-(34)- Naiv, wie ne Schachtel
Ich bin immernoch völlig überwältigt von gestern. Niemals hätte ich gedacht, dass es so ein Gefühl gibt, durch das man sich wahnsinnig frei fühlen kann. Oder es liegt einfach an mir.
Grinsend stehe ich aus meinem Bett aus und trotte ins Bad. Es ist schon elf Uhr morgens, aber es ist normal, dass ich so lange schlafe. Ich kann mit Frühaufstehen absolut nichts anfangen.
Ich bleibe in der Schwelle stehen, als ich die Jungs reden höre. Ihr Ton ist ziemlich bedrückt, fast so, als hätten sie vor irgendetwas angst. Aber vor was?
"Wir hätten das nicht tun sollen", höre ich Louis ganz leise murmeln, allerdings muss ich mich anstrengen um seine Worte auch zu verstehen. Ich stelle mich ziemlich elegant, nicht, auf die Zehenspitzen und lehne mich gegen die Wand.
"Jetzt ist es zu spät! Wir waren uns einig, dass wir das durchziehen! Ihr habt selbst gesagt, wie sehr sie euch ankotzt!"
Das war Harry. Er scheint immernoch ziemlich wütend zu sein. Ich habe seit gestern kein Wort mehr mit ihm geredet. Ich habe auch nicht vor das zu ändern. Immerhin hat er mir den Tod gewünscht. Da werde ich ihm sicherlich nicht in seinen Arsch kriechen und auf heile Welt tun.
Ich habe aufgehört zu atmen und warte gespannt ab, was als nächstes gesagt wird. Meinen sie mich? Kotze ich sie wirklich so sehr an? Ich dachte ich hätte mich gebessert, hätte mich ertragbarer gemacht, aber anscheinend liege ich da falsch. Meine Schultern sacken zusammen.
Was habe ich erwartet? Ich war von Anfang an gemein zu ihnen. Sie haben mich von Anfang an für großschnäpfig und arrogant gehalten, wieso sollte sich ihre Meinung geändert haben?
Aber was hätten sie nicht tun sollen? Ich bekomme leicht Angst. Haben sie etwas gefährliches oder kriminelles angestellt?
Ohne es mitzubekommen rutsche ich die Wand entlang, bis ich schließlich mit einem lauten Knall auf den Boden knalle. Es ist totenstill. Ärgerlich kneife ich meine Augen zusammen und stehe auf. Ich weiß nicht, wie ich jetzt reagieren soll. Haben sie bemerkt, dass ich sie belauscht habe? Werden sie mir etwas vorwerfen? Ach, komm. Meine Gedanken regen mich die letzten Tage nur noch auf. Am liebsten würde ich sie abschalten. Als ob es mich juckt, wenn sie eingeschnappt wären. Was soll ich dann sagen? Immerhin belügen sie mich, wer weiß wie lange schon. Vielleicht ist das alles nur gespielt, vielleicht hassen sie mich ja alle einfach nur und wollen mich entführen lassen, oder so etwas.
Ich straffe meine Schultern und gehe möglichst selbstbewusst zu ihnen. Sie wünschen mir einen guten Morgen, aber ich blicke sie nur an und laufe in die Küche. Als ich an dem Küchenfenster vorbei laufe sehe ich dass es regnet. Außerdem fahren erstaunlich viele Autos heute durch meine kleine Straße.
Ist irgendeine Veranstaltung in der Nähe? Hungrig nehme ich mir einen Joghurt, schnappe mir die Briefkastenschlüssel und mache mich auf den kurzen Weg zum Briefkasten. Ich schaue einem rießigen Van zu, wie er ziemlich verwirrt durch die Gegend streift, anscheinend auf der Suche nach etwas.
Briefe, Briefe, Rechnung, nicht besonderes. Als der Postbote gerade mit dem Auto vor unser Haus fährt und mir noch ein paar Briefe und Zeug gibt, merke ich, dass irgendetwas nicht stimmt. Schnell stelle ich meinen Joghurt weg und nehme eine Zeitschrift in die Hände, auf denen ganz groß etwas von One Direction steht. Ich schlage Seite fünf auf und schreie fast auf, als ich ein Bild von mir dort drinnen finde.
Dieses Mädchen weiß es anscheinend nicht wirklich zu schätzen, was es heißt jemandem zu danken. Klar ist, ein Teenager mit geschiedenen Eltern hat es nicht leicht. So geht es auch der siebzehnjährigen Emma Johnson aus einem kleinen Ort in Deutschland. "Sie war ziemlich fertig, als wir sie das erste Mal getroffen haben, wir dachten wir helfen ihr, denn ich kann verstehen, wenn sie kurz vorm Verzweifeln ist", so Styles zu der Journalistin. Johnsons Eltern ließen sich scheiden, als sie 8 jahre alt war, der Vater verschwand, meldete sich nie wieder. Doch als er es dann tat war er dabei ihr alles weg zu nehmen. "Sie hat uns angefleht wir sollen ihr helfen. Ihr Vater drohte ihr alles wegzunehmen, was sie liebt und schätzt. Sie brauchte Hilfe, also waren wir so nett und haben ihr das Geld gegeben, dass sie gebraucht hat", erzählt Malik weiter. "Wir hätten niemals damit gerechnet, dass sie uns verarscht. Dass sie uns nur benutzt. Schließlich hat sie sich auch noch mit uns angefreundet, wir haben sie gemocht, haben ihr Dinge anvertraut. Menschen sind manchmal so gemein und widerlich."
Weiteres überfliege ich nur. Es steht alles drin. Meine ganze Geschichte, und die Lügen, die sich die Jungs ausgedacht haben.
Ich zittere mittlerweile so arg, dass mir die Zeitung fast aus der Hand fällt. Mir ist klar woher sie die Informationen über meinen Vater haben. Ich kann es kaum glauben dass er es getan hat, dass er es weitergesagt hat.
Wild rasend vor Wut schmeiße ich sie in den Regen, der sich auf der Straße ansammelt und raufe mir durch die Haare, die mitlerweile auch ziemlich durchnässt sind. Als ich mir an die Wangen fasse, bemerke ich erst, wie sehr ich angefangen habe zu weinen, dass ich heule wie eine schwangere Seekuh, dass ich schreie wie ein bockiges Kind. Nehmen wir mal an, es wäre strahlender Himmel und man würde meine Laute nicht hören, ich bin mir nicht sicher ob man mich nicht sofort in die Psychatrie stecken würde.
"Emma? Wir müssen dir was sagen!", höre ich Liam aus dem Haus raus rufen. Ich habe ihm meinen Rücken zugedreht, also nicke ich nur. Die Ruhe vor dem Sturm, ich weiß schon jetzt, dass ich höchstwahrscheinlich gleich ausrasten werde. Sie lassen mir ja keine Wahl.
Ich kann gar nicht sagen, wie verletzt ich bin, wie verarscht ICH mich fühle.
Ich gehe mit langsamen Schritten herein, als ich bemerke, wie schon die ersten Journalisten angerast kommen. Leise schließe ich die Haustüre hinter mir und laufe sofort die Treppen hoch. Louis sitzt oben und zieht sich gerade ein paar Socken an, als er mich bemerkt. Ich muss aussehen wie ein Geist, als ich an ihm vorbei laufe, wahllose Sachen packe und sie in ihre Taschen stopfe.
"Emma, was machst du da?", fragt er irritiert. Ich antworte nicht, sondern mache einfach weiter. Ich spüre seine Präsens neben mir, versuche ihn jedoch zu ignorieren.
"Emma?" Louis hört sich auf einmal so ernst an. Als er seine Hand auf meine Schulter legt fahre ich zusammen und schlage sie weg.
"Fass mich nicht an!", fauche ich wütend und schmeiße ihn mit der Tasche ab. Er fängt sie jedoch reflexartig auf und blickt mich geschockt an.
"Was ist denn mit dir los?" Seine Stimme hört sich unsicher an, als erwarte er, das ich es noch erkläre. Wie muss es sich wohl für ihn anfühlen? Ist es toll ein Leben zu zerstören? Hat es Spaß gemacht private Sachen an die Öffentlichkeit zu verkaufen? Wissen sie denn nicht selbst wie das sein muss? Und jetzt vor einem Mädchen zu stehen, das beinahe vor Tränen zusammenbricht muss wohl auch ziemlich befriedigend wirken.
"Sag du mir was los ist", meine ich plötzlich seelenruhig. Meine Luft bleibt mir weg, als ich sehe wie sich sein Kiefer anspannt und seine Augen mich entschuldigend anschauen.
"Es tut mir leid", flüstert er.
"Es tut dir leid?", frage ich stockend, schrill.
"Emma, ich weiß wir hätten das nicht tun dürfen-"
"Ihr habt es aber getan, Verdammt!", brülle ich ihn an und drücke ihn gegen die Wand. Obwohl er größer und viel stärker ist lässt er es zu und wehrt sich nicht. Seine Augen schimmern.
"Verschwindet hier", knurre ich.
"Wir sollen gehen?"
"Ja Louis, ganz genau. Ihr sollt euch hier verpissen!"
Dann nehme ich die Taschen der anderen Jungs und stürme schluchzend die Treppe herunter. Beinahe wäre ich gestolpert und wäre sie auch heruntergefallen. Als ich um die Ecke biege sehe ich sofort Harrys zufriedenes Grinsen. Ich lasse die Taschen auf den Boden fallen und stürze mich schreiend auf ihn. Damit hat er nicht gerechnet, denn zusammen klatschen wir auf den harten Boden.
"Geh runter von mir, du bist ja verrückt!" Aber ich lasse nicht los, ich kralle mich in seine Arme.
"Ihr habt alles kaputt gemacht! Ihr habt mein ganzes Leben zerstört!"
Erst als Liam mich von ihm hinunterlupft, lassen meine Hände los. Ich schlage panisch mit den Füßen um mich, ich will nicht mehr von ihnen angefasst werden.
"Emma, bleib ganz ruhig", höre ich Liam sagen.
"Ich soll ruhig bleiben? Ich soll verdammt noch mal ruhig bleiben? Ihr habt mich angelogen!", schreie ich und haue ihm mein Fuß in seine Eier. Schmerzvoll saugt er die Luft ein und lässt mich runter.
"Emma, bitte!", sagt Niall verzweifelt. Und als er spricht werde ich plötzlich ganz ruhig. Ich blicke ihn nur an, sehe wie er nervös schluckt, wie ihm die Worte im Hals stecken bleiben als er versucht etwas zu sagen.
"Ich habe dir vertraut", meine ich monoton.
"Ich weiß", antwortet er reudig.
"Und du hast mich nur verarscht."
"Ich.. weiß", gesteht er. "Aber Emma, ich lie-"
"Du hast mich benutzt! Du hast mir nur etwas vorgespielt, ich hasse dich!"
Meine Stimme bebt, meine Lippen beginnen zu zittern, und dann breche ich einfach zusammen und spüre den Boden unter meinen Füßen nicht mehr. Ich rolle mich zusammen, versuche irgendwie stark auszusehen, aber ich winsele nur vor mich hin. Ich weiß dass sie mich anschauen, aber was soll ich machen? Sie haben es geschafft. Sie haben die alte Emma zurückgeholt, die, von der ich dachte sie wäre für alle Male verebbt.
Ich habe schon gehofft ich müsste die Depressive nie wieder sehen. Aber ich habe mich getäuscht. Dank ihnen muss ich wieder von vorne anfangen. Ich spüre eine Hand auf meinem Bein und trete sofort zu. Harry blickt mich auf einmal besorgt an.
"Fass mich nicht an!", schreie ich panisch und versuche weg zugehen. Ich will sie nicht mehr sehen müssen.
"Emma, ganz ruhig", spricht er mit seiner tiefen Stimme.
"Verschwindet!", rufe ich bibbernd. "Verpisst euch aus meinem Leben!"
Mittlerweile steht auch Louis hier. Er hat die Hände schockiert vor den Mund gelegt.
"Was hat sie? Harry, das ist doch nicht mehr normal!", ruft Zayn alarmiert.
"Ich weiß nicht, man. Woher soll ich wissen dass sie zusammenbricht?" Harry hört sich nicht mehr so zuversichtlich an, Ich habe meine Augen geschlossen, so muss ich sie nicht mehr sehen.
"Verschwindet", flüstere ich.
"Wir lassen dich jetzt sicherlich nicht alleine!", sagt Liam mit starker Stimme. "Louis, ruf ein Taxi. Niall pack Trinken ein, nimm unsere Taschen."
Ich spüre wie ich hochgehoben werde, und auf einmal fühle ich mich einfach nur schwach und wehre mich nicht mehr. Ich weine einfach nur noch vor mich hin.
"Liam, da draußen stehen Presseleute! Wie haben die herausgefunden wo sie wohnt?"
"Scheiße", murmelt er. "Jungs... Simon ruft die ganze Zeit an..." Liam nimmt Zayn das Handy aus der Hand und geht ran.
"Was ist Simon?"
"Jungs, was habt ihr angerichtet?", höre ich ihn aufgebracht durch das Telefon schreien.
"Ich erkläre dir alles später", sagt er nur, dann legt er auf.
"Leute, beeilt euch, es werden immer mehr!", ruft Niall. Ich spüre, wie Liam sich bewegt.
"Lassen wir sie hier und rufen einfach einen Arzt", meint Zayn.
"Wir können sie doch nicht einfach so zurücklassen! Nicht nachdem was wir getan haben!"
"Wir werden von diesen Journalisten überrannt Liam, sie schauen schon fast zum Fenster hinein! Wir müssen verschwinden oder sie werden sehen, dass wir hier sind! Wie kommt das bitte? Dann glaubt uns doch niemand die Story!"
"Scheiß auf die scheiß Story!", ruft Niall. Liam setzt mich auf dem Sofa ab. Ich öffne meine Augen und schaue ihnen emotionslos zu, wie sie diskutieren. Es scheint ein wenig, als wäre ich betrunken.
"Ihr habt mir schon einmal wehgetan. Verschwindet einfach", unterbreche ich dann ihre Unterhaltung. Sie blicken alle zu mir. "Was meinst du?", fragt Louis iritiert.
"Ich meine damit, dass ihr euch verpissen sollt und ich euch nie wieder sehen will", antworte ich kalt.
"Emma-"
"ICH HABE GESAGT IHR SOLLT VERSCHWINDEN!", schreie ich, so laut habe ich glaube ich noch nie geschrieen. Und das tun sie dann auch. Sie verschwinden, und lassen mir mein zerstörtes Leben zurück.
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