6◇Shiraz
Doch...was konnte eine Magielose schon gegen einen Paladin, einen Rächer des Himmels mit Schwingen aus Gold und einer Magie mächtiger als alles irdene, gegen einen Elfen, dessen körperliche und geistige Fähigkeiten denen eines Menschen im Weiten überlagen, und gegen einen Idioten mit Schwert, von dem ich immernoch nicht wusste, welcher Spezies er nun angehörte, machen? Mindestens einen der drei würde ich mit mir in den Tod reißen können, wenn ich es schaffte, sie alle zu überraschen. Doch ohne den Moment der Verblüffung...sie würden mich mit ihrer Magie einfach schreddern und dann war es aus mit dem Robin Hood von Tharavel. Müde seuftze ich. Da hatte ich es jetzt schon so weit gebracht, als Meisterdiebin, die landesweit für Aufsehen sorgte,... doch am Ende war ich bloß ein kleiner magieloser Niemand, der gerade bis zum Hals in der Scheiße steckte. Und wenn ich nicht in kürzester Zeit mich hinaushieven und den Weinkeller finden un den Wein behalten dürfte, dann wäre Etienne tot...
Ich hob meinen Kopf und blickte hinunter auf die karge Landschaft meiner Heimat. Wie in einer riesigen, nach Osten hin halb zerbrochenen Schüssel lag Tharavel in weiter Ferne vor mir. Unter mir, den riesigen Berg hinunter, da war die Haupstatdt, zur Dämmerung vielfältig beleuchtet. Ich drehte mich in der kleinen Kapsel der Kutsche und blickte nach oben. Bald würden wir den Gebirgspass überschritten haben und die Höhen wieder nach unten reiten. Was dann ab da vor uns lag....mich schüttelte es leicht und ich blickte auf die ausgebreitete Karte in meinem Schoß, fuhr mit den Fingern die Markierungen nach, die einst eine filigrane Feder in das dicke Pergament gestanzt hatte.
Bloß gut, dass ich Willow gebeten hatte, die Karte unkenntlich für jeden anderes außer mich zu machen. Ansonsten...wäre mein zeitliches Problem noch schlimmer. Es verhielt sich nämlich so: man musste einen langen und hohen Gebirgszug überqueren, um von Tharavel nach Vasteer zu kommen, ein Land, völlig von Sand verschluckt. Karg, Vegetationslos und durch und durch tot. Niemand, der noch bei Sinnen war, würde da freiwillig durchgehen. Doch ich war weder bei Sinnen, sonst hätte ich einen anderen Job, noch gab es für mich die Option außen herum zu reisen. Das Gebirge lang, über Arván, wo es andauernd regnete und dann von oben runter nach Rhovanion und zum Weinkeller, das wäre die sicherste Route...doch sie dauerte viermal so lang wie diese, die durch Vasteer und seine Wüste führte. Und was ist schon ein bissl Wüste? Wer eine Frau allein in eine Kutsche sperrte, um selber auf Pferden die Serpentinen hochzureiten, der würde es ja wohl auch auf die Reihe bekommen sich so ein bisschen Sand aus dem Schuh zu pulen.
Ordensritter. Ich verdrehte meine Augen und rollte die Karte wieder zusammen. Taten immer so stark und wichtigtuerisch auf, aber wenn es darauf ankam, dann wollten sie ja doch ja nicht im Sand spielen. So ungefär war nämlich die Reaktion auf die Route gewesen.
Nun musste ich doch wieder lächeln. Ich weiß ehrlich nicht, warum es so viel Spaß machte, aber sobald ich diese knuffig knurrige Miene von Sir-Lord-was-auch-immer Alaric von Idiot mit Schwert sah, da konnte ich einfach nicht anders, als meine bösen Kommentare rauszuhauen.
Diabolisch grinsend nahm ich meinen Rucksack...und stellte ihn wieder ab, weil auf Metall - mein halber Waffenschrank war da drin verstaut - ließ es sich nicht gut schlafen. So also schnappte ich mir meine Reisetasche, legte sie mir unter den Kopf und schloss die Augen, alle Sorgen mal für einen Moment vergessend. Wenn mich schon heute Ungeziefer aus meinen Träumen gerissen hatte, dann würden sie es ja wohl verzeihen können, wenn ich mir in ihrer Kutsche mal einen kleinen Schlummer gönnte!
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,,Himmelarsch und Wolkenbruch, du elender verseuchter Hundessand, du verhurt verschissenes..." Wie ein Seeman fluchte ich seit den zwei Sekunden, in dem ich von der Kutsche in ersten Ausläufer der Wüste getreten war. Dreckiger Mistsand! Überall in meinen Schuh war er und die Stiefel sanken ein und...
,,Na, eure grazile Eleganz? Was macht die Anmut?" Grinsend hüpfte ein vergnügter Palladium an mir vorbei. Mir viel eine Kinnlade herunter.
,,Wie..was?" Verblüfft blickte ich erst den über den Sand schwebenden Elfen an, ehe mein Blick zu den anderen beiden Rittern wanderte. Bei Avalon flogen gerade noch Magiefunken um die Stiefelsohlen herum, dann schien auch er nicht vom Einsinken betroffen zu sein. Ich schloss meinen Mund mit einem hörbaren Klacken und drehte mich, sichtlich verblüfft, wieder zu Palladium um. Doch dieser hatte sich inzwischen von uns restlichen drein abgewandt und blickte mit erhobenen Armen der endlosen Wüste gegenüber, ehe er sich umdrehte und mit vergnügt blitzenden Augen auf mich zu schlenderte, während er immer wieder kleine Pirouetten drehte.
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