später konnte sie noch immer etwas aus dem Kühlschrank holen. Doch bei den nächsten Worten Avas, horchte sie doch auf.

„Und hier ist ein junger Mann, der dich sprechen möchte. Er sagt, sein Name wäre Neo." Ihre Stimme klang missbilligend, aber Keira setzte sich sofort kerzengerade auf. Was machte Neo denn hier? Sie war wütend, sie wollte ihn nicht sehen! Aber als sie das dachte, bemerkte sie, dass das gar nicht so war. Es war einfach die Enttäuschung darüber, dass er ihr nicht einfach gesagt hatte, wo er hinwollte.

„Was ist jetzt?", erklang die genervte Stimme ihrer Tante, die offenbar nicht länger auf Keiras erforderliche Antwort warten wollte. „Soll ich ihn reinlassen?"

„Er soll auf mein Zimmer kommen!", rief Keira durch die verschlossene Zimmertür. Sie hörte Ava schnauben.

„Das kannst du ihm auch selbst sagen!" Keira seufzte, stand auf und riss die Tür auf. Ihre Tante war bereits auf dem Weg nach unten und Keira beeilte sich ihr zu folgen. Sie polterte die Treppe herunter, um möglichst vor ihrem Onkel bei der Tür zu sein.

Meistens öffnete Ava die Tür, aber wenn jemand länger davor stand, dann kam irgendwann auch Tobias, um nachzusehen, wer da wartete. Und Jungenbesuch mochte er überhaupt nicht. In dieser Hinsicht war er wohl wie einer dieser Beschützer-Väter, die ihre Tochter erst nach gründlicher Recherche über den Jungen, der sie abholte, losziehen ließ. Auch wenn Keira bezweifelte, dass Tobias sie dadurch beschützen wollte und auch, wenn er nicht ihr Vater war.

Jedenfalls hätte sie sich nicht die Mühe machen müssen, zu versuchen, vor ihrem Onkel da zu sein, denn dieser schien schon eine ganze Weile vor der Tür zu stehen. Er starrte Neo misstrauisch an, der sich sichtlich unwohl unter seinem Blick zu fühlen schien.

Keira stellte sich unauffällig in den Hintergrund. Neo blickte noch immer hilflos ihren Onkel an, dann ließ er seinen Blick hinter ihn gleiten und als er Keira sah, hellte sich seine Miene ein wenig auf.

„Keira!", sagte er übertrieben fröhlich, worauf sie die Augenbrauen beinahe bis zum Haaransatz hoch zog. Tobias hatte sich stirnrunzelnd zu ihr umgedreht, als hätte er beinahe vergessen, dass sie nun auch hier wohnte.

„Kennst du den?" Ihr Onkel deutete mit dem Kopf auf Neo, der sie flehend ansah. Langsam nickte Keira. „Was willst du hier?", wandte Tobias sich wieder an den Jungen, der aufgrund der Schärfe seiner Stimme ein wenig zurück zuckte. Er tat ihr fast schon leid. Aber nur fast. Vielmehr genoss sie es ein wenig, obwohl sie sowohl auf ihren Onkel als auch auf Neo sauer war.

„Ich..." Er stammelte ein paar umverständliche Worte, bevor er sich räusperte und mit fester Stimme sagte: „Ich habe Keira angerufen, aber sie ist nicht rangegangen. Also dachte ich..."

„Also dachtest du, du kommst einfach mal vorbei und sagst »Hallo!«, oder was?", fragte Keira, die sich nicht hatte zurück halten können, ironisch.
Tobias sah zwischen Keira und Neo hin und her, bevor er ansetzen wollte, etwas zu sagen. Diesmal war es Neo, der jemanden unterbrach.

„Hör mal, es tut mir leid! Okay? Ich konnte ja nicht wissen, dass du so... so eingeschnappt bist!" Keira lachte auf. War das sein Ernst? Natürlich war sie eingeschnappt. Aber was er getan hatte, war einfach unfair.

„Verschwinde!", zischte sie Neo an. Dieser verzog das Gesicht und sie konnte zum ersten Mal etwas in seinen hellblauen Augen aufblitzen sehen, das wirklich wie Wut aussah.

„Aber nicht doch!", sagte da die Stimme ihrer Tante knapp hinter ihr.
„Er ist extra gekommen, um dich zu sehen. Da kannst du ihn nicht einfach wegschicken. Sei nicht so unhöflich."

Keira wusste nicht, ob das alles ein schlechter Scherz war. Es war ja wohl offensichtlich, dass sie im Moment nicht gut auf Neo zu sprechen war und ihre Tante erzählte ihr, sie solle nicht unhöflich sein?! Sie hatte gerade große Lust mehr als nur unhöflich zu sein, aber ihr Gefühl, dass das vermutlich nicht gut ausgehen würde, trügte sicher nicht.

Keira wurde aus ihren Gedanken gerissen als Neo seufzte. „Dürfte ich Keira vielleicht kurz sprechen? Unter vier Augen?"

„Sie hat Hausarrest", erklärte Tobias, kaum hatte Neo seinen Satz beendet. Und dieses eine Mal war sie erleichtert, dass er so war, wie er war. Keira war gerade dabei sich umzudrehen und wegzugehen, denn so hätte Neo auch zwangsläufig verschwinden müssen, da löste sich auch ihre letzte Hoffnung, dass Tobias doch eine gute Seele hatte, auf.
„Aber du kannst ja zum Abendessen bleiben."

Er beobachtete Neo ganz genau aus seinen falkenartigen, kalten Augen. Ava hingegen protestierte lautstark. „Ich kann nicht noch mehr Leute durch füttern! Woher soll ich denn das ganze Geld nehmen, um noch mehr undankbare Jugendliche zu ernähren?"

Genau, dachte Keira und schnaubte innerlich. Als müsstest du dir Sorgen um Geld machen...

Neo schien das Gleiche zu denken, denn er sah sich kurz um und seine Augen wanderten von der Garage, zum modern eingerichteten Haus und auf die Klunker, die Ava heute trug. Eine Goldkette hatte offensichtlich nicht gereicht...

„Schon gut", erwiderte er schließlich lahm. „Ich muss sowieso los. Keira-" Er nickte ihr kurz zu. „Auf wiedersehen Mr. und Mrs.?"

„Zech", antwortete Tobias.

„Auf wiedersehen Mr. und Mrs. Zech!" Er warf ihr einen letzten Blick zu. Keira musste sich bemühen nicht wegzuschauen, er war voller Enttäuschung und Wut, als wäre Keira an der ganzen Sache Schuld. Schließlich senkte sie doch den Kopf, um nicht mehr in diese klaren Augen zu sehen, die wie ein Spiegel waren und viel durchdringender als die von Casper oder sonst irgendwem, den sie kannte. Als sie das nächste Mal aufsah, war Neo verschwunden und Tobias schloss die Tür.

„Was für ein merkwürdiger Junge", bemerkte Ava. Tobias brummte zustimmend. Und Keira dachte sich, dass, wenn Neo merkwürdig war, das keine so schlimme Sache sein konnte.

Später rief sie Neo an. Er hob schon beim ersten Klingeln ab, was Keira dann doch überraschte. Noch mehr aber überraschte sie die harsche Stimme, mit der er sie begrüßte: „Was ist jetzt noch, Keira?"

„Was hättest du getan, wenn nicht ich dran gewesen wäre?", wollte sie wissen, um ihre Kränkung zu verbergen.

„Ich habe dich heute zwölf Mal angerufen, ich kenne deine Nummer", erklärte er nur, er war ganz offensichtlich nicht zu Spaßen auferlegt.

„Es tut mir leid", sagte sie leise, ja flüsterte beinahe. Neo antwortete nicht. Die Lippen schürzend sah sie sich im Zimmer um, während sie wartete, ob doch noch etwas kam.
„Was genau tut dir leid?", fragte Neo endlich.

Keira atmete lautstark aus, sie hatte nicht mitbekommen, dass sie den Atem angehalten hatte. „Ich weiß nicht..." Bestürzt erkannte sie, dass sie es wirklich nicht wusste. Sie hatte sich einfach aus einen Impuls heraus entschuldigt. An der anderen Leitung hörte sie Neo seufzen.

„Du musst dich nicht entschuldigen. Irgendwo verstehe ich ja, warum du sauer warst..." Keira nickte erleichtert, obwohl er sie nicht sehen konnte. Aber Neo hatte noch nicht zu Ende geredet. „Keira... das ist jetzt eine dumme Frage, aber... kannst du vielleicht nochmal vorbeikommen? Ich habe ein Problem."

„Du weißt doch, dass ich Hausarrest habe!", sagte Keira und suchte schon nach einer Lösung unbemerkt aus dem Haus zu gelangen. „Was hast du denn für ein Problem?"

„Ich... versuche bitte einfach zu kommen..." Keira nickte erneut, diesmal bejahte sie allerdings noch, damit er Bescheid wusste.

„Okay... bis hoffentlich gleich." Danach legte er auf. Plötzlich kam es ihr lächerlich vor wie sie überreagiert hatte. Aber sauer war sie noch immer. Daran sollte sie jetzt zwar nicht denken, doch er hatte noch immer nicht den Grund für sein Verschwinden genannt, allerdings wollte sie diesen wissen. Jetzt sollte sie sich jedoch erstmal auf das Wesentliche konzentrieren: Sie musste ihm helfen. Auch über das Telefon hatte sie gehört, dass er sich beschäftigt und abwesend angehört hatte. Als wäre er mit den Gedanken ganz woanders und hätte andere Sorgen, als seinen kindischen Streit mit Keira (an dem sie ja die Schuld trug).

Nachdenklich lief sie durch ihr Zimmer. Aus der Haustür raus konnte sie ganz bestimmt nicht, das wäre nun wirklich auffällig. Die Hintertür wäre auch noch eine Option, aber erstens, schloss Tobias diese beinahe immer ab, und zweitens, musste sie immer noch durch das ganze Haus kaufen und das Risiko entdeckt zu werden, wäre viel zu groß.

Langsam drehte sie sich um. Das Prasseln am Fenster hatte mal wieder nachgelassen, doch der Himmel war noch immer verdunkelt und sie bezweifelte, dass sich das im Laufe des Tages noch ändern würde. Zumal sie fast zwei Stunden geschlafen hatte. Ihre Tante wollte immer pünktlich um 17 Uhr essen, das war jetzt eine knappe halbe Stunde her. Wenn sie also nicht allzu spät wiederkommen wollte, dann sollte sie jetzt los.

Mit ein paar Schritten erreichte sie das Fenster und stemmte sich dagegen, um es hochzuschieben, dann fiel ihr ein, dass nur das Fester in ihrem alten Haus hochgeschoben werden konnte, hier musste sie es hingegen anders öffnen.

Als sie es endlich offen hatte, sah sie nach unten. Es war deutlich tiefer als gedacht, der Boden war um die vier bis fünf Meter entfernt und ganz sicher konnte sie nicht springen ohne sich die Füße oder sonst was zu brechen. Aber... ihr Blick wanderte weiter zur Regenrinne. Vielleicht könnte sie klettern. Ich könnte abrutschen, überlegte Keira, was sie nicht sonderlich dazu verführte, es einmal zu versuchen.

Dann kam ihr etwas so einfaches in den Sinn, dass sie sich offiziell für beschränkt erklären konnte. Wozu hatte sie diese Fähigkeiten, wenn sie sie nicht benutzte? Sie schloss die Augen und tastete vorsichtig nach dem Licht. So war es sicherer, denn jetzt stand sie nicht unter einem Adrenalin-Kick und sie konnte ihre Kräfte meist nur in Gefahr richtig und gezielt einsetzen, da es dann einfach darauf ankam. Wenn sie es jedoch im Alltag versuchte, war es deutlich schwieriger und lief nicht immer wie geplant. Es konnte dann dazu kommen, dass gar nichts passierte oder zu viel.

Einmal hatte sie mit ihrem Vater wieder einmal auf der Wiese geübt. Keira war wütend gewesen, denn an diesem Tag hatte einfach nichts geklappt. Immer und immer wieder hatte sie es versucht, aber zustande kam dabei nichts. Wütend, wie sie war, hatte sie es dann noch einmal versucht, ohne Konzentration, sondern einfach mit dem Wille, dass doch etwas geschehen möge. Folge dessen war, dass etwas geschah. Aber so hatte sie das nicht gewollt, denn eine ganze Ansammlung von aufgestauter Kraft hatte sich entladen, scheinbar aus dem Nichts, aber hätte man genauer hingesehen, hätte man gemerkt, dass alles, dieses gleißende Licht, von Keira aus kam. Jedenfalls wurde diese unbändige Kraft freigelassen und traf alles, was im Weg war, auch ihren Vater.

Glücklicherweise war an diesem Tag, als hätte sie gespürt, dass etwas geschehen würde, ihre Mutter mitgekommen. Sonst war sie immer daheim geblieben oder auf Arbeit. An jenem Tag jedoch nicht. Keira war damals zehn Jahre alt und als ihr Vater dann bleich und blutüberströmt auf der Wiese lag, hatte sie angefangen zu weinen, wie bis zuvor nie in ihrem Leben. Auch heute konnte sie sich noch daran erinnern, dass sie dachte, sie hätte ihn umgebracht. Ihre Mutter war angerannt gekommen, hatte geschockt geschrien und dann einen Krankenwagen gerufen. Sie durfte nicht mit in den Krankenwagen, da ihre Mutter sie mit mit dem Auto nehmen wollte, und so dachte sie die ganze Zeit über, sie hätte ihren Vater getötet. So war es nicht gewesen. Die Verletzungen waren zwar nicht gerade leicht, aber er hatte es überlebt - was ihm auch nicht viel genützt hatte, da er jetzt ja tot war. Den Ärzten hatten sie erzählt, er sei vermutlich auf eine alte, noch scharfe Bombe getreten, die nicht mehr ganz so stark war. Die Ärzte stellten keine Fragen, denn diese Kraftentladung war wirklich wie eine Art Bombe gewesen, so also auch das Verletzungsbild ihres Vaters.

Damit so etwas nicht noch einmal passierte, kniff Keira solang die Augen zu bis sie sicher war, dass sie genug Konzentration und Kraft aufbringen konnte. Als sie die Augen öffnete und ihre Hand ausstreckte, geschah es gerade zu spielend leicht: Eine kleine Fläche aus Licht bildete sich vor ihr, auf Augenhöhe. Auf ihren Geheiß hin, schwebte diese Fläche jedoch langsam nach unten, sodass sie problemlos auf die Fensterbank und dann auf ihr Transportmittel steigen konnte. Sollte man meinen.

Tatsache war jedoch, dass es geregnet hatte, und noch immer leicht regnete. Keira stieg also auf den äußeren Rahmen des Fensters, der durchaus vom Regen betroffen war - und rutschte aus.

Erschrocken keuchte sie auf, als sie erst nach hinten schwankte, mit den Armen ruderte und dann wie ein Stein nach vorn fiel. Sie wollte schon schreien, was Tobias und Ava auf jeden Fall auf sie aufmerksam gemacht hätte, dann fiel ihr auf, dass ihr Fall geradezu kontrolliert war. Einen Moment später erkannte sie, woran dies lag, denn offenbar empfanden ihre Kräfte diese Situation für gefährlich genug und hielten sie auf.

Es sah vermutlich so aus, als hätte ihre Lichtwand ein Eigenleben entwickelt, doch ganz weit im Hintergrund ihrer Gedanken, spürte sie, dass sie instinktiv gehandelt und sich selbst aufgefangen hatte.

Die Wand dehnte sich wie ein Gummi, als sie losließ und direkt hinein fiel. Sie federte ab und klatschte erneut wie ein nasser Lappen auf ihre Fluchtmöglichkeit. Stöhnend rappelte sie sich auf. Na wenigstens lebe ich noch.

Sie befahl der Lichtwand, langsam nach unten zu schweben und nach einiger Konzentration schaffte sie es auch. Es wurde wirklich Zeit, dass sie ihre Kräfte wieder einmal trainierte, denn sonst geschah soetwas schon beinahe automatisch, sie hatte nie mehr als einen kleinen Gedanken daran verschwenden müssen.

Als sie endlich unten ankam, sprang sie ab, taumelte kurz und einen Moment später verschwand auch das Licht.

Na dann mal los!, ermutigte sie sich. Nachdem Keira nach allen Seiten Ausschau gehalten hatte, huschte sie, darauf bedacht leise zu sein, durch den Garten und zum Tor. Aus einem geöffneten Fenster ertönte laut der Fernseher und Keira war erleichtert, dass Ava und Tobias offensichtlich erst einmal beschäftigt waren.

Leise schlich sie zum Gartentor. Keira drückte die Klinke nach unten und schreckte zusammen, da sie quietschte wie eine Katze, auf die eingeprügelt wird. Schnell wirbelte sie herum, aber alles blieb wie es war. Kein Tobias kam herausgestürmt um zu fragen, wo sie denn bitte hinwolle und kein Nachbar schaute misstrauisch aus einem Fenster.

Beruhigt drückte sie sich weiter gegen das Tor und huschte dann schnell heraus. Mit erneutem Quietschen zog sie es hinter sich zu und kaum war das geschafft, drehte sie um und rannte los. Richtung Bahnhof.

Wehe es ist nichts, Neo!

Ich bin zurück und nerve euch diesmal früher als sonst mit einem neuen Kapitel! 😈
Jetzt habe ich nochmal alles ein wenig besser durchgeplant und glaube, dass es doch mehr als sieben Kapitel werden...
Jedenfalls wollte ich euch mal fragen, ob die Kapitel zu langweilig sind. Ich finde mittlerweile, dass kaum noch etwas passiert, vielleicht seht ihr das ja anders? Freuen würde ich mich auf jeden Fall, wenn ihr dann auch Verbesserungsvorschläge habt 😉
Ich setze mich ans nächste Kapitel.
Bis dann!

LG
TatzeTintenklecks 😘

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro